Veranstaltungsprogramm

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Sitzungsübersicht
Sitzung
Session 1 / Gruppe 1: Naturwissenschaften
Zeit:
Donnerstag, 18.04.2024:
15:45 - 17:15

Ort: P102

Gebäude P, 56 Personen, 28 Tische

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Präsentationen
15:45 - 16:15

Die vergessene Teilchenebene oder: Vernetzungsmöglichkeiten im Themenfeld Energie durch die Teilchenprasselmaschine und das Kupferschiff

Mathias Kirf, Marianne Leuenberger

Pädagogische Hochschule St.Gallen, Schweiz

Die vergessene Teilchenebene oder: Vernetzungsmöglichkeiten im Themenfeld Energie durch die Teilchenprasselmaschine und das Kupferschiff Aktuelle gesellschaftliche Herausforderungen wie der Klimawandel und die Energiewende sind miteinander vernetzt und bedingen zum bewussten und verantwortungsvollen Umgang fundierte naturwissenschaftliche Kompetenzen in der Breite der Gesellschaft (Eberz und Niebert 2022). So intendiert der Chemieunterricht an allgemeinbildenden Schulen, Schülerinnen und Schüler in die Lage zu versetzen, Phänomene in ihrer Lebenswelt auf der Grundlage ihrer Kenntnisse über chemische Zusammenhänge zu erklären, zu bewerten und darauf auftauend persönlich und gesellschaftlich relevante Entscheidungen treffen sowie adressatengerecht kommunizieren zu können (KMK 2004; Bernholt et al. 2020). Ziel der fachdidaktischen Ausgestaltung wesentlicher Lerngelegenheiten muss es daher sein, zentrale naturwissenschaftliche Phänomene möglichst explizit in leicht zugänglichen, fachwissenschaftlich anschlussfähigen und möglichst breit anwendbaren Zusammenhängen deuten und erklären zu können (Demuth et al. 2005). In der Chemie hat sich dazu die Deutung von Phänomenen im Kontrast der Stoff- und der Teilchenebene bewährt – die Teilchenvorstellung verknüpft die Phänomene möglichst zielstufengerecht.

Befragungen von Studierenden, Dozierenden und SchülerInnen zeigten jedoch regelmässig auf, dass das für die Chemie zentrale Phänomen "Erhitzen mit dem Bunsenbrenner" oft nur mit der Vorstellung eines Energietransfers, nicht jedoch mit einer kohärenten Vorstellung auf der Teilchenebene verknüpft werden kann. Auch Abbildungen in gängigen Lehrmiteln der Sek I (z.B. NaTech 7 2019) bieten in der Regel keine adäquaten Vorstellungsmöglichkeiten auf der Teilchenebene an. Da sich jedoch etablierte Vorstellungen zu späteren Zeitpunkten durch unterrichtliche Intervention nur äussert schwer ändern lassen (Allen 2009; Watson et al. 1997), ist zu hinterfragen, ob nicht bereits auf der Sek I eine fachwissenschaftlich anschlussfähige Deutungsmöglichkeit auf der Teilchenebene entwickelt werden sollte.

Im Beitrag stellen wir die von uns entwickelte Versuchsreihe "Die Teilchenprasselmaschine und das Kupferschiff" vor, die die Möglichkeit bietet, durch Verknüpfung und Ergänzung etablierter Schulversuche für die Sek I eine solche Vorstellungsmöglichkeit auf der Teilchenebene anzusteuern. Der Versuch «Das Kupferschiff» knüpft dabei didaktisch an den bekannten Versuch «Der Kupferbrief» an. Die hohe Übertragbarkeit des herausgearbeiteten konzeptionellen Verständnisses auf weitere wesentliche Lerngelegenheiten der Chemie sowie auf das überfachliche Themenfeld Energie laden zu einer intensiveren Auseinandersetzung mit dieser offensichtlich noch oft übersehenen, jedoch stark vernetzenden Perspektive auf die Teilchenebene ein.



16:15 - 16:45

Fehlerkultur im MINT-Unterricht: Die Verbindung zwischen Nature of Science und dem Umgang mit Fehlern

Rahel Schmid1, Nicolas Robin1, Alexander Strahl2

1Pädagogische Hochschule St.Gallen, Schweiz; 2Universität Salzburg, Österreich

Im Bereich der allgemeinen Didaktik wird heutzutage die Auffassung vertreten, dass Fehler als wertvolle Lerngelegenheiten betrachtet werden sollten. Lehrkräfte werden ermutigt, Schüler:innen dazu anzuregen, Fehler als integralen Bestandteil von Lernprozessen zu begreifen (z.B. Yeager & Dweck, 2012). Zahlreiche Studien und Forschungsergebnisse der letzten Jahre haben gezeigt, dass ein angemessener Umgang mit Fehlern das Lernen der Schüler:innen erheblich verbessern kann (für Reviews s. Mera, Rodríguez & Marin-Garcia, 2022; Metcalfe, 2017). Fehler sind nicht nur im schulischen Kontext, sondern auch in der naturwissenschaftlichen Erkenntnisgewinnung von großer Bedeutung. Sie ermöglichen ein besseres Verständnis dafür, wie naturwissenschaftliches Wissen entsteht. Daher sind Fehler wesentliche Bestandteile des sogenannten "Nature of Science" (NOS), also des Verständnisses darüber, wie Wissenschaft funktioniert (Allchin, 2004, 2011).

Es ist von essenzieller Bedeutung für ein angemessenes Verständnis von NOS zu wissen, welche Bedeutung und Stellung Fehler in den Naturwissenschaften haben. Obwohl Allchin (2012) bereits Vorschläge zur Vermittlung von NOS durch Fehler gemacht hat, wird diesem Aspekt in Lehrplänen und Lehrmethoden oft noch zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Diese Studie liefert erste empirische Ergebnisse zum Zusammenhang des Verständnisses von NOS-Aspekten und dem Umgang mit Fehlern im Kontext des MINT-Unterrichts. Es wurde u.a. untersucht, inwiefern das Verständnis der Schüler*innen von NOS-Aspekten deren Umgang mit Fehlern beeinflusst. Zur Beantwortung dieser Forschungsfrage wurden die Schüler*innen mit einem Fragebogen befragt. Die Stichprobe bestand aus 269 Schüler*innen aus der Deutschschweiz (7.-9. Klasse). Die Ergebnisse zeigen, dass das Verständnis von NOS-Aspekten einen Einfluss auf die Fehlerlernorientierung hat. Die Ergebnisse zeigen auch, dass der Effekt des Verständnisses von NOS-Aspekten auf die affektiv-motivationalen Reaktionen auf Fehler durch die Fehlerlernorientierung vermittelt wird.

Diese Befunde legen nahe, dass dem Thema Fehler im Kontext von NOS eine größere Bedeutung beigemessen werden sollte. Es ist wichtig, dass sowohl allgemeindidaktisches als auch fachdidaktisches Wissen in diesem Bereich enger miteinander verknüpft werden, um die Lehr- und Lernprozesse im MINT-Unterricht zu verbessern. Die Ergebnisse dieser Studie tragen somit nicht nur zum wissenschaftlichen Verständnis von NOS bei, sondern haben auch konkrete Implikationen für die pädagogische Praxis, insbesondere im Bereich der naturwissenschaftlichen Bildung.



16:45 - 17:15

Inter- und transdisziplinäre MINT-Förderung: die Wirkung authentischer Kontexte im Lehr-Lern-Labor

Andrea Maria Schmid1, Markus Rehm2, Dorothee Brovelli1

1PH Luzern, Schweiz; 2PH Heidelberg, Deutschland

Als Teil des nationalen Projekts «Netzwerk MINT-Bildung» (PgB P-10) setzen die Pädagogische Hochschule X und die Hochschule Z seit 2017 unterschiedliche MINT-Förderprojekte in der Aus- und Weiterbildung von Lehrpersonen um (Metzger et al., 2022). Diese Kooperationen von Fachhochschulen und Pädagogischen Hochschulen ermöglichen einerseits das Konzipieren, Umsetzen und Beforschen von Lehrkonzepten in der Lehrer:innenbildung mit interdisziplinären Ansätzen. Andererseits unterstützen transdisziplinäre Massnahmen, wie der Einbezug von Schulklassen und Lehrpersonen der jeweiligen Zielstufe z.B. im Format des Lehr-Lern-Labors, den Transfer in den Unterricht auf der Volksschulstufe.

Ein gegenwärtiger Diskurs in der fachdidaktischen Forschung im MINT-Bereich beschäftigt sich mit dem Potenzial von kontextualisiertem Lernen, u.a. um das naturwissenschaftlich-technische Lernen näher an das Leben und die Interessen der Lernenden heranzuführen sowie das Verständnis für das jeweilige Fach zu verbessern (Habig et al., 2018; Sevian et al., 2018). Dabei wird der Grad der Authentizität als wichtiger Faktor eingestuft (Schüttler et al., 2021). Eine Forschungslücke stellt insbesondere die Wirkung des Einsatzes authentischer Kontexte mit physikalisch-technischem Bezug dar.

Im Rahmen der vorliegenden Dissertationsstudie wurde das Potenzial authentischer Kontexte im Bereich von Physik, Technik sowie Informatik zur Förderung affektiver Merkmale wie Interesse, Einstellungen und Fähigkeitsselbstkonzept auf der Ebene der Lehramtsstudierenden (Teilstudie I) und für Schüler:innen der Volksschule (Teilstudie II) untersucht. In der zweiteiligen Interventionsstudie wurden von 2017-2020 physikalisch-technische bzw. informatisch-technische Forschungsprojekte einer Fachhochschule als authentische Lernkontexte im Setting des Lehr-Lern-Labors eingesetzt (Rehfeldt et al., 2020). Die empirische Prüfung der Interventionswirkung in der Teilstudie I erfolgte jeweils über die Zeitdauer eines Semesters anhand eines quantitativen, quasi-experimentellen Prä-Inter-Post-Designs mit insgesamt N = 176 Lehramtsstudierenden und für die Teilstudie II als halbtägige Kurse in einem quantitativen Prä-Post-Design mit insgesamt N = 1 156 Schüler:innen vom 5. bis 9. Schuljahr.

Die in der Teilstudie I als Lernkontexte eingesetzten, aktuellen Forschungsprojekte der technischen Fachhochschule wiesen insgesamt hohe Werte für die Authentizität, den Alltagsbezug und die Interessenvalenzen auf, jedoch tiefe Werte für das Merkmal Besonderheit. Im Setting des Lehr-Lern-Labor-Seminars konnte ein signifikanter Anstieg des physikbezogenen Fähigkeitsselbstkonzepts (Möller & Trautwein, 2015) bei den angehenden Lehrkräften nachgewiesen werden.

Die empirischen Befunde der Teilstudie II erbrachten, dass die Technikeinstellungen von Schweizer Kindern und Jugendlichen sich hinsichtlich des Geschlechts und des Alters in allen sechs gemessenen Subdimensionen (Ardies et al., 2013) signifikant unterschieden. Die zwei jeweils halbtägigen MINT-Fördermassnahmen bewirkten teils genderspezifische Veränderungen der Technikeinstellungen bei den Schüler:innen (Makarova & Herzog, 2015; Ziegler et al., 2012).

Die Ergebnisse der vorliegenden Studie implizieren, dass diese interdisziplinäre Kooperation zwischen technischen Fachhochschulen und der Lehramtsausbildung es ermöglichen, stark fachlich geprägte Forschungsprojekte didaktisch aufbereitet als Lehr-Lern-Material einerseits zur Förderung des Professionswissens und -handelns angehender Lehrpersonen und andererseits transdisziplinär für den ausserschulischen MINT-Lerneinsatz auf der Volksschulstufe zu nutzen (Pawek, 2019; Rehfeldt et al., 2020).



 
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