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Session 1 / Gruppe 5: Sonstige
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Präsentationen | ||
15:45 - 16:15
Bildung für «vertiefte Gesellschaftsreife»: Zum curricularen Verständnis des gymnasialen Bildungsziels in den sozialwissenschaftlichen Fächern in der deutschsprachigen Schweiz 1PH Zürich; 2Eidgenössische Hochschule für Berufsbildung (EHB) Das finale, duale Bildungsziel der Schweizer Maturitätsschulen (Art. 5 Abs. 1 aMAV/MAR; Art. 6 Abs. 1 nMAV/MAR) wird in der Literatur mit den Formeln «allgemeine Hochschulreife» und «vertiefte Gesellschaftsreife» zusammengefasst (Eberle & Brüggenbrock, 2013). Während sich die gymnasialpädagogische Forschung in den letzten Jahren vorwiegend der «allgemeinen Hochschulreife» bzw. basalen Kompetenzen für die allgemeine Studierfähigkeit widmete (Oepke & Eberle, 2016), stellt die «vertiefte Gesellschaftsreife» bzw. fachliche und überfachliche Kompetenzen für die gesellschaftliche Teilhabe weiterhin ein Forschungsdesiderat dar (Frese-Germann, 2021). Mit anderen Worten: «Vertiefte Gesellschaftsreife» ist gleichsam ein populäres bildungspolitisches Postulat und ein nebulöses bildungstheoretisches/fachdidaktisches Konstrukt. Eine Lehrplananalyse bietet sich hier aus drei Gründen an. Erstens verdichtet der Lehrplan gesellschaftliche Erwartungen an ein Schulfach bezüglich Wissens- und Wertevermittlung (Künzli, 2009). Zweitens unterscheiden sich im föderalistischen Bildungssystem der Schweiz die einzelnen Lehrpläne z.T. erheblich voneinander (Bonati, 2017; Ruoss et al., 2023). Drittens sind Lehrpläne von unterschiedlichen und z.T. gegenläufigen fachdidaktischen Konzeptionen geprägt (Ackermann, 2021; Weißeno et al., 2018). Mit dieser Studie soll das curriculare Verständnis einer «vertieften Gesellschaftsreife» (VGR) für die gymnasiale Oberstufe der Deutschschweiz und für die sozialwissenschaftlichen Fächer (SoWi) empirisch analysiert und theoretisch rekonstruiert/konzeptualisiert werden. Es werden zwei Fragestellungen bearbeitet: (F1) Welche fachspezifischen und fachübergreifenden Konzepte der VGR akzentuieren sich in den Lehrplänen der SoWi Fächer? (F2) Inwiefern differenzieren sich die fachübergreifenden Konzepte der VGR in den SoWi Fächern? Für das Dokumentenkorpus wurden alle deutschsprachigen und kantonalen Lehrpläne ausgewählt (16 von 21 deutschsprachigen Kantonen). Jedem Lehrplan wurden die Teile zu den Fächern «Geschichte», «Geografie» und «Wirtschaft & Recht» entnommen. Mittels einer Kombination aus selektivem Sampling (strukturelle Merkmale: Bildungsraum, Erlassjahr, Maturitätsquote) und theoretischem Sampling (maximale Variation im Forschungsgegenstand) wurden schrittweise Dokumente aus diesem Korpus gezogen (Strübing, 2018). Das Sampling wurde nach 6 Lehrplänen bzw. 18 Fachlehrplänen abgeschlossen. Die Dokumente wurden mittels qualitativer Inhaltsanalyse und induktiver Kategorienbildung ausgewertet (Mayring, 2015). Das Codebuch umfasst 280 Paraphrasen, 95 Codes, 21 Unterkategorien und 3 Hauptkategorien. Mit den Kategorien wurden Frequenz- und Kontingenzanalysen (Kreuztabellen) gerechnet. Die zwei Hauptkategorien «Orientierung in Gesellschaft und Natur» und «Beteiligung in Gesellschaft und Politik» haben einen gegenstandsbezogenen Charakter; die Hauptkategorie «Denkfähigkeiten» einen kognitionsbezogenen. Umgekehrt haben «Orientierung in Gesellschaft und Natur» sowie «Denkfähigkeiten» einen verstehensorientierten (knowledge) und deskriptiven Charakter; «Beteiligung in Gesellschaft und Politik» einen gestaltungsorientierten (action) und normativen Charakter. Die Unterkategorien kommen entweder in allen SoWi Fächer ausgeglichen vor (z.B. «Wandel und Kontinuität», «Systeme und Wechselwirkungen», «Wahrnehmung von Verantwortung», «politische Meinungsbildung», «analytisches Denken») oder überwiegen in einem SoWi Fach (z.B. GES und GEO: «Lebensformen und Kulturen»; GES und WuR: «demokratische Haltung» und «kritische Mediennutzung»; GEO und WuR: «gesellschaftliche Herausforderungen» und «vernetztes Denken»). Aus den Kategorien wird ein heuristisches Modell der VGR für die SoWi Fächer mit fachübergreifenden und fachspezifischen Konzepten entworfen. Dieses Modell kann für weiterführende gymnasialpädagogische, interdisziplinär-fachdidaktische Forschung und Entwicklung genutzt werden, so z.B. die Entwicklung von disziplinären Lehrplänen, interdisziplinäre Gestaltung von Lehr-Lern-Arrangements und die empirische Beforschung von Lehr-Lern-Prozessen. 16:15 - 16:45
Transversale Didaktik in der beruflichen Bildung? Ansatzpunkte aus dem Lehrplan21 und Zielvorstellungen von Organisationen der Arbeit PH Luzern, Schweiz Hintergrund. Im Lehrplan21 treten transversale Kompetenzen in den Bereichen Überfachliche Kompetenzen, Bildung für eine nachhaltige Entwicklung (BNE) und Medien und Informatik (M+I) sowie der beruflichen Orientierung auf. Der Lehrplan21 legt damit eine Entwicklungsbasis für die Zeit nach der obligatorischen Schule (D-EDK, 2016) in der beruflichen Bildung. Den schulischen Ansprüchen stehen in der beruflichen Bildung jedoch eine Fülle von Anspruchsgruppen, z. B. Organisationen der Arbeit (OdAs) gegenüber, die Vorschläge für eine berufliche Bildung der Zukunft unterbreiten. Vor diesem Hintergrund stellt sich einerseits die Frage nach der Passung von obligatorischer Schule und berufs-(politischen/ wirtschaftlichen) Erwartungen, andererseits lässt sich nach der Unterschiedlichkeit in den Zukunftsvorstellungen der Akteure fragen. In unserem Beitrag analysieren wir den Lehrplan21 und acht weitere, nichtschulische Rahmenkonzepte (siehe Resultate) transversaler Kompetenzen/ 21st-Century-Skills auf ihre Kompetenzformulierungen/ Kategorisierungen und setzen sie in Beziehung zu den transversalen Kompetenzen des Lehrplan21. Zudem fragen wir nach Unterschieden/ der Passung zwischen den Publikationen grosser Organisationen vs. Übersichtsarbeiten und dem Lehrplan21. Resultate. Im Lehrplan21 werden überfachliche Kompetenzen in eine methodische, personale und soziale Kategorie eingeteilt, jede Kategorie enthält drei Klassen mit je drei bis acht Einzelfähigkeiten. Die Bereiche M+I und BNE sind zumeist transversal angelegt und in drei bis sieben Kategorien unterteilt. Die EU benennt acht Schlüsselkompetenzen, die von einer undefinierten Menge an Skills gespeist werden (EU, 2019). Die OECD unterscheidet 17 Skills in drei Dimensionen (Taguma et al., 2018) oder neun Skills in drei Dimensionen (OECD, 2018). Die Battle-for-Kids-Inititive subsummiert 30 Skills in elf Kategorien (BFK, 2019), die ILO (ILO, 2021) vier Kategorien mit drei bis neun Klassen von Skills. Die Übersichtsarbeiten benennen zwölf Einzelskills ohne sie in Kategorien einzuordnen (Van Laar et al., 2017) oder beschränken sich auf sechs Skills als Indikatoren transversaler Kompetenz (González-Pérez & Ramírez-Montoya, 2022). Chen (2023) versucht die Heterogenität von Einzelskills systematisch zu rekodieren und eröffnet eine umfassende Sichtweise mit sieben Kategorien mit 34 Themenbereichen und insgesamt 297 Einzelskills. Diskussion. Insgesamt fällt in nichtschulischer Hinsicht eine starke Heterogenität in der Nomenklatur auf, Übereinstimmung besteht hinsichtlich der 4K: kritisches Denken, Kollaboration, Kommunikation und Kreativität. Ausdifferenzierungen bestehen insbesondere hinsichtlich der fachlich orientierten Kompetenzen wie scientific oder technological literacy. Besonders ist, dass nur ein Dokument «grüne Kompetenzen» benennt. Die organisationalen Dokumente bewegen sich auf einem hohen Abstraktionsniveau. Operationalisierungen fehlen in den meisten Fällen. Dem gegenüber steht der Lehrplan21 mit Ausformulierungen konkreter, messbarer Fähigkeiten. Diese können – obschon unterschiedlich klassifiziert und kategorisiert – ebenso Operationalisierungen der 21st-Century-Skills (bspw. 4K) darstellen. Es ist zu diskutieren, inwieweit 21st-Century-Skills einen allgemeinen Kompetenzrahmen für die berufliche Bildung jenseits der Fachkompetenzen bilden können und inwieweit die derzeitige Heterogenität zugunsten einer didaktischen Fassbarkeit für den Berufsfachschulunterricht harmonisiert werden sollten. Dies kann dabei helfen, Unterricht kompetenzorientierter umzusetzen. 16:45 - 17:15
Ce que les élèves du secondaire 2 disent d’une exposition scolaire consacrée à l’Anthropocène. 1HEP-Valais, Suisse; 2Musée de la nature du Valais Dans le cadre d’une collaboration entre le Musée de la nature du Valais et la HEP-VS, l’exposition muséale Objectif Terre (2016) a été adaptée pour le secondaire 2 général, professionnel et gymnasial. Le concept didactique élaboré (Fierz et al. 2021) a posé l’Anthropocène comme une problématique nécessitant une approche complexe et des détours/retours de la posture citoyenne vers des savoirs de sciences de la nature et de sciences humaines (Audigier, 2011). Suite à sa réalisation, une analyse de l’exposition scolaire a été faite à l’aide du prisme de la transposition muséographique (Marandino & Mortensen, 2010) sous trois approches différentes : sociologique, épistémologique et sémiotique (Fierz et al. 2023). La question interdisciplinaire est au cœur de ce projet parce que les problématiques liées à l’Anthropocène la posent frontalement. L’exposition d’origine produite par une institution muséale avait résolument opté pour une approche interdisciplinaire ; par souci de répondre aux attentes scolaires, l’exposition scolaire a cherché à articuler les approches disciplinaires et interdisciplinaires. Une autre ambition était d’initier une approche complexe, à la fois dans la scénographie, dans les activités et dans les informations présentées. Vu ces spécificités, nous avons voulu connaître l’avis des élèves au sujet de cette exposition et la façon dont ils l’ont reçue. L’exposition itinérante et bilingue a circulé dans toutes les écoles du secondaire 2 valaisans (11 écoles). Suite à chaque halte dans un établissement, un questionnaire a été adressé aux élèves. La contribution présentera les données statistiques et leurs interprétations en détaillant notamment : - La réception de l’exposition par les élèves autant au niveau de la perception de son ergonomie que des impressions globales laissée par sa visite. - La perception que les élèves ont des rapports Homme-Nature dans le contexte de l’Anthropocène caractérisé par des changements inéluctables et de grandes incertitudes. - Quelques pistes sur la façon dont les élèves réfléchissent aux problématiques de l’Anthropocène (approche complexe, articulation des disciplines, etc.) |