Veranstaltungsprogramm

Eine Übersicht aller Sessions/Sitzungen dieser Veranstaltung.
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Sitzungsübersicht
Datum: Dienstag, 01.10.2024
7:30 - 8:00Sport am Morgen im Schlossgarten
Ort: Treffpunkt: Haupteingang PH Karlsruhe, Bismarckstraße 10 (Gebäude 1)
9:00 - 10:30Ethisches Urteilen und Werte im Geographieunterricht
Ort: Gebäude 3, Raum 3.009
Chair der Sitzung: Jochen Laub, Universität Trier
Pro Vortrag incl. Nachfragen und Diskussion stehen 30 Minuten zur Verfügung.
 

"Das System ist defekt, die Gesellschaft versagt – aber alles wird gut!" Antinomien zukunftsorientierter geographischer Bildung in der Lehrkräftebildung begegnen.

Jochen Laub

Universität Trier, Deutschland

Fast 50 Jahre nach den Mahnungen des Club of Rome über die „Grenzen des Wachstums“ (Meadows et al. 1972) ist das Streben nach Nachhaltigkeit heute wahrscheinlich gesellschaftlicher Konsens und in der Öffentlichkeit eigentlich unbestritten. Im Unterricht stehen Lehrkräfte allerdings vor verschiedenen Herausforderungen, die mit der Umsetzung des und dem Zukunftsbezug der Bildung für nachhaltige Entwicklung im Unterricht verbunden sind. Gerade die Normativität des Ansatzes ist eine Herausforderung, die in kritischen Ansätzen zunehmend betont wird (Lambert 1999, Pettig & Ohl 2023; Hamborg 2022). Sie steht sowohl auf pädagogischer als auch auf inhaltlicher Ebene mit dem Bildungsgedanken in einem antinomischen Spannungsverhältnis (Singer-Brodowski 2016). Dies gilt insbesondere im Hinblick auf Werte und ethische Urteile von Lernenden. Derartige Spannungen können als Antinomien gefasst werden und sind im pädagogischen Diskurs um Antinomien des Lehrer*innenhandelns breit diskutiert (siehe Helsper 2001; Binder & Oelkers 2022). Geographieunterricht, der sich auf Zukunft bezieht, hält mehrere derartige Spannungsfelder bereit. Der Beitrag betrachtet in einem ersten Schritt didaktisch-pädagogische Antinomien, die im Geographieunterricht relevant sind (Freiheit – Zwang; Individuum – Struktur; Nachhaltigkeit als ökologischer Begriff – Lebenswelt, Offenheit von Zukünften – (normative) Geschlossenheit prognostischer Zugänge) (Laub 2023). Wie Lehrkräfte mental und praktisch mit diesen umgehen, ist von größter Bedeutung. Es kann davon ausgegangen werden, dass es zentral für deren Gestaltung von Unterricht ist. Lehrende müssen, wenn sie einen angemessenen Umgang mit BNE erreichen möchten, diese Spannungen reflektieren und Wege finden, sie zu integrieren (Laub 2021). In einem zweiten Schritt gibt der Beitrag einen empirischen Einblick, inwiefern Lehrer*innen hierzu in der Lage sind um drittens Vorschläge für die weitere Ausbildung von Lehrer*innen diskutieren.



Förderung ethischen Urteilens im Geographieunterricht

Marcel Barth

RPTU Kaiserslautern-Landau, Campus Landau

In Unterrichtsstunden, die das ethische Urteilen fördern möchten, kann das Weiterfragen und Ausdifferenzieren innerhalb der zentralen ethischen Kriterien im Fokus stehen (Ulrich-Riedhammer, 2017). Dieses feinere Unterscheiden innerhalb ethischer Fragen definiert Ulrich-Riedhammer als ethisches Urteilen. Zwar gibt es bspw. in der Biologiedidaktik bereits Vorschläge zur methodischen Umsetzung ethischen Urteilens in den Unterricht (Reitschert, 2009), allerdings folgen diese nicht dem hier zugrundeliegenden Verständnis. Ebenso wirft das Ausdifferenzieren innerhalb ethischer Kriterien die Frage danach auf, wie ethische Theorien zur Förderung des ethischen Urteilens integriert werden können (Applis & Scarano, 2014).

Im Zentrum des Vortrags stehen demnach die Fragen: 1) Wie kann eine schrittweise unterrichtspraktische Umsetzung zu einem so verstandenen ethischen Urteilen aussehen? 2) Wie bewerten SchülerInnen die Bereitstellung eines ethischen Wissens im Urteilsprozess? Um diese Fragen zu beantworten, wurden mithilfe des DBR-Ansatzes iterativ Lehr-Lern-Umgebungen für die gymnasiale Oberstufe entwickelt, erprobt und mit den Erkenntnissen aus qualitativen Schülerinterviews (Witzel, 1985) und Lernproduktanalysen (Flick, 2021) weiterentwickelt.

Im Vortrag werden u.a. Ergebnisse aus dem fünften Design-Zyklus zur schrittweisen unterrichtspraktischen Umsetzung präsentiert: 1.1 Formulierung ethischer Fragen, 1.2. Ordnung der ethischen Fragen, 1.3. Darlegung des ethischen Kernproblems, 2.1 Identifizierung der zentralen ethischen Kriterien, 2.2. Grad der Unterscheidung, 2.3 Analytische Fallbeschreibung.

Des Weiteren zeigte sich, dass die Bereitstellung eines ethischen Wissens den SchülerInnen dabei hilft, die Diskussion zu versachlichen, die Komplexität des Falls zu wahren, normative Setzungen entgegenzuwirken sowie eine konsensuale Einigung herbeizuführen. Allerdings kann durch eine solche Bereitstellung auch die Kreativität im Urteilsprozess eingeschränkt werden.



Kritik und Utopie – zur Relevanz des Utopie-Begriffs für eine kritische Geographiedidaktik

Georg Gudat

Friedrich-Schiller-Universität Jena, Deutschland

Aktuelle Studien zeichnen ein düsteres Zukunftsbild junger Menschen. Die Hoffnungslosigkeit nimmt zu, dass sich die Welt verbessern und Krisen bewältigt werden können. Für die Geographiedidaktik stellt sich die Frage, welche Rolle geographische Bildung für eine zukünftige Welt zu leisten vermag und wie im Unterricht das Verhältnis von bestehender Wirklichkeit und möglicher Zukünfte thematisch werden kann.

In meinem Beitrag diskutiere ich den Begriff der Utopie in seinem Verhältnis zum Kritikbegriff als eine zentrale didaktische Kategorie für den kritischen Geographieunterricht. Das Utopische kommt dabei in zweierlei Hinsicht zum Tragen: Zum einem als Gegenstand im Geographieunterricht, als Modelle einer „besseren“ Zukunft (z.B. nachhaltige Lebensweise, gerechte Stadt, …). Auch wenn Utopien in der Regel in die Zukunft verortet werden, beziehen sie sich immer auf die bestehende Gegenwart, „sie entfalten sich auf der Grundlage einer kritischen Sicht auf bestehende Verhältnisse“ (Rora 2023:171) und stellen insofern eine spezifische Form der (Gesellschafts-)Kritik dar. Zum anderen kann der Utopie-Begriff als wesentliche Bedingung für eine kritische Geographiedidaktik im Spannungsfeld von Begriff und deren Verwirklichung verstanden werden. Neben für den Geographieunterricht themenspezifischen utopischen Entwürfen lässt sich ebenso die Idee geographischer Bildung selbst als Utopie fassen. In diesem Sinne stellt Bildung einen Begriff dar, der sich nicht „in seinen historischen Interpretationen erschöpft, sondern als regulative Idee über die jeweils historisch-kontingente Ausformulierung und praktische Umsetzung hinaus relevant bleibt.“ (ebd.)

Hinsichtlich der Spannung zwischen bildhaften (Bloch) und bilderlosen Utopien (Adorno) zielt mein Beitrag darauf ab, den Utopie-Begriff einerseits als ein gesellschaftskritisches Konzept für den Geographieunterricht herauszustellen und andererseits seine Funktion als Regulativ für geographiedidaktische Theoriebildung zu reflektieren.

 
9:00 - 10:30Future Skills - konzeptionelle Ansätze und Unterrichtspraxis
Ort: Gebäude 3, Raum 3.101
Chair der Sitzung: Holger Jahnke, Europa-Universität Flensburg
Pro Vortrag incl. Nachfragen und Diskussion stehen 30 Minuten zur Verfügung.
 

VORTAG ENTFÄLLT! Diskriminierungskritische Bildung im Rahmen geographiedidaktischer Ansätze

Arne Popp

Universität Passau, Deutschland

‚Othering‘ ist ein aktuelles Problem, das auch im Geographieunterricht mitunter unreflektiert reproduziert wird (Eberth&Lippert 2023; Eberth 2024). Eines der Ziele schulischer Bildung sollte es daher sein, die Vielfältigkeit von Diskriminierung (vgl. Heitmeyer 2012) aufzuzeigen, eine Unsichtbarkeit marginalisierter Gruppen zu dekonstruieren und ihre individuellen und kollektivbiographischen Perspektiven anzuerkennen. Hierbei ist eine Diskriminierungskritik nicht nur eine aversive Haltung, sondern kritische Reflexion der Handlungsoptionen und Hindernisse einer solchen Kritik (Scherr 2021) unter Berücksichtigung möglichst aller Differenzkonstruktionen. Diese forciert daher eine Sensibilisierung für „grobe und subtile“ Differenzkonstruktionen sowie „Verhältnisse von Macht und Ungleichheit“ (Foitzik 2019). Konzepte wie u.a. ‚Intersektionalität‘ (vgl. Hopkins 2019), ‚critical whiteness‘ und ‚dekoloniale Perspektiven‘ (vgl. Shaw 2006) erweisen sich dazu als hilfreiche Ansätze, Verschränkungen von Diskriminierungen aufzuzeigen, Privilegien zu hinterfragen und diese machtkritisch zu reflektieren. Hierzu empfehlen jüngere Arbeiten wie Schröder (2019), Eberth und Röll (2021), Kersting und Schröder (2023), Chihab und Kanwischer (2023) entsprechende Implikationen für eine diskriminierungskritische Bildung im Geographieunterricht (ebd.). Diese Arbeiten stellen insbesondere Potenziale postkolonialer Perspektiven für die Geographiedidaktik und den Geographieunterricht heraus. Desiderata bestehen aber weiterhin, etwa in den Bereichen heteronormativitätskritischer und antisemitismuskritischer Bildung. Durch ein Zusammendenken verschiedener Diskriminierungsformen und vernetzt gedachten, machtkritischen Ansätzen werden Synergien für präventive Bildung ermöglicht. Im Vortrag werden daher bestehende Konzepte diskriminierungskritischer Bildung vorgestellt und Forschungsperspektiven für die Geographiedidaktik und Geographieunterricht als politisch bildendes Fach diskutiert.



Auf dem Weg zu einer transformativen Ortsgestaltungskompetenz

Leon Falk, Holger Jahnke

Europa-Universität Flensburg, Deutschland

Die Omnipräsenz von Krisen und dystopischen Szenarien des Klimawandels wirkt sich negativ auf die Motivation und die Einstellung junger Heranwachsender zu zukunftsorientiertem Handeln aus, was sich auch in „Handlungsblockaden“ (DGfG 2020) zeigt. Im Geographieunterricht werden diese Herausforderungen in der Regel durch eine analytische Brille betrachtet, wobei die Suche nach Lösungen globaler Probleme im Vordergrund steht.

Unter dem Oberbegriff der Handlungskompetenz lernen Schüler*innen, ihr Verhalten zu ändern, insbesondere in Bezug auf Mobilität, Ernährung und Konsum, um eine nachhaltige Zukunft zu realisieren. Häufig werden die Folgen dieses Handelns in abstrakten Kategorien, wie dem CO2-Fußabdruck bewertet. Auch interdisziplinäre Ansätze, wie „Gestaltungskompetenz” (de Haan 2008) und „Futures Literacy” (Unesco 2021) zielen primär auf eine Verhaltensänderung bei Schüler*innen ab.

Vor diesem Hintergrund stellen wir das Modell einer transformativen Ortsgestaltungskompetenz vor, welches Aspekte von Kognition, Emotion, Imagination und Kreativität systematisch zusammendenkt. Im Mittelpunkt steht dabei die unmittelbare Lebenswelt der Schüler*innen als Erfahrungsraum. Die transformative Ortsgestaltungskompetenz zielt darauf ab, Schüler*innen in die Lage zu versetzen, wieder in Resonanz mit ihrer Umwelt zu treten , ihre konkrete Lebenswelt als veränderbar zu erleben und sich selbst als selbstbewusste, kreative, soziale und transformative Ortsgestalter*innen zu erleben.

Mit dem Fokus auf die konkrete Ausgestaltung möglicher Zukünfte möchten wir einen Beitrag leisten zu der Diskussion um Transformative Geographische Bildung (Nöthen & Schreiber 2023) und einer „Geographie als Zukunftsfach“ (Dgfg 2022).



VORTAG ENTFÄLLT! Futures Literacy entwickeln - Erfahrungen aus dem Geographieunterricht

Andreas Thierer

Gymnasium Isny, Deutschland

Vor dem Hintergrund der aktuellen Vielfachkrisen und des planetaren Wandels scheint es vielen Schüler*innen immer weniger zu gelingen, sich eine bevorzugte nachhaltige Zukunft vorzustellen und Maßnahmen zu deren Verwirklichung zu identifizieren. Mulgan (2020, S. 4) spricht von einer imaginary crisis. Dieser Beitrag fokussiert auf Unterrichtsarrangements, die Schüler*innen auf Grundlage einer positive imagination in ihrer Entwicklung von futures literacy (UNESCO) fördern können.

Dargestellt werden zwei praxiserprobte Unterrichtsversuche. Zum einen ist dies die Durchführung von städtebaulichen Wettbewerben, bei denen Schüler*innen in die Rolle von Planer*innen schlüpfen, nachhaltige Planungsansätze erarbeiten und Entwürfe zu einem spezifischen städtebaulichen Vorhaben entwickeln. Zum anderen handelt es sich um die Erstellung einer Stadttour 2040, für welche die Schüler*innen eine Führung durch ihren Schulort der Zukunft gestalten.

Für den alltäglichen Unterricht ist außerdem vorzuschlagen, ermutigenden Aspekten mehr Raum zu geben. Beispielsweise kann der meist curricular geforderten – aber negativ konnotierten – Behandlung von Kipp-Punkten positive Tipping Points gegenübergestellt werden (z.B. Lenton 2022, S. 1). Denkt man dies konsequent weiter, so kann das im Geographieunterricht einmünden in einen strikt lösungsorientierten Unterrichtsansatz (Hoffmann 2021), der sich zur Entwicklung von futures literacy in besonderem Maße eignet.

 
9:00 - 10:30Lehrkräfteprofessionalisierung im Bereich von OER und BNE
Ort: Gebäude 3, Raum 3.109
Chair der Sitzung: Andreas Eberth, Universität Passau
Invited Paper Session
 

Zur Professionalisierung von (angehenden) Lehrkräften in den Bereichen OER und BNE

Andreas Eberth1, Miriam Kuckuck2

1Universität Passau, Deutschland; 2Bergische Universität Wuppertal

Obwohl die Potenziale von Open Educational Resources (OER) für die schulische Bildung auf wissenschaftlicher (z.B. Deimann, 2020) und bildungspolitischer Ebene (BMBF; 2022; UNESCO, 2022) immer wieder hervorgehoben werden, werden sie bislang in der Unterrichtspraxis kaum genutzt: Wenngleich die Forschung zu den Gründen einer möglichen Skepsis seitens der Lehrkräfte noch überschaubar ist (Otto, et al., 2021), konnten jedoch bereits verschiedene Faktoren (z.B. Zeitnot, überfordernde Vielfältigkeit an Angeboten, rechtliche Unsicherheiten etc., Otto, 2019) herausgearbeitet werden. Auch eine mangelnde Kooperation von Lehrkräften bezogen auf OER (Biederbeck, 2020) wird konstatiert. In der Session werden diese Desiderate adressiert. Drei drittmittelgeförderte Projekte an verschiedenen Universitäten werden vorgestellt, die sich mit der Frage auseinandersetzen, wie Strukturen geschaffen werden können, die die identifizierten Hinderungsgründe von Lehrkräften in Bezug auf die Arbeit mit OER abbauen und wie Lehrkräfte entsprechend professionalisiert werden können. Die Projekte wählen dazu Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) als übergeordnetes Bildungsziel. Denn damit angehende Lehrpersonen BNE im Sinne einer kritisch-emanzipatorischen BNE mit Schüler*innen erfahrbar machen können, bedarf es ebenso entsprechender Professionalisierung. Sie benötigen neben fachlichem, fachdidaktischem und pädagogischem Wissen auch Kompetenzen in einer kreativen (digitalen) Umsetzung der Komplexität nachhaltiger Entwicklung bzw. von BNE. Eine Möglichkeit zur Befähigung der (angehenden) Lehrpersonen sind OER, die die verschiedenen fachlichen wie fachdidaktischen Ansätze einer BNE aufgreifen und als offene Bildungsressourcen auch einen Beitrag zur Demokratisierung leisten und Möglichkeiten der Partizipation bieten. Im Rahmen dieser Session werden die jeweiligen Vorhaben, Ergebnisse und Erkenntnisse sowie Erfahrungen vorgestellt und diskutiert.

Vortrag 1:

Bildung für Nachhaltigkeit durch Open Educational Resources vermitteln (BNE-OER)

Alexandra Budke, Miriam Kuckuck

In diesem Vortrag werden die Ergebnisse aus einem Projekt, welches vom MWK NRW gefördert wurde, vorgestellt. Die Vortragenden haben insgesamt 31 OER zu BNE für die erste Phase der Lehrer*innenbildung erstellt, erprobt und evaluiert.

Vortrag 2:

Making Open Resources in Teacher Education, Schwerpunkt BNE (moreBNE)

Petra Mayrhofer, Andreas Eberth

In diesem Beitrag werden das Design und die Arbeitsweises des Projekts „moreBNE“ an der der Universität Passau (gefördert durch das BMBF) fokussiert, welches die Etablierung einer OER-Communitiy of Practice (OER-CoP) im Bereich Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) an Schulen fokussiert. Hierfür adressiert das Projekt den Auf- und Ausbau von Kompetenzen, die für einen emanzipierten Einsatz, die Auswahl sowie die Produktion und Distribution von OER notwendig sind. Zum Erhalt dieser OER-CoP werden parallel kollaborative Infra- und Arbeitsstrukturen eingeführt und verstetigt.

Vortrag 3:

OERLe – Partizipative Gestaltung von OER und OEP in der zweiten Phase der Lehrer*innenbildung – Am Beispiel von Bildung für nachhaltige Entwicklung Anne-Kathrin Lindau, Nina Brendel, Alexandra Budke, Miriam Kuckuck

In diesem Vortrag werden die Projektidee und erste Ergebnisse aus dem Verbundprojekt „OERLe“ (gefördert durch das BMBF) vorgestellt. In diesem Projekt werden OER zu BNE für die zweite Phase der Lehrer*innenbildung erstellt und in partizipativen Open Educational Practices (OEP) gestaltet.

 
9:00 - 10:30Systemisches Denken
Ort: Gebäude 3, Raum 3.110
Chair der Sitzung: Annabelle Koch, Justus-Liebig-Universität Gießen
Pro Vortrag incl. Nachfragen und Diskussion stehen 30 Minuten zur Verfügung.
 

„A führt zu B und dann ist [bei denen] Schluss“ – Inwiefern diagnostizieren Lehrkräfte prozessual systemische Denkstrategien mittels Videovignetten?

Annabelle Koch

Justus-Liebig-Universität, Deutschland

Zunehmende empirische und politische Publikation (z. B. NGSS) zeigen die Relevanz von systemischen Denken. Die „Habits of a System Thinker“ (Benson, Marlin 2017) dienen als Hilfe zur Operationalisierung von systemischen Denken, da sie durch leicht einprägsame Sätze vermitteln, wie sich gute Systemdenkende verhalten. Einige Studien weisen diese oder ähnliche Denkstrategien nach (u. a. Meister 2019). Zur adäquaten Förderung der Lernenden benötigen Lehrkräfte prozessdiagnostische Fähigkeiten, definiert durch die Vorgehensweise der Urteilsbildung. Sie fokussieren überwiegend Lernprozesse von Lernenden und ermöglichen, Kompetenzen differenziert zu diagnostizieren (v Aufschnaiter et al. 2020). Trotz hoher Relevanz der Prozessdiagnosen wurden diese im Kontext des systemischen Denkens bislang kaum untersucht.

Ausgehend von diesem Desiderat stellt die Studie eine Ist-Analyse der prozessdiagnostischen Fähigkeiten - inklusive der Förderung - im Bereich des systemischen Denkens von Geographielehrkräften dar. Ausgangspunkt des Forschungsdesigns bilden Videovignetten, die als Erhebungsanlass fungieren und auf Videodaten einer Vorläuferstudie zur Mystery-Methode basieren (Meister 2019). In zwei Erhebungen analysieren die Lehrkräfte die Videos in Duos, sodass die diagnostischen Fähigkeiten in einem kommunikativen Aushandlungsprozess offengelegt werden. Dazwischen findet ein Prompt zum systemischen Denken und zur Diagnostik statt. Die Auswertung erfolgt inhaltsanalytisch.

Insgesamt zeigen alle Lehrkräfte eine holistische Diagnosefähigkeit, d.h. sie achten auf systemische und nicht-systemische Aspekte. Jedoch werden interindividuelle Unterschiede hinsichtlich der Inhaltsfokussierung und der Gedankenelaboration deutlich. Zudem nutzen einige Lehrkräfte die Habits implizit in der ersten Erhebung, andere erst nach dem Prompt. Die Habits werden in verschiedenen Phasen der Urteilsbildung angewendet. Im Vortrag werden die Ergebnisse der Studie thematisiert.



Der Einfluss von Material(ität) bei der Mystery-Bearbeitung auf die Hervorbringung von Systemdenken

Miriam Schöps

Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Deutschland

Wie nimmt die Gestaltung von Material (und Aufgabenstellung) eines Mysterys Einfluss auf die interaktionale Herstellung von Systemdenken?

Um eine Orientierung in komplexen Themenfeldern zu unterstützen oder Zusammenhänge zwischen getrennt wahrgenommenen Bereichen selbstorganisiert durch Schüler*innen zu erschließen, haben sich Mysterys als populäre Methode des Thinking Through Geography-Ansatzes für den Geographieunterricht etabliert. Die Wahrnehmung und In-Beziehung-Setzung von Einzelinformationen wird dabei imitiert und didaktisch strukturiert. Das bereitgestellte Mystery-Material weist spezifische Eigenschaften auf, deren Einflüsse auf die Lernprozesse von Schüler*innen unterschiedlicher Systemkompetenzniveaus bisherige Analysen nahelegen (Hempowicz 2021, 206, 208; Meister 2020).

Auch in der konversationsanalytisch fundierten Studie „Sprache als Dimension fachlichen Lernens im systemorientierten Geographieunterricht“ (Schöps & Lindau i.E.) werden Einflüsse deutlich. In der rekonstruktiv angelegten Untersuchung der Entwicklung von Systemkompetenz anhand der Methode Mystery wird gesprächsanalytisch (Deppermann 2008) und multimodal betrachtet, wie die Aushandlung systemischer Beziehungen eines komplexen Problems (globaler Rosenhandel) sprachlich-interaktional von Schüler*innen gestaltet wird. Ziel ist es zu erschließen, wie Verständnisse komplexer Systemzusammenhänge von Schüler*innen hergestellt und formuliert werden. Dabei fällt die Bedeutung des Arbeitsmaterials für die Interaktionen in den Schüler*innengruppen auf.

Der Beitrag stellt fallbezogen heraus, wie das Material eines Mysterys in seiner angebotenen Sprachlichkeit sowie Materialität auf die Interaktionen Einfluss nimmt: Wie wird es sprachlich und strukturell zur Erschließung (komplexer) Zusammenhänge eingebunden? (Fach)Sprachliche Ressourcen werden nur teilweise aktiviert. Ausgehend von den Analysen werden Ideen zur Gestaltung zukünftiger Lernumgebungen zur Diskussion gestellt.



Kombinierte Nutzung von Satellitenbildern und Exkursionen im Kontext geographischer Basiskonzepte – Einblicke in die Informationsgewinnung und -verarbeitung von Schüler*innen

Johannes Keller1, Alexander Siegmund1,2

1Abteilung Geographie – Research Group for Earth Observation (rgeo), Pädagogische Hochschule Heidelberg, Heidelberg; 2Heidelberg Center for the Environment (HCE), Geographisches Institut, Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg, Heidelberg

Die kombinierte Nutzung von Satellitenbildern und Exkursionen ermöglicht es Schüler*innen globale Krisen wie den Klimawandel aus verschiedenen Perspektiven zu erforschen. Um Erkenntnisse zu gewinnen, müssen sie mithilfe geographischer Arbeitsmethoden Informationen sammeln und mithilfe das Basiskonzepts „Systemkomponenten“ im Mensch-Umwelt-System einordnen (Fögele & Mehren, 2021). Die kombinierte Nutzung von Satellitenbildern und Exkursionen im Kontext dieses Basiskonzepts stellt Lehrkräfte vor Herausforderungen. Zwar existieren Unterrichtsbeispiele zu diesem Thema (Keller et al., 2024), jedoch lassen sich diese nicht auf andere Kontexte übertragen. In einem Dissertationsprojekt sollen deshalb durch einen Design-Based Reseach Ansatz Designprinzipien für die kombinierte Nutzung von Satellitenbildern und Exkursionen im Kontext des Basiskonzepts „Systemkomponenten“ entwickelt und validiert werden.

Nach einer Explorationsphase wurden erste Designprinzipien formuliert und in einer Unterrichtseinheit umgesetzt (Keller et al., 2024). Diese Einheit wurde mit vier Klassen evaluiert. Dafür wurden 12 Think-Aloud-Protokolle mit Schüler*innen erstellt und mit der qualitativen Inhaltsanalyse nach Kuckartz und Rädiger (2022) ausgewertet, um Einblicke in die Denkprozesse der Lernenden zu erhalten (Konrad, 2010).

Im Vortrag wird exemplarisch an einem Designprinzip „die geographischen Arbeitsmethoden werden im Kontext der geographischen Basiskonzepte eingesetzt“ ausgeführt, wie dieses umgesetzt wurde. Darauf aufbauend wird dargestellt und diskutiert, welchen Effekt dies auf die Arbeit der Schüler*innen mit den Satellitenbildern hatte. Erste Ergebnisse zeigen, dass die Lernenden zielgerichtet mit den Satellitenbildern arbeiten und die gewonnenen Informationen mithilfe der Systemkomponenten dem Alter angemessen verarbeiten konnten. Die gewonnenen Erkenntnisse bilden einen ersten Schritt zur Validierung der aufgestellten Designprinzipien, die in weiteren Zyklen fortgeführt wird.

 
9:00 - 13:00Auf-Brüche - Transformative Impulse für eine gegenwärtige geographische Bildung
Ort: Gebäude 3, Raum 3.107
Chair der Sitzung: Eva Nöthen, Universität Bonn
Chair der Sitzung: Verena Schreiber, Pädagogische Hochschule Freiburg
Format: Doppelsession á 4 Stunden in drei Blöcken (mit 30 Min. Pause)
Ablauf:
Block I: Lightning-Session mit Impulsen zu transformativen Bildungspraktiken (60 Min.)
Block II: Erprobung dreier zur Wahl stehender Formate im (Stadt-)Raum (120 Min.)
Block III: Austausch über Erfahrungen, Potenziale und Herausforderungen in der Lehre an Schule und Hochschule (30 Min.)
10:30 - 11:00Kaffeepause
Ort: Gebäude 3, Foyer 1. OG
11:00 - 12:00Podiumsdiskussion mit Fishbowl: „Klimabildung in der Geographie – Kontroversen und Konsensus“
Ort: Gebäude 3, Raum 3.101
Chair der Sitzung: Dana Graulich, Pädagogische Hochschule Heidelberg
Chair der Sitzung: Melissa Hanke, Universität Hamburg
Organisiert vom HGD-Nachwuchs
 

Podiumsdiskussion mit Fishbowl: „Klimabildung in der Geographie – Kontroversen und Konsensus“

Dana Graulich1, Melissa Hanke2, Carolin Klüsener3, Zülal Özleyen4, Madelaine Uxa5

1Pädagogische Hochschule Heidelberg; 2Universität Hamburg; 3Universität Bremen; 4Pädagogische Hochschule Karlsruhe; 5Universität Vechta

Hitzebelastung und Spätfrost, Hoch- und Niedrigwasser, Starkregen und Dürre. Die Folgen des Klimawandels sind bereits heute spürbar – und das zum Teil auch vor der eigenen Haustür. Eine der größten Herausforderungen unserer Zeit liegt darin, die Auswirkungen des Klimawandels auf globaler Ebene begreifen und ihnen auf lokaler Ebene begegnen zu können. Als Betroffene und zukünftige Akteur*innen stellen Jugendliche hierbei eine wichtige Personengruppe dar. Bildung im Sinne der Klimabildung (Climate Change Education) sowie einer Bildung für nachhaltige Entwicklung ist somit als eine unerlässliche Grundvoraussetzung für eine nachhaltige gesellschaftliche Transformation zu verstehen.

Wir stellen uns die Fragen, was Klimabildung für die Geographiedidaktik konkret bedeutet, wie sie konzeptualisiert wird und welche Ziele verfolgt werden. Was ist das Besondere an Klimabildung und welche Bildungspotenziale (u.a. Future Skills) birgt sie? Wie sollte idealerweise die praktische Ausgestaltung von Hochschullehre und Unterricht in der Geographie aussehen, um das Bildungspotenzial zu nutzen? Welche Fragen stehen dabei im Fokus und inwiefern wird zwischen Sachfragen und Wertfragen differenziert? Welche (gemeinsamen) Hürden und Chancen lassen sich in unterschiedlichen Ansätzen und Perspektiven identifizieren? Welche Forschungsdesiderata bestehen in der Geographiedidaktik?

Diese Fragen möchten wir gemeinsam mit erfahrenen Expert*innen sowie dem Nachwuchs der Geographiedidaktik diskutieren, um gemeinsam Kontroversen und Konsensus herauszuarbeiten In einer Mischung aus klassischer Podiumsdiskussion und anschließendem offenen und interaktiven Fishbowl-Format sollen eine lebendige Diskussion auf Augenhöhe sowie ein fruchtbarer Austausch mit Raum für Kontroversen entstehen.

 
11:00 - 12:00Mehrsprachigkeit – als Ressource geographischer Bildung und Werkzeug geographischen Denkens?
Ort: Gebäude 3, Raum 3.009
Chair der Sitzung: Johannes Heuzeroth, Universität zu Köln
Chair der Sitzung: Neli Heidari, Universität Hamburg
Workshop
 

Mehrsprachigkeit – als Ressource geographischer Bildung und Werkzeug geographischen Denkens?

Johannes Heuzeroth1, Neli Heidari2

1Universität zu Köln, Deutschland; 2Universität Hamburg

Der Workshop zielt darauf ab, ausgehend von der aktuellen Studienlage die Bedeutung und den funktionalen Umgang mit Mehrsprachigkeit im Geographieunterricht zur Diskussion zu stellen, um einerseits Prinzipien der Didaktisierung mehrsprachiger Lernsettings kennen zu lernen sowie Potenziale und Barrieren des Einsatzes im Geographieunterricht umfassend zu erörtern.

Sprachliche, ethnische und kulturelle Heterogenität in Familien und Schulen ist Ausdruck schulischer Realität (Becker-Mrotzek et al., 2023). Diese Heterogenität wird im geographiedidaktischen Diskurs bisher wenig berücksichtigt (Budke & Maier, 2019; Heidari et al., under review;). Gerade für die Vermittlung eines fachspezifischen Verständnisses geographischer Konzepte, systemischer Denkprozesse und kausaler Verknüpfungen könnten mehrsprachige Lernsettings, d.h. lernen mit und durch Mehrsprachigkeit, aufgrund

erhöhter transformativer Kapazitäten, Sprachbewusstheit oder metakognitiver Strategien ein enormes Potenzial darstellen (Charamba, 2020; Gogolin, 2021; Jessner, 2016; Schleppegrell, 2024). Durch betreffende Studien Heidari, Heuzeroth & Sprenger (in Vorbereitung) und Heuzeroth & Budke (2020) kann vermutet werden, dass mehrsprachige Lernsettings lernwirksame Kognitionsprozesse aktivieren, die das geographische Lernen stimulieren sowie kommunikative Problemlösungsprozesse fördern (Prediger & Redder, 2020).

Im Rahmen des Workshops werden ausgehend vom aktuellen Forschungsstand Teilnehmende dazu angeregt, anhand von Fallbeispielen den Einsatz von Mehrsprachigkeit im Geographieunterricht zu diskutieren (z. B. durch das Zulassen verschiedener Unterrichtssprachen bei der Klärung von Fachbegriffen). Die Ergebnisse einer qualitativen Untersuchung sowie bewährte Praktiken und ihre Relevanz für die Gestaltung mehrsprachiger Lernsettings im Geographieunterricht werden dabei ebenfalls zur Diskussion gestellt. Der

Workshop bietet eine interaktive Plattform für Teilnehmende, um gemeinsam Potenziale und Barrieren des Einsatzes von Mehrsprachigkeit in der geographischen Bildung zu ergründen/zu diskutieren.

 
11:00 - 12:30Das Fragwürdige verstehen. Eine phänomenologisch hermeneutische Verortung geographischer Bildungsprozesse
Ort: Gebäude 3, Raum 3.109
Chair der Sitzung: Pauline Schottmann, Friedrich-Schiller-Universität Jena
Chair der Sitzung: Nicola Richter, Europa-Universität Flensburg
Chair der Sitzung: Sophia Feige, Friedrich-Schiller-Universität Jena
Workshop
 

Das Fragwürdige verstehen. Eine phänomenologisch-hermeneutische Verortung geographischer Bildungsprozesse.

Pauline Schottmann

Friedrich-Schiller-Universität Jena, Deutschland

Die zwei philosophischen Strömungen der lebensweltlichen Phänomenologie (mit Fokus auf

das Werden von Gegenstand und Selbst) und die Hermeneutik (mit Fokus auf das Verstehen des Verstehens) sind Bedingungen der Möglichkeit, um einen doppelseitigen und transformativen Bildungsprozess anzuregen. So lassen sich Selbst- und Weltverhältnisse in ihrer Genese und in ihrem Vollzug aufklären (Schenk 2017: 273).

Im Workshop wird gemeinsam erarbeitet, wie fachwissenschaftliche und fachdidaktische Gegenstände in dieser phänomenologisch-hermeneutischen Perspektive miteinander verschränkt werden können. So setzen sich die Teilnehmenden durch ein eigens im Workshop erfahrenes, raumbezogenes Beispiel mit der Frage auseinander, wie Forschungsgegenstände phänomenologisch, das heißt in ihren Beiläufigkeiten und Merkwürdigkeiten, sinnlich-leiblich erfahren werden können. In diesem Prozess wird eine intensive und vorurteilsfreie Auseinandersetzung mit dem Gegenstand vorausgesetzt, die mit der Hervorbringung und den Erscheinungsweisen des Forschungsgegenstandes verschränkt ist (Orth 1991: 8ff.). Erst entlang dieses Weges werden wir einer angemessenen Methode habhaft, statt diese zu Beginn des Forschungsprozesses zu setzen.

Im hermeneutischen Verstehensprozess ändert sich nicht nur die Gegenständlichkeit der geographischen Inhalte, sondern auch das Selbst in einem dialogischen Erfahrungsraum, der sich zwischen beiden figuriert. Eine so verstandene phänomenologische Beschreibung bietet das Potenzial, Fachgegenstände jenseits bereits etablierter Fachlogiken zu verstehen und den Eigensinn der geographischen Forschung (Zahnen 2005: 213) in offenen Fragen zu verorten.

 
12:30 - 13:30Wie, wo und wann veröffentliche ich meine Dissertation? Das erste Buch bei Springer Spektrum.
Ort: Gebäude 3, Raum 3.110
Chair der Sitzung: Karina Kowatsch, Springer-Verlag GmbH
12:30 - 14:00Mittagspause zur freien Verfügung in der Stadt
Ort: Für Interessierte mit Stadtspaziergang, Treffpunkt 12:15 Uhr, Haupteingang PH Karlsruhe, Bismarckstraße 10
14:00 - 15:30Das Schulfach Geographie: Blicke zurück und nach vorn
Ort: Gebäude 3, Raum 3.107
Chair der Sitzung: Andreas Eberth, Universität Passau
Pro Vortrag incl. Nachfragen und Diskussion stehen 30 Minuten zur Verfügung.
 

Zur Konstruktion des Schulfachs Geographie in der Schweiz zwischen 1890 und 1930

Daniel Siegenthaler

PH FHNW, Schweiz

Schulfächer bilden den Handlungsrahmen von Schule. Sie haben gesellschaftliche, wirtschaftliche und pädagogische Funktionen und sind Konstruktionen von Akteuren aus Schule, Wissenschaft, Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Es geht um Macht und Ressourcen (z.B. in Form von Stundendotationen). Es geht um Inhalte, Medien und Methoden.

Einen wichtigen historischen Hintergrund für die Entwicklung des Schulfachs Geographie in der Schweiz bildete die revidierte Bundesverfassung von 1874. Sie löste eine gesamtschweizerische Regelung der gymnasialen Maturitätslehrgänge im Jahr 1880 aus. In den Revisionen von 1906 und 1925 wurde die Stellung des Schulfachs Geographie gestärkt.

Von der 1897 gegründeten Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren wurde 1899 beschlossen, dass ein "Schweizer Weltatlas" erstellt werden sollte. Er war jahrzehntelang das "Leitmedium" des Geographieunterrichts. Der 1910 gegründete Verein schweizerischer Geographielehrer trug ebenfalls zur Stärkung des Schulfachs Geographie bei. Ein weiterer Einflussfaktor war das Programm der "Nationalen Erziehung", in dem das Schulfach Geographie einen bedeutenden Platz einnahm.

Im Beitrag werden die Entwicklungsstränge des Schulfachs Geographie nachgezeichnet. Es geht um Fragen der Legitimation auf dem Hintergrund der besonderen Bedingungen des schweizerischen Föderalismus sowie der Herausforderungen und Krisen (Integration in den Weltmarkt, 1. Weltkrieg, Weltwirtschaftskrise). Es geht um fachdidaktische Fragen wie Ziele und Inhalte, Medien und Methoden des Schulfachs.

Der untersuchte Zeitraum bildet für das Schulfach Geographie so etwas wie eine "Inkubationszeit". Seine Entwicklung zeigt exemplarische, aber auch einzigartige Elemente der Entwicklung von Schulfächern auf. Die Kenntnis der Geschichte des Schulfachs bildet eine unerlässliche Basis für das vertiefte Verständnis der Gegenwart und für die zukünftige Weiterentwicklung.



Neue Lern- und Prüfungskulturen im Geographieunterricht – ein „echt“ partizipatives Forschungsprojekt

Nina Brendel

Universität Potsdam, Deutschland

Während wir globale Transformationsprozesse und Umbrüche in Gesellschaft und Welt erleben, wir eine transformative geographische Bildung anstreben und neue Kompetenzsystematiken aufgerufen werden (z.B. 4K, FutureSkills), zeigt ein Blick in die Klassenzimmer, dass diese Transformation von Welt(gesellschaft) leider vielerorts wenig in der Unterrichts- und Schulkultur ankommt.

Denn um komplexe Zusammenhänge zu verstehen, im Angesicht von Unsicherheit und Ambiguität handlungsfähig zu bleiben und Zukunft aktiv mitzugestalten, bedarf es nicht nur neuer Kompetenzen, sondern eines grundsätzlichen Wandels der Lern- und Prüfungskultur.

Dieser Vortrag gibt zunächst einen Einblick in gelebte schulische Praktiken und in den Forschungsstand Neuer Lernkulturen und leitet daraus die Notwendigkeit einer Neuen Prüfungskultur (Winter 2020) ab. Am Beispiel eines qualitativen Forschungsprojekts zu kollaborativem Prüfen wird dargelegt, wie Neue Prüfungskulturen in den Geographieunterricht implementiert werden können, welche didaktischen Konsequenzen sich daraus ergeben und welche Wirkung sich auf die Kompetenzentwicklung von Lernenden zeigen. Ein besonderes Augenmerk liegt auf der verwendeten Methodik: In enger Kollaboration mit der Geographielehrkraft einer Gesamtschule wurde der Ansatz der Partizipativen Forschung nach Hella von Unger (2013) für den Unterrichtskontext adaptiert und gemeinsam mit der Lehrkraft Forschungsfrage, Methodik und Instrumente entwickelt sowie die Ergebnisse interpretiert. Neben den wissenschaftlichen Erkenntnissen zu „Tests zu zweit“ wurden zudem unterrichtspraktische Konsequenzen zur Weiterentwicklung des Formats erarbeitet, die ebenfalls im Rahmen des Vortrags diskutiert werden sollen.

Winter, F. (2020). Leistungsbewertung. Eine neue Lernkultur braucht einen anderen Umgang mit den Schülerleistungen. Schneider Verlag Hohengehren.

Von Unger, H. (2013). Partizipative Forschung. Einführung in die Forschungspraxis. Springer VS.



Virtual Reality und Immersion in der geographischen Bildung – Ein Diskussionsvorschlag zur theoretischen Einordnung

Leon Fuchs

Goethe-Universität Frankfurt, Deutschland

Die Begriffe "Virtual Reality" (VR) und "Immersion" erfahren zunehmend Beachtung in der schulpraktischen und bildungswissenschaftlichen Diskussion. Bei einem Blick auf aktuelle geographiedidaktische Beiträge fällt auf, dass (i) sich bislang kein Konsens hinsichtlich der Konzeptualisierung der Begriffe VR und Immersion als Forschungsgegenstände etablieren konnte und (ii) eine systematische Aufarbeitung geographiedidaktisch relevanter Konzepte von VR und Immersion ein Desiderat darstellt.

Dieser Beitrag zielt darauf ab, bestehende Ansätze zur Rahmung der Begriffe VR und Immersion im geographiedidaktischen Kontext aufzuarbeiten und theoretisch einzuordnen.

Die methodische Grundlage der Arbeit bildet eine hermeneutische Literaturanalyse. Ausgehend von Beiträgen zur geographischer Bildung (z. B. Heuke genannt Jurgensmeier et al., 2023; Mohring & Brendel, 2023; Tillmann & Kersting, 2021), fanden Beiträge aus geographiedidaktischen Nachbardisziplinen (z. B. Böhme, 2013; Kerres, 2022) Eingang in die Analyse.

Die Literaturanalyse zeigt, dass eine große Anzahl geographiedidaktisch relevanter Ansätze zur Rahmung von VR und Immersion vorliegt, gleichzeitig jedoch nur wenige geographiedidaktische Arbeiten Anschluss an Positionen außerhalb einer technikbezogenen Anwendungsorientierung suchen. Dies lässt sich mit Blick auf die Fortentwicklung in der Mensch-Computer-Interaktion (Stichwort: Neuralink) kritisch betrachten.

So wird auf Basis der Ergebnisse ein Diskussionsvorschlag für die Fundierung der Begriffe VR und Immersion im Kontext geographischer Bildung über einen konkreten Technik- und Anwendungsbezug hinaus vorgestellt.

 
14:00 - 15:30Future Skills - für alle Jahrgangsstufen
Ort: Gebäude 3, Raum 3.101
Chair der Sitzung: Christian Wittlich, Universität Bremen
Pro Vortrag incl. Nachfragen und Diskussion stehen 30 Minuten zur Verfügung.
 

Zukünfte brauchen Förderung von raumbezogener Mündigkeit und Visionsfähigkeit

Karin Huser

Pädagogische Hochschule Zürich

Mündigkeit wird im Fachunterricht als Fähigkeit verstanden, selbstbestimmt komplexe und kontroverse Problemlagen zu beurteilen und darauf aufbauend zu handeln (Pettig 2021). Visionsfähigkeit gehört zu den «Future Skills» (Ehlers 2020) und verweist auf die Kompetenz, chancenorientierte Zukünfte zu entwickeln. Studierende des Lehramtes Primarstufe jedoch erwähnen in ihren unterrichtspraktischen Überlegungen zu Raumveränderungen selten, zukunfts- und partizipationsorientiertes sowie vernetzendes Denken bei ihren (künftigen) Schüler:innen fördern zu wollen (Huser 2021).

Dieser Beitrag zeigt auf, wie in einer transformativ konzipierten Studienwoche ausgewählte Aspekte von Mündigkeit am Beispiel nachhaltiger Landschaftsentwicklung aufgebaut werden. Dazu werden Ansätze einer instrumentellen BNE 1 (Vermittlung von Sachwissen und nachhaltigem Verhalten), einer emanzipatorischen BNE 2 (Förderung von kritischer Reflexivität) sowie einer transformativen BNE 3 (Widersprüche überwinden, Handlungsspielräume nutzen) aufeinander bezogen (Pettig & Ohl 2023). In Anlehnung an den prozessorientierten Politikzyklus formulieren Studierende raumbezogene Probleme, suchen Lösungen und präsentieren ihre Zukunftsvisionen sachlich und ethisch begründet. Erste Forschungsergebnisse der explorativen Phase der Design-Based-Research werden vorgestellt.

Ehlers, U.‑D. (Ed.). (2020). Future Skills: Lernen der Zukunft-Hochschule der Zukunft. https://doi.org/10.1007/978-3-658-29297-3

Huser, K. 2021. Raumveränderungen geographisch erschliessen und vermitteln. doi:10.5281/zenodo.4572731

Pettig, F. 2021. Transformative Lernangebote kritisch-reflexiv gestalten. In gwu 1, 5–17. doi: 10.1553/gw-unterricht162s5.

Pettig, F. & Ohl, U. (2023). Transformatives Lernen für einen sozial-ökologischen Wandel. Facetten eines zukunftsfähigen Geographieunterrichts. In Praxis Geographie. Transformatives Lernen im Geographieunterricht. 1-2023. (pp 4-9). Westermann.



Planetary Health im Geographieunterricht? Einblicke in die Entwicklung von Lehr-Lern-Modulen im Kontext klimawandelinduzierter Gesundheitsrisiken

Svenja Sgodda1, Madelaine Uxa2, Christian Wittlich1

1Universität Bremen; 2Universität Vechta

Die menschliche Gesundheit hängt unmittelbar von einer intakten Umwelt ab, wie der WBGU in seinem aktuellen Gutachten darstellt (vgl. WBGU 2023). Diese Untrennbarkeit der Gesundheit von Mensch und Natur wird im Kontext Klimawandel bspw. durch die Zunahme von Extremwetterereignissen sowie dem Auftreten von Allergien durch Neobiota deutlich. Im DBU geförderten Kooperationsprojekt PH:regBi der Universitäten Vechta und Bremen werden Lehr-Lern-Module für die Sekundarstufen I und II entwickelt, welche klimawandelinduzierte Gesundheitsfolgen thematisieren. Dabei wird das Konzept der Bildung für nachhaltige Entwicklung durch das Konzept der Planetary Health erweitert (vgl. Lathan/Mönter/Wittlich 2024). Lernende sollen befähigt werden, klimawandelbedingte Folgen für die individuelle Gesundheit zu identifizieren sowie Handlungsmöglichkeiten, die zur Stärkung der Klimaresilienz ländlicher und städtischer Regionen beitragen, zu bewerten und zu erproben. So könnten die Schüler*innen bspw. ausgehend von einer Kartierung des Schulhofes (Begrünung, Schatten) und Temperaturmessungen konkrete Vorschläge für eine klimawandelangepasste Umgestaltung ausarbeiten. Kooperative und aktive Lernformen ermöglichen den Lernenden ihren Lernprozess mitzugestalten und eigene Ideen für die Gestaltung ihres Nahraumes zu entwickeln. Eine wissenschaftliche Begleitforschung sichert die Qualität der Module und trägt zur Wirkungsforschung im BNE-Kontext bei. Der Beitrag stellt den theoretischen Ansatz zur Integration von Planetary Health in formale Bildungskontexte und damit auch das Projekt selbst vor. Darüber hinaus werden erste Einblicke in ausgewählte Unterrichtsmodule gegeben und Wege zur empirischen Beforschung dieser diskutiert.



Förderung der Bereitschaft zum Nachhaltigkeitshandeln durch die Implementation von Planetary Health Education in den Geographieunterricht? – Eine Design-Based-Research-Studie anhand von Hitzewellen in urbanen Räumen

Hendrik Hubertus Bergers

Universität Vechta, Deutschland

Trotz der langjährigen Integration von BNE in den Geographieunterricht implizieren bisherige Forschungsbefunde, dass eine Förderung nachhaltigkeitsbezogenen Wissens und auch solcher Einstellungen im Rahmen von BNE (noch) nicht die Grundlage für ein verstärktes Nachhaltigkeitshandeln legen kann (Value-Action-Gap). Demgegenüber spielt der noch junge Ansatz der Planetary Health Education (PHE) gegenwärtig keine signifikante Rolle im BNE-orientierten Geographieunterricht.

Die vorliegende Arbeit verfolgt einen Design-Based-Research-Ansatz und zielt darauf ab, ein mehrfach optimiertes Lehr-Lern-Modul zu Hitzewellen in Städten zu entwerfen, evidenzbasierte Designprinzipien für Unterrichtsmaterialien im Rahmen einer PHE-orientierten BNE im Geographieunterricht zu entwickeln sowie den Nutzen einer Integration beider Ansätze insbesondere in Bezug auf die Förderung des Nachhaltigkeitshandelns und den Prozess dorthin kritisch zu reflektieren.

Im Verlauf der Arbeit werden zunächst theoriegeleitet PHE- und BNE-orientierte Designprinzipien eruiert, welche Grundlage für eine auf die Förderung der Bereitschaft zum Nachhaltigkeitshandeln gerichtete Intervention sind. Mithilfe einer Literatursichtung werden Nachhaltigkeitskompetenzen in empirisch überprüfbare Indikatoren überführt. Bei der Durchführung des erstellten Moduls werden mit einem Mixed-Methods-Ansatz Daten zur Förderung der Bereitschaft zum Nachhaltigkeitshandeln erhoben. Das Modul und ggf. die Datenerhebung werden in einem iterativen Prozess mehrfach angepasst und optimiert.

In der letzten Phase werden die Designprinzipien mithilfe der in der Durchführung gewonnenen Daten modifiziert sowie der mögliche Nutzen von PHE-orientierten Unterrichtsansätzen für den Geographieunterricht und für die Ermöglichung von Nachhaltigkeitshandeln kritisch beurteilt. Die anfangs eruierten Designprinzipien für Lehr-Lern-Materialien werden verifiziert oder modifiziert.

 
14:00 - 15:30Transformative Bildung - konzeptionelle Annäherungen und Potentiale
Ort: Gebäude 3, Raum 3.109
Chair der Sitzung: Marion Plien, Johannes Gutenberg-Universität Mainz
Chair der Sitzung: Lena Breit, Pädagogische Hochschule Karlsruhe
Pro Vortrag incl. Nachfragen und Diskussion stehen 30 Minuten zur Verfügung.
 

Von Elfenbeintürmen, trojanischen Pferden und Reallaboren – Perspektiven transformativer geographischer Bildung in der Publikationspraxis und Hochschullehre

Eva Nöthen1, Verena Schreiber2

1Universität Bonn, Deutschland; 2Pädagogische Hochschule Freiburg, Deutschland

Aus einem Bewusstsein um die Bedeutung von Bildung als tätige Auseinandersetzung mit der verletzten Welt wurde in der Geographie und ihrer Didaktik in den letzten Jahren die Idee einer transformativen Bildung aufgegriffen. Dabei haben wir es aktuell mit einem dynamischen, zugleich aber auch (noch) unübersichtlichen Feld zu tun, das seine Bezüge aus höchst unterschiedlichen, teils konkurrierenden konzeptuellen Strömungen, divergierenden Wissenschaftsfeldern und praktischer Bildungsarbeit erhält.

Vor dem Hintergrund dieser Dynamik präsentiert der Vortrag Ergebnisse eines Forschungsprojekts zu transformativer Bildung in der geographischen Publikationspraxis und Hochschullehre. Der Vortrag spürt der Entwicklung des sich sukzessive ausdifferenzierenden Ansatzes einer transformativen (geographischen) Bildung nach, fragt nach seiner Verbreitung und Ausgestaltung in der Hochschullehre und setzt ihn in Beziehung zu benachbarten Ansätzen mit einer stärker politischen Implementierung. Im Rahmen einer methodischen Triangulation werden in einem ersten Schritt Ergebnisse einer lexikometrischen Analyse einschlägiger nationaler und internationaler geographiedidaktischer Publikationen der letzten beiden Jahrzehnte vorgestellt. Hierbei liegt der Fokus auf der Verbreitung des Begriffs der transformativen Bildung sowie den textlichen Zusammenhängen zu angrenzenden Ansätzen. In einem zweiten Schritt werden auf der Basis von qualitativen Interviews mit Lehrenden im Feld der Geographie und Geographiedidaktik leitende Gedanken, erprobte Interventionen sowie erfahrene Herausforderungen bei der Umsetzung einer transformativen Lehrpraxis identifiziert. Der Vortrag nimmt eine Synthese der Ergebnisse aus den beiden methodischen Zugängen vor und möchte damit einen Beitrag zur weiteren konzeptionellen und empirischen Unterfütterung des transformativen Bildungsbegriffs leisten.



Transformative Bildung on screen: (Selbst)Reflexion durch Film

Marion Plien

Geographisches Institut/Johannes Gutenberg-Universität, Mainz, Deutschland

Spiel- und Dokumentarfilme erzählen Geschichten über Menschen, Orte sowie Ereignisse und vermitteln uns einen Eindruck darüber, wie unsere Lebenswelt gestaltet ist. Dabei bieten sie vielfältige Erfahrungsmomente, die weit über eine rein kognitive Auseinandersetzung hinausgehen und zu emotionalen sowie körperlichen Erlebnissen führen können. Die Erfahrungsmomente im Film reichen von einem ästhetischen Rezeptionserlebnis über die Unterhaltung durch den Plot sowie einer Werteorientierung bis hin zur Auseinandersetzung mit den eigenen Beziehungen zu anderen Menschen, Orten und Naturen (Plien 2017). Damit scheinen Filme ein Potenzial zu besitzen, transformative Bildungsprozesse auszulösen, die in der Geographiedidaktik als bildungstheoretische Antwort auf eine Welt im Wandel intensiv diskutiert werden und das Ziel verfolgen, die eigenen Welt-Selbstverhältnisse neu zu denken. Der Vortrag möchte dieser Vermutung folgen und an dem Spielfilm "Und dann der Regen" (2010) sowie dem Dokumentarfilm "Mein Lehrer, der Krake" (2020) aufzeigen, wie in filmischen Narrationen geographisch transformative Perspektiven anschaulich angeboten werden: im ersten Film postkoloniale Perspektiven auf neokoloniale Praktiken und im zweiten Film die Inszenierung des Mitwelt-Gedankens (aus den Mehr-als-menschlichen Geographien). Allerdings reicht hier eine unreflektierte Rezeption dieser Narrationen nicht aus, um die Welt-Selbstverhältnisse der Lernenden zu adressieren, sodass der Vortrag die Idee der transformativen Selbstartikulation von Stojanov (2022) als reflexives Steuerungsmoment für den Geographieunterricht diskutieren möchte.

Plien, M. (2017): Filmisch imaginierte Geographien Jugendlicher. Der Einfluss von Spielfilmen auf die Wahrnehmung der Welt. Stuttgart.

Stojanov, K. (2022): Bildung als begrifflich-transformierende Selbstartikulation. In: Yacek, D. (Hrsg.) (2022): Bildung und Transformation. Zur Diskussion eines erziehungswissenschaftlichen Leitbegriffs. Berlin, Heidelberg: 85-101.



Horizonte bilden - Orientierungspunkte einer geographischen Bildung des In-der-Welt-Seins in Zeiten der Ungewissheit

Holger Jahnke

Europa-Universität Flensburg, Deutschland

Unsere Gegenwart ist in besonderer Weise von Ungewissheiten geprägt. Neben der Destabilisierung vertrauter Weltordnungen und der Schwächung staatlicher Steuerungsmacht dringen immer mehr Krisen und Konflikte über Medien in unsere Lebenswelten ein. Mit der Destabilisierung des globalen Klimas scheint auch die Natur als letzte Gewissheitsinstanz ihre Funktion zu verlieren.

Die nach Jahrzehnten des Neoliberalismus omnipräsente Dominanz des „Tina“-Pragmatismus hat zu einem Mangel an Gestaltungsmöglichkeiten und Selbstwirksamkeitserfahrungen geführt und gleichzeitig idealistische und utopische Gesellschaftsentwürfe verdrängt. Junge Menschen blicken mit zunehmendem Pessimismus in die Zukunft. Ihr wachsender politischer Konservatismus und die Attraktivität autoritärer Figuren kann als Suche nach Halt und Orientierung gedeutet werden.

Seit ihren Anfängen ist die Orientierung in der Welt eine der Kernaufgaben geographischer Bildung. Während seit der klassischen Geographie Orientierung durch Wissen über die Welt vermittelt wurde, so steht die geographische Bildung heute vor der Herausforderung, auf einer existentielleren Ebene Orientierung zu geben. Die Vermittlung geographischen Wissens über der Welt scheint weniger bedeutungsvoll, als mögliche Geographien des In-der-Welt-Seins. Sie können einen Beitrag leisten, den eigenen Platz in der Welt zu verorten und aus diesem Selbstbewusstsein der Positionalität in der eigenen Lebenswelt, verantwortlich, offen und kreativ den suchenden Blick auf das Unbekannte zu richten.

Unter dem Leitbild „Horizonte bilden“ möchte ich Orientierungspunkte einer geographischen Bildung vorstellen, die durch die suchende Erkundung des Unbekannten Erfahrungsräume erweitert und Erwartungshorizonte entwickelt. Die Geographie der Horizonte zielt auf eine subjektzentrierte humanistische Geographie, die aus ihrer Verankerung im Hier und Jetzt Orientierungspunkte für zukunftsorientierte Transformationen in einem unbestimmten Außen sucht.

 
14:00 - 15:30Überzeugungen von Schüler*innen zum Klimawandel
Ort: Gebäude 3, Raum 3.110
Chair der Sitzung: Jan Christoph Schubert, FAU Erlangen-Nürnberg
Invited Paper Session
 

Forschendes Lernen zum Klimawandel in der eigenen Region – Wirkungen eines wissenschaftspropädeutischen Oberstufenseminars auf Interesse, Einstellungen und Wissenschaftsverständnis

Johannes Schulz1, Steffen Höhnle2, Ulrike Ohl1, Jan Christoph Schubert2

1Universität Augsburg, Deutschland; 2FAU Erlangen-Nürnberg, Deutschland

Klimabildung ist von hoher gesellschaftlicher Relevanz, da sie sich positiv auf die Fähigkeiten und Bereitschaften von Schülerinnen und Schülern zu klimabewusstem Handeln auswirken und wichtige Voraussetzungen für die aktive Mitgestaltung von Zukunftsentscheidungen schaffen kann. Dabei stellen speziell die klimawandelbezogenen Interessen und Einstellungen wie auch das Wissenschaftsverständnis der Lernenden wichtige Voraussetzungen dar. In einem an der Universität Augsburg nach dem Design-based Research Ansatz konzipierten wissenschaftspropädeutischen Oberstufenseminar (Brumann et al. 2022) erforschten bisher mehr als 900 Teilnehmende nach individuellem Interesse vielfältige Implikationen des Klimawandels „vor der eigenen Haustür“. Das hierbei zugrundeliegende Konzept des Forschenden Lernens enthält das Potenzial, das Interesse am Klimawandel zu fördern, die Bereitschaft zu klimabewusstem Handeln zu fördern sowie das Wissenschaftsverständnis der Lernenden auszudifferenzieren. Doch inwieweit gelingt es mithilfe dieser Unterrichtskonzeption tatsächlich, diese Potenziale auszuschöpfen? In einer quasi-experimentellen Studie mit Experimental- und Kontrollgruppendesign werden die Wirkungen der Unterrichtskonzeption hinsichtlich des Interesses, der Einstellungen und des Wissenschaftsverständnisses der Schülerinnen und Schüler evaluiert. Einbezogen wurden ca. 200 Lernende, die mittels eines an der FAU Erlangen-Nürnberg entwickelten Fragebogens (Höhnle et al. 2023) befragt wurden. Im Vortrag werden Ergebnisse der Studie präsentiert und hinsichtlich ihrer Implikationen für die Unterrichtspraxis diskutiert.



Klimawandel?! Überall, aber nicht bei mir – Ergebnisse einer quantitativen Fragebogenerhebung zur räumlichen Betroffenheit durch den Klimawandel bei Schüler*innen in Bayern

Hanna Velling, Josef Kerscher, Dietmar Gölitz

Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Deutschland

Der anthropogene Klimawandel wird als eine der größten Herausforderungen der Menschheit im 21. Jahrhundert betrachtet (IPCC, 2023), dessen Auswirkungen global sowie auch in Deutschland und Bayern deutlich spürbar sind (Bayerisches Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz, 2021). Studien zeigen jedoch, dass der Klimawandel in der Allgemeinbevölkerung und insbesondere durch Schüler*innen häufig als ein räumlich entferntes Geschehen beurteilt wird, das vor allem Menschen in fernen Regionen betrifft (z.B. Fiene, 2014; Gubler et al., 2019; Kuthe et al., 2019). Dieses Phänomen der räumlichen psychologischen Distanz gilt als Hindernis für nachhaltiges Handeln, denn Betroffenheit geht sowohl direkt (z.B. Guillard et al., 2021) als auch vermittelt über eine erhöhte Besorgnis (z.B. Gubler et al., 2019; Spence et al., 2011) mit einer gesteigerten Handlungsbereitschaft im Kontext des Klimawandels einher.

Im Rahmen einer quantitativen Fragebogenerhebung wurde die subjektive räumliche Betroffenheit durch den Klimawandel bei N = 10.356 bayerischen Schüler*innen der 9. und 10. Jahrgangsstufen an allen weiterführenden Schularten erhoben. Die Ergebnisse unterstützen die bisherige Forschung: es zeigen sich linear ansteigende Mittelwerte (sechsstufige Skala) der subjektiv eingeschätzten räumlichen Betroffenheit durch den Klimawandel von der lokalen (M = 2,50, SD = 1,35) zur globalen (M = 5,31, SD = 1,01) Ebene über die sechs verwendeten Items. Unter der Annahme, dass für die Jugendlichen interindividuelle Differenzen bestehen, wurden darüber hinaus mittels Clusteranalyse Subgruppen der Jugendlichen ermittelt. Die Jugendlichen können vier Clustern zugeordnet werden, die sich hinsichtlich des Musters ihrer räumlichen Verortung des Klimawandels unterscheiden (kein Verortungsbias, eher geringer Verortungsbias, eher hoher Verortungsbias, Leugner*innen). Im Vortrag werden diese Subgruppen weiterführend charakterisiert und daraus resultierende Implikationen diskutiert.



Klimawandelangst bei Schülerinnen und Schülern der Sekundarstufe – Forschungsergebnisse aus einer quantitativen Untersuchung

Steffen Höhnle, Hanna Velling, Jan Christoph Schubert

FAU Erlangen-Nürnberg, Deutschland

Die Klimakrise stellt eine existenzielle Bedrohung für das menschliche Wohlergehen dar (Masson-Delmotte et al., 2018; Steffen et al., 2015), ihre Folgen übertreffen frühere Prognosen bei Weitem (Masson-Delmotte et al., 2018). Aufgrund dieses existenziellen Hintergrunds ist es wenig verwunderlich, dass Menschen auch emotional von der Klimakrise betroffen sind (Albrecht, 2012; Norgaard, 2006), dies gilt auch für Schülerinnen und Schüler und deren Empfinden bezüglich der Auswirkungen des Klimawandels und der Zukunft unseres Planeten. Mit einer zu erwartenden Zunahme von Menschen, die über Klimawandelangst berichten, ist auch die Schule als Institution (Cunsolo et al. 2020, S. 261) und das Unterrichtsfach Geographie als das zentrale Nachhaltigkeitsfach (DGfG, 2020) in der Schule gefordert, denn diese Gefühle müssen auch Auswirkung auf den Unterricht oder andere Bildungsangebote zum Thema Klimawandel haben, da sie beispielsweise eine wichtige Voraussetzung für den Lernprozess darstellen.

In der dem Vortrag zugrundeliegenden quantitativen Fragebogenstudie wurde die Klimawandelangst/-sorge bei Schülerinnen und Schülern der Sekundarstufe (N = 9892) an allen weiterführenden Schularten in Bayern untersucht. Im Rahmen des Vortrags werden geschlechter- und schulartbezogene Unterschiede in den Blick genommen. Außerdem werden weitere Faktoren wie Charakteristika des Wohnorts, die wahrgenommene Betroffenheit der Heimatregion oder bereits vorliegendes Engagement thematisiert.

 
14:00 - 15:30Von der Problem- zur Lösungsfokussierung
Ort: Gebäude 3, Raum 3.009
Chair der Sitzung: Thomas Hoffmann, Seminar Karlsruhe (Gymnasium), Leuphana Universität Lüneburg
Chair der Sitzung: Marie Ulrich-Riedhammer, Universität Münster
 

Wie umgehen mit globalen Herausforderungen im Geographieunterricht? Von der Problem- zur Lösungsfokussierung?

Thomas Hoffmann1, Eva Marie Ulrich-Riedhammer2, Karl Walter Hoffmann3, Jochen Laub4

1Seminar Karlsruhe (Gymnasium), Leuphana Univ. Lüneburg, Deutschland; 2Universität Münster, Deutschland; 3Seminar Speyer, a.D., Deutschland; 4Universität Trier, Deutschland

Die Auseinandersetzung mit globalen Herausforderungen wie dem Klimawandel, dem Artenschwund, der Vermüllung der Meere, der anhaltenden Armut und vieler anderer ist seit Jahrzehnten elementarer Bestandteil des Geographieunterrichts. Mit dem seit 2018 im Raum stehenden Vorschlag, diese Themen lösungs- statt problemfokussierend anzugehen, ist eine fachdidaktische, ethische, pädagogische und auch lernpsychologische Debatte entstanden. Diese zeigt auf der einen Seite eine rasch wachsende Zahl konkreter Unterrichtsvorschläge und auf der anderen Seite empirisch angelegte Forschungsprojekte zur kritischen Reflexion des lösungsorientierten Unterrichtsansatzes. Im Rahmen der Fachsitzung sollen einige Aspekte dieser Diskussion dargelegt und reflektiert werden.

Prof. Dr. Thomas Hoffmann, Studienseminar Karlsruhe/Leuphana Universität Lüneburg

Vom problem- zum lösungsorientierten Unterrichtsansatz – Selbstreflexion zur Entwicklung einer Idee

Die Idee und Entwicklung des lösungsorientierten Unterrichtsansatzes basiert auf vielfältigen konkreten eigenen Unterrichtserfahrungen, der reflektierenden Unterrichtsberatung und sehr persönlicher Motive zunächst seit etwa 2015 praxisorientiert. Die seither stattfindende Diskussion des Ansatzes führte zu dessen Erweiterung, anhaltender Reflexion und sich daraus ergebenden partiellen Modifikation. Dieser Weg wird im Rahmen des Eingangsstatements nachgezeichnet.

Karl Walter Hoffmann, OStD, a. D.

Kritisch-konstruktive Reflexionen zum lösungsorientierten Unterrichtsansatz

„Nicht mit fertigen Lösungen bedienen, sondern herausfordern zum Fertigen von Lösungen“ (Endres 2017). Im Impulsvortrag wird aus Sicht der Schulgeographie und Ausbildungspraxis der (strikt) lösungsorientierte Ansatz kritisch befragt und auf einige für das Schulfach Geographie zentralen fachdidaktischen Prinzipien bezogen. Unterrichtsprinzipien stellen den Unterricht auf eine reflektierte Grundlage und orientieren die unterrichtlichen Handlungsschritte in verschiedenen Phasen. Welche reflektierte Grundlage und welche Lernphasen werden im „Lösungsorientierten Geographieunterricht“ vorausgesetzt? Worin begründet liegt die Eignung des didaktisch-methodischen Zugangs einer „Lösungsorientierung“ zur Bearbeitung faktisch vielschichtiger und ethisch komplexer Problemlagen im Unterricht?

Dr. Eva Marie Ulrich-Riedhammer, Universität Münster

Die Frage nach dem (richtigen) Handeln in einem lösungsorientierten Ansatz

Der Beitrag erörtert, inwiefern die ethische Frage „ Was soll ich/man tun?“ in einem lösungsorientierten Ansatz ohne normative Einengung oder Überforderung hinsichtlich der Verantwortung der Schüler*innen vorkommen kann. Wichtig dafür ist zu überlegen, wie sich individuelle, lokale Lösungsansätze zu globalen Lösungsansätzen verhalten, und warum es wichtig sein kann, Lösungsansätze als Heuristiken zu vermitteln.

Prof. Dr. Jochen Laub, Universität Trier

Die pädagogische Dimension von (ethischen) Zukunftsfragen im lösungsorientierten Unterricht

Der Beitrag betrachtet Möglichkeiten mit Herausforderungen von Zukunftsfragen im Sinne des lösungsorientierten Ansatzes umzugehen und fokussiert dabei pädagogische Aspekte der Hoffnung, sowie die pädagogische Bedeutung des (ethischen) Fragens im Unterricht. Aus einer kritisch-konstruktiven pädagogischen Reflexion heraus sollen dabei mögliche und notwendige Modifikationen diskutiert werden.

 
15:30 - 16:00Kaffeepause
Ort: Gebäude 3, Foyer 1. OG
16:00 - 17:30Emotionen, transformative Lernprozesse und Nachhaltigkeit
Ort: Gebäude 3, Raum 3.109
Chair der Sitzung: Nina Brendel, Universität Potsdam
Pro Vortrag incl. Nachfragen und Diskussion stehen 30 Minuten zur Verfügung.
 

Emotionen und Nachhaltigkeit: Ein praxistheoretischer Zugang

Daniela Lippe

Universität Graz, Österreich

Die emotionale Dimension von Nachhaltigkeit wird in der jüngeren Literatur zur BNE und auch in der geographiedidaktischen Diskussion zunehmend thematisiert. Dabei wird die Auseinandersetzung mit Emotionen oftmals auf ihre Rolle in der Überwindung eines „knowledge-action-gaps“ reduziert. Im Fokus stehen dabei überwiegend negative Emotionen, wie „climate anxiety“ oder die emotionale Verbindung zur Natur, die als Schlüssel zur Verhaltensänderung gesehen werden. Gleichzeitig steht ein psychologisches und individualisiertes Verständnis von Emotionen im Vordergrund. Während die (Umwelt-)Psychologie wertvolle Einblicke in das Zusammenspiel von Psyche, Umwelt und Nachhaltigkeit bietet, bedarf es jedoch eines interdisziplinären Zugangs zu Emotionen, der auch deren Einbettung in gesellschaftliche Verhältnisse miteinbezieht.

Das Verständnis von Emotionen als eine Form sozialer Praktiken stellt, im Gegensatz zu einem psychologischen Verständnis, Emotionen als verkörperte Verhaltensroutinen, die auf kollektiven und impliziten Wissensbeständen basieren, in den Vordergrund. Demnach sind Emotionen in individuellen Körpern verankert und agieren gleichzeitig durch diese. Dieser theoretische Zugang bricht mit einem gängigen Verständnis von Emotionen, das auf das individuelle Emotionserleben fokussiert, und erlaubt es Emotionen in ihrem situativen Kontext zu verstehen.

Dieser Beitrag lotet das Potenzial eines praktikenorientierten Zugangs zu Emotionen für die Nachhaltigkeitsbildung im Kontext des Geographieunterrichts aus und erörtert dieses anhand ausgewählter Einblicke in das partizipative Photovoice Projekt EAT+CHANGE, in dem Schüler*innen sich mit dem (nicht-)nachhaltigen Lebensmittelsystem auseinandersetzen.



Zur Bedeutung von Emotionen im Kontext emanzipatorischer und transformativer Lernprozesse im Rahmen einer BNE am Beispiel der Lernumgebung ‚Reflectory‘

Lisann Prote

Universität Potsdam, Deutschland

Emotionen, die aus der Auseinandersetzung mit Transformationsprozessen und Zielkonflikten resultieren, sollten im Geographieunterricht im Rahmen von emanzipatorischen und transformativen Lernprozessen im Sinne einer BNE (Vare & Scott 2007; Pettig & Ohl 2023) sichtbar gemacht werden, um einen produktiven Umgang mit Emotionen sowie Mitgestaltung (Pettig & Ohl 2023) und Beteiligung an einer zukunftsfähigen Welt zu ermöglichen.

Es stellt sich dabei die Frage, welchen Einfluss Emotionen haben können und inwiefern Future Skills wie Resilienz, gesellschaftliche Teilhabe oder Dialog- und Konfliktfähigkeit (Stifterverband/ McKinsey 2021, 6) für den produktiven Umgang mit Emotionen bedeutsam sind. Diesen Fragen kann mithilfe des Lernformats ‚Reflectory‘ begegnet werden.

Reflectories sind digitale Lernumgebungen, die zu den nachhaltigen Entwicklungszielen (SDGs) im Sinne einer BNE entwickelt wurden. Lernende gestalten eine fiktive Geschichte zu einem SDG und werden vor komplexe Entscheidungen gestellt, die Dilemmata darstellen (Wrenger et al. 2022), wodurch Zielkonflikte, Widersprüche und Unsicherheit erfahrbar werden. Mithilfe des eigens entwickelten Reflectory zum SDG 14 ‚Leben unter Wasser‘ soll das Zusammenwirken von BNE 2 und BNE 3 mit dem Fokus auf Emotionen untersucht werden, um daraus Implikationen für den Umgang mit Emotionen im Unterricht abzuleiten. Dafür wurde das Reflectory in verschiedenen Klassenstufen implementiert und im Rahmen von Gruppendiskussionen mit Lernenden ausgewertet. Die Daten wurden mithilfe der inhaltlich-strukturierenden Inhaltsanalyse (Kuckartz & Rädiker 2022) analysiert und interpretiert. Im Vortrag sollen erste Analyseergebnisse aus der Studie diskutiert und ein Impuls zum Umgang mit Emotionen gegeben werden.



Virtuelle Welten im Spiegel einer emanzipatorischen und transformativen BNE

Nina Brendel

Universität Potsdam, Deutschland

In der aktuellen Debatte um eine Bildung für nachhaltige Entwicklung und transformatives Lernen rücken Emotionen und die Befähigung zur aktiven Mitgestaltung von Zukunft zunehmend in den Fokus (Pettig & Ohl 2023, Grund & Singer-Brodowski 2020). Im Zuge dieses Vortrags soll diskutiert werden, welche Rolle virtuelle Realitäten (VR) in diesen Ansätzen einnehmen und wie sie Lernprozesse im Sinne einer BNE 2 und BNE 3 unterstützen können. Forschungserkenntnisse aus den Neurowissenschaften belegen, dass Erfahrungen in VR u.U. als real wahrgenommen werden, Einstellungen verändern und Handlungsänderungen erwirken können. Während sich hieraus z.B. für therapeutische Zwecke große Potentiale auftun, birgt diese Wirkmacht gleichermaßen Gefahren der Überwältigung und Manipulation. Denn VR wirkt quasireal, über den Körper und multisensorisch. Als stark affektives Medium ruft es individuell sehr unterschiedliche Raumerfahrungen und Emotionen (z.B. Faszination vs. Angst) hervor, die nur bedingt antizipierbar sind. Gleichzeitig ist VR damit ein Medium, das Raum für Emotionswahrnehmung und -ausdruck schafft, wie von Grund und Singer-Brodowski (2020) für eine transformative Bildung postuliert wird. Es ermöglicht, Handlungsalternativen auszuprobieren (i.S.e. Experimentierens nach Pettig & Ohl, 2023), deren Folgen zu reflektieren und Selbstwirksamkeit zu erleben, die zu Empowerment führt.

Um diese Thesen zu illustrieren, sollen Ergebnisse zweier Forschungsprojekte zur Gestaltung achtsamer VR-Lernumgebungen sowie zur Implementation von VR in den Geographieunterricht herangezogen werden.

Abschließend soll diskutiert werden, wie VR im Sinne einer BNE 2 und 3 gestaltet und in geographischer Bildung eingesetzt werden kann, um emanzipatorische und transformative Lernprozesse zu unterstützen, emotionssensibel zu wirken und Unsicherheiten und (emotionale) Lähmung zu überwinden, damit sich (junge) Menschen in ihrem Handeln als wirksam erleben und zur Mitgestaltung von Zukunft empowert werden.

 
16:00 - 17:30Game-based-Learning und Geographieunterricht
Ort: Gebäude 3, Raum 3.107
Chair der Sitzung: Marine Simon, Universität zu Köln
Pro Vortrag incl. Nachfragen und Diskussion stehen 30 Minuten zur Verfügung.
 

Titel: Reflexion über digitale Spiele im Geographieunterricht- Ergebnisse einer empirischen Studie zur Nutzung von Reflexionstagebüchern

Geraldine Baßeng, Alexandra Budke

Universität zu Köln, Deutschland

Digitale Spiele sind beliebter denn je. Sie bieten Potenzial für informelles geographisches Lernen, da viele erfolgreiche kommerzielle Spiele geographische Themen wie z.B. die Stadtentwicklung behandeln. Spieler*innen können in virtuellen Modellen unterschiedliche Entscheidungen treffen und deren Auswirkungen beobachten. Außerdem bieten Spiele einen geschützten Raum, in der Lernende Fehler machen dürfen und daraus lernen können, ohne dass dies im realen Leben negative Konsequenzen hat. Durch die Gelegenheit, unterschiedliche Herangehensweisen zu testen und die daraus resultierenden Konsequenzen zu erleben, können Lernenden ihre Fähigkeit zur Entscheidungsfindung verbessern und Strategien entwickeln. Die tatsächliche Nutzung dieser Lernmöglichkeiten hängt jedoch davon ab, ob Lernende ihre Spielerfahrungen reflektieren und die verschiedenen Realitätsebenen des Spiels erkennen. In der ersten Studie lag der Schwerpunkt auf der Fragestellung: Inwiefern reflektieren Schüler*innen ein im Geographieunterricht gespieltes digitales Spiel (PocketCity)? (vgl. Baßeng & Budke, 2023). Auf Grundlage der Ergebnisse aus der ersten Studie bauten wir auf diese auf, indem wir die Studie wiederholten und dieses Mal ein Reflexionstagebuch als didaktisches Instrument zur Unterstützung der Spielreflexion eingesetzt haben (vgl. Baßeng & Budke, 2024). Der Fokus der zweiten Studie lag somit auf folgender Forschungsfrage: Inwieweit können die Reflexionsfähigkeiten von Schüler*innen über digitale Spiele durch die Verwendung eines Reflexionstagebuchs parallel zum Spiel im Vergleich zur Reflexion ohne Anleitung verbessert werden? In den beiden Studien wurde eine Kombination aus quantitativen und qualitativen Forschungsmethoden eingesetzt. Im Vortrag wird zunächst ein Modell zur Reflexion von Spielen vorgestellt, was als Grundlage für die beiden Erhebungen diente. Danach werden die Forschungsdesigns sowie die Ergebnisse vorgestellt, abschließend werden didaktische Konsequenzen diskutiert.



Über Klimawandel lernen mit Spielen – Entwicklung und Test eines Escape Games

Marine Simon, Alexandra Budke

Universität zu Köln, Deutschland

Spiele sind aktuelle wichtige didaktische Werkzeuge für den Geographieunterricht, die es erlauben, geographische Kompetenzen zu fördern, wie z.B. Fachwissen und Handlungskompetenz. Bisherige Forschungsarbeiten zeigen, dass Klimaspiele Kenntnisse über Lösungen zum Klimawandel vermitteln oder Verhaltensänderung fördern können (Galeote et al., 2021). Es gibt jedoch nur wenige quantitative Analysen der Auswirkungen von Spielen auf das Lernen, und es ist nicht bekannt, welche Elemente des Spiels oder der Reflexion nach dem Spiel einen nennenswerten Effekt haben. Darüber hinaus ist die Komplexität der angebotenen Themen – wie Klimawandel - oft schwer auf ein Spiel zu "reduzieren", was den Erkenntnisgewinn manchmal unvollständig macht. Im Rahmen des Erasmus+ ECCI (Escape Climate Change Initiative)-Projekts entwickelten wir ein analoges und ein digitales Escape Game zum Erlernen von Konflikten und konkurrierenden Argumenten in Bezug auf Lösungen für Probleme, die durch den Klimawandel in Städten verursacht werden. In drei Testdurchgängen in vier europäischen Ländern wurden die Schwierigkeiten, auf die die Schüler:innen stießen, ermittelt und das Spiel entsprechend angepasst. Unsere Ergebnisse der Testungen zeigen die Bedeutung der Reflexionsphase für das Lernen und insbesondere die Schwierigkeiten, die damit verbunden sind, eine komplexe Realität außerhalb des Spiels zu begreifen.



Zwei digitale Unterrichtsmedien zur Förderung von Argumentationskompetenzen im Vergleich: Spiel und Lerneinheit

Kimberley Hindmarsh, Alexandra Budke

Universität zu Köln, Deutschland

Die Fähigkeit zu argumentieren ist grundlegend für die Teilnahme am gesellschaftlichen Diskurs und für verantwortungsbewusstes Handeln, da verschiedene Handlungsoptionen durch Argumentation bewertet, abgewogen und begründet werden. Solche Argumentationskompetenzen sollten u.a. im Geographieunterricht erworben werden, da in diesem Schulfach häufig gesellschaftliche Debatten zu Themen wie Migration, Klimawandel und Ressourcenkonflikte behandelt werden die durch Kontroversität und Multiperspektivität gekennzeichnet sind. Zudem gewinnt im digitalen Zeitalter der Einsatz von digitalen Medien auch an Schulen an Bedeutung, da die Schule die Schüler:innen auf eine digitale (Arbeits-)Welt vorbereiten soll. In dieser explorativen Studie wurden in einer 8. Klasse eines Gymnasiums zwei verschiedene digitale Lernmedien (Spiel und Lerneinheit) einsetzt, welche Argumente zu einem realen Raumkonflikt in Köln enthielten und als Material für die eigene Textproduktion der Schüler:innen genutzt werden sollten. Die Schüler:innen sollten sich durch die beiden Lernmedien Informationen zu diesem Konflikt aneignen, sich eine eigene Meinung bilden und anschließend einen argumentativen Text schreiben. Die Fähigkeiten zum argumentativen Schreiben in den beiden Gruppen wurden miteinander und mit denen einer Kontrollgruppe verglichen, die analoge Arbeitsblätter zum gleichen Thema bearbeiteten. Zudem wurde ein Pre- und Posttest eingesetzt, um den Einfluss der beiden digitalen Medien auf Interesse, Wissen, Motivation und Freude am Lernen der Schüler:innen zu analysieren. Im Vortrag wird zunächst ein theoretisches Modell vorgestellt, in dem die didaktischen Anforderungen an eine material-basierte, mehrperspektivische Argumentation im Geographieunterricht dargestellt werden. Anschließend werden die empirischen Ergebnisse vorgestellt und diskutiert. Abschließend werden Konsequenzen für die geographiedidaktische Entwicklung von Unterrichtsmaterial zur Förderung von Argumentationskompetenzen gezogen.

 
16:00 - 17:30Geographische Bildungsprozesse und Nachhaltigkeit
Ort: Gebäude 3, Raum 3.101
Chair der Sitzung: Anne-Kathrin Lindau, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
Pro Vortrag incl. Nachfragen und Diskussion stehen 30 Minuten zur Verfügung.
 

Bildung für nachhaltige Entwicklung im Geographieunterricht - Zwischen Normativität und Fachlichkeit

Janna Enzmann, Jolina Ulbricht, Anne-Kathrin Lindau

Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Institut für Geowissenschaften und Geographie, Deutschland

Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) und geographische Bildung stehen in einem engen Zusammenhang und das Verhältnis wird an vielen Stellen als ein besonderes hervorgehoben (Bagoly-Simó, 2014; Deutsche Gesellschaft für Geographie, 2020; Hemmer et al., 2023). Offen ist jedoch, wie die besondere Qualität des Verhältnisses zwischen BNE und geographischer Bildung begründet wird. Der vorgeschlagene Beitrag geht daher der Frage nach, wie das Verhältnis zwischen BNE und geographischer Bildung aus der Perspektive der Geographiedidaktik abgebildet wird. Die Darstellung dieses Verhältnisses wurde mithilfe eines systematischen Literaturreviews von online verfügbaren Artikeln der Schriftenreihe „Geographiedidaktische Forschungen“ sowie der Zeitschriften „Zeitschrift für Geographiedidaktik“ und „GW-Unterricht“ aus dem Zeitraum 1992-2023 und der qualitativen Inhaltsanalyse (Kuckartz, 2018) analysiert. Insgesamt gingen 108 Artikel in die Analyse ein.

Die Ergebnisse zeigen, dass für die Darstellung des Verhältnisses von BNE und geographischer Bildung Aspekte angeführt werden, die sich der Fachlichkeit der Geographie zuordnen lassen. In den meisten Fällen werden diese Aspekte jedoch lediglich genannt und nicht begründet. Insgesamt lässt sich feststellen, dass es bisher – trotz der häufigen Erwähnung – kaum eine tiefergehende Auseinandersetzung mit dem Verhältnis geographischer Bildung und BNE innerhalb der deutschsprachigen Geographiedidaktik gibt. Die Untersuchung reflektiert Potentiale eines Geographieunterrichts im Kontext von BNE und zeigt die Notwendigkeit einer Analyse der konzeptionellen Affinität von BNE und geographischer Bildung inklusive möglicher Anknüpfungspunkte auf.



Das erweiterte Nachhaltigkeitsviereck im Unterricht – Ergebnisse einer DBR-Studie zum Lehren und Lernen mit einem geographischen Basiskonzept

Julia Althoff

Universität Hildesheim, Deutschland

Dem unterrichtlichen Einsatz von Basiskonzepten zur Förderung konzeptionellen Denkens wird im aktuellen geographiedidaktischen Diskurs ein großes lehr- und lernseitiges Potenzial beigemessen (Bienert 2023) – u. a. zur Bewältigung der faktischen Komplexität (Bögeholz & Barkmann 2005) vieler im Geographieunterricht behandelter Themen. Gleichzeitig bestehen hinsichtlich der praktischen Umsetzung des Ansatzes noch viele Unklarheiten, die sowohl von Seiten der Wissenschaft als auch von Praktiker:innen aufgeworfen werden (vgl. Fögele 2016). An diesen setzt das forschungsmethodisch auf Design-based Research (DBR) basierende Dissertationsprojekt mit einer doppelten Zielsetzung an (Feulner et al. 2021), indem es am Beispiel des Nachhaltigkeitsvierecks einerseits die Entwicklung einer Theorie zu basiskonzeptionellem Lehren und Lernen sowie andererseits die Generierung eines konkreten Entwicklungsprodukts, einer basiskonzeptionellen Unterrichtsreihe, anstrebt.

Auf Grundlage von theoretischen und aus Expert:inneninterviews gewonnenen empirischen Hinweisen zur Gestaltung von basiskonzeptionellem Geographieunterricht zum Nachhaltigkeitsviereck wurde unter dem Oberthema ‚Nachhaltiger Konsum‘ designprinzipiengeleitet eine achtstündige Unterrichtsreihe zum erweiterten Nachhaltigkeitsviereck entwickelt (Jg. 10/11), die mit Praktiker:innen im Workshopformat optimiert und in zwei Zyklen in insgesamt fünf niedersächsischen Schulklassen erprobt wurde. Aus qualitativer und quantitativer Begleitforschung wurden Erkenntnisse zum basiskonzeptionellen Lernen in der Unterrichtsreihe (u. a. Ermittlung von Lernhindernissen) und zur Anpassung der Designprinzipien und weiteren Optimierung der Unterrichtsreihe gewonnen. Im Vortrag auf dem HGD-Symposium wird Einblick in die Ergebnisse des kurz vor Abschluss stehenden Forschungsprojekts gegeben.



Werte von Natur als Spannungsfeld geographischer Bildung?

Jolina Ulbricht, Stefan Knauß, Anne-Kathrin Lindau

Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Deutschland

Werte der Natur aus Sicht des Weltbiodiversitätsrats (IPBES) sind die grundlegenden Überzeugungen und Einstellungen einer Gesellschaft, die ihre Handlungen und Entscheidungen beeinflussen. Der Weltbiodiversitätsrat (IPBES, 2022) unterscheidet: Instrumentelle Werte, die Natur als Mittel zur menschlichen Bedürfnisbefriedigung betrachten (Nutzwert der Natur); Intrinsische Werte, die den Schutz von Natur um ihrer selbst willen sieht (Selbstwert der Natur); Relationale Werte, die diese Dichotomie um eine dritte Kategorie erweitern, die sich stärker auf Mensch-Natur-Beziehungen konzentriert und in denen Natur zum Teil als Selbstzweck erscheint (Wert der Mensch-Natur-Beziehung).

Der vorgeschlagene Beitrag zielt darauf ab, die von IPBES (2022) herausgestellte Vielfalt der Naturerfahrungen, -konzepte und -bewertungen, die weit über das europäische Nachhaltigkeitsverständnis des Anthropozentrismus sowie der nutzungsorientierten Mensch-Umwelt-Beziehungen hinausreichen, für den geographischen Bildungskontext zu analysieren (Knauß et al., 2024 i. E.). Auf der Grundlage von verschiedenen Nachhaltigkeitszugängen (z. B. Life Framework of Values) und Nature Futures Framework (Pereira et al., 2020)) sowie mithilfe des EU-Referenzrahmens für Nachhaltigkeitskompetenzen GreenComp (Bianchi, 2022) soll der Fokus auf die Spannungsfelder zwischen verschiedenen Auffassungen von Nachhaltigkeit sowie raumbezogenen Mensch-Umwelt-Beziehungen als Kern geographischer Bildung (DGfG, 2020) gerichtet werden. Mithilfe eines qualitativen Zugangs werden grundlegende Texte geographischer Bildung ausgewertet, um Potenziale für eine kritisch-emanzipatorische Perspektive zu reflektieren und Implikationen für den Geographieunterricht abzuleiten.

 
16:00 - 17:30Klima und Klima(wandel)bildung
Ort: Gebäude 3, Raum 3.110
Chair der Sitzung: Melissa Hanke, Universität Hamburg
Pro Vortrag incl. Nachfragen und Diskussion stehen 20 Minuten zur Verfügung.
 

Science Media Literacy (SML) – Resilienz gegen Desinformation entwickeln

Neli Heidari, Kendra Zilz, Sandra Sprenger, Dietmar Höttecke

Universität Hamburg, Deutschland

Auf den sozialen Netzwerken informieren sich Schüler:innen zunehmend über komplexe raumbezogene Mensch-Umwelt-Probleme, wie über den Klimawandel. Dabei sind sie täglich mit (Des)informationen konfrontiert (Treen et al., 2020). Zudem sind sie durch den engen Zusammenhang des Klimawandels mit ökonomischen sowie politischen Interessen einer Vielzahl an Akteur:innen, die neben Desinformationen bewusst Fake News verbreiten, ausgesetzt. Dabei ist eine fachliche und überfachliche Literalität der Schüler:innen erforderlich, die „Science Media Literacy“, welche Schüler:innen dazu befähigt, eine Resilienz gegenüber Desinformationen zu entwickeln (Höttecke & Allchin, 2020).

Ziel des DFG-Projekts „Science Media Literacy – eine Interventionsstudie“ ist es, die Fähigkeiten von Schüler:innen hinsichtlich des Fällens von Geltungsurteilen bei online Aussagen zum Klimawandel zu stärken. Bedingt einerseits durch das schnelllebige Onlineverhalten auf Social Media-Plattformen, aber auch in Hinblick auf das hohe Maß an Fachexpertise, die eine fachliche Beurteilung eines Posts zum Klimawandel verlangen würde, sollen die Entscheidungsheuristiken von Schüler:innen geschärft werden. Um diese Entscheidungsheuristiken zu stärken, werden Treatments entwickelt, die Schüler:innen dazu befähigen sollen, Plausibilitäts- oder Vertrauensurteile zu fällen. In einer ersten Pilotierungsphase wurden diese Treatments eingesetzt und anschließend Schüler:inneninterviews hinsichtlich der Evaluation ihrer Entscheidungsheuristiken geführt. Die Ergebnisse der Pilotierung werden auf der Konferenz exemplarisch vorgestellt.

Bibliographie:

Höttecke, D., & Allchin, D. (2020). Reconceptualizing nature-of-science education in the age of social media. Science Education, 104(4), 641–666. https://doi.org/https://doi.org/10.1002/sce.21575

Treen, K. M. d. I., Williams, H. T. P., & O'Neill, S. J. (2020). Online misinformation about climate change. WIREs Climate Change, 11(5), 1–20. https://doi.org/https://doi.org/10.1002/wcc.665



Professioneller Umgang von Geographielehrer:innen mit Ungewissheiten im Kontext des Klimawandels

Melissa Hanke, Sandra Sprenger

Universität Hamburg, Deutschland

Ungewissheiten und Unsicherheiten – als ein Merkmal der sogenannten VUCA-Welt – haben eine zentrale Bedeutung für die Klimabildung und können sich beispielsweise auf Wissen, Situationen, Phänomene oder Wahrnehmungen beziehen (Hanke & Lübke, eingereicht). Im Fokus dieses Forschungsprojektes stehen Ungewissheiten (= Zustände des Nicht-Genau-Wissens), die als defizitäre Ungewissheiten, technische Ungewissheiten, wissenschaftliche Unsicherheiten oder Konsensus-Ungewissheiten im Kontext des Klimawandels vorliegen können (Gustafson & Rice 2020). Der professionelle Umgang mit diesen Ungewissheiten stellt eine hohe Anforderung an Geographielehrer:innen in der Unterrichtspraxis dar. Denkbar sind sowohl eine aktive Nutzung von Ungewissheiten im Sinne eines Bildungspotenzials als auch eine Aversion von Ungewissheiten im Sinne einer Gefahr im Unterricht. Bezüglich des Umgangs sind in Anlehnung an die Wissenssoziologie nach Mannheim die impliziten Orientierungen handlungsleitend. Daher ist die folgende Fragestellung der Ausgangspunkt für dieses Forschungsprojekt: Woran orientieren sich Geographielehrer:innen im Umgang mit Ungewissheiten im Kontext des Klimawandels? Die Orientierungen wurden in narrativen Interviews (n=15) mit Geographielehrer:innen mit unterschiedlicher Berufserfahrung an weiterführenden Schulen erhoben. Mithilfe der Dokumentarischen Methode (Nohl 2017) werden die Daten werden derzeit analysiert und die Orientierungen rekonstruiert. Die Typologie soll im Rahmen der Präsentation vorgestellt werden.

Literatur

Gustafson, A., & Rice, R. E. (2020). A review of the effects of uncertainty in public science communication. Public Understanding of Science, 29(6), 614-633.

Nohl, A.-M. (2017). Interview und Dokumentarische Methode. Anleitungen für die Forschungspraxis. Springer.



Wie digitales Feedback die Selbstwirksamkeit stärkt: Eine Design-Based Research Studie zur Entwicklung eines virtuellen Feedbackmechanismus im Kontext der Klimabildung

Vanessa Schmidt, Christina Fiene, Siegmund Alexander

PH Heidelberg, Deutschland

Das Experimentelle Arbeiten bietet die Möglichkeit, sowohl den Ansprüchen an einen methodisch fundierten Erkenntnisgewinn als auch einer stärkeren Problemorientierung im Geographieunterricht gerecht zu werden. Eine digitale Umsetzung kann dabei insbesondere im Bereich der Klimabildung vorteilhaft sein, um die komplexen systemischen Zusammenhänge auf verschiedenen räumlichen und zeitlichen Skalen sichtbar und verständlich zu machen. Der Einsatz von Feedback ist für die Unterstützung der Lernenden in diesem Prozess von großer Bedeutung. Allerdings gestaltet sich die Anpassung bisheriger Studienergebnisse und Feedbackformen für den Einsatz in virtuellen Laboren herausfordernd, da sie in erster Linie für den Klassenraum und die direkte Kommunikation zwischen Lehrkräften und Lernenden entwickelt wurden (Hattie und Timperley, 2007).

Das diesem Vortrag zugrundeliegende Dissertationsprojekt strebt an, dieses Desiderat durch die Entwicklung eines Feedbackmechanismus, der die Selbstwirksamkeit von Schüler*innen stärkt, zu schließen. Der Feedbackmechanismus wird in einem virtuellen Labor implementiert, das Experimentelles Arbeiten für Schüler*innen ab Klasse 7 bietet. Der Schwerpunkt des virtuellen Labors liegt auf dem Verständnis komplexer Zusammenhänge, Abhängigkeiten und Reaktionen eines sich verändernden Klimas, indem Fragen zu den Auswirkungen des Klimawandels, wie z.B. erhöhter Hitzestress für die Landwirtschaft behandelt werden.

Das Forschungsdesign folgt dem Design-Based Research Ansatz. Die in zwei iterativen Zyklen eingesetzten Begleitforschungsinstrumente (Fragebögen, Interviews, teilnehmende Beobachtung) generierten Erkenntnisse zur Anpassung der Designprinzipien und zum Re-Design des Feedbackmechanismus. Dabei zeigt sich, dass das Feedback zu einer signifikanten Steigerung der Selbstwirksamkeit beiträgt und das situationsbezogene Feedback die Schülerinnen bei der Aufgabenlösung unterstützt. Abschließend werden Herausforderungen und Limitationen diskutiert.



Mit mobiler Lern-App Anpassungen an den Klimawandel erkennen und bewerten

Dana Graulich1, Christina Fiene1, Alexander Siegmund1,2

1Pädagogische Hochschule Heidelberg, Deutschland; 2Universität Heidelberg, Deutschland

Um Auswirkungen des globalen Klimawandels möglichst gering zu halten, müssen neben Ansätzen zum Klimaschutz auch nachhaltige Anpassungsstrategien entwickelt werden. Im Vergleich zum Klimaschutz ist das Thema Klimaanpassung jedoch in den Bildungsplänen bislang unterrepräsentiert. Dies zeigt sich auch dadurch, dass Schüler*innen dazu tendieren, die beiden Konzepte miteinander zu verwechseln (Graulich et al. 2021). Mobile Apps bergen ein großes Potenzial, um das Thema motivierend und handlungsorientiert im Unterricht zu integrieren (Wankmüller et al. 2022).

Die App "Klim:ReAction" ermöglicht den Schüler*innen durch mobiles ortsbezogenes Lernen Grundlagenwissen über Klimaanpassungen zu sammeln, Anpassungsstrategien in ihrer Umgebung zu erkunden, ihre Beobachtungen zu sichern und die Ergebnisse zu teilen. Durch das selbstbestimmte Arbeiten mit der App im Gelände soll die intrinsische Motivation der Schüler:innen gesteigert werden (Deci und Ryan 2000).

Aktuell wird die Wirksamkeit der mobilen Lern-App mit Schulklassen im Rahmen einer Dissertation untersucht. Neben dem Wissenszuwachs (Pre-Post-Test) wird die intrinsische Motivation (KIM nach Wilde et al. (2009)) während der Arbeit mit der App per Fragebogen erhoben. Die Arbeitsweise der Schüler*innen mit der mobilen App wird darüber hinaus durch eine teilnehmende Beobachtung beschrieben und analysiert. Nach Auswertung der ersten Ergebnisse lässt sich bereits ein Wissenszuwachs durch den Einsatz der mobilen App verzeichnen. Die Ergebnisse der KIM deuten auf ein hohes Maß intrinsischer Motivation hin. Im Vortrag werden die vollständigen Ergebnisse der Studie präsentiert.

Literaturangaben:

Wilde, M., Bätz, M., Kovaleva, A., Urhahne, D. (2009). Überprüfung einer Kurzskala intrinsischer Motivation (KIM). In: Zeitschrift für Didaktik der Naturwissenschaften 15, S. 31–45.

Deci, E., Ryan, EL. (1993). Die Selbstbestimmungstheorie der Motivation und ihre Bedeutung für die Pädagogik. In: Zeitschrift für Pädagogik 39, Heft 2, S. 223–238.

 
16:00 - 17:30Workshop: Lösungsorientierung - wie geht das?
Ort: Gebäude 3, Raum 3.009
Chair der Sitzung: Thomas Hoffmann, Seminar Karlsruhe (Gymnasium), Leuphana Universität Lüneburg
Chair der Sitzung: Marie Ulrich-Riedhammer, Universität Münster
 

Lösungsorientiert unterrichten - wie geht das?

Thomas Hoffmann1, Eva Marie Ulrich-Riedhammer2

1Seminar karlsruhe (Gymnasium), Deutschland; 2Universität Münster, Deutschland

Im Rahmen des Workshops werden die Grundsätze des lösungsorientierten Unterrichts anhand konkreter Beispiele dargelegt und diskutiert. Aufbauend auf diesem so entstehenden gemeinsamen Verständnis skizzieren die Teilnehmerinnen und Teilnehmer eigene Umsetzungsideen, die im Plenaum vorgestellt und konstruktiv-kritisch diskutiert werden.

 
18:30 - 23:59Gesellschaftsabend im Tollhaus
Ort: Alter Schlachthof 35, 76131 Karlsruhe (Tram/S-Bahn Haltestelle: Tullastraße/Alter Schlachthof)

 
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