15:45 - 16:15PROJEPS – Ein zweisprachiges Lehrmittelprojekt im Fach Bewegung und Sport an der Schnittstelle zwischen Lehrplan 21 und Plan d’études romand
Christelle Hayoz1, Ilaria Ferrari2, Benoît Lenzen3, Nicolas Voisard4, Serge Weber5
1HEP|PH FR; 2PH ZH; 3IUFE Genève; 4HEP BEJUNE; 5HEP VD
Einleitung
PROJEPS ist ein zweisprachiges, interinstitutionelles Forschungs- und Entwicklungsprojekt, mit dem Ziel evidenzbasierte, kompetenzorientierte sowie digitale Lehr- und Lernressourcen für den Bewegungs- und Sportunterricht der obligatorischen Schule (Harmos 1H-11H) zu entwickeln. Der kompetenzorientierte Ansatz stützt sich auf den Lehrplan 21 (D-EDK, 2017) in der Deutschschweiz sowie den Plan d’études romand (CIIP, 2010) in der Westschweiz.
Problemstellung
Auf theoretischer Ebene besteht mittlerweile ein einheitliches Verständnis der Kompetenzorientierung im Bewegungs- und Sportunterricht (Meirieu, 2005; Delignières & Garsault, 2004; Feindt & Meyer 2010; Hayoz et al., 2021). Die Implementation im Bewegungs- und Sportunterricht hat jedoch noch Entwicklungspotential. Dies ist insbesondere darauf zurückzuführen, dass die kompetenzorientierte Didaktik (Delignières, 2009) hohe berufliche Kompetenzen erfordert, die voraussetzen, dass sogenannte komplexe Lehr-Lern-Aufgaben bzw. Situationen geplant, durchgeführt, begleitet und beurteilt werden können. Diese Lehr-Lernaufgaben bzw. Situationen verlangen von den Schülerinnen und Schülern im Bewegungs- und Sportunterricht unterschiedliche fachliche sowie überfachliche Kompetenzen (Weinert, 2001). Zudem setzt die Entwicklung solcher Kompetenzen mehrwöchige Unterrichtseinheiten voraus, welche im Widerspruch zu den noch mehrheitlich üblichen, eher fragmentierten Unterrichtspraktiken stehen. Eine Hypothese für diese Diskrepanz könnte sein, dass die aktuellen sportunterrichtenden Lehrpersonen in ihrer Ausbildung mehrheitlich einen anderen methodisch-didaktischen Ansatz vermittelt erhalten haben. Bis heute sind trotz des Interesses und der Erwartungen, die in früheren Forschungsarbeiten identifiziert werden konnten (Lenzen & al., 2022), fachspezifische kompetenzorientierte Lehrmittel in der Schweiz dürftig.
Methode
PROJEPS beruht auf einem Kollektiv von Ausbilderinnen und Ausbildern mehrerer tertiärer Bildungsinstitutionen (HEP-BEJUNE, HEP|PH Freiburg, Universität Genf, HEP Vaud, PH Zürich). Die Erstellung der Ressourcen funktioniert nach dem Prinzip des «Didactic Engineering» (Barquero & Bosch, 2021). Zweisprachige Redaktionsduos, die auf die jeweiligen Schulstufen (1-2H, 3-4H, 5-6H, 7-8H und 9-11H) spezialisiert sind, verfassen die Projekte. Diese werden von den Expertinnen und Experten, die in einer Steuergruppe zusammenkommen, validiert. In enger Zusammenarbeit mit freiwilligen Lehrpersonen der Zielstufe werden die Projekte in französisch- und deutschsprachigen Klassen erprobt. Schliesslich werden die Projekte unter Berücksichtigung der Rückmeldungen aus der Praxis überarbeitet.
Erwartete Ergebnisse
Auf der Grundlage eines gemeinsam erstellten Kompetenzrahmens, der auf den beiden Lehrplänen LP21 und PER basiert, werden vier schulstufenspezifische Unterrichtsprojekte (Tanz/Zirkus, Geräteturnen/Akrobatik/Parkour, Leichtathletik und Mannschaftspiele) erstellt. Jedes Projekt umfasst Unterrichtsbausteine, eine Anwendungssituation, eine Evaluationssituation inklusive Evaluationstool sowie Ressourcen für den Unterricht. Die Projekte werden von Videoclips begleitet, die in den teilnehmenden Klassen gefilmt wurden, mit dem Ziel, einen kurzen direkten Einblick in das Projekt zu geben. Dieses Forschungs- und Entwicklungsprojekt wird durch die Implementierung der Unterrichtsprojekte über die Weiterbildung sowie die Durchführung mehrerer Forschungsarbeiten vervollständigt.
16:15 - 16:45Ganzheitliche Bewegungsförderung in Schulen mit Tagesstrukturen
Ilaria Ferrari, Johanna Kress, Patricia Schuler
PH Zürich, Schweiz
Die Einführung von Schulen mit Tagesstrukturen in der Schweiz führt dazu, dass Kinder und Jugendliche deutlich mehr Zeit in der Schule verbringen (Rauschenbach et al., 2012). Die Schulen mit Tagesstrukturen übernehmen in diesem Wandlungsprozess u.a. die Verantwortung für die Entwicklung von angemessenen und vielfältigen Bewegungs- und Sportangeboten für Kinder und Jugendliche (Naul & Neuber, 2021), die sich an der Schnittstelle zwischen regulärem Sportunterricht und Vereinstraining, zwischen formalen, non-formalen und informellen Lernmöglichkeiten sowie zwischen Ganztagsbetreuung und Bildung befinden (Neuber, 2008). Neben sozialen Lernmöglichkeiten bieten sie auch spielerische Begegnungen in der Bewegung sowie innere Ausgeglichenheit und Erholung (Cartmel et al., 2023)
Mit dem Ausbau von Tagesstrukturen werden die beiden Institutionen Schule und Betreuung bzw. deren professionelle Vertreter/innen mit der gemeinsamen Aufgabe der Erziehung und Bildung betraut. Der Ausbau von Tagesstrukturen wird somit als Chance gesehen, die Qualität und Wirkung von Schule insgesamt zu verbessern (Hildebrandt-Stramann, 2018).
Mit dem Projekt «Sport in Schulen mit Tagesstrukturen – SINTA» werden unterschiedliche ausserunterrichtliche sport- und bewegungsorientierte Aktivitäten (wie z.B. die offene Turnhalle während der Mittagpause und freiwillige Schulsportkurse am Nachmittag) an Schulen angeboten, bzw. optimiert, mit dem Ziel einer ganzheitlichen und nachhaltige Bewegungsförderung und einer kindgerechten Rhythmisierung des Schulalltags zu erreichen. Dabei sollten sowohl motorische als auch sozial-kognitive Kompetenzen (z.B. Kooperation) gefördert und gefordert werden, welche für die physische und psychische Gesundheit von Bedeutung sind (Kemmis, 2023). Um dies Ziel zu erreichen, werden neu Betreuungspersonen sportdidaktisch aus- und weitergebildet, damit sie Bewegungsaktivitäten wie die offene Turnhalle oder Spiel auf dem Pausenplatz anbieten können.
Nach einer ersten Bedarfsanalyse wurde im ersten Jahr die Optimierung der ausserunterrichtlichen Angebote und die Durchführung der Aus- und Weiterbildung des Betreuungspersonals avisiert und anschliessend die Schülerinnen und Schüler sowie die Betreuungspersonen zu den Angeboten und der sportdidaktischen Aus- bzw. Weiterbildung befragt. Am Schluss des Projektes, nach einer zweijährigen Begleitungs- und Optimierungsphase wird die Evaluation wiederholt, um die Nachhaltigkeit und die Effekte zu überprüfen.
Anhand der ersten quantitativen Ergebnisse basierend auf der Befragung der Schülerinnen und Schüler der 1. bis zur 5. Primarschulklassen, kann aufgezeigt werden, wie die Ausserunterrichtliche Zeit an der Schule aus der Perspektive der Schüler:innen genutzt werden und wie sie bezüglich ihrer Qualität und Wirkung wahrgenommen werden. Ebenfalls kann anhand der Befragung des Betreuungspersonals in zwei Projektschulen die Qualität der Weiterbildung evaluiert werden. Einerseits wird dargelegt, welchen Beitrag die sportdidaktische Weiterbildung auf die Professionalisierung der Betreuungsperson leistet. Andererseits wird die Umsetzung der Bewegungsaktivitäten in der Betreuungszeit untersucht.
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