Veranstaltungsprogramm

Sitzung
Forum 11: Akzeptanz, neue Technologien im Betrieb (Tiefe Geothermie)
Zeit:
Dienstag, 17.10.2023:
16:10 - 17:50

Chair der Sitzung: Ingrid Stober, University of Freiburg
Ort: Saal A1


Präsentationen
16:10 - 16:30

Mediale Diskurse und ihre Bedeutung für die Branche

Sarah Borufka

Bundesverband Geothermie, Deutschland

In diesem Vortrag werden aktuelle Diskurse rund um Gesetze mit Relevanz für die Branche (v.a. Gebäudeenergiegesetz) untersucht und anhand dieser Analyse gezeigt, welche Bedeutung mediale Mechanismen für die Geothermie haben. Außerdem wird davon ausgehend gezeigt, welche Botschaften und welches Framing uns helfen können, die Geothermie weiter zu propagieren und ihr Öffentlichkeit zu verschaffen.



16:30 - 16:50

Sind Bedenken gegenüber der Geothermie länderspezifisch? – Deutschland, die Schweiz und Japan im Vergleich

Robin Renoth1,2, Elmar Buchner1, Michael Drews2, Manfred Plechaty1, Martin Schmieder1

1University of Applied Sciences Neu-Ulm, Neu-Ulm, Deutschland; 2Technische Universität München, München, Deutschland

Die Geothermie kann einen entscheidenden Beitrag zur deutschen Energiewende leisten. Ihre Potenziale werden durch die Roadmap Tiefe Geothermie in Deutschland der Fraunhofer- und Helmholtz-Institute und dem Karlsruher Institut für Technologie (Februar 2022), das Eckpunktepapier des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (November 2022) und die Stellungnahme der Deutschen Industrie- und Handelskammer (Januar 2023) herausgestellt.

Die gesellschaftliche Akzeptanz spielt bei der Umsetzung von Geothermieprojekten eine entscheidende Rolle. Auf Grundlage einer globalen systematischen Literaturanalyse betrachten wir die gesellschaftlichen Akzeptanzfaktoren in Deutschland, der Schweiz und Japan. Das Beispiel Schweiz haben wir aufgrund der räumlichen und kulturellen Nähe und einem ähnlichen geothermischen Potenzial zum Vergleich herangezogen. Demgegenüber betrachten wir auch Japan mit seinen offensichtlichen und scheinbaren geologischen wie kulturellen Unterschieden. Die Lage Japans als Teil des pazifischen Feuerrings bedingt ein besonders hohes geothermisches Potenzial. Darüber hinaus können im asiatischen Raum Unterschiede in sozioökonomischer Hinsicht angenommen werden. Die identifizierten Akzeptanzfaktoren der einzelnen Länder werden gegenübergestellt, Unterschiede und Gemeinsamkeiten identifiziert. Daraus leiten wir ab, ob und wie sich die einzelnen Faktoren positiv (oder auch negativ) auf die Akzeptanz von Geothermieprojekten in der Gesellschaft auswirken.

In allen drei betrachteten Ländern sind die Projektorganisation und Prozesse sowie die Umwelt die zentralen Akzeptanzkategorien. In Japan sind vor allem politische Akzeptanzfaktoren entscheidend. Technologische Faktoren spielen dort keine wesentliche Rolle, im Gegensatz dazu sind sie in Deutschland und der Schweiz bedeutende Faktoren.

Zukünftig sollen unsere Erkenntnisse als neutrale und wissenschaftsbasierte Grundlage für Handlungsempfehlungen bei der Umsetzung von Geothermieprojekten dienen.

Renoth--175_LongVersion.pdf
Renoth--175_Slides.pdf


16:50 - 17:10

Using Micro Turbine Drilling - MTD® to establish a connection between the Emscher formation and a cased borehole for hydraulic testing

Niklas Geißler1,2, Florian Garsche1, Timo König1, Kilian Schulte1, Joachim ten Toren3, Lukasz Pranczke4

1Fraunhofer IEG; 2Fraunhofer FCC; 3GEOK GmbH; 4RAG Aktiengesellschaft

This presentation will introduce the Micro Turbine Drilling - MTD® operation in Marl, NRW, which was successfully completed in 2023. Contractor of the project was the RAG Aktiengesellschaft, whose tasks include the monitoring of the aquifers of the overburden in the greater Ruhr area. Using the MTD® was intended to provide the basis for a hydraulic test to determine the vertical permeability of the Emscher Formation, for which more precise information is not yet available. The MTD® technology is a novel drilling method that allows micro-sidetracks to be drilled into the surrounding rock formation from an existing borehole. The micro-sidetracks, which are several meters long, can be used to establish a connection between rock and borehole. In this project, the 354 m deep borehole "Pferdekamp 2" in Marl was penetrated at two specified depths (290 m and 330 m) by 6 micro sidetracks each with a uniform angular spacing of 60°. A particular challenge was the 5 1/2" steel casing, which had to be drilled before drilling could continue into the surrounding rock.



17:10 - 17:30

Stoffliche und energetische Nutzung von hochmineralisierten, tiefen Solewässern zur Reduzierung von Lieferabhängigkeiten

Timm Wunderlich, Thomas Grab, Lukas Oppelt, Tom Ebel, Tobias Fieback

TU Bergakademie Freiberg, Deutschland

Wässer aus tiefen Geothermiebohrungen, abgeteuft in hydrothermale Systeme sind besonders in Bezug auf ihrer Mineralisation (bis zu 350 g/l) standortspezifisch einzigartig. Die enthaltenen Elemente wie Fe, Sr, Ar, Li, Mg, Sr, die in großer Tiefe unter hohem Druck und Temperatur gelöst sind, führen in technischen Anlagen, wenn diese gefördert werden, zu Herausforderungen. Dennoch besteht das Potenzial, dass diese Stoffe genutzt werden. Mithilfe des technologischen Fortschrittes ist es jetzt möglich, diese löslichen Elemente für die importabhängige Hightech- und Batteriebranche, vor Ort in Europa zu gewinnen und als Rohstoff zur Verfügung zu stellen. Zusätzlich kann die Nutzung des energetischen Potenzials von Solewässern, bei der Gewinnung von Rohstoffen zu einer Verbesserung der Wirtschaftlichkeit führen.

Für die energetische und stoffliche Nutzung müssen zum einen geeignete Quellen von Solewässern in Europa lokalisiert werden, welche die benötigen Mineralkonzentrationen aufweisen. Zum anderen sind Technologien und Prozesse zu entwickelt, die ausgewählte Elemente herauszulösen. Die neu zu entwickelnden Extraktionsprozesse sind für die ganzheitliche Nutzung des geothermischen Potenzials von hoher Bedeutung. Für eine erste Anlagenauslegung ist eine im Vorfeld durchgeführte Wärmeintegration der Prozesse entscheidend. Hierzu wurden 400 Bohrlöcher aus verschiedenen europäischen Ländern als Quellsystem auf deren energetisches Wärmepotenzial untersucht. Ein Extraktionsprozess wurden mithilfe einer Wärmeintegration analysiert und mit den Quellsystemen verschnitten. In dieser Analyse wird gezeigt, welche Potenziale sich in den ausgewählten Ländern finden lassen und welche Herausforderungen es für eine ersten Bewertung zu überwinden gilt. Darüber hinaus wird veranschaulicht, dass bei höheren energetischen Potenzialen weitere Abnehmerstrukturen oder unabhängige Prozesse mitversorgt und so weitere Kosten eingespart werden können.



17:30 - 17:50

Geothermale Papiertrocknung am Standort Hagen - Aktueller Status und weitere Explorationstätigkeiten

Gregor Bussmann1, Oliver Ritzmann1, Martin Machnik2, Marcus Budt3, Manfred Heinelt1

1Fraunhofer IEG; 2Kabel Premium Pulp & Paper GmbH; 3Fraunhofer UMSICHT

Im EFRE/NRW-geförderten Forschungsprojekt ‘“Geothermale Papiertrocknung‘“ konnte die grundsätzliche Machbarkeit der Bereitstellung von industriellen Prozessdampf zur Papiertrocknung am Produktionsstandort der Kabel Premium Pulp & Paper in Hagen auf Basis tiefengeothermaler Wärme aus devonischen Karbonaten aufgezeigt und die Region Hagen als geothermisch vielversprechende Region identifiziert werden.

Mit der räumlichen Nähe von aufgeschlossenem, für geowissenschaftliche Untersuchungen zugänglichem Massenkalk im Steinbruch Steltenberg in Hagen und dem nur ca. 9 km nördlich vom Aufschluss gelegenen Standort des KPPP-Papierwerkes besteht in der Region Hagen eine derzeit einzigartige Konstellation für eine risikoarme Erkundung der Reservoirformation des Massenkalks in NRW. Die Ergebnisse der bisher durchgeführten 2D-seismischen Messungen zeigen Hinweise, dass der Massenkalk im Bereich des Betriebsgeländes des Papierwerkes in für die geothermische Prozesswärmenutzung geeigneten Tiefen von 2,6 bis 3,6 km liegt. Im Rahmen einer ersten flachen Erkundungsbohrung im Steinbruch Steltenberg sowie Laboruntersuchungen an Massenkalkproben konnten eine starke (hydrothermale) Dolomitisieriung durch Lage im Bereich Großholthauser Sprung / Ennepe Überschiebung nachgewiesen werden. Für die weitere Exploration am Standort wurde unter Berücksichtigung geomechanischer Betrachtungen sowie thermo-hydraulisch-mechanischen Modellierungen auf Basis der 2D-Seismik ein Bohrkonzept für eine erste tiefe Erkundungsbohrung entwickelt.

Für die verfahrenstechnische Umsetzung wurde eine Methodik entwickelt, mit der geeignete Verfahrensrouten für die geothermale Prozessdampferzeugung identifiziert und bewertet werden können.

Das Konzept zur Nutzung der charakteristischen „Sprungtektonik“ und deren Störungssysteme im Bereich des devonischen Massenkalks kann nach erfolgreicher Erkundung im Raum Hagen auf das Gebiet Rhein-Ruhr angewandt, übertragen und weiter erkundet werden.