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Session 2 / Gruppe 8: Kreative Aktivitäten und Künste
Zeit:
Freitag, 19.04.2024:
11:00 - 12:30
Ort:P210
Präsentationen
11:00 - 11:30
Erkenntnisgenerierendes Zeichen – bildnerische Artikulation als Zugang zu fachlichen Gegenständen
Barbara Wyss, Nina Trüssel
Pädagogische Hochschule der Fachhochschule Nordwestschweiz
Das Zeichnen ist als erkundende, abbildende und dokumentierende Praxis in vielen beruflichen Feldern, in der Wissenschaft und in der Kunst als methodisches Verfahren und als wissensgenerierende Tätigkeit bedeutsam. Bilder, Skizzen, Grafiken, Diagramme usw. stellen in unterschiedlichen Disziplinen geeignete mediale Möglichkeiten der Wissensbildung und Wissensvermittlung dar.
Im schulischen Kontext vermag das Zeichnen als Mittel zur Visualisierung von Wahrnehmungen und Vorstellungen, als Methode des Darstellens, Entwerfens und Planens vielfältige Denk- und Bildungsprozesse anzuregen. Diese gehen weit über kunstpädagogische Zielsetzungen hinaus und können lernende Auseinandersetzungen in allen Fachbereichen initiieren und unterstützen. Die Anschaulichkeit zeichnerischer Produkte bietet Anlässe für konstruktive Lehr-Lern-Dialoge, denn der Austausch über Zeichnungen als sogenannte Lernspuren bietet wichtige Gesprächsmomente für die Lernbegleitung und führt zu vertiefenden Beschäftigungen mit dem Gegenstand. In diesem Zusammenhang kommt der Zeichnung auch eine wichtige Rolle in der Lerndokumentation und -reflexion im Rahmen von Lernjournals und Portfolios zu.
Der Beitrag gibt Einblick in grundsätzliche Überlegungen und Thesen zur wissensbildenden Funktion und zur fachübergreifenden und interdisziplinären Bedeutung zeichnerischer Tätigkeiten im Unterricht. Er geht ein auf die Spezifik bildsprachlicher Artikulation und setzt diese im Sinn multimodalen Lernens in Beziehung zu verbalsprachlichen Kommunikationsformen. Er zeigt zudem auf, in welcher Art zeichnerische Produkte von Lernenden deren Verstehensprozesse sichtbar und für nachfolgende Lernschritte nutzbar machen.
Im zweiten Teil geht der Beitrag auf ein Projekt ein, das der zeichnerischen Auseinandersetzung mit technischen Sachverhalten gewidmet ist. Die Untersuchung, die 2022/23 im Zyklus 1 durchgeführt wurde, verdeutlicht, in welcher Art das Zeichnen interdisziplinäres Lernen zwischen den Fachbereichen Bildnerisches Gestalten, Technisches Gestalten sowie Natur, Mensch, Gesellschaft oder Sport unterstützt. Sie zeigt auf, dass visuelles Denken für das Lernen in allen Fächern bedeutsam sein kann und dass insbesondere sachbezogenes Zeichnen bei Schülerinnen und Schülern das Wahrnehmen und Verstehen von Lerngegenständen begünstigt und gleichzeitig deren produktiven und rezeptiven Bildkompetenzen fördert.
Der Beitrag ermöglicht eine Diskussion über das fachübergreifende Potential des Zeichnens und des bildnerischen Denkens als Formen eines ästhetisch und kognitiv geprägten Weltzugangs.
11:30 - 12:00
Lokale Baukultur macht Schule. Wie ein partizipatives Unterrichtsforschungsprojekt fächerübergreifend wirkt.
Lea Weniger, Rachel Holenweg
Pädagogische Hochschule Schwyz, Schweiz
Dieser Beitrag fokussiert ein abgeschlossenes Unterrichtsforschungsprojekt, welches Teil eines fach-didaktischen Forschungsprojektes zur baukulturellen Bildung in der Primarschule ist. Mit dem Unter-richtsforschungsprojekt verfolgte das Projektteam zwei Ziele: Erstens entwickelten und erprobten wir ein fächerübergreifendes Unterrichtssetting zur baukulturellen Bildung mit einer Primarschulklasse. Dazu existieren erst wenige Lehr-Lernmaterialien, die der Interdisziplinarität des Themas gerecht werden, kompetenzorientiert sind und didaktischen Ansprüchen genügen. Zweitens wollten wir mit dem Unterrichtsforschungsprojekt die Perspektiven von Kindern auf Baukultur erheben, das heisst ihre Erfahrungen und Vorstellungen mit der lokalen Baukultur näher kennenlernen und sichtbar ma-chen. Denn, so unsere Ausgangsprämisse, baukulturelle Bildung setzt bestenfalls bei den Sichtweisen der Kinder und Jugendlichen direkt an, also bei ihrem Blick auf den vom Menschen gebauten und gestalteten Lebensraum (Bundesamt für Kultur, 2020). Das Projekt ist geprägt von einem partizipati-ven Forschungsgedanken, bei dem es darum geht, nicht über, sondern mit den Kindern zu forschen und mittels «kindzentrierter» Forschungsmethoden gemeinsam neues Wissen zu generieren (u.a. Clark, 2010; Saraçer & Senol, 2020). Die Schüler:innen konnten mitentscheiden, welches Wissen sie teilen und veröffentlichen wollten.
Das Unterrichtsforschungsprojekt führte Akteur:innen unterschiedlicher fachlicher Herkunft und in verschiedenen Rollen zusammen: zwei Primarlehrerinnen und ihre Schulklasse, Forschende und Fachdidaktiker:innen Bildnerisches und Technisches Gestalten, ein Künstler und kritischer Geograph, eine Architektin und eine Denkmalpflegerin. Gemeinsam und kontinuierlich wurde ein Unterrichts-setting entwickelt, dessen Verlauf nicht von vornherein feststand. Vielmehr bestimmten alle Beteilig-ten mit, in welche Richtung sich das Projekt entwickeln sollte. Insbesondere die Schüler:innen hatten durch ihre Interessen einen Einfluss auf den Unterrichtsverlauf. Sie nahmen dabei eine forschende Haltung ein, entwickelten Forschungsfragen und -themen zur lokalen Baukultur, bedienten sich künstlerischer und kartografischer Raumforschungsmethoden (u.a. Busse, 2007; Kollektiv Orangotango+, 2018; Sommer & Töppel, 2021) und hielten ihre Ergebnisse mittels unterschiedlicher Ausdrucksformen fest. Aus dem Unterrichtsprojekt resultiert eine «neue» Landkarte der Gemeinde, welche die Auseinandersetzung der Schüler:innen mit der lokalen Baukultur aufzeigt und ihre Vorstel-lungen über den aktuellen und zukünftigen Lebensraum sichtbar macht. Aktuell ist eine Handrei-chung der im Unterrichtsprojekt entwickelten Materialien in Vorbereitung, welche diese für die Pra-xis zur Verfügung stellt.
Das Unterrichtsforschungsprojekt verdeutlicht die Vernetztheit fachdidaktischer Forschung: Es zeichnet sich aus durch Kollaborationen von Expert:innen unterschiedlicher Disziplinen und Fächern sowie durch transdisziplinäre Interaktionen zwischen Forschenden und der Schulpraxis. Die unter-schiedlichen Expertisen und fachlichen Blickwinkel der Projektbeteiligten bedingten Aushandlungs-prozesse, beispielsweise bei der inhaltlichen Ausgestaltung des Unterrichts oder in Bezug auf das par-tizipative Vorgehen.
In diesem Beitrag geben die Vortragenden konkrete Einblicke in den partizipativen Erhebungsprozess und greifen dabei auch Fragen nach den Möglichkeiten und Bedingungen von solchen Kollaboration auf, gemeinsam Wissen und Können zu generieren und zu teilen und Hierarchien – etwa zwischen Forschung und Praxis – zu hinterfragen.