2:00pm - 2:20pmIntegration von Geothermie in Fernwärmenetze: Erfahrungen aus Aarhus und ihre Anwendung in Deutschland
Alexander Richter
Innargi A/S, Denmark
Die Transformation von Fernwärmenetzen hin zu nachhaltigen Energielösungen ist eine zentrale Herausforderung moderner Städte. Aarhus, Dänemarks zweitgrößte Stadt, zeigt einen vielversprechenden Ansatz durch die Nutzung hydrothermaler Geothermie. Die Stadt plant, durch 17 Bohrungen an sieben Standorten eine Gesamtleistung von 110 MW zu erzielen, was etwa 20% des Fernwärmebedarfs decken wird. Dieses Projekt, das größte seiner Art in der EU, umfasst einen 30-jährigen Liefervertrag zwischen dem lokalen Versorger Kredsløb und dem Wärmecontractor Innargi, wobei letzterer das Explorations- und Bohrungsrisiko trägt.
Unsere Erfahrungen in Aarhus bieten wertvolle Einblicke für die Implementierung geothermischer Lösungen in deutschen Städten. Dabei konnten wir die Herausforderungen der Standortwahl, des Risikomanagements und der öffentlichen Akzeptanz erfolgreich meistern. In Deutschland adaptieren wir diese Ansätze durch die Identifikation geeigneter Standorte, Nutzung staatlicher Förderprogramme wie das BEW und Anpassung an lokale Genehmigungsverfahren.
Die Ergebnisse in Aarhus zeigen, dass Geothermie nicht nur zur Reduktion von CO2-Emissionen beiträgt, sondern auch eine langfristige Versorgungssicherheit und wirtschaftliche Stabilität bietet. Unsere deutschen Projekte spiegeln diese Vorteile wider und fördern die Integration erneuerbarer Energien in die städtische Wärmeversorgung. Ab 2025 sollen die ersten Wärmelieferungen in Aarhus beginnen und die CO2-Emissionen um jährlich 165.000 Tonnen reduzieren. Diese Erkenntnisse unterstützen unsere Projekte in Deutschland, um ähnliche Erfolge in der nachhaltigen Wärmeversorgung zu erzielen und die städtische Klimabilanz zu verbessern.
2:20pm - 2:40pmGeothermieprojekt MTU München-Allach – Praxisbeispiel für die Umsetzung eines Tiefengeothermieprojekts in der Luftfahrtbranche
Klaus Dorsch1, Stefan Lange2, Karl Seyberth1, Hans-Peter Pratscher1
1Erdwerk GmbH, Deutschland; 2MTU Aero Engines AG, Deutschland
Erstmalig wurde in München durch einen Industriebetrieb ein Tiefengeothermieprojekt realisiert.
Seit Frühjahr 2020 beschäftigt sich der Münchner Flugzeugturbinenhersteller MTU Aero Engines AG mit den Möglichkeiten zur Nutzung der Tiefengeothermie als künftige Wärmequelle für die aktuell mit Gas betriebene Wärmeversorgung des Werks im Münchner Norden (Stadtteil Allach). Basierend auf bereits existierender 2D-(Alt-)Seismik und unter Einbindung umliegender Bohrungsinformation wurde ein geologisches 3D-Modell erstellt, das als Grundlage für die Bohrplanung einer Dublette ausgehend von einem Sammelbohrplatz am MTU-Werk diente.
Ende Januar 2024 starteten die Bohrarbeiten für die beiden Tiefbohrungen, die nach knapp sechs Monaten erfolgreich und im Zeitplan abgeschlossen werden konnten.
Die nach Süden gerichtete Bohrung Allach Th1 erreicht in 2.650 m MD (1.970 m TVD) und die nach Norden gerichtete Allach Th2 in 3.104 m MD (2.110 m TVD) ihre jeweilige Endteufe im Malm-Reservoir. Die Kurzzeitpumpversuche im Airliftverfahren zeigen für beide Bohrungen eine außergewöhnlich gute Hydraulik. Im Rahmen des Tests der Allach Th1 konnte beispielsweise bei einer Förderrate von 120 l/s (max. Ableitrate war auf 120 l/s limitiert) ein PI von 51 l/s/bar und eine Transmissivität von 6-7,8 *10-3 m²/s im stationären Zustand nachgewiesen werden. Die Bohrung zählt damit aus hydraulischer Sicht zu einer der besten im Molassebecken. Als Fördertemperatur wurden in beiden Bohrungen rund 70 °C ermittelt. Geologisch-bohrtechnische Herausforderungen zeigten sich im Bereich der Absetzteufen Top Malm beider Bohrungen mit dem Antreffen von totalen Spülungsverlusten bzw. in Form von mächtiger Schutzfels-Formation, denen jedoch erfolgreich begegnet werden konnte.
Aktuell laufen die Bauarbeiten für das Wärmeverteilzentrum. Ab Mitte 2025 soll die Inbetriebnahme erfolgen.
2:40pm - 3:00pmErtüchtigung eines thermischen Untergrundspeichers im Raum Bern mittels Micro Turbine Drilling (MTD®)
Florian Garsche, Niklas Geißler, Jörn Schlüsener
Fraunhofer IEG, Deutschland
Mit dem "Micro Turbine Drilling - MTD®" hat das Fraunhofer IEG in den letzten Jahren eine neue Bohrtechnologie entwickelt. Die Motivation kommt aus dem Bereich der Tiefbohrtechnik, wo das Verfahren genutzt wird, um aus konventionellen Bohrungen, Ablenkungsbohrungen mit kleinem Durchmesser (Micro-Sidetracks) in die umgebende Formation zu bohren. Dabei handelt es sich um ein minimalinvasives Verfahren, das eine risikoarme und schonende Alternative zur hydraulischen Stimulation (Fracking) darstellt. Das Bohren von Mikro-Sidetracks ermöglicht es, ohne großen Eingriff in die Geologie die Umgebung des Bohrlochs zu perforieren und so den Zufluss von Geofluiden zu erhöhen. Durch die Steigerung der Permeabilität, lässt sich das Risiko einer unzureichenden Produktivität von Geothermie- oder Naturwasserstoffbohrungen minimieren.
Der Untergrund ist eine wichtige Ressource für die Wärmewende. Abwärme aus dem Gewerbe lässt sich im Sommer dort speichern und für die Heizung von Wohngebäuden im Winter nutzen. Die Erschließung unterirdischer Wärmespeicher benötigt gelegentlich innovative Bohrtechnik. Durch Einsatz des neuartigen Bohrverfahrens »Micro Turbine Drilling - MTD®« konnte das Fraunhofer IEG erfolgreich Wegsamkeiten für Wasser in Gesteinsschichten in bis zu 500 Meter Tiefe schaffen. Die Bohrtätigkeit war Teil einer laufenden Erschließung unter der Schweizer Hauptstadt Bern, die in kommenden Projektphasen zum Wärmespeicher ausgebaut werden soll.
Ziel der MTD-Operation war die Herstellung von orientierten Lateralbohrung in die umliegende Sandstein Formation. Hierzu musste zunächst die Stahlverrohrung durchbohrt werden, bevor die Bohrung in das umgebende Gestein fortgesetzt werden konnte. Zur Überwachung und Steuerung der Bohrturbine wurde ein speziell entwickeltes akustisches Messsystem eingesetzt.
3:00pm - 3:20pmBohrungsintegrität als Schlüssel für die Realisierung erfolgreicher und sicherer Geothermieprojekte
Antje Hansen-Stichel, Andreas Brecht
Untergrundspeicher und Geotechnologie-Systeme GmbH, Deutschland
Die etablierte Dichtheit geologischer Strukturen, über Jahrmillionen entstanden, wird durch Tiefbohrungen künstlich aufgetan. Daraus lässt sich die grundlegende Forderung des Nachweises von Dichtheit und Integrität der Tiefbohrungen ableiten. Besonders für Geothermiebohrungen sind diese Kriterien für die Akzeptanz der Technologie besonders relevant. Dies gilt nicht nur, aber insbesondere im urbanen Raum.
Eine integre Tiefbohrung ist grundlegende Voraussetzung für die Unversehrtheit potentiell beeinflusster Schutzziele und den nachhaltigen Betrieb. Der Nachweis der Integrität tiefer Bohrungen und somit auch Geothermiebohrungen hat sich in den letzten Jahrzehnten zunehmend etabliert, konkretisiert und weiterentwickelt. Es liegen Verfahren zur Bewertung der Dichtheit und Integrität vor, die auf der Basis von nationalen und internationalen Standards, geltenden Regeln, Richtlinien und Verordnungen durchgeführt werden und somit eine hohe Akzeptanz bei den Behörden und der Öffentlichkeit ermöglichen.
Geothermiebohrungen durchlaufen im langjährigen Betrieb unterschiedliche Lebenszyklen (Auslegung, Herstellung, Betrieb, Verfüllung). Der Nachweis der Integrität der Bohrung muss in jeder Phase erfolgen, unterscheidet sich jedoch teilweise in den Anforderungen. Zyklisch wiederkehrende Bewertungen sind Stand der Technik und können sich neben betrieblichen Vorgaben des Bohrungsbetreibers auch nach bergbehördlichen Forderungen richten.
Die Integritätsbewertung basiert auf der Definition und Bewertung von Barrieren bzw. Barrieren-Envelopen. Es gilt, dass die Bohrung für jeden Betriebszustand ausreichend sicher ist und keine unkontrollierten Umstiege von Fluiden ins bzw. aus dem Gebirge oder entlang der Bohrung möglich sind. Interdisziplinäre Fachkompetenz aus Gebirgsmechanik, Geologie, Tiefbohrtechnik, Werkstofftechnik, Thermodynamik und Betrieb sowie für Mess- und Testprozesse zeigen die komplexe Bewertungsphilosophie.
Es wird ein Konzept zur Dichtheits- und Integritätsbewertung von mitteltiefen/tiefen Geothermiebohrungen vorgestellt und anhand von Praxisbeispielen diskutiert.
3:20pm - 3:40pmEinsatz von Scaling-Inhibitoren an drei geothermischen Anlagen im süddeutschen Molassebecken – Nachweis des biologischen Abbaus in situ
Christoph Otten1, Alexander Holtzegel1, Sebastian Teitz2, Florian Eichinger3, Benedikt Broda4, Hilke Würdemann1
1Hochschule Merseburg, Deutschland; 2Technische Forschungsbegleitung Teitz, Deutschland; 3Hydroisotop GmbH, Deutschland; 4Stadtwerke München, Deutschland
Obwohl die Fluide des Malm-Aquifers im südlichen Molassebecken eine geringe Mineralisierung aufweisen, führen Calcit-Ausfällungen (Scaling) in geothermischen Anlagen zu einer erheblichen Verminderung der Effizienz der Anlagen Seit 2017 hat sich in einem Pilotprojekt am Standort Unterhaching der Einsatz eines biologisch abbaubaren Scaling-Inhibitors als wirksame Lösung bewährt. Im Rahmen des Folgeprojektes EVA-M 2.0 wurde der Einsatz des Inhibitors auf zwei weitere Anlagen im Großraum München ausgeweitet: Dürrnhaar seit 2021 und Kirchstockach seit 2023. Gleichzeitig wird in diesem Forschungsvorhaben am Standort Sauerlach die Injektion von CO2 zur Vermeidung von Scaling erprobt. In enger Zusammenarbeit mit den Stadtwerken München und der Hydroisotop GmbH wird ein umfangreiches Monitoring durchgeführt, welches den Erfolg der Maßnahmen und seine Umweltauswirkungen wissenschaftlich bewerten soll. Die Hochschule Merseburg untersucht in dieser Forschungskooperation Fluide und Aufwuchsflächen (Stahlcoupons) mit molekularbiologischen Methoden. Die Untersuchungen zeigten, dass sich aufgrund der Zugabe des Inhibitors die Zusammensetzung der mikrobiellen Gemeinschaften in Folge des Inhibitorabbaus an allen Standorten geändert hat. Langzeituntersuchungen in Dürrnhaar belegen, dass der Abbau des Inhibitors in situ sowohl über die Verringerung seiner Konzentration als auch über die Abnahme des Elektronenakzeptors Sulfat und die Zunahme von Abbauprodukten nachgewiesen werden kann. Die Inhibitorkonzentration (ca. 3 mg/L) nahm zwischen Förderbohrung und Kraftwerksausgang im Durchschnitt um etwa 65% ab. Anhand einer Stoffbilanz kann der Inhibitorabbau in der Obertageanlage allein durch Sulfatreduktion erklärt werden. In einem Bypass erhöhte sich der Abbau des Inhibitors infolge der längeren Verweilzeit und der mit 55°C besonders günstigen Temperatur auf 70% bis 100% (unter Nachweisgrenze) je nach Verweilzeit des Fluids im Bypass.
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