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Sitzungsübersicht
Sitzung
Arbeitsgruppe IV
Zeit:
Freitag, 12.09.2025:
11:00 - 13:00

Ort: HEL 166

Gebäude Helsinki, 1. Stock

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Präsentationen

‚Demokratie-Erziehung‘ in und durch Schule

Chair(s): Charlotte Dietel (FSU Jena), Daniel Diegmann (MLU Halle-Wittenberg), Anja Langer (Universtät Bremen), Anna Moldenhauer (Universität Bremen), Melanie Schmidt (MLU Halle-Wittenberg)

Die Arbeitsgruppe reflektiert das Verhältnis von Demokratie und Erziehung mit Fokus auf Lehrer*innen. Diese werden hinsichtlich des Verhältnisses verschiedentlich positioniert: Sie sind Erzieher*innen, die in schulischen Interaktionsprozessen demokratische Werte an Schüler*innen vermitteln sollen, sie kommen als politische Akteur*innen ins Spiel, die Demokratie in Erziehungsprozessen praktizieren und sie können als Adressierte von Demokratieerziehung in den Blick geraten (etwa in Fortbildungen).

Lehrer*innen agieren als Mitglieder der Organisation Schule, die für die strukturierte Weitergabe gesellschaftlicher Tradierungsbestände an die jüngere Generation – u.a. qua Erziehung – eine bedeutsame Stellung einnimmt. Teilweise vollzieht sich die schulische Weitergabe ambivalent. Während in Schule einerseits Demokratieerziehung praktiziert wird, indem u.a. ein produktiver Umgang mit Differenz eingeübt wird, werden gesellschaftliche Ungleichheitsverhältnisse andererseits reproduziert (z. B. Gomolla & Radtke 2009). Gleichheit und Differenz erweisen sich in der Schule und in schulischen Formen von ‚Demokratie-Erziehung‘ als spannungsvoll aufeinander bezogen.

Die damit verbundenen Relationierungen werden in der Arbeitsgruppe aufgegriffen und dabei Überlegungen aus Schultheorie, Erwachsenenerziehung und schulischer Demokratieerziehung miteinander verknüpft. Wie stehen Erziehung und Sozialisation im Kontext schulischer Demokratiepädagogik zueinander im Verhältnis bzw. welche Spannungen zeigen sich? Welche Ambivalenzen resultieren aus einer Responsibilisierung von Lehrer*innen für Demokratieerziehung? Wie wird Erziehung in und durch Schule in antidiskriminierungsbezogenen Lehrer*innenfortbildungen konzipiert? Diesen und weiteren Fragen und Spannungen gehen wir in drei Beiträgen der Arbeitsgruppe sowie in der übergreifenden Diskussion nach.

Beitrag 1:

Der Verweis auf Erziehung in/durch Schule aktualisiert die Frage nach dem schulischen Verhältnis von Erziehung und Sozialisation. Der theoretisch ausgerichtete Beitrag nimmt eine Systematisierung dieses Verhältnisses im Hinblick auf eine schulische Demokratiepädagogik vor. Er erörtert dementsprechend Möglichkeiten und Grenzen eines schulischen „democracy buildings“ im Spannungsfeld von Erziehung und Sozialisation: So gilt die Integration von Schüler*innen in eine demokratisch verfasste Gesellschaft qua Leistungsdifferenzierung einerseits als eine der zentralen sozialisatorischen Leistungen der Schule (Dreeben 1980). Gleichzeitig setzen zahlreiche Schulkritiken an den Nebeneffekten einer solchen Erziehung durch Schule an (Zinnecker 1975), denen dann Konzepte einer partizipativen Demokratieerziehung in Schule entgegengesetzt werden (Heinzel & Geiling 2004). Auch diese können sich den sozialisatorischen Nebeneffekten einer Verschulung von Demokratisierungsprozessen jedoch kaum entziehen.

Beitrag 2:

Angesichts sinkender Zustimmung zur bestehenden Demokratie bei zugleich wachsender Unterstützung demokratiefeindlicher Positionen (Decker et al. 2024) werden im gesellschaftlich polarisierten Klima verstärkt Rufe nach einer Stärkung von Demokratieerziehung an Schule laut, die dort flächendeckend als fächerübergreifende Querschnittsaufgabe verankert ist (u.a. KMK 2018; Dempki & Josting 2021). Im Namen der Verteidigung der Demokratie erfolgen ‚erzieherische‘ Zugriffe auf Schule und ihre Lehrkräfte, die Haltung zeigen, sich positionieren und als ‚Agenten der Demokratie‘ Verantwortung übernehmen sollen (u.a. Berkemeyer et al. 2023; SWK 2024). Der Vortrag untersucht diskursanalytisch, wie diese Adressierungen in bildungspolitischen Dokumenten erfolgen (Ricken et al. 2017) und reflektiert die Ergebnisse vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklung zunehmender rechtspopulistischer Einflussnahmen (Hempel & Kiess 2023) sowie struktureller Widersprüche von Demokratieerziehung als fächerübergreifender Querschnittsaufgabe.

Beitrag 3:

Im Vortrag möchten wir die – vor allem begriffstheoretisch geführten – Kontroversen um eine Erwachsenen-Erziehung (vgl. z.B. Holzer 2022) empirisch wenden. Wir nehmen dafür Lehrkräftefortbildungen zu schulischer Antidiskriminierung in den Blick, die als Element von Demokratiepädagogik verstanden werden. Die Fortbildungen zielen darauf, Handlungsorientierungen von Lehrpersonen zu verändern (vgl. Nohl 2023) und können damit ihrem Anspruch nach als erzieherisch verstanden werden. Anhand rekonstruktiver Analysen ethnographischer Daten möchten wir denjenigen Praktiken in den Fortbildungen nachgehen, die sich als erzieherisch zeigen. Wir fragen danach, wie diese Praktiken als Erziehung relevant werden und wie sie ihre Bedeutung als eine solche de-thematisieren. Unter der Annahme, dass die Fortbildungen – und die in sie eingelagerten Erziehungszumutungen – mit dem Ziel konzipiert sind, auch die schulische Praxis von Lehrkräften selbst zu verändern, stellt sich die Frage nach dem Verhältnis zwischen der Erziehung durch Fortbildungen und der Erziehung in der Schule.

 

Beiträge des Symposiums

 

Zur Aktualisierung des Verhältnisses von Erziehung und Sozialisation im Kontext schulischer Demokratiepädagogik

Maike Lambrecht
Universität zu Köln, Universität Bielefeld

 

Demokratieerziehung unter Druck: Adressierungen von Schule und Lehrkräften in polarisierten Zeiten

Christopher Hempel
MLU Halle-Wittenberg

 

Demokratiepädagogische Erziehung von Lehrer*innen für die Erziehung von Schüler*innen

Charlotte Dietel1, Daniel Diegmann2, Anja Langer3, Anna Moldenhauer3, Melanie Schmidt2
1FSU Jena, 2MLU Halle-Wittenberg, 3Universität Bremen



 
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