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Sprache und Sport vernetzen: Erkenntnisse aus einer interdisziplinären Kollaboration
Gwendoline Lovey1, Kathrin Freudenberger2
1PH FHNW, Institut Primarstufe, Professur Fremdsprachendidaktik, Schweiz; 2PH FHNW, Institut Kindergarten / Unterstufe, Professur Bewegungsförderung und Sportdidaktik im Kindesalter, Schweiz
Im geplanten Beitrag möchten wir vorstellen, wie sich die interdisziplinäre Kollaboration zwischen der Fachdidaktik Bewegung und Sport und der Fachdidaktik Fremdsprachen an der Pädagogischen Hochschule FHNW gestaltet. Ausgangspunkt ist die Zusammenarbeit der Dozentinnen Kathrin Freudenberger und Gwendoline Lovey im Rahmen einer sprach- und sportsensiblen Lehrinnovation, welche im Rahmen eines Entwicklungsprojekts im schulischen Bildungsbereich fortgeführt wird. Mit dem fächerübergreifenden Unterrichten wird der Aufbau von Synergien zwischen einzelnen Fachbereichen intendiert. Ziel ist es, ein vernetzendes und zukunftsorientiertes Denken der Schüler*innen zu fördern.
In einer transdisziplinären Lehrveranstaltung erleben Studierende des Hauptstudiums am Institut für Primarstufe der PH FHNW, wie die Fachdidaktiken Bewegung und Sport und Fremdsprachen gewinnbringend vernetzt werden können. Durch eine Analyse der originären Bildungsaufträge der beiden Fachbereiche wird zunächst systematisch ein Bewusstsein für sprachliche Situationen im Bewegungs- und Sportunterricht entwickelt (vgl. D-EDK 2015a). Diese werden intensiviert durch das exemplarische Erleben des sprachbewussten Bewegungs- und Sportunterrichts (vgl. Schmellentin/Schneider 2014). Als Erweiterung dieser Unterrichtsform werden die Studierenden an das bilinguale Unterrichten herangeführt (vgl. Freytag Lauer et al. 2015).
Anhand der Methode «Constructive Alignment» (vgl. Biggs 2003) erarbeiten sich die Studierenden während eines Semesters handlungsorientierte Kompetenzen für den sprachbewussten Bewegungs- und Sportunterricht. Die Lehrveranstaltung ist ausserdem im Sinne des pädagogischen Doppeldeckers (Geissler 1985) konzipiert: Die Studierenden erfahren einerseits selbst, wie es ist, in einer Fremdsprache sportpraktische Aktivitäten durchzuführen, andererseits können sie dann auch ihren eigenen Sportunterricht sprachbewusst anleiten. Dabei durchlaufen die Studierenden drei Phasen:
Phase 1: Wissensgenerierung und -erweiterung durch die Synergien zwischen den Fachbereichen Bewegung und Sport sowie Fremdsprachen
Phase 2: Dreistufiges praktisches Erleben von Umsetzungsbeispielen zu sprachsensiblem Bewegungs- und Sportunterricht: 1. im Rahmen des Seminars mit Mitstudierenden, 2. mit Studierenden einer französischsprachigen Partnerhochschule, 3. eigenverantwortliches Unterrichten einer exemplarischen Lektion in einer Primarschule
Phase 3: kriteriengeleitete Reflexion der sprachsensiblen Umsetzung des Bewegungs- und Sportunterrichts in der Primarschule und Transfer auf das zukünftige Unterrichtshandeln.
Die Studierenden werden in den einzelnen Phasen durch ein mehrperspektivisches Feedback seitens der Dozierenden in den Planungsprozessen begleitet. Dabei erhalten die Studierenden jeweils aus den zwei Fachdidaktiken Rückmeldung, welche mit ihnen diskursiv bearbeitet werden.
Die Wissenszirkulation zwischen den beiden Fachdidaktiken wird in einem Entwicklungsprojekt mit Lehrpersonen der Zyklen 1, 2 und 3 weitergeführt. Im Rahmen des Projekts «Bilingualer Unterricht an der Volksschule? Absolument!» entwickeln und erproben 15 Lehrpersonen aus dem Kanton Solothurn französisch-deutsche bilinguale Unterrichtssequenzen, u.a. auch zum Fachbereich Bewegung und Sport. Die Qualität der Sequenzen wird einerseits durch die Erprobung in den Pilotklassen und andererseits durch eine Begutachtung aus der Perspektive der Fremdsprachendidaktik und des entsprechenden Fachbereichs gesichert. Dadurch wird im Dialog zwischen den Forschenden und der Praxis einerseits und den beiden Fachdidaktiken andererseits ausgehandelt, welche Unterrichtsinhalte den aktuell vorherrschenden didaktischen Prinzipien entsprechen und wie eine bilinguale Lernsequenz einen optimalen Lernzuwachs in beiden Fachbereichen ermöglicht.
14:00 - 14:30
Frühe Sprachbildung erforschen und entwickeln – Zusammenarbeit von Hochschule, Verwaltung und Praxisfeld
Dieter Isler, Claudia Hefti
PHTG, Schweiz
Sprachliche Fähigkeiten sind für die Nutzung schulischer Bildungsangebote (Helmke 2002) und für Bildungserfolg von grosser Bedeutung (KMK 2019). Dabei spielen die Lernvoraussetzungen der Kinder beim Eintritt in die erste Klasse eine entscheidende Rolle: Die zu diesem Zeitpunkt gemessenen Leistungsunterschiede in Deutsch und Mathematik bleiben im Verlauf der obligatorischen Schulzeit bestehen oder verstärken sich noch (Angelone, Keller & Moser 2013). Diese Befunde untermauern das Anliegen, sprachliche Fähigkeiten junger Kinder bereits vor dem Eintritt in das öffentliche Bildungssystem zu stärken. Der Besuch einer qualitativ guten vorschulischen Einrichtung begünstigt den Erwerb der Lokalsprache Deutsch als Zweitsprache nachweislich (Grob et al. 2014). Damit rücken vorschulische Einrichtungen wie Kitas und Spielgruppen in den Fokus der Bildungspolitik. Diese non-formalen Bildungsorte (Rauschenbach et al. 2004) sollen gesellschaftliche Aufgaben wie Integration und Sprachförderung bereits vor dem Schuleintritt übernehmen (Bundesrat 2022).
Im Kanton Thurgau werden ab dem Schuljahr 2024/25 erstmals alle Kinder, die einen Förderbedarf in der Lokalsprache Deutsch aufweisen, ein Jahr vor dem Kindergarten eine Kita, Tagesfamilie oder Spielgruppe besuchen. Die Einschätzung des Förderbedarfs erfolgt durch die Eltern, die Kosten für einen Besuch von vier bis sechs Stunden pro Woche werden vom Kanton übernommen, die Förderung erfolgt nach Möglichkeit inklusiv in Regelangeboten und die pädagogischen Fachpersonen erhalten eine Weiterbildung in alltagsintegrierter Sprachbildung. Die Durchführung der jährlichen Elternbefragungen sowie die Bereitstellung und Qualitätssicherung der Angebote werden durch die Schulgemeinden gewährleistet. Diese Regelung wurde im Verlauf der letzten acht Jahre unter Federführung der Fachstelle Kinder-, Jugend- und Familienfragen (KJF) entwickelt und vorbereitet. Dabei spielte die enge Zusammenarbeit zwischen der Verwaltung (Fachstelle KJF) und der Pädagogischen Hochschule Thurgau (PHTG) eine wichtige Rolle. Der Forschungsbereich «Frühe Sprachbildung» der PHTG führte in dieser Zeit mit Unterstützung des Kantons verschiedene aufeinander aufbauende Projekte im Praxisfeld durch und entwickelte im Auftrag des Kantons auch Informations- und Schulungsmaterialien zur frühen Sprachbildung. Im Kontext dieser Arbeiten entstand eine Vertrauenskultur zwischen Verwaltung, Praxisfeld und Hochschule, die eine kontinuierliche und lösungsorientierte Zusammenarbeit sowie inhaltliche Klarheit und Kohärenz der Massnahmen ermöglichte. Im Beitrag werden wir einen Überblick über die realisierten Forschungs-, Entwicklungs- und Weiterbildungsprojekte geben und anschliessend den Verlauf, die Gelingensbedingungen und Synergien dieser transdisziplinären Zusammenarbeit von Verwaltung, Praxisfeld und Fachdidaktik genauer beleuchten.