16:10 - 16:30Ökobilanz und Sensitivitätsanalysen eines geothermischen Heizwerkes im Süddeutschen Molassebecken
Hannah Uhrmann, Florian Heberle, Dieter Brüggemann
Universität Bayreuth, Deutschland
Diese Arbeit umfasst eine Ökobilanz für ein hydrothermales geothermisches Heizwerk im Süddeutschen Molassebecken durchgeführt. Dabei werden kritische Parameter und Handlungsmöglichkeiten zur ökologischen Verbesserung anhand von Sensitivitätsanalysen diskutiert. Die durchgeführte Ökobilanzierung basiert auf den Standards ISO 14040 und 14044 und umfasst die ökologischen Auswirkungen auf verschiedene Wirkungskategorien, wie das Treibhausgaspotenzial, den Verbrauch fossiler und mineralischer Ressourcen sowie die terrestrische und Frischwasser-Ökotoxizität. Die Betrachtung erfolgt entlang der Lebenszyklusphasen Konstruktion, Betrieb und Rückbau, wobei eine Lebensdauer von 30 Jahren angenommen wird. Das Heizwerk besteht aus zwei Produktionsbohrungen und einer Injektionsbohrung mit Thermalwassertemperaturen von bis zu 107 °C und einer thermischen Leistung von 16,7 MW. Zur Abdeckung von Spitzenlasten und Redundanz dienen drei Ölkessel mit einer Gesamtkapazität von 17 MW. Das Heizwerk ist an ein 48,5 km langes Fernwärmenetz angeschlossen das 1.800 Kunden versorgt. Als funktionelle Einheit wird 1 kWh Nettowärme beim Kunden gewählt. Die Ergebnisse der Analyse zeigen, dass das Treibhausgaspotenzial der Anlage bei 80,5 g CO2-Äquivalent pro kWh liegt und der Verbrauch fossiler Ressourcen bei 25,9 Öl-Äquivalent pro kWh. Mit Ausnahme des mineralischen Ressourcenverbrauchs entfällt der größte Anteil der Umweltauswirkungen auf die Betriebsphase. Diese wird vor allem durch den Stromverbrauch der Tiefenpumpen und die Spitzenlast- und Redundanzdeckung der Kessel dominiert. Zusätzlich wurden zwei Sensitivitätsanalysen durchgeführt. Dabei wurde der Zeitraum variiert, in dem die maximale Anschlussleistung erreicht wird, sowie die Heizzahl, welche das Verhältnis zwischen geothermischer Wärmeerzeugung und dem Strombedarf der Pumpen beschreibt und unter anderem von der Scaling-Problematik abhängt.
16:30 - 16:50Gemeinsame Strom- und Wärmebereitstellung: Anwendungspotentiale modularer ORC Systeme
Christopher Schifflechner, Hartmut Spliethoff
Technische Universität München, Lehrstuhl für Energiesysteme
Bei Geothermieprojekten zur gemeinsamen Strom- und Wärmebreitstellung schwankt die für den Organic Rankine Cycle (ORC) Prozess zur Verfügung stehende Wärme über das Jahr. Dies führt v.a. im Winter zu einem starken Teillastbetrieb oder sogar einem Stillstand des Kraftwerks. Bis jetzt sind geothermische ORC-Systeme in der Regel individuell optimierte Großanlagen mit einer installierten elektrischen Bruttoleistung von mehreren MW. Diese Anlagen sind optimal für die individuellen Standortbedingungen ausgelegt, erfordern jedoch lange Planungs- und Bauzeiten. Außerdem weisen sie einen zunehmenden Teillastbetrieb auf, wenn das Fernwärmenetz im Laufe der Zeit erheblich erweitert wird, was für viele Standorte z.B. in dem Molassebecken beobachtet werden kann.
In den letzten Jahren haben sich kleine modulare ORC-Systeme zunehmend auf dem Markt etabliert. Solche modularen Systeme besitzen ggf. zwar höhere spezifische Investitionskosten aufweisen. Zeitgleich können sie jedoch relativ schnell installiert werden, haben eine höhere Teillasteffizienz und könnten nach mehreren Jahren weiterverkauft werden. Diese Arbeit bewertet die thermoökonomische Leistung von modularen ORC-Systemen für geothermische Strom- und Wärmeanwendungen unter Berücksichtigung verschiedener Fernwärmeausbauraten. Die Ergebnisse liefern wertvolle Einblicke in das zukünftige Marktpotenzial modularer ORC-Systeme zur gemeinsam Strom- und Wärmebreitstellung. Ein Schwerpunkt liegt dabei v.a. auf dem zusätzlichen wirtschaftlichen Beitrag modularer ORC Systeme für geothermische Projekte, die primär zur Wärmeversorgung realisiert werden, aber in den ersten Jahren auf Grund des sich im Auf- oder Ausbau befindlichen Fernwärmenetzes ohne ORC Systeme sehr geringe Einnahmen erzielen würden.
16:50 - 17:10Forschungsprojekt GeoThermScaling: Weniger Korrosion und Scaling durch oberflächenbehandelten Druckbehälterstahl für den obertägigen Einsatz in der Tiefen Geothermie
Maximilian Bösele
Vulcan Energy Engineering GmbH, Deutschland
Aktuell besteht im Bereich der Tiefen Geothermie ein großer Entwicklungsbedarf, um Wirtschaftlichkeit und Effizienz zu steigern und Risiken zu minimieren.Zu den technischen Hürden gehören Scaling und Korrosion, die regelmäßige Wartungs- und Reinigungsarbeiten erfordern und damit Kosten produzieren. Hier setzt das Forschungsprojekt GeoThermScaling an: Dank einer thermochemischen Oberflächenbehandlung mit Bor werden kostengünstige Baustähle für den langfristigen Einsatz in der Geothermie vorbereitet. Grundlage sind Vorversuche durch Auslagerung des borierten Stahls P235GH im salzhaltigen Tiefenwasser unter Realbedingungen. Diese lieferten signifikante Verbesserungen der Medienbeständigkeit gegenüber unbehandelten Rohrleitungsbaustählen. Im nächsten Schritt wurde – neben Versuchen zu mechanischen Eigenschaften – eine für Tiefengeothermie-Kraftwerke anforderungsgerechte Fügetechnik von unlegierten, thermochemisch oberflächenbehandelten Stählen im Rohrleitungsbau über Tage entwickelt.
17:10 - 17:30Verfahrensrouten zur industriellen Prozessdampferzeugung auf Basis von Tiefengeothermie
Sven Klute, Marcus Budt, Mathias van Beek
Fraunhofer Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik UMSICHT, Deutschland
Die industrielle Nutzung von Tiefengeothermie findet international bislang wenig Anwendung. Wesentliche technische Hemmnisse sind das oftmals unzureichende Temperaturniveau der geothermalen Quelle und die erforderliche Bereitstellung von Prozessdampf, um die industriellen Prozesse bedienen zu können. Im Forschungsprojekt »Geothermale Papiertrocknung« hat Fraunhofer UMSICHT daher eine Methodik entwickelt, mit der verfahrenstechnische Routen zur Prozessdampferzeugung aus tiefengeothermalen Quellen identifiziert und einheitlich bewertet werden können. Hierzu bietet sich insbesondere der Einsatz von Groß- und Hochtemperatur-Wärmepumpen an, welche durch eine Kombination mit weiteren Verfahrensschritten zu Verfahrensrouten kombiniert werden können.
Das Forschungsprojekt fokussierte auf die deutsche Papierindustrie, für die stellvertretend ein repräsentativer Referenzstandort sowie beispielhaft der Standort der Kabel Premium Pulp&Paper GmbH in Hagen untersucht wurde. Über 100 initial identifizierte Verfahrensrouten konnten im Projektverlauf unter Berücksichtigung der lokalen Randbedingungen detailliert untersucht und sukzessive eingegrenzt werden. Neben innovativen Ansätzen mit Forschungscharakter wurden zudem Verfahrensrouten entwickelt, welche auf marktverfügbaren Komponenten basieren und somit kurz- bis mittelfristig realisiert werden könnten.
Die gewonnenen Projektergebnisse können sowohl auf andere Standorte der Papierindustrie als auch auf weitere Branchen mit Nieder- und Mitteltemperaturwärmebedarf bis etwa 300 °C – wie beispielsweise die Lebensmittel- oder chemische Industrie – übertragen werden. Das Projekt zeigte auch, dass aufgrund individueller branchenspezifischer Anforderungen und lokaler Randbedingungen eine jeweils standortspezifische Betrachtung notwendig ist, um effiziente und wirtschaftlich robuste Verfahrensrouten auslegen zu können. Insgesamt besteht ein großes Anwendungspotenzial für die industrielle Prozessdampferzeugung auf Basis von Tiefengeothermie und damit eine vielversprechende technische Lösung zur Dekarbonisierung der industriellen Prozesswärme.
17:30 - 17:50MTU Aero Engines Tiefen-Geothermie
Stefan Lange
MTU Aero Engines AG, Deutschland
Im Vortrag werden neben einer Einführung über die MTU und deren Maßnahmen zum Klimaschutz das aktuelle Tiefen-Geothermieprojekt am Standort München vorgestellt. Zunächst werden allgemein die Entstehungsgeschichte und die Entscheidungswege erläutert. Der grundsätzlichen Planungsinhalte der Dublette mit den charakteristischen Größen werden über ein Erklärvideo (2 min) der MTU mitgeteilt. Mit aktuellen Bildern werden der Status des Bohrplatzes und die bisherigen Erfahrungen geteilt. Mit dem geplanten zeitlichen Verlauf der Bohrungen wird im anschließenden Vortragsteil näher auf das Wärmeverteilzentrum, die Anbindung und die Optimierung des Heiznetzes eingegangen. Zum Abschluss wird die Planung zur industriellen Anwendung bei galvanischen Prozessen sowie zur Kälteerzeugung erläutert.
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