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Bitte nicht so genau nehmen. Über das Phänomen, Aufgaben im Literaturunterricht ‚nicht wirklich‘ ernsthaft verfolgen zu sollen.
Torsten Pflugmacher
Universität Göttingen, Deutschland
Mit einem kritischen Gebrauch des Kulturbegriffs kann man der inflationären Rede von ‚Aufgabenkultur‘ die Frage nach Strukturen und Kontexten von ‚Aufgabenunkulturen‘ entgegenstellen. Kognitionspsychologische Ansätze in der Aufgabenkonstruktion kritisieren die Unschärfen von produktionsorientierten oder subjektorientierten Verfahren, umgekehrt werden die Aufgabenstellungen der psychologisch geschulten AufgabenkonstrukteurInnen von VertreterInnen der vermeintlich ganzheitlichen Aufgabenentwicklung als kleinschrittig kritisiert.
Auf der einen Seite wird blind ‚gelernt‘, auf der anderen bereitwillig gemacht und oft eher ‚gekonnt‘, anstelle den Erwerb neuer Fähigkeiten anzubahnen. Beide Konzepte haben eine erzieherische Wirkung auf die Lernenden hinsichtlich des zum Schulgegenstand gewordenen literarischen Gegenstands.
Im Vortrag sollen die erzieherischen Nebenwirkungen der vermeintlich lebensweltlichen/subjektorientierten Aufgaben anhand von Lehrmaterial und Unterrichtstranskripten vorgestellt und diskutiert werden. Was hält die SchülerInnen davon ab, diese Aufgaben als nicht ernsthaft bewältigbar abzulehnen? Könnten die Ergebnisse anders als beliebig sein? Wie wird damit im Unterricht sachbezogen umgegangen? Die Analyse erfolgt objektiv-hermeneutisch und soll insbesondere das Problem der Erziehung zur Unernsthaftigkeit im Modus von Didaktik fokussieren.
"Und nur einer hat protestiert" - Zumutungen in der Interaktion zwischen Lehrkräften und Schülerinnen und Schülern im Unterricht
Jan-Simon Zimmermann
Technische Universität Dortmund, Deutschland
Erziehung im Unterricht kann als etwas angesehen werden, das in Praktiken (re-)produziert und sozial hergestellt wird. Ziel des Vortrages ist es, anhand einer praxeologisch fundierten Rekonstruktion von Interaktionen zwischen Lehrkräften und Schüler*innen einen Beitrag zur Logik und (Eigen-)Struktur von Erziehung zu leisten.
Begriffstheoretisch wird Erziehung als Zumutung von Handlungsorientierungen verstanden (Nohl, 2018). Unterrichtstheoretisch geht es in Dimensionen der Interaktionsordnung um Momente des Mut-Machens und Zutrauens sowie des Verlangens von Handlungsweisen und wie diese inszeniert werden (Breidenstein, 2010).
Datengrundlage bildet videographierter Unterricht in der Primar- und Sekundarstufe. Im Fokus stehen die Interaktionen zwischen den Lehrkräften unterschiedlicher Professionen und den Schüler*innen. Das Material wird anhand der dokumentarischen Videointerpretation (Bohnsack, 2011) sowie der dokumentarischen Unterrichtsforschung (Asbrand & Martens, 2018) rekonstruiert.
Es wird eine sinngenetische Typenbildung vorgestellt, die u.a. anschlussfähig an Diskurse und Praktiken über Sorge, Delegierung, Disziplinierung und Ambivalenz ist.
Ein Diskussionspunkt sind die Passungsverhältnisse zwischen Lehrkräften und Schüler*innen (Asbrand & Martens, 2020), die sich im Kontext der Unterrichtsdurchführung und dem Verhältnis von Erziehung im doppelten Sinne ausdrücken. Zudem wird die normative Struktur von Erziehung als Untersuchungsgegenstand diskutiert (Meseth, 2011).
Die erzieherischen Dimensionen des Unterrichts
Lars Wicke, Kerstin Rabenstein
Georg-August Universität Göttingen, Deutschland
Mit dem Begriff der Erziehung ist im Kontext Schule oftmals eine normative Aufladung verbunden. Erziehung scheint so mit den Voraussetzungen des schulischen Lernens im Sinne einer Disziplin, sowie mit dessen Zielperspektive, nämlich Bildung, verbunden zu sein. In unserem Vortrag wollen wir die Frage nach der erzieherischen Dimension des Unterrichts aus einer praxistheoretischen Perspektive stellen. Wir folgen der These, dass Unterricht als eine soziale Ordnung immer wieder neu in Praktiken hergestellt wird (Schatzki 2002; Reh, Rabenstein, Idel 2011, S. 214), dass dem Vollzug von Unterricht insofern eine bestimmte Normativität inhärent ist (Wagenknecht 2020) und dass vor diesem Hintergrund unterschiedliche Erziehungspraktiken beobachtbar werden (Wicke, Rabenstein i.E.).
In unserem Vortrag wir erstens unser praxistheoretisches Verständnis der erzieherischen Dimensionen von Unterricht. Zweitens gehen wir beispielhaft anhand eines Auszugs aus einem Protokoll teilnehmender Beobachtung aus einer ethnographischen Studie zur Konstitution der Schulklasse auf unterschiedliche Praktiken des Erziehens ein. Drittens differenzieren wir Praktiken des Erziehens, die wir auf Kontinuum zwischen impliziten und expliziten Varianten verorten. Wir schließen mit einem Resümee zur Frage, welchen Beitrag eine praxistheoretische Öffnung des Erziehungsdenkens für die schulpädagogische Forschung leisten könnte.