Veranstaltungsprogramm

Sitzung
Paper session: Künstliche Intelligenz
Zeit:
Mittwoch, 25.09.2024:
11:00 - 12:30

Chair der Sitzung: Prof. Dr. Claudia de Witt, FernUniversität in Hagen
Ort: Raum 6

Gebäude 8, B121
Sitzungsthemen:
Deutsch

hybrid - auf Deutsch


Präsentationen
11:00 - 11:30

„Hallo, ich bin Patient Karl von Hausen“ - Entwicklung von KI-basierten Patientenmodellen für das interprofessionelle und digitale Lernen in den Gesundheitsstudiengängen

Claudia Miersch, Klaus Schliz, Cornelia Schlick, Sandra Pahr-Hosbach, Hanna Schwendemann, Stephanie Rupp, Marion Roddewig, Katharina Rädel-Ablass

IU Internationale Hochschule GmbH, Deutschland

Die Entwicklung von KI-basierten Patientenmodellen für das interprofessionelle Lernen in den Gesundheitsstudiengängen ist ein innovatives und vielversprechendes Konzept, um die Zusammenarbeit in interdisziplinären Teams zu fördern und die Qualität der Patientenversorgung zu steigern. In Anbetracht der Forderungen des Wissenschaftsrats nach einer verstärkten interprofessionellen Ausbildung in den Gesundheitsberufen, ist es von entscheidender Bedeutung, neue Technologien wie Künstliche Intelligenz (KI) zu nutzen, um realitätsnahe virtuelle Patienten für Lehrzwecke einzusetzen.

Dieses Projekt zielt darauf ab, durch die Entwicklung von KI-basierten Patientenmodellen das interprofessionelle Lernen in den Gesundheitsstudiengängen zu verbessern. Die Verwendung dieser Modelle in Lehrveranstaltungen ermöglicht es den Studierenden, Anamnese-Gespräche auf fachspezifischer und interprofessioneller Ebene zu führen und anschließend gemeinsam innovative Versorgungskonzepte zu entwickeln. Durch die Simulation eines Patienten, der Fragen zum Krankheitsbild und den Beschwerden beantwortet, schaffen die KI-Modelle eine dynamische Lernumgebung, die die interprofessionelle Kommunikation und Zusammenarbeit fördert.

In einem ersten Pretest haben Studierende aus den Gesundheitsstudiengängen der Pflege, Logopädie, Ergotherapie, Physiotherapie und Ernährungswissenschaften das entwickelte KI-Modell getestet und anschließend über einen quantitativen und qualitativen Fragebogen evaluiert. Die Ergebnisse zeigen, dass die Studierenden die Verständlichkeit und Antwortfähigkeit des KI-Modells positiv bewerten. Mehr als 80 % der Studierende finden die fachliche und inhaltliche Präzision des virtuellen Patienten gut bis sehr gut. Mehr als 60 % der Studierende sehen einen ziemlich bis sehr nahen Bezug zu einem realen Anamnesegespräch. Qualitative Analysen deutet darauf hin, dass die Studierenden großes Interesse an der Integration eines solchen Tools in ihre Lehrpraxis haben.

Zukünftige Schritte des Projektes beinhalten die Entwicklung eines menschenähnlichen Avatars, der als virtueller Gesprächspartner für verschiedene Patientenfälle fungiert. Dieser innovative Ansatz verspricht, die Ausbildung im Gesundheitsbereich weiter zu verbessern und die interprofessionelle Zusammenarbeit nachhaltig zu stärken. Darüber hinaus bietet dieses Tool eine sinnvolle Ergänzung für die digitale Hochschullehre. Das Projekt ist Bestandteil der Virtuellen Hochschulklinik, welche das Ziel verfolgt, ein professionsübergreifendes Lernkonzept für Gesundheitsstudiengänge zur Ausbildung von Kompetenzen für die interprofessionelle Kommunikation und Zusammenarbeit in der Gesundheitsversorgung sicherzustellen. Ein entsprechender Hochschulkurs, in dem dieses innovative Tool weiter getestet wird, wurde bereits initiiert, was einen vielversprechenden Schritt in Richtung einer modernen und praxisnahen Ausbildung im Gesundheitsbereich darstellt.



11:30 - 12:00

Digitale Spaltung im Studium auch durch KI?

Prof. Dr. Isabel Steinhardt, Dr. Sylvi Mauermeister, Lea Biere

Universität Paderborn, Deutschland

Spätestens mit ChatGPT haben Large Language Models und darauf basierende KI-Tools Einzug in die Hochschulen gehalten. KI ist eines der derzeit zentralen Zukunftsthemen in Hochschulen, das eine disruptive Wirkung entfalten kann. Bisher ist allerdings noch wenig über die Effekte bekannt, es zeigt sich aber, dass Studierende KI-Tools zur Ideenfindung, zum Schreiben, Korrigieren und Forschen bereits nutzen. Wie bei der Einführung anderer Informations- und Kommunikationstechnologien (ICT) ist zu erwarten, dass es auch bei der Nutzung, Akzeptanz, dem Wissen über und der Kompetenz im Umgang mit KI-Tools Unterschiede gibt, die stark mit sozialen und kulturellen Faktoren zusammenhängen. Um diese Unterschiede zu untersuchen, wird das Konzept der digitalen Spaltung verwendet (van Deursen & van Dijk, 2019; Zillien & Marr, 2013).

Dem Konzept der digitalen Spaltung liegen drei Annahmen zugrunde. Erstens, dass der Zugang zum Internet und anderen ICT ungleich verteilt sind und in hohem Maße von sozialen Faktoren abhängen. Zweitens, dass die Nutzung und die damit verbundenen Kenntnisse und Fähigkeiten im Umgang mit ICT ungleich verteilt sind und drittens, dass dies zu Unterschieden bei der gesellschaftlichen Teilhabe führt, die soziale Auswirkungen haben (van Deursen & van Dijk, 2019; Zillien & Marr, 2013). Auf der Grundlage dieser Annahmen untersuchen wir die Ebenen der Digitalen Spaltung in Bezug auf KI-Tools von Studierenden: Erstens den Zugang zu KI-Tools unter Rückgriff auf Bourdieus Kapitalsorten (Bourdieu, 1984). Zweitens, die Nutzung von KI-Tools basierend auf der Kompetenzselbsteinschätzung und die Akzeptanz von KI-Tools. Drittens, die im Zusammenhang von Digitalisierung und Teilhabe antizipierten, gesamtgesellschaftlichen Veränderungen, mit denen hochschulische Lehre in der Zukunft konfrontiert ist.

Um die digitale Spaltung bei Studierenden im Hinblick auf KI-Tools zu analysieren, wurde ein Fragebogen entwickelt. Dabei kamen zum einen etablierte Skalen zum Einsatz (z.B. sozialer Hintergrund, KI-Kompetenzen), zum anderen wurden eigene, spezifisch auf KI-Tools bezogene Skalen entwickelt und getestet (z.B. Nutzungsverhalten). Daten liegen aus einer Preteststudie mit Studierenden und einer Absolventenbefragung vor. Die vorliegenden Ergebnisse haben damit eine mittlere Reichweite. Deshalb werden sie mit einer umfassenden internationalen Literaturstudie zum aktuellen Stand von Digitaler Spaltung und KI im Hochschulkontext gerahmt, um die empirischen Ergebnisse diskutieren und einordnen zu können.

Bourdieu, P. (1984). Distinction: A social critique of the judgment of taste. Harvard University Press.

Marr, M., & Zillien, N. (2019). Digitale Spaltung. In W. Schweiger & K. Beck (Hrsg.), Handbuch Online-Kommunikation (S. 283–306). Springer Fachmedien. https://doi.org/10.1007/978-3-658-18016-4_12

van Deursen, A. J., & van Dijk, J. A. (2019). The first-level digital divide shifts from inequalities in physical access to inequalities in material access. New Media & Society, 21(2), 354–375. https://doi.org/10.1177/1461444818797082

Zillien, N., & Marr, M. (2013). The Digital Divide in Europe. In M. Ragnedda & G. W. Muschert (Hrsg.), The Digital Divide: The Internet and Social Inequality in International Perspective (S. 75–86). Routledge.



12:00 - 12:30

Die Nutzung Künstlicher Intelligenz zur gleichzeitigen Förderung digitaler und wissenschaftlicher Kompetenzen: eine Herausforderung

Stephanie Gaaw, Petko Maznev, Dr. Cathleen M. Stützer

Technische Universität Dresden, Zentrum für Qualitätsanalyse, Deutschland

Seit dem rasanten Aufstieg generativer Künstlicher Intelligenz (KI) in 2023 besteht ein fortlaufender Diskurs über die möglichen Auswirkungen dieser Technologie auf die Hochschulbildung (EDUCAUSE, 2023). Dabei werden sowohl potenzielle Chancen als auch Herausforderungen und Risiken erörtert und Lehrende sehen in der Nutzung von KI insbesondere das Potential, den Erwerb digitaler Kompetenzen zu fördern. Eigene Studien legen zudem nah, dass KI dazu beitragen kann, Studierende in ihrer individuellen Lernzielerreichung und dem selbständigen Arbeiten mit Lerninhalten zu unterstützen (Stützer 2020; Gaaw 2020). Nebst Herausforderungen bei der technischen Handhabe sehen Lehrende jedoch u.a. Schwierigkeiten hinsichtlich einer sinnvollen didaktischen Konzeption. Hierbei hegen sie bspw. Befürchtungen bezüglich eines unüberlegten Einsatzes von KI, der sich negativ auf den Erwerb wichtiger Schlüsselkompetenzen Studierender (z.B. kritisches Denken) auswirken und im schlechtesten Fall zum Nichterwerb oder gar Verfall dieser führen könnte (Maznev et al., 2024). Somit stehen Lehrende vor der Herausforderung sinnvolle didaktische Strategien für die Integration von KI in der Hochschulbildung zu entwickeln (Maznev et al., 2024).

Die Bildungsforschung steht damit insgesamt vor der Frage, wie die Potenziale von KI hinsichtlich vielseitiger Möglichkeiten der Kompetenzförderung genutzt und benannte Risiken minimiert werden können. Der Vortrag nimmt hierauf Bezug und stellt einen eigenen didaktischen Use Case aus dem Bereich der Sozialwissenschaften vor, der darauf abzielt, sowohl zur Vermittlung digitaler bzw. konkret KI-bezogener Kompetenzen als auch zum Erwerb von (wissenschaftlichen) Schlüsselkompetenzen beizutragen.

Der zu präsentierende Use Case basiert auf einer explorativen Fallstudie zum Einsatz von ChatGPT zur Auswertung offener Antworten in Umfragen. Hierzu wurden insgesamt 24 Testläufe durchgeführt. Die Ergebnisse zeigen, dass generative KI zwar hilfreiche Auswertungen liefern kann, aber bei unreflektierter Handhabe auch stark fehleranfällig ist. Auf Basis dieser Erkenntnisse wurden Handlungsempfehlungen für den Einsatz von KI zur qualitativen Datenanalyse abgeleitet, welche wiederum in Lehr- und Lernziele überführbar sind.

Im Rahmen des Use-Cases werden Studierende aufgefordert, offene Antworten aus eigenen oder bereitgestellten Befragungsdatensätzen mit ChatGPT zu analysieren und verschiedene Befehlsketten zu erproben. Weiterhin sollen sie auch die Qualität der Ergebnisse prüfen und gegebenenfalls Anpassungen im Prompting vornehmen. Hierbei ist davon auszugehen, dass sich für die Studierenden verschiedenste Schwierigkeiten ergeben, mit denen sie einen Umgang erlernen müssen. Auf diese Weise vermittelt der Use Case sowohl grundlegende Kompetenzen zur Handhabung von KI sowie wissenschaftliche Schlüsselkompetenzen. Zur Rahmung der Aufgabe gehört zudem die Vermittlung sozialwissenschaftlicher Grundkenntnisse bezüglich qualitativer Datenerhebungs- und –auswertungsverfahren.

Insgesamt zeigt der Beitrag exemplarisch, wie KI eingesetzt werden kann, um sowohl digitale bzw. KI-bezogene als auch wissenschaftliche Schlüsselkompetenzen zu fördern. Die gleichzeitige Förderung beider Kompetenzbereiche steht hierbei im Vordergrund.

Literaturverzeichnis

Maznev, P., Stützer, C. & Gaaw, S. (2024). AI in higher education: Booster or stumbling block for developing digital competence? Zeitschrift für Hochschulentwicklung, 19(1). https://doi.org/10.21240/zfhe/19-01/06

Robert, J., Muscanell, N. (2023). 2023 Horizon Action Plan: Generative AI. EDUCAUSE Horizon. Boulder: EDUCAUSE.

Stützer, C. M., Frohwieser, D., & Lenz, K. (2020). Was digitale Lehre zur „guten“ Lehre macht. Potentiale Und Herausforderungen Digitaler Hochschulbildung. (1), 3-10.

Gaaw, Stephanie/ Wifek, Jonas (2020): Selbstreguliertes Lernen hoch zwei. In: Potentiale und Herausforderungen Digitaler Hochschulbildung. (2), 3-13.