Requirements Engineering lehren mit Just-In-Time-Teaching und Projekten
Prof. Dr. Ralf Reißing
Hochschule Coburg, Fakultät Maschinenbau und Automobiltechnik
Requirements Engineering beschäftigt sich mit der Ermittlung, Dokumentation, Prüfung und Verwaltung von Anforderungen – im MINT-Kontext typischerweise Anforderungen an technische Systeme oder an Prozesse. Die Lehre im Requirements Engineering (RE) sollte erfahrungsgemäß auf zwei Säulen beruhen: ein solides methodisches Fundament und praktische Erfahrung bei der Umsetzung. Der Beitrag beschreibt das Lehrkonzept eines Master-Moduls zum RE für Ingenieur:innen und die dabei eingesetzten Lehr- und Prüfungsformen, um die beiden Säulen zu vermitteln und zu prüfen. Das Modul wird in dieser Form seit vielen Jahren angeboten. Daher werden auch viele Erfahrungen berichtet, die zur Bestätigung oder Weiterentwicklung des Lehrkonzepts geführt haben.
Wesentliche Bausteine des Lehrkonzepts sind Just-In-Time-Teaching (JiTT), Mini-Praktika in Kleingruppen und ein großes Projekt in Teams. Grundlage für das JiTT ist ein Lehrbuch von Praktikern aus dem RE. Zu einzelnen Abschnitten des Buchs sind wöchentlich kleine Aufgaben in Moodle zu bearbeiten, für die bei brauchbarer Beantwortung Bonuspunkte erworben werden können. Die Präsenzphase behandelt zuerst offenen Frage, Diskussionspunkte und Verständnisschwierigkeiten der Studierenden. Anschließend werden in Mini-Praktika die im JiTT vermittelten Inhalten und Methoden in Kleingruppen geübt und vertieft. In einem großen Projekt in der zweiten Semesterhälfte erarbeiten die Studierenden in Teams von 5-8 Personen eine Anforderungsspezifikation für eine gemeinsam definierte Problemstellung. Außerdem beschreiben, begründen und reflektieren/bewerten sie in einem wissenschaftlichen Bericht ihre Vorgehensweise und Ergebnisse im Projekt. Beide Dokumente sind Prüfungsleistungen und gehen in die Prüfungsnote ein, die durch die im JiTT erworbenen Bonuspunkte noch verbessert werden kann. In der Projektphase werden die Mini-Praktika durch Coaching-Termine mit den Teams ersetzt.
Spannung, Spiel und was zum Programmieren!? - Das "LEGO-Praktikum" an der OVGU Magdeburg als gamifizierter Programmierkurs mit integrierter Schlüsselkompetenzenvermittlung
Dr. Mathias Magdowski, Dr. Thomas Schallschmidt
Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg
Als Beispiel für eine "digital erweiterte Projektlehre" mit Gamification-Aspekten möchten wir unser Projektseminar Elektrotechnik/Informationstechnik an der Otto-von-Guericke-Universität in Magdeburg vorstellen, das umgangssprachlich als LEGO-Praktikum bekannt ist. Studierende sollen das Programmieren in MATLAB lernen und bekommen dazu als Vehikel einen LEGO-Mindstorms-Kasten mit programmierbaren Motoren und Sensoren. In kleinen Gruppen konzipieren, entwickeln, bauen und programmieren die Studierenden dann innerhalb von zwei Wochen einen Roboter oder eine Maschine, der oder die irgendeine mehr oder weniger sinnvolle Aufgabe erledigt. Die Zielstellung ist dabei von den Studierenden selbst gewählt, was in jedem Jahr eine besondere Spannung und Herausforderung für die betreuenden Lehrpersonen bewirkt, gleichzeitig aber für eine hohe Motivation und Identifikation der Studierenden mit ihren Projekten sorgt. Da die Studierenden im hybriden Format sowohl von Zuhause als auch innerhalb der Universität arbeiten, erfolgt der der gruppenübergreifende Austausch über die sozialen Medien (z.B. Instagram) und macht die studentischen Ergebnisse damit auch für einen größeren Kreis sichtbar. Als außerfachliche Kompetenzen werden im Seminar auch Zeit- und Projektmanagement entwickelt. Agiles Arbeiten findet dabei im LEGO-Praktikum ganz automatisch statt, weil natürlich immer irgend etwas nicht funktioniert und die Studierenden sich kreative Workarounds und alternative Möglichkeiten überlegen müssen. Genau das macht das ingenieurwissenschaftliche Problemlösen ja aber aus. Die Studierenden üben außerdem in Kick-Off-, Zwischen- und Abschlusspräsentationen das Darstellen und Verteidigen der eigenen Ergebnisse vor einer größeren Gruppe. Die Abschlusspräsentationen wurden dabei auch als Twitch-Stream im Internet übertragen. Abschließend entwickeln die Studierenden auch erste Kompetenzen im wissenschaftlichen Schreiben, weil sie die zentralen Ergebnisse ihres Projekts als kurze 4-seitige Paper festhalten, die über das Open-Journal-System der OVGU veröffentlicht werden.
Weitere Informationen zum Durchgang 2022: https://www.eit.ovgu.de/Presse+_+Medien/Praktische+und+k%C3%BCnstlerische+Erfindungen+im+LEGO_Praktikum+2022-p-3152.html
Die Informationen zum Durchgang 2023 werden in Kürze ebenso unter https://www.eit.ovgu.de/ veröffentlicht.
Sind Studierende die besseren Dozierenden? Wie Mathematikstudierende den Inverted Classroom in der Selbststudienphase und in der Vorlesung mitgestalten können
Dr. Regula Krapf
Universität Bonn
Seit dem Sommersemester 2022 wird an der Universität Bonn das Modul „eLearning-Praktikum“ als Wahlpflichtveranstaltung für Mathematiklehramtsstudierende in höheren Semestern angeboten. Im Sommersemester 2022 haben die Teilnehmenden des eLearning-Praktikums unter Betreuung der Autorin interaktive Videos (insbesondere Lightboard-Videos), digitale Aufgaben und Lernmodule konzipiert und erstellt, welche seit dem Wintersemester 2022/23 im Erstsemester-Pflichtmodul „Grundzüge der Mathematik I“ für die Selbststudienphase eines Inverted Classroom Formats eingesetzt werden – ganz nach dem Motto „Lehre von Studierenden für Studierende“. In der Evaluation wurden Videos von Studierenden sehr positiv bewertet. Doch können Lehramtsstudierende nicht auch bei der Durchführung von Präsenzveranstaltungen mitwirken, beispielsweise durch die Erstellung und Moderation von Peer Instruction Aufgaben? Neben Erfahrungen aus dem eLearning-Praktikum und der Durchführung des Inverted Classroom sollen auch Ideen diskutiert werden, wie Studierende im Rahmen von Praktikumsmodulen stärker in die Präsenzlehre eingebunden werden können.
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