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Sitzungsübersicht
Ort: Saal A1
Datum: Dienstag, 17.10.2023
11:10 - 12:50Forum 03: Bayerisches Molassebecken
Ort: Saal A1
Chair der Sitzung: Rüdiger Schulz, BVG
 
11:10 - 11:30

Bohrlochgeophysikalischen Messdaten zur beckenweiten stratigraphischen Korrelation und der Vorhersage thermophysikalischer Parameter im Bayerischen Molassebecken

Renate Pechnig1, Johannes Großmann2, Timo Spörlein2

1Geophysica Beratungsgesellschaft mbH, Lütticher Straße 32, 52064 Aachen; 2Bayerisches Landesamt für Umwelt, Hans-Högn-Straße 12, 95030 Hof

Für die systematische stratigraphische Interpretation von Tiefbohrungen im Bayerischen Molassebecken nutzt das Bayerische Landesamt für Umwelt (BayLfU) verstärkt vorhandene bohrlochgeophysikalische Messdaten. Wir stellen Ergebnisse repräsentativer Tiefbohrungen im Molassebeckens vor, mit denen eine Grundlagen für eine beckenweite Dateninterpretation geschaffen wurde.

Bei der Bearbeitung wurde auf einen umfangreichen bohrlochgeophysikalischen Messdatensatz zurückgegriffen, welcher für ca. 600 Bohrungen vorlag. Das Projekt war in mehrere Teilaufgaben untergliedert.Die Daten wurden zuerst harmonisiert, GIS-basiert priorisiert und 65 Bohrungen für die weitere Bearbeitung ausgewählt. Diese Bohrungen wurden anhand der Logs lithostratigraphisch rekonstruiert und über petrographische Informationen referenziert.

Im nächsten Schritt wurden diese Bohrungen zu Korrelationsplots zusammengestellt und ein Gitter von 11 Profilen über das Bayerische Molassebecken gelegt. Im Zuge der Bohrungskorrelation wurden die stratigraphischen Nomenklaturen der West- und Ostmolasse miteinander verknüpft und ein System von Leithorizonten erarbeitet, welches markante petrophysikalische Sequenzen miteinander verbindet, bzw. voneinander trennt. Dies wurde vor dem Hintergrund durchgeführt eine verbesserte Verknüpfung zu seismischen Profilen zu ermöglichen und so statistisch gesicherte Eingangsparameter (z.B. seismische Geschwindigkeiten) für 3D Modelle zu generieren.

Im letzten Schritt wurden 10 Bohrungen für eine detaillierte petropysikalische Analyse ausgewählt. Es wurden Eigenschaften wie Porosität und Wärmeleitfähigkeit über die gesamte Bohrstrecke berechnet und mit Labordaten verglichen. Anhand der aus den Logs ermittelten Parametern wurden Temperatur-Tiefenprofile für die Bohrungen berechnet und mit BHT-Daten abgeglichen. Die Ergebnisse liefern Hinweise darauf, dass die im Molassebecken beobachteten Temperaturanomalien über Unterschiede im Gesteinsbestandes des tertiären Oberbaus erklärt werden könnten. Das kann zur Verbesserung geothermischer Modelle genutzt werden und somit zur Absicherung der Temperaturprognosen für zukünftige Projektstandorte.



11:30 - 11:50

Die Temperaturanomalie des Wasserburger Trogs im Molassebecken – ein neuer Erklärungsversuch

Thorsten Agemar

LIAG, Deutschland

Die Verteilung der Untergrundtemperatur in Deutschland ist nach wie vor ein spannendes Thema der Geothermie. In Gebieten aktiver Tektonik, wie z. B. dem Oberrheingraben oder den Alpen, finden sich häufiger Temperaturanomalien als in anderen Regionen. Der Grund liegt in der Regel darin, dass rezente Zerrüttungszonen entlang von Störungen Wegsamkeiten für Grundwasser darstellen, wo, je nach hydraulischem Potenzial, Wasser aufsteigen oder absinken kann. Aufsteigende Tiefenwässer bewirken aufgrund des geothermischen Gradienten eine positive Temperaturanomalie. Damit Tiefenwässer aufsteigen können, muss an anderer Stelle Wasser absinken, wodurch negative Temperaturanomalien im Untergrund hervorgerufen werden.

Viele Studien haben sich mit dem Temperaturfeld im Bereich des Wasserburger Trogs östlich von München eingehend befasst. Es gilt als wahrscheinlich, dass tiefe Grundwasserbewegung die Ursache für die negative Temperaturanomalie ist. Allerdings ist die Herkunft des relativ kalten Wassers noch nicht befriedigend geklärt. Mit einem neuen, ganzheitlichen Ansatz wird dieser Frage auf den Grund gegangen. Dabei werden Hydrochemie, Thermalwasseralter, hydraulisches Potenzial, Tektonik und Temperaturfeld zusammen betrachtet. Zudem werden auch die geothermischen Gradienten in angrenzenden Gebieten betrachtet. Es zeichnet sich dabei ein neues Szenario ab, bei dem meteorisches Wasser südlich des Molassebeckens absinkt und sich anschließend als niedrig mineralisiertes Thermalwasser im Malm-Aquifer unterhalb des Wasserburger Trogs verteilt. Die These wird dabei vor allem durch sehr niedrige geothermische Gradienten in einigen alpinen Tiefbohrungen sowie der Alters- und Salinitätsverteilung des Grundwassers im Malm-Aquifer gestützt.



11:50 - 12:10

Geothermische Bewertung von mitteltiefen klastischen Reservoiren in der Süddeutschen Molasse für die kommunale Wärmeversorgung im ländlichen Raum

Ulrich Steiner1, Daniela Pfrang2, Renate Reschetizk2, Kai Zosseder2, Florian Heberle3, Gregor Bussmann1

1IEG, Deutschland; 2TUM, Deutschand; 3Universität Bayreuth

Bisher werden für die geothermisch betriebene kommunale Wärmeversorgung im Süddeutschen Raum die Oberjurassischen Karbonate des Malms genutzt. Sowohl die günstigen Temperaturen und Schüttungen, die aus den gut durchlässigen Karbonaten erzielt werden, als auch das hohe Investitionsvolumen, das eine entsprechende Abnahme zur Amortisation bedarf, haben die Tiefe Geothermie überwiegend in urbanen, dichter besiedelten Gebieten entstehen lassen. Für ländlich geprägte Kommunen mit einem geringen und mittleren Wärmebedarf ist die tiefe „Malm-Geothermie“ daher oft keine Option.

Aus der Erdölexploration sind in der Molasse neben dem Oberjura aber auch weitere klastisch dominierte poröse Einheiten im Untergrund bekannt, die je nach Verbreitung, Tiefe und Schüttungsprognosen eine geothermische Alternative im ländlichen Raum darstellen können. Die Studie fasst Untertagedaten und -erkenntnisse aus der Erdölexploration zusammen und zielt darauf das Potential flacherer, geothermisch relevanter Horizonte in Bayern aufzuzeigen. Dazu wird zunächst die Verbreitung der potentiell nutzbaren Reservoire im Untergrund mit den obertägigen Wärmebedarfsdaten räumlich verschnitten und einzelne Kommunen ausgewählt, die beispielhaft für ländliche Kommunen stehen. Für diese werden dann geothermische Reservoirparameter aus umliegenden geophysikalischen Daten interpretiert und im Labor an Kernmaterial bestimmt. Anschließend werden Standortkriterien nach einer statistischen Verteilung angenommen, um die thermische Leistung und den Strombedarf einer geothermischen Dublette zu bestimmen. Unter Einbeziehung der Bohrkosten nach marktüblichen Kriterien und, wenn nötig, einer Temperaturanhebung durch eine Wärmepumpe können so die Wärmegestehungskosten ermittelt und die Konkurrenzfähigkeit gegenüber Alternativen wie einer Hackschnitzelheizung oder Solarthermie dargestellt werden.



12:10 - 12:30

Gasgehalte im Thermalwasser des Projektes Schäftlarnstrasse, München

Thorsten Hörbrand, Sebastian Dirner

Stadtwerke München, Deutschland

Das Multibohrungssystem Schäftlarnstrasse hat insgesamt 6 Bohrungen in den Malm-Aquifer des bayerischen Molassebeckens abgeteuft und wird seit 2021 mit 3 Dubletten betrieben. Für jede dieser Bohrungen wurden während der Inproduktionssetzung (nach den Pumpversuchen) die Gasgehalte mit Hilfe von Wireline-Probennehmern untersucht. Dieses Verfahren ermöglicht eine experimentelle Bestimmung der Bubble Points im Labor, die mit den simulierten Bubble Points verglichen wurden. Die Gasanalyse zeigt generell erhöhte Gasgehalte sowie starke lokale Schwankungen auf einer Skala von wenigen Kilometern. Die Bubble Points des Fluids sind teilweise größer als der Anlagendruck, so dass eine der drei geothermischen Dubletten im Zweiphasenstrom betrieben wird. Das hohe Gasaufkommen führte zu einem regelmäßigen Druckaufbau im Ringraum der Förderbohrung, was ein Absinken des Betriebswasserspiegels zur Folge hatte. Um dieses Problem zu lösen, wurde eine Ringraumgasüberleitung installiert, die eine leichte Entgasung auf der Förderseite erlaubt. Durch die genaue Charakterisierung der Gasphase konnte mittels einer Simulation des Entgasungsverhaltens nachgewiesen werden, dass trotz der Entgasung nur ein minimal erhöhtes Risiko für die Bildung von Karbonatscalings besteht.



12:30 - 12:50

Paradigmenwechsel für die geothermische Exploration im Molasse Becken. Die Inbetriebnahme der größten Geothermieanlage Deutschlands - Multiwellprojekt Schäftlarnstraße, München.

Sebastian Dirner, Kilian Beichel, Daniel Bendias, Michael Meinecke, Mischa Schweingruber

Stadtwerke München, Deutschland

Auf dem Gelände des Heizkraftwerks (HKW) Süd der SWM in München ist eine der europaweit ambitioniertesten geothermischen Wärmeanlagen in Betrieb gegangen. Erstmals in Deutschland wurde eine Geothermieanlage mit sechs Bohrungen und einer Multilateralbohrung von einem Sammelbohrplatz in einer Millionenmetropole mit 25.000 m Gesamtbohrstrecke abgeteuft. Die Anlage hat eine thermische Leistung von 50 MW. Mit der Anlage kann die SWM mindestens 80.000 Münchner Bürger und Bürgerinnen mit Wärme versorgen.

Die einmalige Konstellation von sechs Bohrungen im Projekt, einem besonderen tektonischen Setting und einer hervorragenden Datenlage ermöglicht eine deutliche Weiterentwicklung im Reservoirverständnis des Malm.

Bohrungen in unterschiedlichen tektonischen Einheiten des Reservoirs beeinflussen sich hydraulisch weitaus weniger als Bohrungen, die innerhalb einer tektonischen Einheit liegen. Ein Blick auf die Ablagerungsgeschichte des Malm Reservoirs und das Timing von Verkarstungsprozessen und Tektonik liefert eine Erklärung für dieses hydraulische Verhalten.

 
14:00 - 15:40Forum 07: Exploration 1
Ort: Saal A1
Chair der Sitzung: Sven Fuchs, GFZ Potsdam
 
14:00 - 14:20

Die Verbundvorhaben mesoTherm und DeCarbSN – Beiträge zur Wärmewende in Norddeutschland

Matthias Franz1, Lorena Bello1, Ingmar Budach2, Fabian Käsbohrer1, René Rüdiger3, Sangin Sepehr1, Stefan Thiem4, Marco Wunsch4, Inga Moeck1,5

1Georg-August-Universität Göttingen, Deutschland; 2Senatsverwaltung für Umwelt, Mobilität, Verbraucher- und Klimaschutz Berlin; 3Energieversorgung Schwerin GmbH & Co. Erzeugung KG; 4Geothermie Neubrandenburg GmbH; 5Leibniz-Institut für Angewandte Geophysik

Für die Nutzung der Mitteltiefen Geothermie in der kommunalen Wärmeversorgung war zunächst die Minimierung des Fündigkeitsriskos bei der Erschließung hydrothermaler Reservoire von vorrangiger Bedeutung. In mehreren Verbundvorhaben wurden die mesozoischen Hauptreservoire des Norddeutschen Beckens schrittweise neu bearbeitet und das Kartenwerk geothermischer Reservoire Norddeutschlands geschaffen, das entscheidend zur Minimierung des Fündigkeitsriskos beiträgt. Das Verbundvorhaben mesoTherm schließt diese umfangreiche Neubearbeitung mit der Untersuchung von potenziellen Karbonatreservoiren des Muschelkalks und Oberjuras ab. Inhaltlich wird der interdisziplinäre Arbeitsansatz um Methoden der seismofaziellen Erkundung und Fündigkeitsbewertung (POS-Studie), die an die Gegebenheiten des Norddeutschen Beckens angepasst sind, ergänzt. Durch die Konzeption von Erschließungsbeispielen werden die Nutzungspotenziale der Mitteltiefen Geothermie an zukünftigen Standorten aufgezeigt, die nach dem Vorbild Schwerin-Lankow erschlossen werden können. Zudem wird für die Mitteltiefe Geothermie eine Definition unter Berücksichtigung der Fündigkeitstypen hydrothermaler Reservoire erarbeitet.

Die erfolgreiche Ersterschließung in Schwerin-Lankow hat gezeigt, dass nach der Minimierung des Fündigkeitsriskos nun der serielle Ausbau der Mitteltiefen Geothermie im Vordergrund stehen muss, um den Anteil der Geothermie in der Wärmeversorgung signifikant zu erhöhen. Dieser wesentlichen Voraussetzung der Wärmewende widmet sich das Verbundvorhaben DeCarbSN, das für den Geothermie-Modellstandort Schwerin die notwendigen wissenschaftlichen Grundlagen schaffen wird, um bis zum Jahr 2035 mindestens 65 % des Fernwärmebedarfs aus geothermisch erzeugter Wärme bereitzustellen. Um diese Ausbauziele zu erreichen, muss ein nachhaltiges Erschließungs- und Bewirtschaftungskonzept der hydrothermalen Lagerstätte auf Grundlage eines 3D-Reservoirmodells entwickelt und die Kosteneffizienz durch Maximierung der Dublettenleistung deutlich gesteigert werden. Die Übertragung der Ergebnisse auf weitere Standorte wird zum seriellen Ausbau der Geothermie in Norddeutschland beitragen.



14:20 - 14:40

Das Geothermieprojekt Potsdam

Hagen Feldrappe1, Andreas Brecht1, Andre Gerstenberg2, Tristan Grüttner2

1Untergrundspeicher und Geotechnologie-Systeme GmbH, Deutschland; 2Energie und Wasser Potsdam GmbH, Deutschland

Die Stadt Potsdam ist vor etwa 10 Jahren mit einem ambitionierten Programm gestartet, den CO2-Ausstoß signifikant zu reduzieren. Zu dem entwickelten Maßnahmenpaket gehört u.a. der Ersatz fossiler Energieträger durch regenerative Energie bei der Erzeugung von Fernwärme. Die Untersuchung und ggf. spätere Nutzung des lokal vorhandenen geothermischen Potenzials bildet einen wesentlichen Bestandteil dieser Strategie.

Im Untergrund von Potsdam weisen mehrere salinare Aquifere der mesozoischen Schichtenfolge Potenzial für eine geothermische Nutzung auf. Diese wurden und werden im Umland für unterschiedliche Zwecke genutzt, für die Untergrundspeicherung von Erdgas (Buntsandstein, Jura), die Wärmespeicherung (Jura), die Balneologie (Rhät) oder die Injektion von Formationswässern (Muschelkalk, Jura). Die Erkundungsmaßnahmen begannen mit 2D-seismischen Messungen, mit denen speziell die Tiefenlage und der strukturelle Bau der mesozoischen Formationen bis in eine Tiefe von ca. 2.500 m untersucht wurden. Entsprechend den Ergebnissen der seismischen Messungen erfolgte zunächst die Abteufung einer vertikalen Erkundungsbohrung mit dem Zielhorizont Mittlerer Buntsandstein (Detfurth-Unterbank), der in einer Tiefe von max. 2.000 m erwartet wurde. Überraschenderweise wurde hier der höherliegende Schaumkalk-Horizont (Unterer Muschelkalk) erbohrt, welcher jedoch für eine geothermische Nutzung nicht geeignet ist. Ein Aufschluss des deutlich tiefer liegenden Mittleren Buntsandsteins erfolgte nicht mehr, da mit dem ebenfalls erbohrten Oberaalen-Sandstein (Mitteljura) ein aussichtsreicher Nutzungshorizont angetroffen wurde. Dementsprechend wurde die zweite Bohrung mit entsprechender Ablenkung und dem Zielhorizont Oberaalen-Sandstein abgeteuft.

Aus den hydraulischen Tests lässt sich ableiten, dass der Aalen-Sandstein ausreichend geothermische Energie für eine wirtschaftliche Nutzung liefern kann. Die Ergebnisse der Erkundungsmaßnahmen werden auch für die Erschließung des geothermischen Potenzials an weiteren Standorten im Stadtgebiet von Potsdam genutzt.



14:40 - 15:00

Die Explorationsstrategie des Landes Berlin für die Tiefe Geothermie

Ingmar Budach, Christof Sick, Johannes Birner

Senatsverwaltung für Mobilität, Verkehr, Klimaschutz und Umwelt, Deutschland

Bisher liegen für den tiefen Untergrund von Berlin nur sehr wenige Daten vor, weshalb das Fündigkeitsrisiko sehr hoch ist. Mit dem Begriff Fündigkeitsrisiko wird bei geothermischen Bohrungen das Risiko bezeichnet, ein geothermisches Reservoir mit einer (oder mehreren) Bohrung(en) in nicht ausreichender Quantität (Fördermenge, Temperatur) oder Qualität (Wasserchemie) zu erschließen. Da die Investitionskosten für eine geothermische Bohrung je nach Tiefe bei mehreren Mio. Euro liegen, stellt das bestehende Fündigkeitsrisiko ein bedeutendes Investitionsrisiko dar, welches die kommerzielle Entwicklung dieser Technologien in Berlin bisher gehemmt hat.

Daher werden nun im Rahmen von drei Pilot-Projekten die Vorerkundung bis zur Realisierung der ersten Bohrung einer geothermischen Dublette wissenschaftlich und finanziell begleitet. Ziel ist, das geologische Fündigkeitsrisiko der notwendigen Bohrungen zu senken und Erkenntnisse zu sammeln, die auch weiteren Projekten zugutekommt.

Als weitere Explorationsmaßnahme sind 3D-seismische Messungen im Berliner Stadtgebiet geplant. Die 3D-Seismik soll die Erkenntnisse über den tiefen Untergrund in die Fläche übertragen, damit das Fündigkeitsrisiko weiter reduzieren, die Entwicklung neuer Projekte beschleunigen und Planungsgrundlagen für berlinweite Erschließungen liefern.

Im Vortrag werden die geplanten Maßnahmen vorgestellt, der vorgesehene Zeitplan diskutiert und die Motivation des Landes Berlin erläutert.



15:00 - 15:20

3D Seismik Berlin: Herausforderungen einer geophysikalischen Messung im urbanen Raum

Christof Sick, Ingmar Budach, Johannes Birner

Senatsverwaltung für Mobilität, Verkehr, Klimaschutz und Umwelt, Deutschland

Um für die geplante Wärmewende die notwendige Datengrundlage für die Umsetzung tiefer Geothermieprojekte zu schaffen, plant das Land Berlin eine flächendeckende 3D Seismik im gesamten Stadtgebiet. Aufgrund eines nur geringen Potenzials an förderwürdigen fossilen Ressourcen, war Berlin bisher nie im Fokus großflächiger geologisch-geophysikalischer Untersuchungen. Daher liegen nur für wenige Stadtgebiete Daten über den tiefen Untergrund in Form von 2D-Linien und einer kleinflächigen 3D-Seismik sowie Daten aus wenigen Tiefbohrungen vor.

Parallel dazu werden während der Explorationskampagne Tiefenbohrungen abgeteuft. Zusammen mit der Seismik lassen sich die aus diesen Bohrungen gewonnenen Erkenntnisse über den tiefen Untergrund in die Fläche übertragen. So wird eine Datenbasis und eine einheitliche Genehmigungsgrundlage geschaffen, die es ermöglicht, alle nachfolgenden Bohrprojekte präzise und schnell zu planen.

Das Survey Design zu den Messungen, dessen aktueller Stand während der Tagung vorgestellt werden soll, ist durch die vielen großstädtischen Besonderheiten außerordentlich anspruchsvoll. Komplexe infrastrukturelle Bedingungen, ein sehr heterogener Oberbau und ein permanent hoher Rauschpegel erfordern eine geeignete Mess- und Filterstrategie die letztendlich eine hinreichende Datenqualität gewährleistet. Zudem sollen bei den Messungen nach Möglichkeit mehrere Zielhorizonte (Lias, Basis Zechstein) adressiert werden.

Um diesen Problemen begegnen zu können wäre die Nutzung erhöhter Anregungsenergien angebracht. Dies ist jedoch aufgrund der zahlreichen denkmalgeschützten Gebäude in Berlin nicht umsetzbar. Die Definition geeigneter Messparameter stellt für eine erfolgreiche Projektdurchführung somit die größte Herausforderung dar.



15:20 - 15:40

Geologische Risikoabschätzung für Geothermieprojekte in Greenfield-Situationen

Oliver Ritzmann, Jan Niederau, Michael Kettermann, Jüstel Alexander, Florian Wellmann, Frank Strozyk

Fraunhofer IEG, Deutschland

Am Beispiel der Explorationslizenz „Aachen-Weisweiler“ zur Aufsuchung von Erdwärme des Fraunhofer IEG wird eine geologische Risikoanalyse vorgestellt und darauf basierende Explorationsmaßnahmen abgeleitet. Besonderheit in der Region „Rheinisches Revier“ ist die allgemeine Greenfield-Situation für Geothermieprojekte. Sie steht damit stellvertretend für Regionen, in denen die Reservoire kaum exploriert wurden und daher einerseits durch eine geringe Datenlage, andererseits aber von einem hohem Wärmebedarf gekennzeichnet sind, der durch mitteltiefe oder tiefe Geothermie teilweise abgedeckt werden kann.

Potentielle geothermische Systeme im Untersuchungsraum sind der „Kohlenkalk“ des Unterkarbons, bzw. der „Massenkalk“ des Ober- bis Mitteldevons, deren regionale Faziesverteilung und Reservoirstruktur in NRW aufgrund fehlender tiefer Daten weitestgehend unbekannt ist.

Zunächst wurde auf Basis von Oberflächendaten ein Strukturmodell der potentiellen Reservoire konstruiert, um probabilistische Tiefenabschätzungen durchzuführen und analytische Abschätzung der thermischen Leistungen zu ermöglichen. Im Greenfield können Verteilungen von Reservoir-Parametern, wie Porosität oder Permeabilität nur anhand von Reservoir-Analogen abgeleitet werden.

Ansätze zur Ermittlung des geologischen Risikos wurden ausgeprägt in der Kohlenwasserstoffindustrie entwickelt und können für die geothermische Exploration adaptiert werden. Bei beginnender Exploration wird vorgeschlagen, die Risikoanalyse auf die Parameter Präsenz, Permeabilität und Fluid zu beschränken. Weiterhin wird die Tiefe und damit verbundene Temperatur bei einer gegebenen Mindest-Reservoirtiefe nicht als Risiko gesehen, wenn moderne Fernwärmesysteme oder der Einsatz von Großwärmepumpen eine Möglichkeit zur Nutzung der vorgefundenen Reservoir-Temperatur bieten.

Abschätzung zur Minderung des geologischen Risikos und Ermittlung des Informationswertes für z.B. seismische Erkundungen lassen darauf schließen, dass wild-cat-Bohrungen teilweise als Explorationsmaßnahme vorzuziehen sind. Damit können auch wichtige Modelle zur Charakterisierung des seismischen Risikos konkret mit Daten hinterlegt werden.

 
16:10 - 17:50Forum 11: Akzeptanz, neue Technologien im Betrieb (Tiefe Geothermie)
Ort: Saal A1
Chair der Sitzung: Ingrid Stober, University of Freiburg
 
16:10 - 16:30

Mediale Diskurse und ihre Bedeutung für die Branche

Sarah Borufka

Bundesverband Geothermie, Deutschland

In diesem Vortrag werden aktuelle Diskurse rund um Gesetze mit Relevanz für die Branche (v.a. Gebäudeenergiegesetz) untersucht und anhand dieser Analyse gezeigt, welche Bedeutung mediale Mechanismen für die Geothermie haben. Außerdem wird davon ausgehend gezeigt, welche Botschaften und welches Framing uns helfen können, die Geothermie weiter zu propagieren und ihr Öffentlichkeit zu verschaffen.



16:30 - 16:50

Sind Bedenken gegenüber der Geothermie länderspezifisch? – Deutschland, die Schweiz und Japan im Vergleich

Robin Renoth1,2, Elmar Buchner1, Michael Drews2, Manfred Plechaty1, Martin Schmieder1

1University of Applied Sciences Neu-Ulm, Neu-Ulm, Deutschland; 2Technische Universität München, München, Deutschland

Die Geothermie kann einen entscheidenden Beitrag zur deutschen Energiewende leisten. Ihre Potenziale werden durch die Roadmap Tiefe Geothermie in Deutschland der Fraunhofer- und Helmholtz-Institute und dem Karlsruher Institut für Technologie (Februar 2022), das Eckpunktepapier des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (November 2022) und die Stellungnahme der Deutschen Industrie- und Handelskammer (Januar 2023) herausgestellt.

Die gesellschaftliche Akzeptanz spielt bei der Umsetzung von Geothermieprojekten eine entscheidende Rolle. Auf Grundlage einer globalen systematischen Literaturanalyse betrachten wir die gesellschaftlichen Akzeptanzfaktoren in Deutschland, der Schweiz und Japan. Das Beispiel Schweiz haben wir aufgrund der räumlichen und kulturellen Nähe und einem ähnlichen geothermischen Potenzial zum Vergleich herangezogen. Demgegenüber betrachten wir auch Japan mit seinen offensichtlichen und scheinbaren geologischen wie kulturellen Unterschieden. Die Lage Japans als Teil des pazifischen Feuerrings bedingt ein besonders hohes geothermisches Potenzial. Darüber hinaus können im asiatischen Raum Unterschiede in sozioökonomischer Hinsicht angenommen werden. Die identifizierten Akzeptanzfaktoren der einzelnen Länder werden gegenübergestellt, Unterschiede und Gemeinsamkeiten identifiziert. Daraus leiten wir ab, ob und wie sich die einzelnen Faktoren positiv (oder auch negativ) auf die Akzeptanz von Geothermieprojekten in der Gesellschaft auswirken.

In allen drei betrachteten Ländern sind die Projektorganisation und Prozesse sowie die Umwelt die zentralen Akzeptanzkategorien. In Japan sind vor allem politische Akzeptanzfaktoren entscheidend. Technologische Faktoren spielen dort keine wesentliche Rolle, im Gegensatz dazu sind sie in Deutschland und der Schweiz bedeutende Faktoren.

Zukünftig sollen unsere Erkenntnisse als neutrale und wissenschaftsbasierte Grundlage für Handlungsempfehlungen bei der Umsetzung von Geothermieprojekten dienen.

Renoth--175_LongVersion.pdf
Renoth--175_Slides.pdf


16:50 - 17:10

Using Micro Turbine Drilling - MTD® to establish a connection between the Emscher formation and a cased borehole for hydraulic testing

Niklas Geißler1,2, Florian Garsche1, Timo König1, Kilian Schulte1, Joachim ten Toren3, Lukasz Pranczke4

1Fraunhofer IEG; 2Fraunhofer FCC; 3GEOK GmbH; 4RAG Aktiengesellschaft

This presentation will introduce the Micro Turbine Drilling - MTD® operation in Marl, NRW, which was successfully completed in 2023. Contractor of the project was the RAG Aktiengesellschaft, whose tasks include the monitoring of the aquifers of the overburden in the greater Ruhr area. Using the MTD® was intended to provide the basis for a hydraulic test to determine the vertical permeability of the Emscher Formation, for which more precise information is not yet available. The MTD® technology is a novel drilling method that allows micro-sidetracks to be drilled into the surrounding rock formation from an existing borehole. The micro-sidetracks, which are several meters long, can be used to establish a connection between rock and borehole. In this project, the 354 m deep borehole "Pferdekamp 2" in Marl was penetrated at two specified depths (290 m and 330 m) by 6 micro sidetracks each with a uniform angular spacing of 60°. A particular challenge was the 5 1/2" steel casing, which had to be drilled before drilling could continue into the surrounding rock.



17:10 - 17:30

Stoffliche und energetische Nutzung von hochmineralisierten, tiefen Solewässern zur Reduzierung von Lieferabhängigkeiten

Timm Wunderlich, Thomas Grab, Lukas Oppelt, Tom Ebel, Tobias Fieback

TU Bergakademie Freiberg, Deutschland

Wässer aus tiefen Geothermiebohrungen, abgeteuft in hydrothermale Systeme sind besonders in Bezug auf ihrer Mineralisation (bis zu 350 g/l) standortspezifisch einzigartig. Die enthaltenen Elemente wie Fe, Sr, Ar, Li, Mg, Sr, die in großer Tiefe unter hohem Druck und Temperatur gelöst sind, führen in technischen Anlagen, wenn diese gefördert werden, zu Herausforderungen. Dennoch besteht das Potenzial, dass diese Stoffe genutzt werden. Mithilfe des technologischen Fortschrittes ist es jetzt möglich, diese löslichen Elemente für die importabhängige Hightech- und Batteriebranche, vor Ort in Europa zu gewinnen und als Rohstoff zur Verfügung zu stellen. Zusätzlich kann die Nutzung des energetischen Potenzials von Solewässern, bei der Gewinnung von Rohstoffen zu einer Verbesserung der Wirtschaftlichkeit führen.

Für die energetische und stoffliche Nutzung müssen zum einen geeignete Quellen von Solewässern in Europa lokalisiert werden, welche die benötigen Mineralkonzentrationen aufweisen. Zum anderen sind Technologien und Prozesse zu entwickelt, die ausgewählte Elemente herauszulösen. Die neu zu entwickelnden Extraktionsprozesse sind für die ganzheitliche Nutzung des geothermischen Potenzials von hoher Bedeutung. Für eine erste Anlagenauslegung ist eine im Vorfeld durchgeführte Wärmeintegration der Prozesse entscheidend. Hierzu wurden 400 Bohrlöcher aus verschiedenen europäischen Ländern als Quellsystem auf deren energetisches Wärmepotenzial untersucht. Ein Extraktionsprozess wurden mithilfe einer Wärmeintegration analysiert und mit den Quellsystemen verschnitten. In dieser Analyse wird gezeigt, welche Potenziale sich in den ausgewählten Ländern finden lassen und welche Herausforderungen es für eine ersten Bewertung zu überwinden gilt. Darüber hinaus wird veranschaulicht, dass bei höheren energetischen Potenzialen weitere Abnehmerstrukturen oder unabhängige Prozesse mitversorgt und so weitere Kosten eingespart werden können.



17:30 - 17:50

Geothermale Papiertrocknung am Standort Hagen - Aktueller Status und weitere Explorationstätigkeiten

Gregor Bussmann1, Oliver Ritzmann1, Martin Machnik2, Marcus Budt3, Manfred Heinelt1

1Fraunhofer IEG; 2Kabel Premium Pulp & Paper GmbH; 3Fraunhofer UMSICHT

Im EFRE/NRW-geförderten Forschungsprojekt ‘“Geothermale Papiertrocknung‘“ konnte die grundsätzliche Machbarkeit der Bereitstellung von industriellen Prozessdampf zur Papiertrocknung am Produktionsstandort der Kabel Premium Pulp & Paper in Hagen auf Basis tiefengeothermaler Wärme aus devonischen Karbonaten aufgezeigt und die Region Hagen als geothermisch vielversprechende Region identifiziert werden.

Mit der räumlichen Nähe von aufgeschlossenem, für geowissenschaftliche Untersuchungen zugänglichem Massenkalk im Steinbruch Steltenberg in Hagen und dem nur ca. 9 km nördlich vom Aufschluss gelegenen Standort des KPPP-Papierwerkes besteht in der Region Hagen eine derzeit einzigartige Konstellation für eine risikoarme Erkundung der Reservoirformation des Massenkalks in NRW. Die Ergebnisse der bisher durchgeführten 2D-seismischen Messungen zeigen Hinweise, dass der Massenkalk im Bereich des Betriebsgeländes des Papierwerkes in für die geothermische Prozesswärmenutzung geeigneten Tiefen von 2,6 bis 3,6 km liegt. Im Rahmen einer ersten flachen Erkundungsbohrung im Steinbruch Steltenberg sowie Laboruntersuchungen an Massenkalkproben konnten eine starke (hydrothermale) Dolomitisieriung durch Lage im Bereich Großholthauser Sprung / Ennepe Überschiebung nachgewiesen werden. Für die weitere Exploration am Standort wurde unter Berücksichtigung geomechanischer Betrachtungen sowie thermo-hydraulisch-mechanischen Modellierungen auf Basis der 2D-Seismik ein Bohrkonzept für eine erste tiefe Erkundungsbohrung entwickelt.

Für die verfahrenstechnische Umsetzung wurde eine Methodik entwickelt, mit der geeignete Verfahrensrouten für die geothermale Prozessdampferzeugung identifiziert und bewertet werden können.

Das Konzept zur Nutzung der charakteristischen „Sprungtektonik“ und deren Störungssysteme im Bereich des devonischen Massenkalks kann nach erfolgreicher Erkundung im Raum Hagen auf das Gebiet Rhein-Ruhr angewandt, übertragen und weiter erkundet werden.

 
Datum: Mittwoch, 18.10.2023
9:00 - 10:40Forum 15: Bohrtechnik, weitere Nutzung
Ort: Saal A1
Chair der Sitzung: Mando Guido Blöcher, GFZ Potsdam
 
9:00 - 9:20

Bohrtechnische Fortschritte und Entwicklungen für geothermische Tiefbohrungen im Raum München - Rückblick, aktueller Stand und Ausblick

David Lentsch, Christoph Niederseer, Daniel Lackner, Manuel Fasching, Toni Ledig, Artjom Baydin, Maximilian Minihold

Stadtwerke München Services GmbH, Deutschland

Im süddeutschen Molassebecken wurden in den letzten 25 Jahren ca. 60 Bohrungen niedergebracht. Die Hälfte dieser Bohrungen wurde bereits vor 2009 abgeteuft, was insbesondere auf die hohe Bohraktivität in den Jahren 2008 und 2009 zurückzuführen ist. Allein in diesen beiden Jahren wurden 20 Bohrungen erfolgreich fertiggestellt. In dieser frühen Phase intensiver Bohraktivitäten gab es jedoch auch Herausforderungen: Die Bohrleistung war sehr unregelmäßig und einige Bohrungen wiesen später im Betrieb Schäden auf. Dennoch erwies sich diese Zeit als äußerst lehrreich. Durch die sorgfältige Analyse und Auswertung der gesammelten Daten konnten wertvolle Erkenntnisse gewonnen werden, die in den Folgejahren zu erheblichen Verbesserungen führten.

Eine der wichtigsten Entwicklungen war die kontinuierliche Optimierung des Bohrprozesses. Durch den Einsatz modernster Bohrwerkzeuge und die Optimierung aller Bohrparameter konnte der Bohrprozess erheblich beschleunigt und das Bohrrisiko reduziert werden. Darüber hinaus wurden umfangreiche Maßnahmen zur Vermeidung von kollabierten Rohren durch Aufheizung und Druckabsenkung getroffen. Ein weiterer Meilenstein war die Einführung der Multilateralerschließung. Mit dieser Methode können mehrere Bohrungen von einer Stammbohrung abgezweigt werden, was zu einer besseren Anbindung der Lagerstätte und zu einer höheren Produktivität führt.

Eine wesentliche zukünftige Entwicklung im Raum München könnte vor allem eine deutliche Erhöhung der Reichweite von Bohrungen durch den Einsatz der sogenannten „Extended Reach Drilling“-Technologie sein. Da im innerstädtischen Bereich nur begrenzt Platz für Bohrstandorte zur Verfügung steht, wird es in Zukunft notwendig sein, den Erschließungsradius auf diese Weise zu vergrößern.

Anhand konkreter Projektbeispiele der Stadtwerke München werden diese wesentlichen Entwicklungen der letzten 15 Jahre, aber auch neue Herausforderungen vorgestellt.

Lentsch--240_LongVersion.pdf


9:20 - 9:40

Effizienzsteigerung in der Geothermie durch Nanomaterialien unter Betrachtung von Sicherheitsaspekten

Dr. Justus Hermannsdörfer1, Dr.-Ing. Peter Grambow1, Dr. Ricki Rosenfeldt2

1Cluster Nanotechnologie/Nanoinitiative Bayern GmbH; 2nEcoTox GmbH

Die Nanotechnologie ist eine Querschnittstechnologie mit vielen Anwendungsmöglichkeiten für neue oder verbesserte Produkte. So gibt es inzwischen eine Vielzahl wirtschaftlicher Bereiche, die von der Nanotechnologie profitieren, z.B. Energie, Medizin, Maschinenbau und Bauwesen. Was macht Nanotechnologie so besonders und welche Potenziale gibt es speziell für die Geothermie? Dieser Fragestellung widmet sich das internationale ZIM-Netzwerk NanoGeoTherm mit Partnern aus Deutschland und Belgien.

Nanomaterialien bilden eine große Gruppe von Stoffen mit unterschiedlichen Eigenschaften, die verschiedene Potenziale für den Energiesektor bieten (u.a. Steuerung der Wärmeleitfähigkeit, Sensorik …) und bei der Erreichung ambitionierter Klimaziele helfen können. Ziel des Netzwerks ist es diese Potenziale für die Geothermie nutzbar zu machen und optimierte Erdwärmesonden in der oberflächennahen Geothermie zu entwickeln. Nanomaterialien, wie z.B. Carbon Nanotubes (CNTs) werden bereits großtechnisch in industriellen Anwendungen eingesetzt und erste Studien des Netzwerks belegen dieses Potenzial auch für den Einsatz in der Geothermie. Bspw. können die elektrische und die Wärmeleitfähigkeit gezielt durch die professionelle Einarbeitung von CNTs eingestellt werden. Neben der Effizienzsteigerung ermöglicht dies auch Monitoring im laufenden Betrieb. Um eine Unbedenklichkeit des Einsatzes von CNTs sicherzustellen, wurden in einer ersten Durchführbarkeitsstudie – neben den zentralen Gesichtspunkten „Verarbeitungseigenschaften“ und „Materialeigenschaften“ – auch sicherheitsrelevante Aspekte (Ökotoxikologie) untersucht. Hierfür wurden anhand eines Funktionsmusters zunächst verschiedene Freisetzungsszenarien definiert bzw. untersucht (1. Abrieb kleinster Kunststoffpartikel bei der Installation; 2. Auswaschung von CNTs im Betrieb) und anschließend die Auswirkung auf geeignete Organismen getestet (u.a. Grünalgen, Leuchtbakterien, Wasserflöhe und Bachflohkrebse). Die verwendeten CNTs zeigten dabei sowohl in reiner Form als auch als Kunststoffkomposite keine Auswirkungen auf die Organismen.



9:40 - 10:00

Die ersten Ergebnisse aus GFK-Monitor - Monitoring von Tiefengeothermiebohrungen mit faseroptischen Akustik- und Temperaturmessungen im bayrischen Molassebecken

Daniela Pfrang1, Aurelio Andy1, Johannes Hart2, Reem Outa3, Felix Schölderle1, Katja Thiemann4, Thomas Reinsch3, Kai Zosseder1, Charlotte Krawczyk2

1Technische Universität München, Deutschland; 2Deutsches GeoForschungsZentrum GFZ, Sektion Geophysikalische Abbildung des Untergrunds, Potsdam; 3Fraunhofer IEG, Bochum; 4Stadtwerke München SWM, München

Für die Entwicklung eines ganzheitlichen Monitoringkonzepts von Tiefengeothermie-Anlagen mit Hilfe von Glasfasersensorik und Tracer-Technologie, startete 2022 das Forschungsprojekt GFK-Monitor. Übergeordnetes Ziel ist es, die Produktions- und Betriebssicherheit von Geothermieanlagen und ihre Effizienz zu erhöhen sowie potentielle Umweltauswirkungen durch Geothermieanlagen zu minimieren bzw. zu vermeiden. So wird eine nachhaltige und sorgsame Bewirtschaftung des Reservoirs ermöglicht, um eine wirtschaftlich und ökologisch effiziente Nutzung der Tiefengeothermie zu gewährleisten. Konkrete Themenfelder sind dabei die Überwachung der Integrität von Verrohrung und Zementation, Monitoring der Tiefenpumpe und die Untersuchung der elastischen Reservoireigenschaften (Mikroseismizität/Subsidenzanalyse) sowie der thermisch-hydraulischen Eigenschaften des Reservoirs (Dynamik und Interaktion mit anderen Bohrungen). Dafür wurden bereits 2019, im Rahmen der Geothermie-Allianz Bayern (GAB), Glasfaserkabel in 2 Bohrungen des Geothermiestandorts „München Schäftlarnstraße“ im bayrischen Molassebecken installiert, welche in GFK-Monitor durch ein weiteres Kabel in einer Injektionsbohrung ergänzt werden.

Die Glasfaserkabel Technologie eignet sich für ein vielseitiges Monitoring in allen zuvor genannten Bereichen. Der einzigartige Vorteil dieser faseroptischen Messungen gegenüber konventionellen Messmethoden ist, dass diese die Möglichkeit bieten, kontinuierlich in Zeit und Raum hoch aufgelöste Daten von Temperatur (DTS) und Akustik (DAS) sowie durch die Integration von weiteren Sensoren auch Daten z.B. des Drucks auf unterschiedlichen Tiefen entlang der gesamten Bohrstrecke während des Betriebes liefern zu können. Es werden Zwischenergebnisse des laufenden Projekts aus den verschiedenen Bereichen vorgestellt. Schwerpunkte sind dabei die Bohrungsintegrität (faseroptische Überwachung der Zementation und Verrohrung), Monitoring der Pumpe über DAS und DTS, Ableitung elastischer Reservoireigenschaften und thermisch hydraulischer Eigenschaften (Zuflusszonenmonitoring).



10:00 - 10:20

Neuartige “Stahlkugel-Richtbohrtechnologie“ von Canopus Drilling Solutions B.V. – Vorbereitung und Ergebnisse eines umfassenden Labor- und Feldtests

Marcel Knebel1, Jan-Jette Blange2, Andreas Reinicke3, Vedran Zikovic4, Erich Lassnig5, Beni Schenk6, Mile Sikirica1, Scott Kesler7, Sicco Dwars8, Francois Martin9, Floris Degener1, Frank van Bergen3

1Well Engineering Partners (WEP); 2Canopus Drilling Solutions B.V.; 3ETH Zürich; 4TNO research center; 5VSH VersuchsstollenHagerbach; 6SCHENK AG; 7Well Guidance; 8Torque wavez; 9SIG

"Directional Steel Shot Drilling" (DSSD), eine neuartige „Stahlkugel-Richbohrtechnologie“ entwickelt von Canopus Drilling Solutions B.V., bietet eine innovative Lösung zur Verbesserung der Produktivität und Wirtschaftlichkeit von Geothermiebohrungen. Herkömmliche Bohrungen sind häufig von Unsicherheiten in Bezug auf die Reservoirqualität betroffen, was zumeist auf geringe Durchlässigkeiten des Reservoirbereiches zurückzuführen ist. Das DSSD-System ermöglicht die Konstruktion von Multilateralbohrungen, um den Herausforderungen der Reservoirheterogenität zu begegnen. Es kombiniert Bohren mit Stahlkugeln unter erhöhtem Druck mit einem rotierenden Richtbohrsystem und soll so die Erstellung von Multilateralbohrungen vereinfachen. Im Rahmen des EU GEOTHERMICA-Projekts "DEPLOI the HEAT" wurde die Technologie umfangreich getestet und soll später in einer Geothermiebohrung in den Niederlanden eingesetzt werden.

Im ersten Projektjahr legte Canopus Drilling Solutions den Grundstein für die Entwicklung des Systems und erstellte erste Konzepte sowie einen Prototyp. In Zusammenarbeit mit WEP und dem Rijswijk Centre for Sustainable Geo-Energy (RCSG) der TNO wurden umfangreiche Tests und Optimierungen durchgeführt. Ein Feldversuch fand im Versuchsstollen Hagerbach (VSH) in der Schweiz statt und wurde unter Leitung der ETH Zürich gemeinsam mit WEP, der SCHENK AG, WellGuidance, TorqueWavez und SiG durchgeführt. Dabei wurden mehrere Richtbohrungen mit dem DSSD-System erstellt und vermessen, um den Fortschritt, die Bohrlochqualität und den Steuermechanismus zu untersuchen.

Die Präsentation beinhaltet eine Einführung in die DSSD-Technologie und erläutert das Design des Bohrstrangs. Es werden die Ergebnisse der Werksabnahmeprüfung vor dem Feldversuch sowie erste Ergebnisse des Feldversuchs präsentiert. Die Vorteile von Multilateralbohrungen zur Steigerung der Produktivität und Sicherheit werden diskutiert, ebenso wie das weitere Entwicklungs- und Testprogramm im Rahmen des "DEPLOI the HEAT" Projekts.

Knebel--138_LongVersion.pdf


10:20 - 10:40

Scaleentfernung unter Hochspannung – Erste Tests des Prototyps EVA

Susann Klein2, Matthias Reich2, Erik Anders1, Frank Will1

1TU Dresden; 2TU Bergakademie Freiberg

Bei der Förderung von Thermalwässern, Trinkwasser sowie Erdöl und Erdgas aus Tiefbohrungen werden neben den gewünschten Rohstoffen meist auch Begleitstoffe in gelöster oder fester Form zutage gefördert. Durch die erhebliche Senkung von Druck und Temperatur im Förderstrang kommt es zu Ausfällungen und Ablagerungen dieser Stoffe in den Rohren. Es bilden sich sogenannte Scales. Diese können aus mehreren Schichten und Komponenten bestehen. Die Förderung kann durch das Scale-Wachstum innerhalb kurzer Zeit erheblich beeinträchtigt und die Wirtschaftlichkeit der Anlage entsprechend gefährdet werden. Außerdem kann es zu einer wesentlichen Erhöhung des Rohreigengewichts kommen.

Bis heute sind die Möglichkeiten zur Beseitigung von Scales auf chemische und mechanische Verfahren begrenzt und teilweise sehr ineffektiv. Beide Verfahren haben in Abhängigkeit vom Ort des Auftretens der Scales und deren physikochemischen Eigenschaften eigene spezifische Einsatzgebiete. Besonders schwer sind z. B. Baryt (BaSO4) oder Galenit (PbS) Ablagerungen zu entfernen. Sie sind sowohl gegenüber chemischen als auch mechanischen Verfahren sehr widerstandsfähig. Deshalb ist eine Weiterentwicklung der vorhandenen Methoden bzw. die Entwicklung neuer Methoden zur schnelleren und effektiveren Entfernung von Ablagerungen erforderlich. Ein gänzlich neuer Ansatz zum Entfernen mineralischer Scales stellt dabei das Elektro-Impuls-Verfahren (EIV) dar.

Beim EIV werden Hochspannungsentladungen genutzt, um die Scales zu lösen. Es handelt sich hierbei um eine Weiterentwicklung eines Verfahrens aus der Tiefbohrtechnik, mit dem Hartgestein effektiver als bisher erbohrt werden kann. In dem vom BMWi geförderten Projekt „Entwicklung und in-situ Erprobung eines EIV-Bohrsystems (ISEB)“ wurde ein entsprechendes Bohrsystem als Prototyp entwickelt. Diese Technologie kann, durch entsprechende Anpassung, grundsätzlich auch für Aufwältigungsarbeiten eingesetzt werden.

In dem BMWI geförderten Projekt „Elektro-Impuls-Verfahren zur Aufwältigung eines mit Scales verengten Bohrloches“ mit dem Kurztitel EVA (IGF Vorhaben Nr.: 21674 BR) wurde ein erster Prototyp zur Scaleentfernung entwickelt und aufgebaut. Die Stromversorgung ist bei diesem System gegenüber dem bereits entwickelten Bohrsystem deutlich einfacher, da bei Work-Over-Arbeiten ein Stromversorgungskabel mitgeführt und die Ladespannung obertägig zur Verfügung gestellt wird. Somit ist keine untertägige Stromerzeugung erforderlich, und lediglich der Impulsspannungsgenerator zur Erzeugung der Hochspannungsimpulse notwendig.

Im Rahmen von Versuchen vor Ort mit dem EVA-Mobil konnten erste Erfolge zur Scaleentfernung an Rohren erzielt werden. Daraufhin wurden Versuche mit dem EVA-Prototyp an realen Rohrproben mit Scaleanhaftungen und einem zugesetzten Sandfilter geplant und durchgeführt.

Der Beitrag behandelt die erreichten Ziele des Projektes EVA und die Projektweiterführung, sowie die Herausforderungen, Durchführung und Ergebnisse der ersten Tests mit dem Prototyp.

 
14:00 - 15:40Keynotes und Preisverleihungen
Ort: Saal A1
Chair der Sitzung: Inga Moeck, LIAG / Uni Göttingen
16:10 - 17:50Forum 20: Übertägige Einrichtungen
Ort: Saal A1
Chair der Sitzung: Rüdiger Schulz, BVG
 
16:10 - 16:30

Ökobilanz und Sensitivitätsanalysen eines geothermischen Heizwerkes im Süddeutschen Molassebecken

Hannah Uhrmann, Florian Heberle, Dieter Brüggemann

Universität Bayreuth, Deutschland

Diese Arbeit umfasst eine Ökobilanz für ein hydrothermales geothermisches Heizwerk im Süddeutschen Molassebecken durchgeführt. Dabei werden kritische Parameter und Handlungsmöglichkeiten zur ökologischen Verbesserung anhand von Sensitivitätsanalysen diskutiert. Die durchgeführte Ökobilanzierung basiert auf den Standards ISO 14040 und 14044 und umfasst die ökologischen Auswirkungen auf verschiedene Wirkungskategorien, wie das Treibhausgaspotenzial, den Verbrauch fossiler und mineralischer Ressourcen sowie die terrestrische und Frischwasser-Ökotoxizität. Die Betrachtung erfolgt entlang der Lebenszyklusphasen Konstruktion, Betrieb und Rückbau, wobei eine Lebensdauer von 30 Jahren angenommen wird. Das Heizwerk besteht aus zwei Produktionsbohrungen und einer Injektionsbohrung mit Thermalwassertemperaturen von bis zu 107 °C und einer thermischen Leistung von 16,7 MW. Zur Abdeckung von Spitzenlasten und Redundanz dienen drei Ölkessel mit einer Gesamtkapazität von 17 MW. Das Heizwerk ist an ein 48,5 km langes Fernwärmenetz angeschlossen das 1.800 Kunden versorgt. Als funktionelle Einheit wird 1 kWh Nettowärme beim Kunden gewählt. Die Ergebnisse der Analyse zeigen, dass das Treibhausgaspotenzial der Anlage bei 80,5 g CO2-Äquivalent pro kWh liegt und der Verbrauch fossiler Ressourcen bei 25,9 Öl-Äquivalent pro kWh. Mit Ausnahme des mineralischen Ressourcenverbrauchs entfällt der größte Anteil der Umweltauswirkungen auf die Betriebsphase. Diese wird vor allem durch den Stromverbrauch der Tiefenpumpen und die Spitzenlast- und Redundanzdeckung der Kessel dominiert. Zusätzlich wurden zwei Sensitivitätsanalysen durchgeführt. Dabei wurde der Zeitraum variiert, in dem die maximale Anschlussleistung erreicht wird, sowie die Heizzahl, welche das Verhältnis zwischen geothermischer Wärmeerzeugung und dem Strombedarf der Pumpen beschreibt und unter anderem von der Scaling-Problematik abhängt.



16:30 - 16:50

Gemeinsame Strom- und Wärmebereitstellung: Anwendungspotentiale modularer ORC Systeme

Christopher Schifflechner, Hartmut Spliethoff

Technische Universität München, Lehrstuhl für Energiesysteme

Bei Geothermieprojekten zur gemeinsamen Strom- und Wärmebreitstellung schwankt die für den Organic Rankine Cycle (ORC) Prozess zur Verfügung stehende Wärme über das Jahr. Dies führt v.a. im Winter zu einem starken Teillastbetrieb oder sogar einem Stillstand des Kraftwerks. Bis jetzt sind geothermische ORC-Systeme in der Regel individuell optimierte Großanlagen mit einer installierten elektrischen Bruttoleistung von mehreren MW. Diese Anlagen sind optimal für die individuellen Standortbedingungen ausgelegt, erfordern jedoch lange Planungs- und Bauzeiten. Außerdem weisen sie einen zunehmenden Teillastbetrieb auf, wenn das Fernwärmenetz im Laufe der Zeit erheblich erweitert wird, was für viele Standorte z.B. in dem Molassebecken beobachtet werden kann.

In den letzten Jahren haben sich kleine modulare ORC-Systeme zunehmend auf dem Markt etabliert. Solche modularen Systeme besitzen ggf. zwar höhere spezifische Investitionskosten aufweisen. Zeitgleich können sie jedoch relativ schnell installiert werden, haben eine höhere Teillasteffizienz und könnten nach mehreren Jahren weiterverkauft werden. Diese Arbeit bewertet die thermoökonomische Leistung von modularen ORC-Systemen für geothermische Strom- und Wärmeanwendungen unter Berücksichtigung verschiedener Fernwärmeausbauraten. Die Ergebnisse liefern wertvolle Einblicke in das zukünftige Marktpotenzial modularer ORC-Systeme zur gemeinsam Strom- und Wärmebreitstellung. Ein Schwerpunkt liegt dabei v.a. auf dem zusätzlichen wirtschaftlichen Beitrag modularer ORC Systeme für geothermische Projekte, die primär zur Wärmeversorgung realisiert werden, aber in den ersten Jahren auf Grund des sich im Auf- oder Ausbau befindlichen Fernwärmenetzes ohne ORC Systeme sehr geringe Einnahmen erzielen würden.



16:50 - 17:10

Forschungsprojekt GeoThermScaling: Weniger Korrosion und Scaling durch oberflächenbehandelten Druckbehälterstahl für den obertägigen Einsatz in der Tiefen Geothermie

Maximilian Bösele

Vulcan Energy Engineering GmbH, Deutschland

Aktuell besteht im Bereich der Tiefen Geothermie ein großer Entwicklungsbedarf, um Wirtschaftlichkeit und Effizienz zu steigern und Risiken zu minimieren.Zu den technischen Hürden gehören Scaling und Korrosion, die regelmäßige Wartungs- und Reinigungsarbeiten erfordern und damit Kosten produzieren.
Hier setzt das Forschungsprojekt GeoThermScaling an:
Dank einer thermochemischen Oberflächenbehandlung mit Bor werden kostengünstige Baustähle für den langfristigen Einsatz in der Geothermie vorbereitet.
Grundlage sind Vorversuche durch Auslagerung des borierten Stahls P235GH im salzhaltigen Tiefenwasser unter Realbedingungen. Diese lieferten signifikante Verbesserungen der Medienbeständigkeit gegenüber unbehandelten Rohrleitungsbaustählen. Im nächsten Schritt wurde – neben Versuchen zu mechanischen Eigenschaften – eine für Tiefengeothermie-Kraftwerke anforderungsgerechte Fügetechnik von unlegierten, thermochemisch oberflächenbehandelten Stählen im Rohrleitungsbau über Tage entwickelt.



17:10 - 17:30

Verfahrensrouten zur industriellen Prozessdampferzeugung auf Basis von Tiefengeothermie

Sven Klute, Marcus Budt, Mathias van Beek

Fraunhofer Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik UMSICHT, Deutschland

Die industrielle Nutzung von Tiefengeothermie findet international bislang wenig Anwendung. Wesentliche technische Hemmnisse sind das oftmals unzureichende Temperaturniveau der geothermalen Quelle und die erforderliche Bereitstellung von Prozessdampf, um die industriellen Prozesse bedienen zu können. Im Forschungsprojekt »Geothermale Papiertrocknung« hat Fraunhofer UMSICHT daher eine Methodik entwickelt, mit der verfahrenstechnische Routen zur Prozessdampferzeugung aus tiefengeothermalen Quellen identifiziert und einheitlich bewertet werden können. Hierzu bietet sich insbesondere der Einsatz von Groß- und Hochtemperatur-Wärmepumpen an, welche durch eine Kombination mit weiteren Verfahrensschritten zu Verfahrensrouten kombiniert werden können.

Das Forschungsprojekt fokussierte auf die deutsche Papierindustrie, für die stellvertretend ein repräsentativer Referenzstandort sowie beispielhaft der Standort der Kabel Premium Pulp&Paper GmbH in Hagen untersucht wurde. Über 100 initial identifizierte Verfahrensrouten konnten im Projektverlauf unter Berücksichtigung der lokalen Randbedingungen detailliert untersucht und sukzessive eingegrenzt werden. Neben innovativen Ansätzen mit Forschungscharakter wurden zudem Verfahrensrouten entwickelt, welche auf marktverfügbaren Komponenten basieren und somit kurz- bis mittelfristig realisiert werden könnten.

Die gewonnenen Projektergebnisse können sowohl auf andere Standorte der Papierindustrie als auch auf weitere Branchen mit Nieder- und Mitteltemperaturwärmebedarf bis etwa 300 °C – wie beispielsweise die Lebensmittel- oder chemische Industrie – übertragen werden. Das Projekt zeigte auch, dass aufgrund individueller branchenspezifischer Anforderungen und lokaler Randbedingungen eine jeweils standortspezifische Betrachtung notwendig ist, um effiziente und wirtschaftlich robuste Verfahrensrouten auslegen zu können. Insgesamt besteht ein großes Anwendungspotenzial für die industrielle Prozessdampferzeugung auf Basis von Tiefengeothermie und damit eine vielversprechende technische Lösung zur Dekarbonisierung der industriellen Prozesswärme.



17:30 - 17:50

MTU Aero Engines Tiefen-Geothermie

Stefan Lange

MTU Aero Engines AG, Deutschland

Im Vortrag werden neben einer Einführung über die MTU und deren Maßnahmen zum Klimaschutz das aktuelle Tiefen-Geothermieprojekt am Standort München vorgestellt. Zunächst werden allgemein die Entstehungsgeschichte und die Entscheidungswege erläutert. Der grundsätzlichen Planungsinhalte der Dublette mit den charakteristischen Größen werden über ein Erklärvideo (2 min) der MTU mitgeteilt. Mit aktuellen Bildern werden der Status des Bohrplatzes und die bisherigen Erfahrungen geteilt. Mit dem geplanten zeitlichen Verlauf der Bohrungen wird im anschließenden Vortragsteil näher auf das Wärmeverteilzentrum, die Anbindung und die Optimierung des Heiznetzes eingegangen. Zum Abschluss wird die Planung zur industriellen Anwendung bei galvanischen Prozessen sowie zur Kälteerzeugung erläutert.

 

 
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