Veranstaltungsprogramm

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Sitzungsübersicht
Sitzung
Panel 1b: Einzelvorträge
Zeit:
Mittwoch, 11.09.2024:
16:30 - 18:30

Chair der Sitzung: Anna Moldenhauer
Ort: Schloss/Raum 214


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Präsentationen

Leistung in inklusiven Bildungssystemen – Empirische Annäherungen an einen grundlegenden Begriff im Schnittfeld von Unterrichtsforschung und Kindheitsforschung

Simone Seitz, Petra Auer, Alessandra Imperio

Freie Universität Bozen, Italien

Die politischen Debatten zur Grundschulbildung in Deutschland werden derzeit von Programmatiken zur Leistungssteigerung dominiert (u.a. SWK 2023), die vielfach in ein abgrenzendes Verhältnis zu inklusionsbezogenen Anforderungen gesetzt werden (u.a. Kuhl/Solzbacher 2023). Damit unterscheiden sich diese Diskurse erkennbar von denen zur Grundschulbildung in Italien, die Teil eines seit vier Jahrzehnten inklusiv strukturierten Bildungssystems ist und gänzlich notenfrei verläuft (Seitz et al., 2024).

Dies führt zu der Frage nach einem Leistungsbegriff in Relation zu inklusiven Systembedingungen, auf den in Empirie und Konzeptbildung referenziert werden kann, und die daher Gegenstand einer in der Provinz Bozen / Italien realisierten Studie ist (CrisP Children's Perceptions of Performance in Primary Schools). Leistung verstehen wir dabei als Konstrukt, das in sozialen Praktiken - vor allem solcher der Leistungsbewertung - konstruiert wird (Bräu & Fuhrmann, 2015; Seitz, Imperio & Auer, 2023).

Im Vortrag diskutieren wir die mittels narrativer Interviews (n=35; deutsch/italienisch) rekonstruierten Orientierungen von Kindern (Bohnsack 2017) hinsichtlich schulischer Leistung und Leistungsbewertung unter Rückgriff auf die Frage danach, wie sich rekonstruktiv und theoriegenerierend angelegte forschungsmethodische Zugänge zum Forschungsgegenstand Leistung im Schnittfeld von Unterrichts- und Kindheitsforschung innerhalb eines inklusiven Bildungssystems verhalten.



„Sorge“ als Erfahrungsdimension von Schule? Anfragen an die Schultheorie aus der Perspektive von Schüler:innen

Till-Sebastian Idel1, Christina Huf2

1Uni Oldenburg, Deutschland; 2Uni Münster, Deutschland

Reformen wie Ganztag und Inklusion intendieren auch eine Veränderung schulischer Anerkennungsbeziehungen. Schultheoretisch wird dies als funktionale Erweiterung bzw. Entgrenzung und mit Bezug auf die Verhältnisbestimmung von Erziehungs- und Bildungsprozessen diskutiert (Idel, 2013). Der Begriff der Sorge spielt in den schul- und professionstheoretischen Reflexionen dieser Veränderungsprozesse bislang aber keine prominente Rolle (Ausnahmen: Idel & Schütz, 2017, S. 153ff.; Althans et al., 2015; Toppe, 2010; bereits Zinnecker, 1997). Ziel des Vortrags ist es, über das Konzept Sorge im schul- und professionstheoretischen Kontext nachzudenken und Sorgebeziehungen in Schule sicht- und thematisierbar zu machen. Wir beziehen uns dazu empirisch auf längsschnittliche lernbiographische Interviews mit Schüler:innen aus der wissenschaftlichen Begleitung des Schulversuchs PRIMUS (Dogmus et al., 2022), die mit der Grounded Theory Method (Charmaz, 2014) ausgewertet wurden. Dabei wird deutlich, dass Sorge von den Schüler:innen nicht additiv als etwas zur Sprache gebracht wird, das an den Rändern der Schule lokalisiert wird, sondern in deren sogenanntem Kerngeschäft, dem Unterricht und den Sozialbeziehungen zu den Lehrkräften. Bei der Theoretisierung unsere Befunde lassen wir uns von der feministischen Care-Debatte in der internationalen Frühpädagogik inspirieren (Langford, 2019) und versuchen, diese Perspektivenerweiterung für die schulpädagogische Diskussion fruchtbar zu machen.



Relationierung(en) von Eltern und Schule: Anfragen an schultheoretische Verhältnisbestimmungen

Christina Radicke1, Thorsten Schnückel2

1Georg-August-Universität Göttingen, Deutschland; 2Georg-August-Universität Göttingen, Deutschland

Das Verhältnis von Familie und Schule wird schultheoretisch vor allem in dreierlei Weise gefasst: als Differenz (Helsper 2022, 312), kompensatorische oder komplementäre Beziehung (Thiersch/Silkenbeumer 2022, 576). Empirisch werden u.a. Grenzziehungen zwischen Familie und Schule diskutiert, gesprochen wird von einer „Überanpassung“ der Familie an die Schule (Tyrell 1987, 113), einer ‚Familialisierung der Schule‘, einer Scholarisierung der Familie’ (Fraji/Maschke/Stecher 2015, 178/179, Kessl/Harmann/Lütke-Harmann/Reh 2012, 166) und allgemein von einem spannungsreichen Verhältnis zwischen Familie und Schule (Helsper 2022, 311). Wie aber Familien gegenüber Schule agieren bzw. Familie und Schule sich wechselseitig aufeinander beziehen, wird kaum diskutiert (Thiersch/Silkenbeumer 2022, 589).

Der Beitrag versteht das Verhältnis von Eltern und Schule relational und betrachtet es mehrperspektivisch. Anhand von Interviews mit Eltern bzw. Lehrkräften und von audiografierten Eltern-Schüler*innen-Lehrkräfte-Interaktionen an Elternsprechtagen wird rekonstruiert, wie Eltern und Lehrkräfte welches Verhältnis von Familie und Schule performativ hervorbringen. Deutlich wird ein wechselseitiges Verhältnis der De/Legitimierung schulpädagogischen Handelns. Der Beitrag plädiert mit daraus resultierenden, thesenhaften Anfragen an die bisherigen schultheoretischen Verhältnisbestimmungen von Familie und Schule für eine empirische Neuausrichtung ihrer schultheoretischen Reflexion.