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Panel 4: Postmigrantische Perspektiven auf Transtopie, Konvivialität und Feminismen
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Von der Bühne zur Gesellschaft: Die Ursprünge des Postmigrantischen und seine transformative Kraft in der (Post-)Migrationsforschung 1Universität Klagenfurt, Österreich; 2Universität Innsbruck, Österreich In den letzten Jahren taucht im deutschsprachigen Raum zunehmend der Begriff „Postmigration“ auf, der wörtlich übersetzt „nach der Migration“ heißt. Unter diesem Terminus lassen sich verschiedene Aspekte oder Perspektiven finden, die sich zu einem Gesamtdiskurs zu verdichten scheinen. Analog zu postkolonialen, dekolonialen oder subalternen Studien sprechen wir hier von postmigrantischen Studien. Eine radikal kritische Haltung gegenüber dominanten ethno-nationalen Deutungen und der damit einhergehenden Geschichtsschreibung ist das Markenzeichen der postmigrantischen Studien. Die postmigrantische Lesart, die aus der Kritik am etablierten methodologischen Migrantismus (Erol Yildiz) hervorgegangen ist, geht über die eingeübten Dichotomien von „Wir/Sie“ hinaus, leitet eine epistemologische Wende ein, ermöglicht neue Denkweisen, eröffnet neue Forschungsperspektiven und entwirft eine andere Genealogie der Gegenwart. In diesem Vortrag werden wir zunächst aus historischer Perspektive aufzeigen, wie die Idee des Postmigrantischen entstanden ist, welche Aspekte in jüngster Zeit diskutiert werden und wohin die zukünftige Diskussion gehen wird. Was bedeutet es, Gesellschaften postmigrantisch zu denken? Was sind die methodologischen und gesellschaftspolitischen Konsequenzen für die zukünftige Migrationsforschung in Europa? Schließlich werden wir den Begriff „Transtopie“ als eine Art realisierte Utopie einführen und ihn mit postmigrantischen Praktiken und Artikulationsformen verbinden. Die Verbindung von Transtopie mit postmigrantischen Ideen stellt somit eine Brücke zu einer zukünftigen, inklusiven Gesellschaft dar, die über traditionelle Muster und Stereotypen hinausgeht. Verunsicherung, Aversion und Konvivialität: Affektive Dimensionen in der Geflüchteten-Unterbringung in der Postmigrationsgesellschaft Universität Klagenfurt, Österreich Dieser Beitrag beleuchtet die Unterbringung von jungen Geflüchteten in Österreich im Kontext der komplexen Beziehungen zwischen dem Affektiven und den verschiedenen Konstruktionen von Raum, Zeitlichkeit, Sozialität und Politik (Ahmed). Es wird gezeigt, dass die Geflüchteten-Unterbringung als Spannungsverhältnis von Verunsicherung, Aversion und Konvivialität verstehbar ist, welches auf unterschiedliche Positionalitäten und Machtasymmetrien der Akteur*innen hinweist und gerade durch jene erst erzeugt wird. Es wird konstatiert, dass die Betonung des Affektiven als konstitutives Moment menschlichen Zusammen-Seins untrennbar mit sozialen Beziehungen verbunden ist, was in der Folge die Frage nach einer professionellen Beziehungsgestaltung von Fachkräften in den Vordergrund rückt. Das Affektive wird hier in Anlehnung an Ágnes Heller als „Involviert-Sein“ verstanden und bezieht darüber hinaus die Ebene nichtbewusster affektiver Dynamiken mit ein. Auf Basis meines aktuellen ethnografischen Forschungsmaterials wird so weiters der Frage nachgegangen, inwiefern Verunsicherung, Aversion und Konvivialität ein komplexes affektives Gefüge des „Involviert-Seins“ aufspannen und wie jenes mit Solidarität in postmigrantischen Gesellschaften zusammenzudenken ist. Schließlich wird diskutiert, inwiefern eine postmigrantische Solidarität durch affektive Dynamiken (v)er(un)möglicht wird. Plädoyer für eine alltagspraktische Neuausrichtung kritischer Migrationsforschung Universität zu Köln, Deutschland Der Umgang mit Migration und Debatten über deren Bedeutung für die jeweils betroffenen Gesellschaften waren zumindest im deutschsprachigen Raum über die Jahrzehnte hinweg in aller Regel wie selbstverständlich und fraglos von einem hermeneutischen Nationalismus bestimmt - einer Sichtweise, bei der selbst ganz konkrete alltagspraktische Fragestellungen aus einer alles nationalstaatlich überhöhenden pseudogesellschaftlichen Perspektive gesehen werden. Ein solcher hermeneutischer Nationalismus hat einerseits den alltäglichen Umgang miteinander und anderseits auch die alltags- wie gesellschaftspolitischen Debatten über Migration, Mobilität und Diversität bestimmt und ein sozialadäquates Zusammenleben von Anfang in ein falsches Licht gerückt und damit unterminiert. Der alltags- und der gesellschaftspolitische Umgang miteinander hat sich dabei in einer Art self-fulfilling prophecy oft genug auch noch wechselseitig bestätigt. Das Ergebnis war ein Gesellschaftsbild, in dem Migration bzw. Mobilität und Diversität als mit der Gesellschaft nicht kompatibel, ja als eine fortwährende gesellschaftliche Provokation empfunden wird. . |