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E17: Demokratiebildung
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Partizipation im Unterricht als Beitrag zur Demokratiebildung: Entwicklung von Digitalisierungsbausteinen für die Lehrer:innenbildung 1Universität Leipzig, Deutschland; 2Friedrich-Schiller-Universität Jena, Deutschland Digital gestützte Schulentwicklung stellt ein Entwicklungsfeld dar, in dem partizipative Unterstützungsstrukturen zwischen den Lehrkräften benötigt und kollegialer Austausch gefördert werden (Tulowitzki et al., 2021). „Demokratiebildung“ als ein in Wissenschaft und Bildungspolitik genutzter Begriff kennzeichnet den demokratischen Bildungsauftrag von Schule insgesamt als Querschnittsaufgabe aller Fächer (KMK, 2018). Das Konzept der Demokratiebildung greift traditionelle Ansätze der politischen Bildung und der Demokratiepädagogik auf und integriert sie zu einem gemeinsamen Konzept schulischen Demokratielernens (Kenner & Lange, 2020). Die demokratiepädagogische Komponente setzt dabei deliberative und partizipationsorientierte Lerngelegenheiten voraus, in denen demokratiefördernde Grundwerte (z.B. Toleranz, Respekt, Gewaltverzicht, Solidarität) im Rahmen zwischenmenschlicher (Alltags-)Interaktionen im Unterricht (vor allem Lehrpersonen-Schüler:innen-Interaktionen) für Kinder und Jugendliche erleb- und erfahrbar gemacht werden (Sant, 2019). Im Sinne der Demokratiebildung widmet sich das vorliegende Projekt der Entwicklung einer digitalen Fortbildungsreihe zur Förderung partizipativer Unterrichtskulturen. Die Fortbildungsreihe adressiert (angehende) Lehrpersonen in allen Ausbildungsphasen und besteht aus Digitalisierungsbausteinen, die sich dem Thema aus Sicht von wissenschaftlicher und praktischer Evidenz sowie damit verbundener Zugänge für die Unterrichtspraxis widmen. Für die Entwicklung der Bausteine werden bestehende digitale Werkzeuge in Kooperation mit Lehrkräften angepasst. Als Element praktischer Evidenz entsteht beispielsweise ein Videocast mit Schulleiter:innen innovativer Schulen zur Einbettung digitaler Werkzeuge zur Unterrichts- und Schulentwicklung. Zugänge in die Unterrichtspraxis werden beispielhaft durch das OER-Tool „Talkwall“ zur lernförderlichen Unterrichtskommunikation (Warwick et al., 2020) oder dem „Dialogic Teaching Questionnaire“ (DTQ; Gröschner et al., 2020) als Web App zur partizipativen Einbindung von Schüler:innen in das Unterrichtsgespräch veranschaulicht. Im Vortrag werden die Digitalisierungsbausteine als modellhafte Entwicklungskonzepte für eine systematische, nachhaltige und fachübergreifende Demokratiebildung im Kontext der Lehrer:innenbildung vorgestellt. Darüber hinaus werden erste Ergebnisse zur Implementation präsentiert und im Kontext des Themas Digitalisierung in der Lehrkräftebildung diskutiert (Runge et al., 2023). Literatur Gröschner, A., Hennessy, S., & Kershner, R. (2020). Dialogic classroom teaching scale (teacher and student version). Jena und Cambride. Kenner, S. & Lange, D. (2019). Digital Citizenship Education. Challenge and Opportunity. Scuola democratica, Learning for Democracy, 4, S. 47–55. KMK (2018): Demokratie als Ziel, Gegenstand und Praxis historisch-politischer Bildung und Erziehung in der Schule. https://www.kmk.org/fileadmin/Dateien/veroeffentlichungen_beschluesse/2009/2009_03_06-Staerkung_Demokratieerziehung.pdf. Runge, I., Lazarides, R., Rubach, C., Richter, D., & Scheiter, K. (2023). Teacher-reported instructional quality in the context of technology-enhanced teaching: The role of teachers’ digital competence-related beliefs in empowering learners. Computers & Education, 198, 104761. https://doi.org/10.1016/j.compedu.2023.104761 Sant, E. (2019). Democratic education: A theoretical review (2006–2017). Review of Educational Research, 89(5), 655–696. Tulowitzki, P., Grigoleit, E., Haiges, J., Kruse, C., & Gerick, J. (2021). Schulleitungen und digitale Schulentwicklung. Impulse zur Stärkung von Professionalisierungsangeboten. Forum Bildung Digitalisierung. Warwick, P., Cook, V., Vrikki, M., Major, L., & Rasmussen, I. (2020). Realising ‘dialogic intentions’ when working with a microblogging tool in secondary school classrooms. Learning, Culture and Social Interaction, 24, 100376. Digitale Partizipation als Entwicklungsantinomie für die Schülervertretung(-sbegleitung) Friedrich-Schiller-Universität Jena, Deutschland Als lernende Organisation in der digitalen Welt steht Schule vor der Herausforderung sich nicht nur bildungs- und sozialisationsangemessen mit dem technisch induzierten Wandel von Bildungsmedien und Arbeitsprozessen auseinanderzusetzen. Es gilt auch der Anforderung gerecht zu werden, den Wandel soziokultureller Praktiken von Schule zu identifizieren, werteorientiert mitzugestalten und ggf. in seinen Abläufen und Organisationsstrukturen zu integrieren. Dabei sind in Schule nachweislich insbesondere die nach innen gerichteten Kommunikations- und Kollaborationsstrukturen von den digitalisierten Wandlungsprozessen betroffen (vgl. Welling et al. 2015). Auf Ebene der erwachsenen AkteurInnen in Schule konnte hierfür in der Forschung bereits die Bedeutung der kooperativen und partizipativen Gestaltung digitaler Change-Prozessbegleitung unter Anerkennung der spannungsreichen Aushandlungsrealitäten (vgl. Viertel et al. 2022) herausgearbeitet werden. Als größte Statusgruppe der Schule und als Vorbereitung für eine nachhaltige Koordination aller an Schule beteiligter AkteurInnen im Mehrebenensystem Schule bedarf allerdings auch die Schülerschaft Raum und Beratung(-sressourcen), um sich mit den eigenen Strukturen von Selbstverwaltung und Mitbestimmung unter den Vorzeichen der digitalen Transformation zu beschäftigen. In repräsentativer Verantwortung hierfür stehen die SchülervertreterInnen der Schulen. Auch für sie stellt sich also die Frage, wie eine kooperativ und partizipativ gestaltete digitale Transformation bzw. Erweiterung ihres Arbeitsalltags gelingen kann. Das Projekt „DieP-SV" (= Digitale Partizipation und Schülervertretung), erarbeitet dafür ein Fortbildungsangebot, mit deren Hilfe Beratungslehrkräfte, aber auch SchülervertreterInnen selbst im Anstoßen solcher Entwicklungsprozesse gestärkt werden. Der Vortrag hat zum Ziel, die Ambivalenzen digitaler Schülerpartizipation zu adressieren und im Anschluss Vorschläge für einen reflektierten Umgang für die digitale Demokratisierung von Schule zu diskutieren. Dabei setzt der Vortrag an der in Schule immanent verfassten Strukturparadoxie von Fremd- und Selbstbestimmung (vgl. Winkel 1988) an, die sich in Bezug auf den „Partizipationsraum Schule“ (Mayrberger 2019) für die Schülervertretung in „Symmetrie- und Machtantinomien“ sowie „Autonomie- und Heteronomieantinomien“ (Helsper 1996) manifestieren und zu inkonsistenten Anspruchskulturen für die SV-Tätigkeit und deren beratenden Begleitung führen. Diese haben sich in Kurzformeln wie 'Wir begegnen uns auf Augenhöhe, aber erst in der Schulkonferenz' oder 'Beteiligt euch! Aber freiwillig' in den kritischen Diskurs über SV-Beratung eingebrannt. In Bezug auf die Modifizierung der Handlungsspielräume und -rollen durch digitale Beteiligungsarrangements stellt sich die Frage, inwiefern neue Paradoxien entstehen („Paradoxisierung“, Hug 2022), bekannte Paradoxien neu akzentuiert („Re-Paradoxierung“, ebd.) oder alte überwunden werden können („Ent-Paradoxierung“, ebd.).Die Aufarbeitung eines solch differenzierten Verständnisses vom Anspruch digitaler Demokratisierung von Schule eröffnet nicht nur theoretische Perspektiven für weiterführende Forschung, sondern auch in Hinblick auf die praktische Entwicklung von Fortbildungsmaterialien hilfreiche Reflexionsimpulse für die Anerkennung von Widersprüchen. Literaur:. Helsper, W. (1996). Antinomien des Lehrerhandelns in modernisierten pädagogischen Kulturen. In: Combe, A./Helsper, W. (Hg.), Pädagogische Professionalität. Frankfurt a. M.: Suhrkamp, 521-570. Hug, T. (2022). Paradoxien virtueller Partizipation. Sondierungen im Spannungsfeld ko-kreativer Gestaltung von freien Bildungsmedien und globaler Bildungsindustrie. In: Marci-Boehncke, G. et al. (Hg.), Medien-Demokratie-Bildung. Ethik in mediatisierten Welten, Wiesbaden: Springer VS. Mayrberger, K. (2019). Partizipative Mediendidaktik. Gestaltung der (Hochschul-)Bildung unter den Bedingungen der Digitalisierung. Beltz Juventa. Viertel, M. /Breiter, A./Zeising, A./Detlof, D. (2022). Digitalisierung als Daueraufgabe. In: Medien Pädagogik 49 (Schulentwicklung): 450–471. Welling, S./Breiter, A./Schulz, A. (2015). Mediatisierte Organisationswelten in Schulen. Wiesbaden: Springer VS. Wessel, L./ Baiyere, A./ Ologeanu-Taddei, R./ Cha J./ Blegind Jensen, T. (2021). Unpacking the Difference Between Digital Transformation and IT-Enabled Organizational Transformation. In: Journal of the Association for Information Systems 22 (1), 102–29. Winkel, R. (1988). Antinomische Pädagogik und Kommunikative Didaktik. Studien zu den Widersprüchen und Spannungen in Erziehung und Schule. Berlin: Cornelsen Verlag. KI und Demokratie? Lehrkräftefortbildungen zur Einbindung von Schüler:innen in eine digitale und demokratische Transformation in Schulen. Universität Münster, Deutschland KI und Demokratie? Lehrkräftefortbildungen zur Einbindung von Schüler:innen in eine digitale und demokratische Transformation in Schulen. Hintergrund: Künstliche Intelligenz (KI) beeinflusst bereits maßgeblich Wirtschaft und Gesellschaft (OECD, 2022) und wird voraussichtlich in der Zukunft bedeutende Veränderungen unter anderem für weltweite Arbeitsmärkte (World Economic Forum, 2023) sowie Bildungskonzepte (Schleicher, 2021) nach sich ziehen. Im Rahmen einer Digital Citizenship Education, die den Umgang mit KI einschließt (Vuorikari et al., 2022), haben Bildungssysteme in demokratischen Gesellschaften daher nicht nur die Aufgabe, Schüler:innen im Umgang mit KI zu schulen, sondern sie auch zur Teilnahme an Diskussionen über deren gesellschaftliche Nutzung und Regulierung zu befähigen. Ein Ansatz hierfür ist es, Schüler:innen aktiv in digitale Transformationsentscheidungen / Transformationsprozesse einzubeziehen. Projektziel: Dieses Projekt zielt darauf ab, das Potenzial insbesondere von textgenerierender KI wie ChatGPT zur gemeinsamen Gestaltung einer Kultur der Digitalität in Schulen und im Unterricht zu nutzen. Es werden Lehrkräftefortbildungen entwickelt und evaluiert, die Lehrkräfte und Schüler:innen in die Gestaltung von Experimenten zur digitalen Transformation, einschließlich KI-integrierter Prüfungsformate, einbinden sollen (Stalder, 2016; Stalder & Kuttner, 2022). Methodik: Das Projekt folgt einem designbasierten Forschungsansatz (DBR, siehe z. B. Anderson & Shattuck, 2012; McKenney & Reeves, 2019). Es umfasst drei Elemente: · Prototypenentwicklung mit Lehramtsstudierenden: Zunächst wird das Konzept in einem Prototypen-Workshop erarbeitet, wobei erste Ideen zur Schüler:innenpartizipation bei digitalen Transformationsprozessen entwickelt und bewertet werden. · Workshops mit Lehrkräften und Seminarleitenden: Basierend auf den Erkenntnissen des Prototyps wird in zwei weiteren Workshop-Zyklen das Konzept praxisnah umgesetzt und durch Evaluationsstudien weiterentwickelt. · Multimethodische Begleitevaluation: In allen Phasen erfolgt eine Evaluation der Workshops und des Prototyps durch Beobachtungen, Diskussionen, sowie Interviews und kleineren Umfragen, um Erkenntnisse für die kontinuierliche Verbesserung des Programms zu gewinnen. Workshops: Die zentralen Workshops bieten den Lehrkräften Grundlagenwissen über den Einsatz von KI und Partizipationsmöglichkeiten im Kontext von Schulentwicklung. Die dort entwickelten innovativen Lehr- und Prüfungskonzepte werden als Experimente betrachtet, die auch über den eigenen Unterricht hinaus transformative Prozesse anstoßen sollen. Die Umsetzung der Workshops erfolgt in Zusammenarbeit mit Praxispartner:innen aus der Lehrkräftefortbildung (insb. Medienpädagogisches Zentrum Leipzig). Ergebnisse: Ergebnisse aus der Durchführung des Prototyps zeigten uns die Herausforderungen, die die Beschäftigung mit den als disparat wahrgenommenen Bereichen KI und Demokratiebildung und ihrer Übertragung gerade auf den Fachunterricht, für angehende Lehrkräfte stellt. Teils fiel es den Studierenden schwer, den Anspruch der Schüler:innenpartizipation auf reale Wandlungsprozesse zu beziehen und durchführbare Konzepte zu entwickeln. Die Erkenntnisse aus dem Prototyp bildeten eine Grundlage für die Gestaltung des ersten Workshopzyklus. Zum Zeitpunkt der Präsentation werden erste Erfahrungen aus dem ersten Workshop-Zyklus vorliegen und mit dem Publikum diskutiert werden. Literaturverzeichnis Anderson, T. & Shattuck, J. (2012). Design-Based Research: A Decade of Progress in Education Research? Educational Researcher, 41(1), 16–25. https://doi.org/10.3102/0013189X11428813 Luka, I. (2014). Design Thinking in Pedagogy. Journal of Education Culture and Society, 5(2), 63–74. https://doi.org/10.15503/jecs20142.63.74 McKenney, S. E. & Reeves, T. C. (2019). Conducting educational design research (Second edition). Routledge. OECD. (2022). Harnessing the power of AI and emerging technologies: Background paper for the CDEP Ministerial meeting (OECD Digital Economy Papers Nr. 340). https://doi.org/10.1787/f94df8ec-en Schleicher, A. (2021). How smart can education get? Very smart. https://oecd.ai/en/wonk/digital-education-outlook-2021 Stalder, F. (2016). Kultur der Digitalität. Suhrkamp. Stalder, F. & Kuttner, C. (2022). Schule in der Kultur der Digitalität – Schule als Reflexionsraum. Im Gespräch mit Felix Stalder. In C. Kuttner & S. Münte-Goussar (Hrsg.), Schule und Gesellschaft. Praxistheoretische Perspektiven auf Schule in der Kultur der Digitalität (Bd. 62, S. 3–19). Springer Fachmedien Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-35566-1_1 World Economic Forum. (2023). Future of Jobs Report 2023. https://www3.weforum.org/docs/WEF_Future_of_Jobs_2023.pdf Vuorikari, R., Kluzer, S., & Punie, Y. (2022). DigComp 2.2: The digital competence framework for citizens: With new examples of knowledge, skills and attitudes. Publications Office of the European Union. Demokratieförderliche Bildung durch Schulpartnerschaften? Empirisch fundierte Impulse für die Weiterentwicklung schulischen Engagements im digital-globalen Kontext Otto-Friedrich-Universität Bamberg, Deutschland Im Rahmen des Kompetenzzentrums Globale Perspektiven digitaler-demokratischer Schulentwicklung (DiGiGlob) fragen wir nach Chancen und Herausforderungen, die sich aus der Digitalisierung für die demokratiefördernde Bildung im globalen Horizont ergeben. Im Sinne eines partnerschaftlich-partizipativen Verständnisses untersuchen wir zunächst die südliche Perspektive auf Prozesse, die mit Partnerschaften im globalen Kontext verbunden sind. Diese Einsichten ermöglichen es, Gelingensbedingungen für Schulpartnerschaften umfassender in den Blick zu nehmen und aus ihnen Impulse für Schulentwicklungsprozesse und Lehrerfort- und -weiterbildungen im eigenen Kontext zu gewinnen. Im geplanten Beitrag wird die Frage nach demokratieförderlicher Bildung in drei Schritten bearbeitet: Ein erster Teil ist theoretischen Grundlegungen im Spannungsverhältnis von demokratieförderlicher Bildung und den Herausforderungen durch digital-globale Bedingungen gewidmet. Im zweiten Teil werden empirische Befunde aus zwei qualitativen Teilstudien in sub-saharischen Ländern vorgestellt. Im dritten Teil werden auf dieser Grundlage Konturen zur Weiterentwicklung schulischen Engagements bzw. diesbezüglicher Lehrerfort- und weiterbildung im digital-globalen Kontext formuliert. Für den theoretischen Rahmen setzen wir in diesem Projekt theoretisch die Tatsache der Digitalität (Stalder, 2016) in der globalen Gesellschaft (Luhmann, 1982) für alle Kontexte voraus. Gleichzeitig gehen wir davon aus, dass Digitalität lokal, in unterschiedlichen Traditionen, mit unterschiedlichen Ressourcen und unter unterschiedlichen politischen Bedingungen realisiert wird. Wir haben es also mit einem glokalen Phänomen (Robertson, 1995) zu tun. In erziehungswissenschaftlicher und fachdidaktischer Perspektive beziehen wir Forschung zum Demokratielernen ein, die zunehmend demokratische Erfahrungen und Emotionen jenseits einer bloßen Vermittlung von demokratiebezogenem Wissen betont, und reflexive Bildungsprozesse auf transnationaler Ebene einklagt (Culp, 2019). Wir stützen uns auch auf Forschungen zu Süd-Nord-Partnerschaften, in denen deren Einbettung in Reflexionsprozesse als Voraussetzung für Nachhaltigkeit identifiziert werden kann (Krogull & Scheunpflug, 2013; Jääskeläinen, 2015; Bourn & Cara, 2012). Die Erhebung und Interpretation empirischen Daten aus Madagaskar, Kamerun und weiteren Ländern südlich der Sahara folgte drei Teilfragen, nämlich, (1) Was sind die Erfahrungen von Schulleitern und Verantwortlichen für Schulpartnerschaften und wie bringen sie diese mit der demokratiefördernden Bildung in Verbindung? (2) Welche digitalen Möglichkeiten und Ressourcen werden im Rahmen von Süd-Nord-Partnerschaften genutzt? (3) Welche förderlichen und hinderlichen Faktoren lassen sich für die Praxis von Süd-Nord-Partnerschaften identifizieren? Basierend auf der qualitativen Inhaltsanalyse von Gruppendiskussionen (n=8 mit insgesamt 39 Teilnehmenden) und qualitativen Experteninterviews mit Leitungspersonen von Schulträgern Interviews (n=10) können wir folgende Ergebnisse aufzeigen: Durch die Auseinandersetzung mit einer externen Perspektive wird das Verständnis von Demokratie in seiner Komplexität für alle Beteiligten erweitert. Die Teilnehmenden beschreiben den Erwerb von Kompetenzen zur Artikulation und Reflexion der eigenen Einbettung in eine spezifische Bildungs- und politische Kultur. Der praktische Umgang mit der Digitalität wird komplexer und für die Reflexion zugänglicher. Nicht unerwartete Herausforderung stellen materielle Ressourcen und (fremd-)sprachliche Kompetenzniveaus dar. Es gibt Hinweise darauf, dass politische Konstellationen es erschweren, Süd-Nord-Partnerschaften aufrechtzuerhalten, die demokratiefördernde Bildungsprozesse anregen können. Hinzu kommen unterschiedliche Einstellungen zu den Potenzialen und Problemkonstellationen der Digitalität, ein Spektrum von Demokratieverständnissen und die Notwendigkeit einer curricularen Harmonisierung. Aus diesen Einsichten können wir drittens Impulse für die Weiterentwicklung schulischen Engagements im digital-globalen Kontext entfalten, mit denen wir das Ziel verfolgen, die Chancen und Herausforderungen für hiesige Gegebenheiten anschlussfähig werden zu lassen. Diesbezügliche Lehrerfortbildung beziehen sich alle auf Partizipation als demokratieförderlichen Erfahrungsgelegenheiten und auf Reflexion als Neujustierung des Selbst-Weltverhältnisses im abstrakten Sozialraum. (1) Schulpartnerschaften benötigen ein Verständnis der eigenen Binnenpluralität, um die gemeinsame Arbeit in einer weiter aufgespannten Pluralität produktiv gestalten zu können. (2) Die Rahmung einer Schulpartnerschaft als Lern- und Bildungsraum für alle Beteiligten erleichtert deren Zusammenwirken in der Prozessgestaltung. (3) Ein gemeinsam entwickelter thematischer Fokus, der für alle Partner auch im lokalen Kontext Relevanz besitzt, ist die Grundlage für ein aufgefächertes Erfahrungsspektrum. (4) Eine digital und analog gestaltete Kommunikation und Interaktion in unterschiedlichen Netzwerkkonstellationen eröffnet vielfältige Erfahrungs- und Lernräume. |