Veranstaltungsprogramm

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Sitzungsübersicht
Sitzung
Session Einzelbeiträge III
Zeit:
Donnerstag, 11.09.2025:
11:00 - 13:00

Ort: HEL 166

Gebäude Helsinki, 1. Stock

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Präsentationen

Doing racial school?! Schulische Erziehungspraktiken im Kontext neoliberalisierter Rassismen

Magnus Frank, Steinbach Anja

Europa-Universität Flensburg, Deutschland

Versteht man das ,Comeback der Erziehung‘ als ein mehr oder minder einschneidendes diskursives Ereignis erziehungswissenschaftlicher Theorie- und Begriffsbildung, dann ergeben sich für rassismuskritisch orientierte Schulforschungen (Melter & Mecheril 2009) mindestens zwei Möglichkeiten, an hegemoniale erziehungswissenschaftliche Diskurse anzuschließen und Anfragen an diese zu formulieren.

Erstens rückt das Interesse an Erziehung in und durch Schule die normative Dimension schulischer Räume und Erfahrungen in den Fokus. Aus rassismuskritischer Perspektive werden damit etwa Analysen all jener Prozesse, Routinen und Praktiken bedeutsam, die Schule in nationalstaatlich codierten migrationsgesellschaftlichen Ordnungen institutionalisieren. Zweitens werden mit Erziehung in und durch Schule auf Seiten der Subjekte auch deren widerständige Werdungsprozesse thematisch. Rassismuskritische Theoriebildung liefert hier Einsichten in die Persistenz von Subjektivationsprozessen im Kontext differenzbezogener Zugehörigkeitsordnungen.

In dieser Perspektivierung diskutiert der Beitrag ethnographische Einblicke der BMBF-Nachwuchsgruppe „Kontinuitäten und Neuformierungen von Institutionellem Rassismus in der Schule“ (Frank et al. 2025). Anhand unterschiedlicher Schulen und Schulformen wird die Vielgestaltigkeit und Etabliertheit von Erziehungspraktiken aufgezeigt, die als schweigsame und laute Rassialisierungen schulischer Normalität hervortreten und mit neoliberalen Orientierungen verwoben sind.



Disziplinierung durch Schule? Allgemeine und spezifische Disziplinierung in schulischer Praxis der Grundschule

Jan Wolter

Europa-Universität Flensburg, Deutschland

Ausgehend von meinem Promotionsprojekt, in dem ich aus einer migrationspädagogischen Perspektive Disziplinierungspraktiken in der Grundschule ethnografisch und theoretisch-empirisch (Kalthoff u.a.; Kelle 2013; Mecheril 2025 i.E.) untersucht habe, frage ich danach, wie Erziehung durch Schule in einer differenz- und artikulationstheoretisch (Gottuck/Hoffarth 2022; Rangger 2024) sowie praxistheoretisch (Alkemeyer/Buschmann 2019) informierten Perspektive analysiert werden kann.

Mit Disziplinierung (Foucault 1994; Sobiech 2022) untersuche ich Phänomene schulischer Praxis, die materiell-physisch am Körper ansetzen und durch Kontrolle und Eingewöhnung in eine Ordnung bringen. Ich setze voraus, dass schulische Praxis durch Differenzordnungen (Dirim/Mecheril 2018) wie Rassismus oder Sexismus vermittelt ist und vermittelt. Ich fokussiere mit Disziplinierung auf die Materialität schulischer Praxis, die macht- und zuweilen gewaltvoll auf Subjekte einwirkt, um eine Selbstführung durch Fremdführung herauszubilden (Benner 2015; Brumlik 2017). Ausgehend von Protokollausschnitten unterscheide ich zwischen einer allgemeinen Disziplinierung, die Kinder zu Schüler*innen macht, und einer Disziplinierung, die spezifische Machtwirkungen über die Kinder entfaltet, und frage, wie zwischen Konformität und Abweichung der (Selbst-)Führung von Körpern unterschieden wird, und wie diese Spaltung Lernen ermöglich/verhindert und mit Herrschaftsverhältnissen verwoben ist (Khakpour 2023; Steinbach u.a. 2020).



Autoritäre Erziehung und Disziplinierung war gestern!? Substitutionen erzieherischer Autorisierungen und ihre Folgen für die Profession

Sophia Richter2, Thorsten Merl1

1Universität Koblenz, Deutschland; 2Pädagogische Hochschule Vorarlberg, Österreich

Über viele Jahrzehnte gültige und gängige ‘Erziehungsmittel’, wie Disziplinierung, Strafen, autoritäre Erziehung, Einfordern von Unterwerfung und Gehorsam lassen sich heute kaum noch (pädagogisch) legitimieren. Sie gelten als unpädagogisch und sind negativ konnotiert – teilweise werden sie mittlerweile auch staatlich sanktioniert, wie z.B. körperliche Züchtigungen.

Zugleich werden aber die Zustände Disziplin und anerkannte Autorität zumeist als erstrebenswerte und wichtige Zustände erachtet. Sie werden als Voraussetzungen pädagogischen Handelns eingefordert und positiv bewertet.

Daraus folgt – so der Ausgangspunkt unserer Studie – eine eingeschränkte pädagogische Autorisierung: Ein pädagogischer Zustand soll sein, aber die traditionellen Wege dorthin gelten als illegitim. Pädagog:innen sind nur noch bedingt legitimiert, herzustellen, was als Bedingung der Möglichkeit ihres Handelns gilt.

Diese Leerstelle der Autorisierung erzieherischen Handelns untersuchten wir im Rahmen einer diskursanalytischen Studie. Hierfür analysierten wir Erziehungsratgeber entlang folgender Fragen: Wie wird die mangelnde erzieherische Autorisierung mittels verschiedenster Programme, Ansätze und Maßnahmen substituiert? Welche übergeordneten Strategien der (erzieherischen) Autorisierung lassen sich darin ausmachen? Welche Effekte haben die ‚neuen Autorisierungsstrategien‘ der Erreichung von Disziplin und Autorität für die Profession? Der Vortrag präsentiert die zentralen Ergebnisse der Studie.