Veranstaltungsprogramm

Sitzung
Karten und Modelle in lebensweltlichen und unterrichtlichen Kontexten
Zeit:
Montag, 30.09.2024:
16:00 - 17:30

Chair der Sitzung: Richard Babbe, Pädagogische Hochschule Karlsruhe
Ort: Gebäude 3, Raum 3.009

Erdgeschoß, Seminarraum, 40 Sitzplätze, Ausstattung: Projektionsfläche(n), Dokumentenkamera, VGA/HDMI-Anschluss für externe Endgeräte, Tischmikrofon & Ansteckmikrofon, WLAN: Eduroam

Pro Vortrag incl. Nachfragen und Diskussion stehen 30 Minuten zur Verfügung.

Präsentationen

Rekonstruktion handlungsleitender Orientierungen von Geographielehrkräften zum unterrichtlichen Modelleinsatz

Richard Babbe

Pädagogische Hochschule Karlsruhe, Deutschland

Modelle nehmen im Geographieunterricht eine übergeordnete Position ein. Entsprechend des, in den Naturwissenschaftsdidaktiken, etablierten Ansatzes der Modellkompetenz (Upmeier zu Belzen & Krüger, 2010) lassen sich die geographieunterrichtlichen Anwendungspotentiale im Spannungsfeld von deskriptiver Nutzung bis zur epistemologisch-reflektierten Anwendung einordnen(u.a. Wiktorin, 2013). Empirische Studien zeigen jedoch, dass Modelle oft unreflektiert als abprüfbares Wissen gelehrt werden (u.a. Bette, 2021). Zudem zeigt sich ein Zusammenhang des defizitären Modellverständnisses der Lehrkräfte und den Lernleistungen der Schüler:innen. Es liegen somit Erkenntnisse vor, wodurch sich Modellkompetenz auszeichnet und über welches Wissen dazu die Lehrkräfte verfügen.

Anknüpfend stellt es eine zentrale Forschungslücke dar, welche handlungsleitenden Orientierungen auf der impliziten Ebene diese unterrichtliche Modellanwendung der Lehrkräfte bedingen. Sie gelten als den professionellen Habitus von Lehrkräften prägend und nehmen eine zentrale Stellung für ihr unterrichtliches Handeln ein (Helsper, 2011). Um diese Orientierungen offenlegen zu können wurden während Lehrkräftefortbildungen vor und nach einer Intervention Gruppendiskussionen zu ihrem Modellverständnis und unterrichtlichen Modelleinsatz geführt, die mithilfe der dokumentarischen Methode ausgewertet werden. Als konstituierend gilt dabei die theoretische Verdichtung der Orientierungen in verschiedenen Typen von Lehrkräften, anhand derer in der Folge typenentsprechende Implikationen für die Praxis abgeleitet werden können. Dazu sieht die Methode zunächst eine formulierende Interpretation auf der expliziten Gesprächsebene vor, ehe in einer reflektierenden Interpretation die impliziten Orientierungen rekonstruiert werden (Bohnsack, 2014).

Der Vortrag soll ausgewählte Erkenntnisse der formulierenden Interpretation präsentieren.

Das Vorhaben wird von 2022-2025 von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.



Förderung des Lebensweltbezugs im Geographieunterricht durch planungs-, kontext- und anwendungsorientierte Kartenarbeit

Marc Zeeb

Pädagogische Hochschule Ludwigsburg, Deutschland

Ziel des Vortrags ist die Ergebnisse eines Projekts zur Förderung von Lebensweltbezug im Geographieunterricht durch planungs-, kontext- und anwendungsorientierte Kartenarbeit zu veranschaulichen.

Am Projekt waren 41 Schüler*innen der 10. und 11. Klassenstufe aus acht in der Region Böblingen-Sindelfingen ansässigen allgemeinbildenden Gymnasien beteiligt, die zunächst in Einzelarbeit und anschließend in der Gruppe räumliche Aktivitäten einer Urlaubs- und Umzugsplanung, je nach Aufgabenstellung, entweder auf einer analogen Atlas- oder einer topographischen Karte im Maßstab 1:25000 verorteten. Während der Erarbeitungsphase bestand auch die Möglichkeit für die Schüler*innen auf ein Tablet und die digitalen Anwendungen Google Maps, Google Earth und Google Street View sowie auf den Browser zur Recherche von Informationen zurückzugreifen. Die im Rahmen der Erhebung zum Einsatz gekommenen Aufgabenstellungen der Methode "Planen und Entscheiden mit Karten" hatten mit der topographischen Karte „7320 Böblingen“ und einer Atlaskarte zur nordfriesischen Wattenküste zwei Räume zur Grundlage, die sich unterschiedlich weit vom unmittelbaren Lebensumfeld der Schülerinnen und Schüler entfernt befanden. Dadurch konnten neben der Verwendung von analogen und digitalen Karten, von Standortansprüchen an einen Raum, die durch die Schülerinnen und Schüler individuell festgelegt und in den Gruppen diskutiert wurden, auch Rückschlüsse auf die Bedeutung des eingebrachten Vorwissens zur Aufgabenbearbeitung gezogen werden.

Nach einer Beobachtungsphase der Probanden durch den Forscher, erfolgte ein Gruppeninterview auf Basis der Methode des problemzentrierten Interviews nach Witzel (1985/ 2022). Die Auswertung der Daten erfolgte mithilfe von MAXQDA anhand der inhaltlich strukturierenden qualitativen Inhaltsanalyse nach Kuckartz (2018/ 2022).

Ziel der Arbeit war es sowohl den Lebensweltbezug der Methode „Planen und Entscheiden mit Karten“ als auch den Lebensweltbezug des Geographieunterrichts allgemein zu erfassen.



Europas Herausforderungen: Analyse der Ergebnisse eines deutsch-französischen Kartographiewettbewerbs

Benoît Goffin, Alexandra Budke

Universität zu Köln, Deutschland

Im Jahr 2024 rief das Institut für Geographiedidaktik der Universität zu Köln einen deutsch-französischen Kartographiewettbewerb ins Leben, der sich an alle Schulklassen der Sekundarstufe beider Länder richtete und unter dem Thema "Die Herausforderungen Europas" stand.

Damit forderte er die Schüler*innen auf, über ihre Zukunft nachzudenken, aber auch – wie es in den Wettbewerbsregeln hieß – Lösungen vorzuschlagen.

Es wurden 295 Karten aus 10 Bundesländern und 10 französischen Akademieregionen eingereicht, die aus der Arbeit von mehr als 1000 Schüler*innen und 55 Lehrer*innen hervorgegangen sind.

Während des Vortrags werden wir die Ergebnisse des Wettbewerbs zur Forschungsfrage vorstellen: Welche Herausforderungen Europas sehen deutsche und französischeSchüler*innen und wie werden diese begründet? Wir werden auch zeigen, welche Lösungen die Schüler*innen vorschlagen.

Für diese Studie stehen uns neben den Karten, die wir sowohl statistisch als auch inhaltsanalytisch auswerten, zwei weitere Arten von Dokumenten zur Verfügung, die qualitative Analysen ermöglichen. So ist jeder Karte ein erklärender Text der Autor*innen beigefügt, der eine Fehlinterpretation verhindern soll und typische Begründungsmuster offenlegt, sowie ein Begleittext der Lehrkraft zum Kontext der Erstellung.

Es zeigt sich, dass sich die Themenwahl der Schüler*innen auf nur wenige Themen fokussiert wie Krieg in der Ukraine, Migration, Geschlechterungerechtigkeiten und Umweltprobleme. Allerdings finden sich sehr große Unterschiede bei der genauen Interpretation und Bewertung dieser Themen. Zudem zeigen sich sowohl bei der Interpretation des Wortes "Europa" als auch bei der Wahl der kartographischen Techniken und der gewählten Themen sehr große Unterschiede zwischen den Karten der deutschen und der französischen Schüler*innen.