Veranstaltungsprogramm

Eine Übersicht aller Sessions/Sitzungen dieser Veranstaltung.
Bitte wählen Sie einen Ort oder ein Datum aus, um nur die betreffenden Sitzungen anzuzeigen.
Wählen Sie eine Sitzung aus, um zur Detailanzeige zu gelangen.

Bitte beachten Sie, dass sich alle Zeitangaben auf die Zeitzone des Konferenzortes beziehen.
Die momentane Konferenzzeit ist: 09. Nov. 2024 17:49:01 MEZ

 
Nach Präsentationsform filtern 
 
 
Sitzungsübersicht
Sitzung
Paper session: Governance
Zeit:
Dienstag, 24.09.2024:
11:00 - 12:30

Chair der Sitzung: Prof. Dr. Uwe Wilkesmann, TU Dortmund
Ort: Raum 5

Gebäude 8, B118
Sitzungsthemen:
Deutsch

hybrid - auf Deutsch


Zeige Hilfe zu 'Vergrößern oder verkleinern Sie den Text der Zusammenfassung' an
Präsentationen
11:00 - 11:30

Hybride Formen der Hochschulsteuerung zwischen ‚tight‘ und ‚loose control‘ – Facetten der Kontextsteuerung akademischer Selbststeuerung

Benamin Ditzel

Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg, Deutschland

Seit den Governancereformen der 1990er Jahre ringen zwei Vorstellungen um die Deutungshoheit, ein manageriell geprägter Glaube an die Steuerbarkeit der Hochschule sowie eine mit Verweis auf die ‚spezifische‘ Organisationsform (Musselin 2007) vorgebrachte Steuerungsskepsis. Neuere Forschungsarbeiten weisen auf eine Überlagerung managerieller und professionsbezogener Orientierungen, in deren Folge sich Hochschulen als multiple hybride Organisationen (Kleimann 2018) beschreiben lassen. Auf deskriptiv-analytischer Ebene bleibt offen, wie sich hybride Formen der Steuerung jenseits eines allgemeinen Verweises auf die Überlagerung managerieller und professionsbezogener Konzeptionen beschreiben lassen (1). Auf normativ-theoretischer Ebene bleibt offen, welche Erkenntnisse sich aus der Hybridisierungsthese für eine Steuerung ableiten, die eine komplexe, mehrdeutige, dynamische Welt zum Ausgangspunkt macht (2).

Diesen Forschungsfragen wird aus steuerungstheoretischer Perspektive sowie auf Grundlage von qualitativen Interviews nachgegangen. Akteure von Hochschulleitung, zentralem/dezentralem QM, Hochschuldidaktik sowie Lehrende wurden im Rahmen einer Fallstudienanalyse danach gefragt, wie sie die Implementierung von Strukturen/Prozessen/Instrumenten des QM erlebt haben und welche Rolle diese für ihre Handlungspraxis spielen. In einer auf Typenbildung gerichteten Analyse wurden unterschiedliche Deutungen von QM als Steuerungspraxis herausgearbeitet.

Das Sensemaking der Handelnden vollzieht sich im Spannungsfeld zwischen manageriellen Interpretationen und einer Problematisierung von Steuerung. Die Handelnden finden für sich passende (Um-)Deutungen managerieller Ideen von Steuerung. So lassen sich Steuerungskonzeptionen (formales Controlling, pragmatische & diskursive Steuerung) rekonstruieren, in denen sich unterschiedliche Formen der Umdeutung manifestieren. Diese vermitteln einen Eindruck dafür, welche Schattierungen sich zwischen manageriellen Ideen und Steuerungsskepsis entfalten. Analytisch dient die Bezugnahme auf Weick (1976) dazu, den Zusammenhang zwischen Managerialisierung und ‚enacteten‘ Steuerungskonzeptionen im Spannungsfeld zwischen ‚tight‘ und ‚loose control‘ zu beschreiben.

Unterschiede zeigen sich entlang von Beschreibungskategorien (wie Verortung von Entscheidungen; Bestimmtheit, Konsistenz organisationaler Regeln; Zweck, Detaillierungsgrad, Frequenz evaluativer Praktiken; Signifikanz incentivierender Praktiken) darin, ob die Bezugnahme auf managerielle/professionsbezogene Orientierungen fest oder lose ausfällt. Dies erlaubt einen tieferen Einblick in die Überlagerung von Steuerungskonzeptionen im Sinne der Hybridisierungsthese.

Gleichzeitig liefert die Analyse Ansatzpunkte für eine zukunftsgerichtete Konzeption von Hochschulsteuerung. Einerseits erscheint es – nicht nur angesichts des professionsbezogenen Kontextes, sondern auch einer komplexen/mehrdeutigen Welt – wichtig, konsequent am wissenschaftlichen Modus Operandi und der lokalen Selbststeuerungsfähigkeit anzusetzen (Ditzel 2023). Hier spielen z.B. diskursive, auf Reflexion gerichtete Praktiken eine Rolle. Andererseits kann die professionsgeprägte Selbststeuerung über Momente der Kontextsteuerung (Willke 1989) auf übergeordnete Belange hin orientiert/irritiert werden, indem z.B. ein formaler Rahmen als Anlass für inhaltliche Diskurse dient oder managerielle Interventionen Handlungsdruck aufbauen (formales Controlling); individuelle Themen/Projekte unterstützt und auf spezifische Bedarfe angepasste Daten bereitgestellt werden (pragmatische Steuerung); Diskursräume gestaltet, Diskussions- und Reflexionsimpulse gesetzt sowie qualifizierende Praktiken auf Themen wie Didaktik/Wissenschaftsmanagement ausgeweitet werden (diskursive Steuerung).

Literatur

Ditzel, B. (2023): Wissenschaftsgeleitete Wirkungsreflexion. In: Zeitschrift für Hochschulentwicklung 18, 2023, 3, 63–91.

Kleimann, B. (2018): (German) Universities as multiple hybrid organizations. In: Higher Education 77, 2018, S. 1085–1102.

Musselin, C. (2007): Are Universities Specific Organisations? In: Krücken, G. et. al. (Hrsg.): Towards a multiversity? Bielefeld: Transcript, S. 63–84.

Weick, K. E. (1976): Educational Organizations as Loosely Coupled Systems. In: Administrative Science Quarterly 21, 1976, 1, S. 1–19.

Willke, H. (1989): Controlling als Kontextsteuerung. In: Eschenbach, R. (Hrsg.): Supercontrolling. Wien: Fachverlag an der Wirtschaftsuniversität Wien, S. 63–96.



11:30 - 12:00

Wertebasierte Hochschulgovernance in Deutschland

Prof. Dr. Bernd Kleimann

Deutsches Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung, Deutschland

Der Beitrag vertritt die These, dass sich nach dem Verblassen des New Public Management als Reformleitbild ein neues Governance-Regime im deutschen Hochschulsystem ausbildet, das mit einer Veränderung der Rolle der Hochschulen in der Gesellschaft einhergeht. Ausgehend von den Ergebnissen der multidisziplinären Hochschulforschung wird argumentiert, dass sich die Funktionen und Strukturen der Hochschulen (ihre Zweck- und Konditionalprogramme, Kommunikationswege und Personalstrukturen) durch ein verstärktes Eindringen gesellschaftlicher Werte im Hochschulsektor verschieben. Als Konsequenz dieser Entwicklung bildet sich allmählich ein Regime der wertebasierten Hochschulsteuerung in Deutschland heraus (Jungbauer-Gans/Gottburgsen/Kleimann 2023).

Dieses neue Governance-Regime greift Elemente der bisherigen Governance-Logik des New Public Management partiell auf, indem es z.B. den Wettbewerb als Governance-Mechanismus zur Durchsetzung von gesellschaftlichen Werteorientierungen im Hochschulsektor nutzt (z.B. die BMBF-Ausschreibung „Gesellschaft der Innovationen – Impact Challenge an Hochschulen – Ideenwettbewerb für Soziale Innovationen aus der Hochschullandschaft“ vom Oktober 2023). Es geht aber auch über das NPM hinaus, indem es dessen Wertekanon – Effizienz, Effektivität, Exzellenz – um zahlreiche weitere Werte – wie Chancengleichheit, Open and Responsible Science, Nachhaltigkeit, Internationalisierung, Sicherung der Demokratie, Gender Mainstreaming, Anti-Diskriminierung usf. – ergänzt. Dadurch befördert es die Entwicklung von Hochschulen zu veritablen „Institutionen der Gesellschaft“ (R. Stichweh), die Leistungserwartungen aus fast allen gesellschaftlichen Teilsystemen und von Seiten zahlreicher außerwissenschaftlicher Stakeholder erfüllen (sollen).

Der im Kern konzeptionell angelegte Beitrag, der sich auf Theorien der Hochschulgovernance (Hüther/Krücken 2016), auf systemtheoretische Ansätze der Organisationssoziologie (Luhmann 2006; Kühl 2011) und der Hochschulforschung (Kleimann 2016) sowie auf Analysen des New Pubic Management und seiner Implementierung in der deutschen Hochschullandschaft (deBoer/Enders/Schimank 2007, Bogumil et al. 2013) stützt, umreißt die Ursprünge der neuen werteorientierten Hochschulsteuerung in Deutschland, zeigt die dabei wirksamen Entwicklungsdynamiken auf und exemplifiziert die hochschulbezogenen Strukturwirkungen des neuen Governance-Regimes am Beispiel des Wertediskurses um die Nachhaltigkeit.

Lteratur

Boer, H. de/Enders, J./Schimank, U. (2007). On the way towards New Public Management? The governance of university systems in England, the Netherlands, Austria, and Germany. In D. Jansen (Hrsg.), New forms of governance in research organizations (S. 137–152). Springer

Bogumil, J./Burgi, M. /Heinze, R.G./Gerber, S./Gräf, I.-D. /Jochheim, L./Schickentanz, M./ /Wannöffel, M. (2013): Modernisierung der Universitäten. Umsetzungsstand und Wirkungen neuer Steuerungsinstrumente. Berlin: edition sigma.

Hüther, O./Krücken, G. (2018). Higher Education in Germany—Recent Developments in an International Perspective. Cham: Springer.

Jungbauer-Gans, M./Gottburgsen, A.,/Kleimann, B. (2023). Wertebasierte Governance in Hochschule und Wissenschaft. Beiträge zur Hochschulforschung, 45(1), 44–65.

Kleimann, B. (2016). Universitätsorganisation und präsidiale Leitung. Führungspraktiken in einer multiplen Hybridorganisation. Springer VS.

Luhmann, N. (2006): Organisation und Entscheidung. 2. Auflage. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.

Kühl, S. (2011): Organisationen. Eine sehr kurze Einführung. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.



12:00 - 12:30

Externe Governance privater Hochschulen in Deutschland

Anna-Lena Rose, Prof. Dr. Liudvika Leišytė

Zentrum für HochschulBildung (zhb), TU Dortmund, Deutschland

Während es in der internationalen Literatur durchaus Studien zur Governance privater Hochschulen gibt, ist Forschung zu privaten Hochschulen in Deutschland noch ein Desiderat. In der deutschsprachigen Literatur wird das Potenzial privater Hochschulen als Reformmotor hervorgehoben, da die Unabhängigkeit vom Staat ihnen mehr Handlungsfreiheiten gewährt (Müller-Böling & Zürn, 2007). Gleichzeitig ist an privaten Hochschulen von stärkerem Anpassungsdruck an die Umwelt (Beschorner, 2017) und größerer Einwirkungsmöglichkeit durch externe Stakeholder (Brockhoff, 2011), insbesondere im Bereich der Lehre, auszugehen. Wie sich diese Dynamiken auf die Ausgestaltung der Governance privater Hochschulen auswirken, ist jedoch nicht ausreichend erforscht. Für diesen Beitrag gehen wir deshalb folgender Frage nach: Wie sieht die externe Governance privater Hochschulen aus?

Wir nähern uns der Governance privater Hochschulen anhand ausgewählter analytischer Dimensionen des Governance Equalizer-Modells (de Boer et al., 2007). Nach diesem Modell lassen sich Hochschulgovernance-Regime durch ein Zusammenspiel von staatlicher Regulierung, Außensteuerung, akademischer Selbstorganisation, hierarchischer Selbststeuerung, sowie Konkurrenzdruck charakterisieren. Literatur zur Governance staatlicher Hochschulen beschreiben einen Wandel weg von staatlicher Regulierung hin zu Außensteuerung (sowohl von staatlicher Seite als auch durch externe Stakeholder), verstärktem Konkurrenzdruck und managerieller Selbststeuerung (idem.). Wie diese Dimensionen in Hinblick auf die Governance privater Hochschulen in Deutschland ausgestaltet sind, ist aber weitestgehend unklar.

Für diese Untersuchung wurden Analysen aller Landeshochschulgesetze in Hinblick auf Vorgaben für die Governance privater Hochschulen sowie eine Inhaltsanalyse von Webseiten und Akkreditierungsberichten des Wissenschaftsrats von 15 privaten Hochschulen (unterschiedliche Typen nach Frank et al., 2020) durchgeführt. Vorläufige Ergebnisse zeigen, dass die Einflüsse unterschiedliche Akteure (u.a. auch Betreiber, Träger und Kuratorien) zwischen den untersuchten Hochschulen stark variieren. Weitere Analysen unter Berücksichtigung des Standortes (Bundesland und somit auch hochschulrechtliche Rahmenbedingungen), des Hochschultyps, der Größe sowie rechtlichen Form und ihrer Betreiber werden Aufschluss auf eine mögliche Typenbildung geben.

Die Analysen werden mit Erkenntnissen aus 7 Expert*inneninterviews angereichert werden, welche von Mai-Juli 2024 mit Vertreter*innen von Wissenschaftsministerien, dem Wissenschaftsrat, sowie Trägern und Betreibern privater Hochschulen geführt werden. Die Auswertung der Dokumentenanalysen erfolgt in einem fallanalytischen und vergleichenden Ansatz. Die transkribierten Interviews werden nach Kuckartz (2018) inhaltsanalytisch ausgewertet.

Literatur

de Boer, H., Enders, J., Schimank, U. (2007). On the Way towards New Public Management? The Governance of University Systems in England, the Netherlands, Austria, and Germany. In D. Jansen, (ed.), New Forms of Governance in Research Organizations (pp. 137-152). Springer.

Beschorner, H. (2017). Staat vor privat? In B. Kaluza, K. D. Braun, H. Beschorner, & B. Rolfes (Eds.), Betriebswirtschaftliche Fragen zu Steuern, Finanzierung, Banken und Management (pp. 525–537). Wiesbaden: Springer. https://doi.org/10.1007/978-3-658-16730-1_35

Brockhoff, K. (2011). Erfolgsfaktoren privater Hochschulen. Zeitschrift Für Betriebswirtschaft, 81(4), 5–31. https://doi.org/10.1007/s11573-011-0468-5

Frank, A., Kröger, A., Krume, J., & Meyer-Guckel, V. (2020). Private Hochschulen: Entwicklungen im Spannungsfeld von akademischer und gesellschaftlicher Transformation. Essen: Edition Stifterverband.

Kuckartz, U. (2018). Qualitative Inhaltsanalyse. Methoden, Praxis, Computerunterstützung. Beltz Juventa.

Müller-Böling, & Zürn, M. (Eds.) (2007). Private Hochschulen in Deutschland–Reformmotor oder Randerscheinung. Berlin: Hertie School of Governance Publishing.



 
Impressum · Kontaktadresse:
Datenschutzerklärung · Veranstaltung: GfHf 2024
Conference Software: ConfTool Pro 2.8.103
© 2001–2024 by Dr. H. Weinreich, Hamburg, Germany