Veranstaltungsprogramm

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Sitzungsübersicht
Ort: Gebäude 3, Raum 3.101
1. Obergeschoß, Seminarraum, 48 Sitzplätze, Ausstattung: Projektionsfläche(n), Dokumentenkamera, VGA/HDMI-Anschluss für externe Endgeräte, Videokonferenztechnik mit Dozierenden- und Raumkamera sowie festem, Ansteck- und Raummikrofon (USB-Anschluss), WLAN: Eduroam
Datum: Dienstag, 01.10.2024
9:00 - 10:30Future Skills - konzeptionelle Ansätze und Unterrichtspraxis
Ort: Gebäude 3, Raum 3.101
Chair der Sitzung: Holger Jahnke, Europa-Universität Flensburg
Pro Vortrag incl. Nachfragen und Diskussion stehen 30 Minuten zur Verfügung.
 

VORTAG ENTFÄLLT! Diskriminierungskritische Bildung im Rahmen geographiedidaktischer Ansätze

Arne Popp

Universität Passau, Deutschland

‚Othering‘ ist ein aktuelles Problem, das auch im Geographieunterricht mitunter unreflektiert reproduziert wird (Eberth&Lippert 2023; Eberth 2024). Eines der Ziele schulischer Bildung sollte es daher sein, die Vielfältigkeit von Diskriminierung (vgl. Heitmeyer 2012) aufzuzeigen, eine Unsichtbarkeit marginalisierter Gruppen zu dekonstruieren und ihre individuellen und kollektivbiographischen Perspektiven anzuerkennen. Hierbei ist eine Diskriminierungskritik nicht nur eine aversive Haltung, sondern kritische Reflexion der Handlungsoptionen und Hindernisse einer solchen Kritik (Scherr 2021) unter Berücksichtigung möglichst aller Differenzkonstruktionen. Diese forciert daher eine Sensibilisierung für „grobe und subtile“ Differenzkonstruktionen sowie „Verhältnisse von Macht und Ungleichheit“ (Foitzik 2019). Konzepte wie u.a. ‚Intersektionalität‘ (vgl. Hopkins 2019), ‚critical whiteness‘ und ‚dekoloniale Perspektiven‘ (vgl. Shaw 2006) erweisen sich dazu als hilfreiche Ansätze, Verschränkungen von Diskriminierungen aufzuzeigen, Privilegien zu hinterfragen und diese machtkritisch zu reflektieren. Hierzu empfehlen jüngere Arbeiten wie Schröder (2019), Eberth und Röll (2021), Kersting und Schröder (2023), Chihab und Kanwischer (2023) entsprechende Implikationen für eine diskriminierungskritische Bildung im Geographieunterricht (ebd.). Diese Arbeiten stellen insbesondere Potenziale postkolonialer Perspektiven für die Geographiedidaktik und den Geographieunterricht heraus. Desiderata bestehen aber weiterhin, etwa in den Bereichen heteronormativitätskritischer und antisemitismuskritischer Bildung. Durch ein Zusammendenken verschiedener Diskriminierungsformen und vernetzt gedachten, machtkritischen Ansätzen werden Synergien für präventive Bildung ermöglicht. Im Vortrag werden daher bestehende Konzepte diskriminierungskritischer Bildung vorgestellt und Forschungsperspektiven für die Geographiedidaktik und Geographieunterricht als politisch bildendes Fach diskutiert.



Auf dem Weg zu einer transformativen Ortsgestaltungskompetenz

Leon Falk, Holger Jahnke

Europa-Universität Flensburg, Deutschland

Die Omnipräsenz von Krisen und dystopischen Szenarien des Klimawandels wirkt sich negativ auf die Motivation und die Einstellung junger Heranwachsender zu zukunftsorientiertem Handeln aus, was sich auch in „Handlungsblockaden“ (DGfG 2020) zeigt. Im Geographieunterricht werden diese Herausforderungen in der Regel durch eine analytische Brille betrachtet, wobei die Suche nach Lösungen globaler Probleme im Vordergrund steht.

Unter dem Oberbegriff der Handlungskompetenz lernen Schüler*innen, ihr Verhalten zu ändern, insbesondere in Bezug auf Mobilität, Ernährung und Konsum, um eine nachhaltige Zukunft zu realisieren. Häufig werden die Folgen dieses Handelns in abstrakten Kategorien, wie dem CO2-Fußabdruck bewertet. Auch interdisziplinäre Ansätze, wie „Gestaltungskompetenz” (de Haan 2008) und „Futures Literacy” (Unesco 2021) zielen primär auf eine Verhaltensänderung bei Schüler*innen ab.

Vor diesem Hintergrund stellen wir das Modell einer transformativen Ortsgestaltungskompetenz vor, welches Aspekte von Kognition, Emotion, Imagination und Kreativität systematisch zusammendenkt. Im Mittelpunkt steht dabei die unmittelbare Lebenswelt der Schüler*innen als Erfahrungsraum. Die transformative Ortsgestaltungskompetenz zielt darauf ab, Schüler*innen in die Lage zu versetzen, wieder in Resonanz mit ihrer Umwelt zu treten , ihre konkrete Lebenswelt als veränderbar zu erleben und sich selbst als selbstbewusste, kreative, soziale und transformative Ortsgestalter*innen zu erleben.

Mit dem Fokus auf die konkrete Ausgestaltung möglicher Zukünfte möchten wir einen Beitrag leisten zu der Diskussion um Transformative Geographische Bildung (Nöthen & Schreiber 2023) und einer „Geographie als Zukunftsfach“ (Dgfg 2022).



VORTAG ENTFÄLLT! Futures Literacy entwickeln - Erfahrungen aus dem Geographieunterricht

Andreas Thierer

Gymnasium Isny, Deutschland

Vor dem Hintergrund der aktuellen Vielfachkrisen und des planetaren Wandels scheint es vielen Schüler*innen immer weniger zu gelingen, sich eine bevorzugte nachhaltige Zukunft vorzustellen und Maßnahmen zu deren Verwirklichung zu identifizieren. Mulgan (2020, S. 4) spricht von einer imaginary crisis. Dieser Beitrag fokussiert auf Unterrichtsarrangements, die Schüler*innen auf Grundlage einer positive imagination in ihrer Entwicklung von futures literacy (UNESCO) fördern können.

Dargestellt werden zwei praxiserprobte Unterrichtsversuche. Zum einen ist dies die Durchführung von städtebaulichen Wettbewerben, bei denen Schüler*innen in die Rolle von Planer*innen schlüpfen, nachhaltige Planungsansätze erarbeiten und Entwürfe zu einem spezifischen städtebaulichen Vorhaben entwickeln. Zum anderen handelt es sich um die Erstellung einer Stadttour 2040, für welche die Schüler*innen eine Führung durch ihren Schulort der Zukunft gestalten.

Für den alltäglichen Unterricht ist außerdem vorzuschlagen, ermutigenden Aspekten mehr Raum zu geben. Beispielsweise kann der meist curricular geforderten – aber negativ konnotierten – Behandlung von Kipp-Punkten positive Tipping Points gegenübergestellt werden (z.B. Lenton 2022, S. 1). Denkt man dies konsequent weiter, so kann das im Geographieunterricht einmünden in einen strikt lösungsorientierten Unterrichtsansatz (Hoffmann 2021), der sich zur Entwicklung von futures literacy in besonderem Maße eignet.

 
11:00 - 12:00Podiumsdiskussion mit Fishbowl: „Klimabildung in der Geographie – Kontroversen und Konsensus“
Ort: Gebäude 3, Raum 3.101
Chair der Sitzung: Dana Graulich, Pädagogische Hochschule Heidelberg
Chair der Sitzung: Melissa Hanke, Universität Hamburg
Organisiert vom HGD-Nachwuchs
 

Podiumsdiskussion mit Fishbowl: „Klimabildung in der Geographie – Kontroversen und Konsensus“

Dana Graulich1, Melissa Hanke2, Carolin Klüsener3, Zülal Özleyen4, Madelaine Uxa5

1Pädagogische Hochschule Heidelberg; 2Universität Hamburg; 3Universität Bremen; 4Pädagogische Hochschule Karlsruhe; 5Universität Vechta

Hitzebelastung und Spätfrost, Hoch- und Niedrigwasser, Starkregen und Dürre. Die Folgen des Klimawandels sind bereits heute spürbar – und das zum Teil auch vor der eigenen Haustür. Eine der größten Herausforderungen unserer Zeit liegt darin, die Auswirkungen des Klimawandels auf globaler Ebene begreifen und ihnen auf lokaler Ebene begegnen zu können. Als Betroffene und zukünftige Akteur*innen stellen Jugendliche hierbei eine wichtige Personengruppe dar. Bildung im Sinne der Klimabildung (Climate Change Education) sowie einer Bildung für nachhaltige Entwicklung ist somit als eine unerlässliche Grundvoraussetzung für eine nachhaltige gesellschaftliche Transformation zu verstehen.

Wir stellen uns die Fragen, was Klimabildung für die Geographiedidaktik konkret bedeutet, wie sie konzeptualisiert wird und welche Ziele verfolgt werden. Was ist das Besondere an Klimabildung und welche Bildungspotenziale (u.a. Future Skills) birgt sie? Wie sollte idealerweise die praktische Ausgestaltung von Hochschullehre und Unterricht in der Geographie aussehen, um das Bildungspotenzial zu nutzen? Welche Fragen stehen dabei im Fokus und inwiefern wird zwischen Sachfragen und Wertfragen differenziert? Welche (gemeinsamen) Hürden und Chancen lassen sich in unterschiedlichen Ansätzen und Perspektiven identifizieren? Welche Forschungsdesiderata bestehen in der Geographiedidaktik?

Diese Fragen möchten wir gemeinsam mit erfahrenen Expert*innen sowie dem Nachwuchs der Geographiedidaktik diskutieren, um gemeinsam Kontroversen und Konsensus herauszuarbeiten In einer Mischung aus klassischer Podiumsdiskussion und anschließendem offenen und interaktiven Fishbowl-Format sollen eine lebendige Diskussion auf Augenhöhe sowie ein fruchtbarer Austausch mit Raum für Kontroversen entstehen.

 
14:00 - 15:30Future Skills - für alle Jahrgangsstufen
Ort: Gebäude 3, Raum 3.101
Chair der Sitzung: Christian Wittlich, Universität Bremen
Pro Vortrag incl. Nachfragen und Diskussion stehen 30 Minuten zur Verfügung.
 

Zukünfte brauchen Förderung von raumbezogener Mündigkeit und Visionsfähigkeit

Karin Huser

Pädagogische Hochschule Zürich

Mündigkeit wird im Fachunterricht als Fähigkeit verstanden, selbstbestimmt komplexe und kontroverse Problemlagen zu beurteilen und darauf aufbauend zu handeln (Pettig 2021). Visionsfähigkeit gehört zu den «Future Skills» (Ehlers 2020) und verweist auf die Kompetenz, chancenorientierte Zukünfte zu entwickeln. Studierende des Lehramtes Primarstufe jedoch erwähnen in ihren unterrichtspraktischen Überlegungen zu Raumveränderungen selten, zukunfts- und partizipationsorientiertes sowie vernetzendes Denken bei ihren (künftigen) Schüler:innen fördern zu wollen (Huser 2021).

Dieser Beitrag zeigt auf, wie in einer transformativ konzipierten Studienwoche ausgewählte Aspekte von Mündigkeit am Beispiel nachhaltiger Landschaftsentwicklung aufgebaut werden. Dazu werden Ansätze einer instrumentellen BNE 1 (Vermittlung von Sachwissen und nachhaltigem Verhalten), einer emanzipatorischen BNE 2 (Förderung von kritischer Reflexivität) sowie einer transformativen BNE 3 (Widersprüche überwinden, Handlungsspielräume nutzen) aufeinander bezogen (Pettig & Ohl 2023). In Anlehnung an den prozessorientierten Politikzyklus formulieren Studierende raumbezogene Probleme, suchen Lösungen und präsentieren ihre Zukunftsvisionen sachlich und ethisch begründet. Erste Forschungsergebnisse der explorativen Phase der Design-Based-Research werden vorgestellt.

Ehlers, U.‑D. (Ed.). (2020). Future Skills: Lernen der Zukunft-Hochschule der Zukunft. https://doi.org/10.1007/978-3-658-29297-3

Huser, K. 2021. Raumveränderungen geographisch erschliessen und vermitteln. doi:10.5281/zenodo.4572731

Pettig, F. 2021. Transformative Lernangebote kritisch-reflexiv gestalten. In gwu 1, 5–17. doi: 10.1553/gw-unterricht162s5.

Pettig, F. & Ohl, U. (2023). Transformatives Lernen für einen sozial-ökologischen Wandel. Facetten eines zukunftsfähigen Geographieunterrichts. In Praxis Geographie. Transformatives Lernen im Geographieunterricht. 1-2023. (pp 4-9). Westermann.



Planetary Health im Geographieunterricht? Einblicke in die Entwicklung von Lehr-Lern-Modulen im Kontext klimawandelinduzierter Gesundheitsrisiken

Svenja Sgodda1, Madelaine Uxa2, Christian Wittlich1

1Universität Bremen; 2Universität Vechta

Die menschliche Gesundheit hängt unmittelbar von einer intakten Umwelt ab, wie der WBGU in seinem aktuellen Gutachten darstellt (vgl. WBGU 2023). Diese Untrennbarkeit der Gesundheit von Mensch und Natur wird im Kontext Klimawandel bspw. durch die Zunahme von Extremwetterereignissen sowie dem Auftreten von Allergien durch Neobiota deutlich. Im DBU geförderten Kooperationsprojekt PH:regBi der Universitäten Vechta und Bremen werden Lehr-Lern-Module für die Sekundarstufen I und II entwickelt, welche klimawandelinduzierte Gesundheitsfolgen thematisieren. Dabei wird das Konzept der Bildung für nachhaltige Entwicklung durch das Konzept der Planetary Health erweitert (vgl. Lathan/Mönter/Wittlich 2024). Lernende sollen befähigt werden, klimawandelbedingte Folgen für die individuelle Gesundheit zu identifizieren sowie Handlungsmöglichkeiten, die zur Stärkung der Klimaresilienz ländlicher und städtischer Regionen beitragen, zu bewerten und zu erproben. So könnten die Schüler*innen bspw. ausgehend von einer Kartierung des Schulhofes (Begrünung, Schatten) und Temperaturmessungen konkrete Vorschläge für eine klimawandelangepasste Umgestaltung ausarbeiten. Kooperative und aktive Lernformen ermöglichen den Lernenden ihren Lernprozess mitzugestalten und eigene Ideen für die Gestaltung ihres Nahraumes zu entwickeln. Eine wissenschaftliche Begleitforschung sichert die Qualität der Module und trägt zur Wirkungsforschung im BNE-Kontext bei. Der Beitrag stellt den theoretischen Ansatz zur Integration von Planetary Health in formale Bildungskontexte und damit auch das Projekt selbst vor. Darüber hinaus werden erste Einblicke in ausgewählte Unterrichtsmodule gegeben und Wege zur empirischen Beforschung dieser diskutiert.



Förderung der Bereitschaft zum Nachhaltigkeitshandeln durch die Implementation von Planetary Health Education in den Geographieunterricht? – Eine Design-Based-Research-Studie anhand von Hitzewellen in urbanen Räumen

Hendrik Hubertus Bergers

Universität Vechta, Deutschland

Trotz der langjährigen Integration von BNE in den Geographieunterricht implizieren bisherige Forschungsbefunde, dass eine Förderung nachhaltigkeitsbezogenen Wissens und auch solcher Einstellungen im Rahmen von BNE (noch) nicht die Grundlage für ein verstärktes Nachhaltigkeitshandeln legen kann (Value-Action-Gap). Demgegenüber spielt der noch junge Ansatz der Planetary Health Education (PHE) gegenwärtig keine signifikante Rolle im BNE-orientierten Geographieunterricht.

Die vorliegende Arbeit verfolgt einen Design-Based-Research-Ansatz und zielt darauf ab, ein mehrfach optimiertes Lehr-Lern-Modul zu Hitzewellen in Städten zu entwerfen, evidenzbasierte Designprinzipien für Unterrichtsmaterialien im Rahmen einer PHE-orientierten BNE im Geographieunterricht zu entwickeln sowie den Nutzen einer Integration beider Ansätze insbesondere in Bezug auf die Förderung des Nachhaltigkeitshandelns und den Prozess dorthin kritisch zu reflektieren.

Im Verlauf der Arbeit werden zunächst theoriegeleitet PHE- und BNE-orientierte Designprinzipien eruiert, welche Grundlage für eine auf die Förderung der Bereitschaft zum Nachhaltigkeitshandeln gerichtete Intervention sind. Mithilfe einer Literatursichtung werden Nachhaltigkeitskompetenzen in empirisch überprüfbare Indikatoren überführt. Bei der Durchführung des erstellten Moduls werden mit einem Mixed-Methods-Ansatz Daten zur Förderung der Bereitschaft zum Nachhaltigkeitshandeln erhoben. Das Modul und ggf. die Datenerhebung werden in einem iterativen Prozess mehrfach angepasst und optimiert.

In der letzten Phase werden die Designprinzipien mithilfe der in der Durchführung gewonnenen Daten modifiziert sowie der mögliche Nutzen von PHE-orientierten Unterrichtsansätzen für den Geographieunterricht und für die Ermöglichung von Nachhaltigkeitshandeln kritisch beurteilt. Die anfangs eruierten Designprinzipien für Lehr-Lern-Materialien werden verifiziert oder modifiziert.

 
16:00 - 17:30Geographische Bildungsprozesse und Nachhaltigkeit
Ort: Gebäude 3, Raum 3.101
Chair der Sitzung: Anne-Kathrin Lindau, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
Pro Vortrag incl. Nachfragen und Diskussion stehen 30 Minuten zur Verfügung.
 

Bildung für nachhaltige Entwicklung im Geographieunterricht - Zwischen Normativität und Fachlichkeit

Janna Enzmann, Jolina Ulbricht, Anne-Kathrin Lindau

Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Institut für Geowissenschaften und Geographie, Deutschland

Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) und geographische Bildung stehen in einem engen Zusammenhang und das Verhältnis wird an vielen Stellen als ein besonderes hervorgehoben (Bagoly-Simó, 2014; Deutsche Gesellschaft für Geographie, 2020; Hemmer et al., 2023). Offen ist jedoch, wie die besondere Qualität des Verhältnisses zwischen BNE und geographischer Bildung begründet wird. Der vorgeschlagene Beitrag geht daher der Frage nach, wie das Verhältnis zwischen BNE und geographischer Bildung aus der Perspektive der Geographiedidaktik abgebildet wird. Die Darstellung dieses Verhältnisses wurde mithilfe eines systematischen Literaturreviews von online verfügbaren Artikeln der Schriftenreihe „Geographiedidaktische Forschungen“ sowie der Zeitschriften „Zeitschrift für Geographiedidaktik“ und „GW-Unterricht“ aus dem Zeitraum 1992-2023 und der qualitativen Inhaltsanalyse (Kuckartz, 2018) analysiert. Insgesamt gingen 108 Artikel in die Analyse ein.

Die Ergebnisse zeigen, dass für die Darstellung des Verhältnisses von BNE und geographischer Bildung Aspekte angeführt werden, die sich der Fachlichkeit der Geographie zuordnen lassen. In den meisten Fällen werden diese Aspekte jedoch lediglich genannt und nicht begründet. Insgesamt lässt sich feststellen, dass es bisher – trotz der häufigen Erwähnung – kaum eine tiefergehende Auseinandersetzung mit dem Verhältnis geographischer Bildung und BNE innerhalb der deutschsprachigen Geographiedidaktik gibt. Die Untersuchung reflektiert Potentiale eines Geographieunterrichts im Kontext von BNE und zeigt die Notwendigkeit einer Analyse der konzeptionellen Affinität von BNE und geographischer Bildung inklusive möglicher Anknüpfungspunkte auf.



Das erweiterte Nachhaltigkeitsviereck im Unterricht – Ergebnisse einer DBR-Studie zum Lehren und Lernen mit einem geographischen Basiskonzept

Julia Althoff

Universität Hildesheim, Deutschland

Dem unterrichtlichen Einsatz von Basiskonzepten zur Förderung konzeptionellen Denkens wird im aktuellen geographiedidaktischen Diskurs ein großes lehr- und lernseitiges Potenzial beigemessen (Bienert 2023) – u. a. zur Bewältigung der faktischen Komplexität (Bögeholz & Barkmann 2005) vieler im Geographieunterricht behandelter Themen. Gleichzeitig bestehen hinsichtlich der praktischen Umsetzung des Ansatzes noch viele Unklarheiten, die sowohl von Seiten der Wissenschaft als auch von Praktiker:innen aufgeworfen werden (vgl. Fögele 2016). An diesen setzt das forschungsmethodisch auf Design-based Research (DBR) basierende Dissertationsprojekt mit einer doppelten Zielsetzung an (Feulner et al. 2021), indem es am Beispiel des Nachhaltigkeitsvierecks einerseits die Entwicklung einer Theorie zu basiskonzeptionellem Lehren und Lernen sowie andererseits die Generierung eines konkreten Entwicklungsprodukts, einer basiskonzeptionellen Unterrichtsreihe, anstrebt.

Auf Grundlage von theoretischen und aus Expert:inneninterviews gewonnenen empirischen Hinweisen zur Gestaltung von basiskonzeptionellem Geographieunterricht zum Nachhaltigkeitsviereck wurde unter dem Oberthema ‚Nachhaltiger Konsum‘ designprinzipiengeleitet eine achtstündige Unterrichtsreihe zum erweiterten Nachhaltigkeitsviereck entwickelt (Jg. 10/11), die mit Praktiker:innen im Workshopformat optimiert und in zwei Zyklen in insgesamt fünf niedersächsischen Schulklassen erprobt wurde. Aus qualitativer und quantitativer Begleitforschung wurden Erkenntnisse zum basiskonzeptionellen Lernen in der Unterrichtsreihe (u. a. Ermittlung von Lernhindernissen) und zur Anpassung der Designprinzipien und weiteren Optimierung der Unterrichtsreihe gewonnen. Im Vortrag auf dem HGD-Symposium wird Einblick in die Ergebnisse des kurz vor Abschluss stehenden Forschungsprojekts gegeben.



Werte von Natur als Spannungsfeld geographischer Bildung?

Jolina Ulbricht, Stefan Knauß, Anne-Kathrin Lindau

Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Deutschland

Werte der Natur aus Sicht des Weltbiodiversitätsrats (IPBES) sind die grundlegenden Überzeugungen und Einstellungen einer Gesellschaft, die ihre Handlungen und Entscheidungen beeinflussen. Der Weltbiodiversitätsrat (IPBES, 2022) unterscheidet: Instrumentelle Werte, die Natur als Mittel zur menschlichen Bedürfnisbefriedigung betrachten (Nutzwert der Natur); Intrinsische Werte, die den Schutz von Natur um ihrer selbst willen sieht (Selbstwert der Natur); Relationale Werte, die diese Dichotomie um eine dritte Kategorie erweitern, die sich stärker auf Mensch-Natur-Beziehungen konzentriert und in denen Natur zum Teil als Selbstzweck erscheint (Wert der Mensch-Natur-Beziehung).

Der vorgeschlagene Beitrag zielt darauf ab, die von IPBES (2022) herausgestellte Vielfalt der Naturerfahrungen, -konzepte und -bewertungen, die weit über das europäische Nachhaltigkeitsverständnis des Anthropozentrismus sowie der nutzungsorientierten Mensch-Umwelt-Beziehungen hinausreichen, für den geographischen Bildungskontext zu analysieren (Knauß et al., 2024 i. E.). Auf der Grundlage von verschiedenen Nachhaltigkeitszugängen (z. B. Life Framework of Values) und Nature Futures Framework (Pereira et al., 2020)) sowie mithilfe des EU-Referenzrahmens für Nachhaltigkeitskompetenzen GreenComp (Bianchi, 2022) soll der Fokus auf die Spannungsfelder zwischen verschiedenen Auffassungen von Nachhaltigkeit sowie raumbezogenen Mensch-Umwelt-Beziehungen als Kern geographischer Bildung (DGfG, 2020) gerichtet werden. Mithilfe eines qualitativen Zugangs werden grundlegende Texte geographischer Bildung ausgewertet, um Potenziale für eine kritisch-emanzipatorische Perspektive zu reflektieren und Implikationen für den Geographieunterricht abzuleiten.

 
Datum: Mittwoch, 02.10.2024
9:00 - 10:30Aus- und Fortbildung von Lehrkäften
Ort: Gebäude 3, Raum 3.101
Chair der Sitzung: Melissa Meurel, Universität Münster
Pro Vortrag incl. Nachfragen und Diskussion stehen 30 Minuten zur Verfügung.
 

Geographische Lehrkräftefortbildungen bundesländerübergreifend gestalten – Potentiale und Herausforderungen

Isabelle Muschaweck1, Johannes Hiebl2, Tamara Heck2, Marc Rittberger2, Detlef Kanwischer1

1Goethe Universität Frankfurt, Deutschland; 2DIPF | Leibniz-Institut für Bildungsforschung und Bildungsinformation

Im Kontext von Digitalität werden geographische Fachinhalte rekonfiguriert und es bedarf einer Re-Innovation von Bildungsansätzen zur Didaktisierung dieser Inhalte. Um entsprechende aktuelle Erkenntnisse der geographiedidaktischen Forschung in der Schule wirksam zu implementieren, muss im ersten Schritt eine Befähigung von Lehrkräften erfolgen. Hier bietet sich die Konzeption entsprechender Fortbildungen an. Damit diese Angebote bundesweit fruchtbar werden können, ist eine länderübergreifende Einbettung erforderlich. Hierdurch kann wiederum über die optimale Abstimmung zwischen den Akteur*innen der Lehrkräftefortbildung ein Beitrag zu ihrer Wirksamkeit geleistet werden.

Unter Berücksichtigung der Domänenspezifität fachdidaktischen Wissens und mit Blick auf die Förderung fachlicher digitaler Kompetenzen lassen sich die Akteur*innen der fachdidaktischen Ausbildung an den Hochschulen als zentral identifizieren. Um ihre spezifischen Bedarfe in Bezug auf die Realisierung bundesländerübergreifender Fortbildungsformate der gesellschaftswissenschaftlichen Fächer und deren digital-infrastrukturellen Einbettung zu identifizieren, wurden drei Gruppendiskussionen (n= 18) im Stile eines „Experteninterviews“ geführt und ausgewertet. In diesem Vortrag werden erste Ergebnisse aus geographiedidaktischer Perspektive präsentiert und diskutiert. Zentral ist dabei die struktureller Ebene, die z. B. spezifische Zertifizierungsaspekte oder Curricula in den Bundesländern betrifft. Auch der originär digitale Charakter länderübergreifender Fortbildungen bedarf Abstimmungen auf infrastruktureller Ebene.

Aufbauend auf den Ergebnissen werden die Potentiale von Open-Educational-Practices zur Adressierung der identifizierten Herausforderungen reflektiert und ein Ausblick auf die Implementierung länderübergreifender Fortbildungen gegeben.



Die Kunst des Dialogs. Ein Impuls für die geographiedidaktische Lehrkräftebildung

Nicola Richter

Europa-Universität Flensburg, Deutschland

Seinen Ausgang vom didaktischen Dreieck nehmend, widmet sich der Beitrag dem Wesen des Dialogs im Kontext der geographiedidaktischen Lehrkräftebildung. Ziel ist es, aufzuzeigen, dass das Verständnis des Dialogs über eine bloße geographiedidaktische Methode hinausgeht. Denn dialogische Praxis im Unterricht führt zu einer Änderung des Selbst- und Weltbezugs des Subjekts und kann so als Medium für transformative geographische Bildung betrachtet werden.

Beginnend mit einem Überblick über die Forschungslandschaft zum Konzept des Dialogs in der Geographiedidaktik, erweitert der Beitrag dieses Verständnis als eine philosophische Kategorie. Die wissenschaftstheoretische Position der responsiven Phänomenologie Bernhard Waldenfels‘ bietet einen Ansatz, um den Topos des Dialogs als Ausgangspunkt für ein neues bzw. wiederzuentdeckendes Verständnis der Geographiedidaktik zu betrachten. Dies hat Implikationen für die Praxis der Lehrkräftebildung, da der Dialog innerhalb des didaktischen Dreiecks neu positioniert wird:

1) Eine dialogische Lehrkräftebildung unterstreicht die Bedeutung der respektvollen Haltung der Lehrkraft, die die Andersartigkeit der Lernenden anerkennt, das Bewusstsein für Affektivität fördert und die zugrunde liegenden Strukturen des Gesprächs reflektiert.

2) Sie betont die Rolle des Fragens bei der Suche nach neuem Wissen und hebt die Notwendigkeit hervor, Brüche und Öffnungen anzusprechen, die Begegnungen mit dem Fremden inhärent sind.

3) Sie plädiert für eine Abkehr von der traditionellen Wissensvermittlung hin zu einer tiefen Beschäftigung mit dem exemplarischen Fachgegenstand selbst als wesentlichen Faktor in der Initiierung eines transformativen Bildungsprozesses.

Letztlich entfaltet sich die Kunst des Dialogs als transformative Begegnung zwischen Lehrkraft, Lernenden und Unterrichtsinhalten, gekennzeichnet durch ein Offenhalten für widerständige Erfahrungen, motivierende Fragen und einen gegenseitig bereichernden Austausch von Ideen und Denkweisen.



Reflexiv-analytische Praxen im Längsschnitt der zweiten Phase der Geographielehrkräftebildung: Herausforderungen und Perspektiven

Laura Luber

Justus Liebig Universität Gießen, Deutschland

Reflexion gilt als wesentliches Element von Professionalität und wird in der Geographiedidaktik u. a. aufgrund der Vielperspektivität des Fachs fokussiert (vgl. Dickel, 2023). Wenngleich im Kontext der Lehrkräftebildung vielfältige reflexive Anlässe denkbar sind (v. Aufschnaiter 2023), nehmen (Geographie-)Lehrkräfte als „reflective practitioner“ (Schön 1983) einen theoriegestützt-kritischen Blick auf die eigene Unterrichtspraxis ein. Unterrichtsnachbesprechungen (=UNB) als institutionalisiertes Reflexionssetting der zweiten Phase wird diesbezüglich besonderes Potenzial zugeschrieben. Entgegen der hohen normativen Erwartungen zeigt sich vielfach eine empirische Ernüchterung (z. B. hinsichtlich fehlender Reflexionstiefe; exempl. Reintjes & Bellenberg 2017; Kilimann et al. 2020).

Geographiedidaktische Erkenntnisse über den Ist-Zustand reflexiv-analytischer Praxen sowie Reflexionsgegenstände innerhalb der zweiten Phase sind bislang kaum vorhanden. Zur Schließung der Forschungslücke werden UNB von acht angehenden Lehrkräften mittels Inhaltsanalyse (Kuckartz 2018) ausgewertet und im qualitativen Längsschnitt verglichen. Dabei zeigt sich u. a. eine Tendenz zur Praxisorientierung, wobei der Fokus oft auf unmittelbaren Unterrichtsoptimierungen (wie Unterrichtsstrategien) gerichtet ist. Auf Einzelfallebene zeigen sich Unterschiede in Tiefe und fachbezogen-theorienaher Anlehnung, die sich verdichten lassen zu reduziert-verkürzten sowie perspektivierend-elaborierten Praxen. Ein zentraler Diskussionspunkt stellt die Frage nach Förder- und Unterstützungsmöglichkeiten dar, um fachbezogen-tiefe reflexiv-analytische Praxen zu initiieren. Der Vergleich mit normativen Modellierungen legt Förderbedarfe offen und führt zu ersten empirisch gestützten Empfehlungen (z. B. der Einsatz von Tools, Gestaltung von Seminarsitzungen, expliziten Anleitung). Anregung für weiterführende Forschung (z. B. Ansätze für Interventionsstudien und fachdidaktische Sekundärauswertungen) werden diskutiert.

 
11:00 - 12:30Geographiedidaktik - Vergewisserungen & Reflexionen
Ort: Gebäude 3, Raum 3.101
Chair der Sitzung: Andreas Eberth, Universität Passau
Chair der Sitzung: Jochen Laub, Universität Trier
Chair der Sitzung: Christian Wittlich, Universität Bremen
World Café
 

Geographiedidaktik – Vergewisserungen und Reflexionen (World Café)

Andreas Eberth1, Dirk Felzmann2, Jochen Laub3, Nicole Raschke4, Sandra Sprenger5, Christian Wittlich6

1Universität Passau, Deutschland; 2RPTU Kaiserslauten-Landau; 3Unversität Trier; 4Technische Universität Dresden; 5Universität Hamburg; 6Universität Bremen

In den letzten Jahren haben sich moderierte Diskussionen zu verschiedensten Fragen der Geographiedidaktik als sehr konstruktiv erwiesen. So wurden neben den Fishbowl- Diskussionsrunden zur geographiedidaktischen Forschung im Rahmen des DKG in Berlin (2015; vgl. Bagoly-Simó & Hemmer 2016) und im Rahmen des HGD-Symposiums in Jena (2017; vgl. Gryl & Bauer 2018) auch Word Cafés durchgeführt, u.a. auf dem DKG in Tübingen (2017), in Kiel (2019) und in Frankfurt am Main (2023; Brockmüller et al. i.E.).

So wird auch auf dem diesjährigen HGD-Symposium die Gelegenheit gegeben, im Rahmen einer moderierten, aber zugleich sehr offen gehaltenen Diskussionsveranstaltung aktuelle Fragen des Faches zu diskutieren.

Folgende thematische Schwerpunkte sind vorgesehen:

• Geography Education International – Sichtbarkeit und Anschlussfähigkeit der

deutschsprachigen geographiedidaktischen Community – Wie ist die aktuelle

Situation und welche Entwicklungsperspektiven bieten sich?

• Geographie als politisch bildendes Fach – Worin liegen die Stärken der Geographie als

politisch bildendes Fach, wie grenzt sich die Geographie zur Politischen Bildung ab

bzw. inwiefern ist sie anschlussfähig?

• Attraktive Qualifikationsphasen gestalten – Wie können für Promovierende und

PostDocs attraktive Bedingungen gestaltet werden, um die Qualifizierungsphasen

erfolgreich zu gestalten?

• Geographiedidaktik und Erdsystemwissenschaft – Wie sollte sich die

Geographiedidaktik im Bereich geowissenschaftlicher Bildung und der Earth System

Education positionieren?

• Zum Verhältnis von Geographiedidaktik und Schulgeographie – Wie kann die

Zusammenarbeit von Schulgeographie und Geographiedidaktik verbessert bzw.

strukturell gestärkt werden, wo liegen Grenzen und Chancen?

• Geographie und BNE – Wie kann das Verhältnis bestimmt werden?

Zu diesen Schwerpunkten werden Diskussionstische angeboten, die jeweils von einem der Vorstandsmitglieder des HGD moderiert werden.

 

 
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