1:30pm - 2:00pmWissenstransfer zwischen der Hochschulforschung und hochschulpolitischen Akteuren
Prof. Dr. Uwe Wilkesmann, Dr. Sabine Lauer, Viktoria Jäger
Technische Universität Dortmund, Deutschland
Der Wissenstransfer zwischen der Hochschulforschung und Akteuren im Bereich der Hochschulpolitik bietet neue Möglichkeiten für die Weiterentwicklung der deutschen Hochschullandschaft. Es stellt sich jedoch die Frage, inwieweit die Erkenntnisse der deutschen Hochschulforschung die Arbeit hochschulpolitischer Akteure beeinflussen und welche Auswirkungen sich daraus auf die zukünftige Gestaltung des deutschen Hochschulsystems ergeben.
Das BMBF-Verbundprojekt „WiHoWiT - Wissenstransfer zwischen der Wissenschafts- und Hochschulforschung und den Wissenschaftsministerien“ untersucht Faktoren, die den Wissenstransfer zwischen der Hochschulforschung und der Hochschulpolitik beeinflussen und ermittelt Wege, um den Wissenstransfer in beide Richtungen zu fördern.
Dazu wurden im Rahmen eines Mixed-Methods-Ansatzes bereits leitfaden-gestützte Interviews mit Vertreter*innen aus 15 deutschen Landeswissenschaftsministerien und mit Hochschulprofessor*innen und Personen aus außeruniversitären Forschungsinstituten durchgeführt.
Der Vortrag konzentriert sich auf die Perspektive der Hochschulforscher*innen auf den Wissenstransfer mit hochschulpolitischen Akteuren und möchte Gestaltungsmöglichkeiten für einen zukunftsfähigen und nachhaltigen Wissenstransfer zwischen beiden Gruppen diskutieren.
In der internationalen Literatur wurden verschiedene Faktoren identifiziert, die den Wissenstransfer von Forscher*innen und hochschulpolitischen Akteuren beeinflussen, darunter berufliche Vorerfahrungen, Leistungsanforderungen an eine wissenschaftliche Karriere und spezifische zeitliche Anforderungen des universitären und politischen Systems (Thune et al., 2023; Wutti & Hayden, 2017; Hayden et al., 2018; Smith et al., 2021).
In den leitfadengestützten Interviews mit den Hochschulforschenden konnten Transferpfade sowie weitere Motive und Hemmnisse identifiziert werden, die den Wissenstransfer mit hochschulpolitischen Akteuren beeinflussen. Wichtige Motive für den Wissenstransfer mit wissenschafts- und hochschulpolitischen Akteuren sind der Feldzugang und die Möglichkeit, außerhalb der Scientific Community Resonanz für die eigenen Forschungsergebnisse zu erzeugen. Als Hemmnis für die Platzierung eigener Forschungsergebnisse im Austausch mit hochschulpolitischen Akteuren wurden sprachlich-technische Probleme genannt, d.h. die Herausforderung Ergebnisse so zu präsentieren, dass eine politische Rezeption erreicht werden kann.
Im nächsten Schritt sollen die Motive und Hemmnisse für den Wissenstransfer mit hochschulpolitischen Akteuren in einer quantitativen Befragung sämtlicher Hochschulforscher*innen in Deutschland auf ihre Gültigkeit überprüft werden. Die Befragung richtet sich gleichermaßen an Professor*innen und Nachwuchswissenschaftler*innen und hat zum Ziel, ihren Wissenstransfer mit hochschulpolitischen Akteuren genauer zu erfassen. Die Umfrage wird im April 2024 als Online-Umfrage durchgeführt, wobei der Zugang über den GfHf-Verteiler erfolgt.
Die Ergebnisse der quantitativen Befragung möchten wir gemeinsam mit unserer Scientific Community diskutieren und reflektieren.
Literatur
Hayden, M. C., Weiß, M., Pechriggl, A., & Wutti, D. (2018). Insights into university knowledge transfer in the social sciences and humanities (SSH) and other scientific disciplines – More similarities than differences. Frontiers in Research Metrics and Analytics, 3(32). https://doi.org/10.3389/frma.2018.00032
Smith, K., Fernie, S., & Pilcher, N. (2021). Aligning the times: exploring the convergence of researchers, policy makers and research evidence in higher education policy making. Research in Education, 110(1), 38-57.
Thune, T., Reymert, I., Gulbrandsen, M., & Simensen, E. (2023). Populating the science-policy co-production space: academic and policymaker perspectives on knowledge exchange. Studies in Higher Education, 48(5), 733-746.
Wutti, D., & Hayden, M. (2017). Knowledge transfer in the social sciences and humanities (SSH) – definition, motivators, obstacles, and visions. Colloquium: New Philologies, 2(1), 87-101.
2:00pm - 2:30pmNutzung von Erkenntnissen der WiHo-Forschung von Seiten der Landeswissenschaftsministerien
Dr. Björn Möller, Dr. Elke Bosse
HIS-Institut für Hochschulentwicklung, Deutschland
Die Diskussion um eine evidenzorientierte Politik hat in den vergangenen Jahren an Intensität gewonnen und betrifft auch die Wissenschafts- und Hochschulpolitik (bspw. Pellegrini & Vivanet, 2020). Bislang scheint es allerdings noch an einem systematischen Wissenstransfer aus der WiHo-Forschung in die politische Praxis zu mangeln. Dies wirft Fragen zum „research use“ (Nutley, 2007) auf, denen wir in unserem Vortrag als Beitrag zum Themenfeld „Governance und Zukunft“ mit Fokus auf den Wissenstransfer zwischen WiHo-Forschung und Landeswissenschaftsministerien nachgehen. Konkret widmen wir uns der Frage, wie Ministerialbeschäftigte Erkenntnisse der WiHo-Forschung nutzen.
Nachdem im BMBF-geförderten Projekt WiHoWiT bereits Expert:inneninterviews (Meusel & Nagel, 2009) mit Ministerialbeschäftigten in 15 Landeswissenschaftsministerien durchgeführt und inhaltsanalytisch (Mayring, 2015) ausgewertet wurden, haben wir die Ergebnisse in Orientierung an der Persona-Methode zur Entwicklung von Nutzer:innenprofilen (Bolten-Bühler & Friederichs-Büttner, 2022) so verdichtet, dass sie unterschiedlichen Interessens- und Bedarfslagen, Informationsbeschaffungswege und -quellen sowie Kontextbedingungen auf Seiten der Befragten verdeutlichen. Mit Hilfe von Gruppeninterviews in bisher 15 Landeswissenschaftsministerien werden die Erkenntnisse nun mit Blick auf Formen, Anlässe und Hindernisse bzw. Gelingensbedingungen der Nutzung von Erkenntnissen der WiHo-Forschung validiert und vertieft. Als theoretischer Rahmen dient dabei die Unterscheidung zwischen konzeptionellen und instrumentellen Nutzungsformen (Nutley et al., 2007), die sowohl der eher einseitigen Übertragung von Wissen aus der WiHo-Forschung Rechnung trägt als auch dem iterativen und interaktiven Charakter der Nutzung von Forschungserkenntnissen. Letzteres kommt der Auffassung von Wissenstransfer im Sinne eines Interaktionsmodells (Wilkesmann & Wilkesmann, 2019) sehr nahe.
Die Gruppeninterviews liefern einen ganzheitlichen und vertieften Einblick in die Nutzung von Erkenntnissen der WiHo-Forschung in Form der validierten Personae. Damit knüpfen wir an unsere Analysen der individuellen und organisationalen Faktoren, die den Wissenstransfer beeinflussen (Möller et al., im Druck), an und erweitern die Basis, auf der im Projektverlauf Hinweise für die Gestaltung des Wissenstransfers in die Wissenschafts- und Hochschulpolitik abzuleiten sind.
Literatur
Bolten-Bühler, R., & Friederichs-Büttner, G. (2022). Personas als Orientierungshilfe medienpädagogischer Professionalisierung in der Erwachsenenbildung. Magazin erwachsenenbildung.at, 44/45.
Mayring, P. (2015). Qualitative Inhaltsanalyse: Grundlagen und Techniken (12. Aufl.). Beltz Pädagogik. Beltz.
Meuser, M. & Nagel, U. (2009). Das Experteninterview – konzeptionelle Grundlagen und methodische Anlage. In: S. Pickel, D. Jahn, H.-J. Lauth & G. Pickel (Hrsg.), Methoden der vergleichenden Politik- und Sozialwissenschaft: Neue Entwicklungen und Anwendungen (1. Aufl., S. 465–479). VS Verlag für Sozialwissenschaften / GWV Fachverlage GmbH Wiesbaden.
Möller, B., Bosse, E., Jäger, V., Lauer, S., Würmseer, G. & Wilkesmann, U. (im Druck). Einflussfaktoren auf den Wissenstransfer zwischen der Wissenschafts- und Hochschulforschung und den Landeswissenschaftsministerien. In: die hochschule. Journal für Wissenschaft und Bildung.
Nutley, S., Walter, I., & Davies, H. (2007). Using Evidence. How Research can Inform Public Services. Bristol: Policy Press.
Pellegrini, M., & Vivanet, G. (2020). Evidence-Based Policies in Education: Initiatives and Challenges in Europe. ECNU Review of Education, 4(1), 25–45.
Wilkesmann, U., & Wilkesmann, M. (2019). Wissensmanagement. (Wie) Lässt sich Wissen in der öffentlichen Verwaltung managen? In B. Werdes & T. Porsch (Hrsg.), Lehrbuch Verwaltungspsychologie (S. 312–348). Göttingen: Hogrefe.
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