Digital Rechtschreiben trainieren – so effektiv wie Rechtschreibunterricht im Klassenzimmer?
Friederike Pronold-Günthner
Universität Regensburg, Deutschland
THEORETISCHER HINTERGRUND
Obwohl der Einsatz digitaler Medien an Schulen als sehr wichtig erachtet wird und spätestens seit der Pandemie-Zeit ein Digitalisierungsschub beobachtet werden kann (vgl. Drossel et al. 2019, Gerick et al. 2019), fehlt es nach wie vor an qualitativ hochwertigen und evaluierten digitalen Lernangeboten, worauf auch das Gutachten der SWK vom 19.09.2022 hinweist.
Da zudem viele Lehrkräfte die eigene mangelnde Digitalkompetenz als große Hürde für den Einsatz digitaler Materialien im Unterricht ansehen (vgl. Initiative D21 2016; Bertelsmann Stiftung 2017), ist die Gefahr groß, dass digitale Optionen bei der Kompetenzförderung zu wenig genutzt werden (vgl. Brüggemann 2021).
Der Einsatz digitaler Medien ist jedoch nur dann sinnvoll, wenn sich damit die Unterrichtsqualität erhöhen und der fachspezifische Kompetenzerwerb der Lernenden unterstützen lässt. Wie Klieme (2020), aber auch Voss und Wittwer (2020) zeigen, gibt es bislang jedoch nur wenige Forschungsarbeiten, die digitale Lernangebote unter dem Blickwinkel von Unterrichtsqualitätsdimensionen untersuchen.
Deshalb wurden diese Dimensionen bei der Entwicklung der Trainingsmaterialien in vorliegender Interventionsstudie im Besonderem mitbedacht. Um die Wirksamkeit eines Onlinekurses bzw. eines Blended-Learning-Kurses im Vergleich zum traditionellen Rechtschreibunterricht im Klassenzimmer ermitteln zu können, wurde auf einen einheitlichen Aufbau der verschiedenen Lernsettings, weitgehend identische Aufgaben sowie gleichen Zeitaufwand für die Bearbeitung geachtet. Zur Simulierung der Erarbeitungsphasen im Präsenzunterricht kamen in den digitalen Lernsettings interaktive Erklärvideos zum Einsatz, mit denen eine induktive Erarbeitung der Inhalte möglich wurde. Darüber hinaus wurden u.a. verschiedene H5P-Aufgabentypen eingesetzt. Das ca. 20 Stunden umfassende, sprachsystematisch ausgerichtete Rechtschreibtraining wiederholt innerhalb eines Schuljahres die zentralen rechtschriftlichen Prinzipien (silbisches, morphologisches, grammatisches Prinzip) und trainiert insbesondere die Fähigkeit zur Fehleridentifikation in Texten.
Laut zahlreicher Metastudien (vgl. Sitzmann et al. 2006; Means et al. 2013; Bernard et al. 2014; Vo et al. 2017; Cheng et al. 2018; van Alten et al. 2019; Jang/Kim 2020) ist das Blended-Learning dem Präsenzunterricht und dem ausschließlichen Online-Lernen überlegen oder zumindest gleichwertig. Jedoch ist zu bedenken, dass die zugrundeliegenden Primärstudien schwerpunktmäßig im Bereich der Hochschule und der betrieblichen Erwachsenenbildung angesiedelt sind – ob derartige Ergebnisse auf jüngere Schüler/-innen übertragbar sind,bezweifeln selbst einige Autoren der Meta-Analysen (vgl. Means et al. 2010).
FRAGESTELLUNGEN:
Wie entwickelt sich die Rechtschreibleistung der Schüler/-innen in den drei Lernsettings Präsenz, Blended-Learning und Onlinekurs?
Welche Elemente der beiden digitalen Trainingssettings sind aus Sicht der Lernenden lernförderlich, welche dagegen nicht?
METHODE:
Anhand eines Prä-, Post- und Follow-up-Design mit zwei Treatment-Gruppen (Blended-Learning, Onlinekurs) und einer Kontrollgruppe (Präsenzunterricht) wird der Leistungszuwachs im Rechtschreiben sowie dessen Nachhaltigkeit bei Lernenden der 5. Jgst. am Gymnasium gemessen. Die Testmaterialien überprüfen dabei verschiedene Facetten von Rechtschreibkompetenz (eigenes Schreiben, Fehlerkorrektur, Strategiewissen). Zudem werden Fragebögen zum rechtschreibbezogenen Selbstkonzept und zur motivationalen Regulation sowie zur Bewertung der Unterrichtsqualität eingesetzt, um weitere Einflussfaktoren auf die Rechtschreibleistung berücksichtigen zu können. Zur Datenauswertung wird auf ein gemischtes lineares Modell für hierarchische Datenstrukturen zurückgegriffen.
Im Rahmen eines Mixed-Method-Designs werden zusätzlich leitfadengestützte Interviews mit Lernenden aus den beiden digitalen Trainingssettings geführt und mittels qualitativer Inhaltsanalyse ausgewertet.
ERGEBNISSE
Die Datenerhebung (N = 601) wurde Mitte Oktober 2023 abgeschlossen, der Abschluss der Datenauswertung ist für Juli 2024 geplant. Erste Berechnungen zeigen, dass die Leistungszuwächse in allen drei Lernsettings ähnlich positiv verlaufen. Unterschiede in der Leistungsentwicklung scheinen stärker auf Faktoren wie Motivation und Selbstkonzept zurückzuführen zu sein.
Aus den Interviewdaten lässt sich zudem ein relativ einheitliches Bild darüber ableiten, was Lernende in digitalen Lernumgebungen als positiv bzw. negativ erachten. Außerdem zeigen Erfahrungen aus der Implementierung, dass nicht eine fehlende technische Ausstattung oder unzureichende Internetanbindung das digitale Lernen behindern, sondern bestimmte Faktoren auf Seiten der Schüler/-innen entscheidend sind.
Aus diesen Ergebnissen lassen sich wichtige Implikationen für die Entwicklung und den Einsatz digitaler Trainingsprogramme im Unterricht ableiten.
Lehrkräfteprofessionalisierung zur Förderung digitaler Souveränität im Bereich der Lesediagnostik und -förderung mithilfe einer Blended-Learning-Fortbildung
Janna Gutenberg2, Stehr Charlotte1, Daria Ferencik-Lehmkuhl1, Jörg Jost1, Michael Krelle2
1Universität zu Köln, Deutschland; 2Technische Universität Chemnitz, Deutschland
Aufgrund der dynamischen Veränderungen in einer „Kultur der Digitalität“ (Stalder, 2016) und den damit einhergehenden Herausforderungen an das schulische Lehren und Lernen ist die Förderung digitaler Kompetenzen (vgl. KMK; 2017, 2021), bzw. der „digitalen Souveränität“ von Lehrkräften essenziell. Hierunter „wird die Möglichkeit verstanden, digitale Medien selbstbestimmt und unter eigener Kontrolle zu nutzen und sich an die ständig wechselnden Anforderungen in einer digitalisierten Welt anzupassen“ (Blossfeld et al., 2018, S. 12). Allerdings werden in Deutschland digitale Medien von Lehrkräften vor allem zur frontalen Präsentation von Informationen (44.1 %) genutzt. Nur ein geringer Anteil (14.1 %) digitaler Medien entfällt auf individuelle Fördermaßnahmen (vgl. Eickelmann et al., 2019, S.18). Weiterhin gibt nur ein kleiner Anteil von Lehrkräften an, an digitalisierungsbezogenen Fortbildungen (z.B. zur Integration digitaler Medien in Lehr- und Lernprozesse = 31,5%) teilgenommen zu haben (ebd., S. 16) Auch trauen sich z.B. nur wenige Lehrkräfte (33,6%) zu, mit einem Lernmanagement-System zu arbeiten (ebd., S. 18). Hierdurch wird ein deutlicher Unterstützungsbedarf im Rahmen der digitalisierungsbezogenen Professionalisierung von Lehrkräften deutlich. Denn nur, wer seine eigenen digitalen (Lehr-)Kompetenzen erweitert, kann die Potenziale digitaler Medien für den eigenen Unterricht ausschöpfen und in einem weiteren Schritt auch die digitalen Kompetenzen seiner Schüler:innen fördern.
Hier setzt das Verbundprojekt „Digitale Souveränität als Ziel wegweisender Lehrer:innenbildung für Sprachen, Gesellschafts- und Wirtschaftswissenschaften in der digitalen Welt“ (DiSo-SGW) an. Dieses zielt auf die (Weiter-)Entwicklung, Evaluation und Implementation von Fortbildungsmodulen zur Vertiefung digitaler Kompetenzen und Überzeugungen von Lehrkräften. In der Projektgruppe Sprachförderung und ihre Diagnostik kooperieren im Teilprojekt Lesen die Technische Universität Chemnitz und die Universität zu Köln. Hier wurden – basierend auf dem Konzept datengestützter Förderung (Krelle, 2015; Jost & Souvignier, 2022) – Fortbildungsmodule im Blended-Learning-Format zur digitalen Souveränität von Lehrkräften der Primar- und Sekundarstufe I im Bereich der Lesediagnostik und -förderung entwickelt. In der Fortbildung steht der kompetente Einsatz von zwei etablierten digitalen Werkzeugen im Vordergrund: (1) VERAcheck verbindet Diagnostik und Förderung der Lesekompetenz, indem Lehrkräfte der dritten bzw. achten Klasse Lesefördermaterialien auf Grundlage der Ergebnisse der bundesweit verbindlichen Vergleichsarbeiten VERA-3 bzw. VERA-8 im Kompetenzbereich Lesen erhalten. (2) Leseraum Online (LeOn) ist eine webbasierte Anwendung zur Leseförderung, die von der zweiten bis zur sechsten Klasse zur Förderung der Lesekompetenz unter den Bedingungen von Heterogenität und Diversität eingesetzt werden kann. Die Fortbildung setzt sich aus E-Learning-Phasen und Online-Workshops zusammen und besteht aus drei Modulen. In Modul A setzen sich die Teilnehmenden mit theoretischen Grundlagen zum Lesen und zur Lesedidaktik auseinander, bevor Sie in Modul B entweder die vertiefende Arbeit mit LeOn (B1) oder VERAcheck (B2) wählen. Innerhalb von Modul B ist zusätzlich simulationsbasiertes Lernen (Chernikova et al., 2019) anhand von Fallbeispielen integriert.
Die Erprobung der Fortbildung findet zunächst mit Fokus auf LeOn im Herbst 2024 statt und wird wissenschaftlich begleitet. Ziel der empirischen Studie ist, die intendierte Wirksamkeit der Fortbildung im dargelegten Themenspektrum zu evaluieren. Die Evaluationsstudie findet im Prä-Post-Follow-Up-Design statt, wobei in einem Fragebogen allgemeine Fragen zur Wirksamkeit von Lehrkräftefortbildungen (vgl. Lipowsky & Rzejak, 2019) mit spezifisch fach- und fachdidaktischen bzw. themenspezifischen Fragestellungen verbunden werden. Vor dem Hintergrund des DPACK-Modells (Döbeli-Honegger, 2021) werden vor allem die Inhaltskompetenz (IK), die digitale Inhaltskompetenz (DIK) sowie die pädagogische Inhaltskompetenz (PIK) fokussiert. Zudem sind qualitative Datenerhebungen in Form von Interviews oder Gruppendiskussionen auf Ebene der Lehrkräfte geplant.
Der Beitrag präsentiert das Fortbildungskonzept sowie die Transferstrategie. Überdies wird das Design zur Begleitforschung im Rahmen der Erprobung der Fortbildung vorgestellt.
Digitale Souveränität im Schreibunterricht: Ein simulationsbasiertes Fortbildungsprogramm für Lehrkräfte zur Schreibdiagnostik und Schreibförderung
Daria Podwika, Anita Schilcher, Johannes Wild
Universität Regensburg, Deutschland
Angesichts der rasanten Entwicklung in der „Kultur der Digitalität“ (Stalder 2016) ermöglichen digitale Medien die Entwicklung hochwertiger und interaktiver Fortbildungsprogramme, die adaptiv auf das Vorwissen der Lehrkräfte abgestimmt werden können (vgl. Blossfeld et al. 2019). Gleichzeitig zeigt sich, dass der traditionelle Schreibunterricht in Schulen oft noch von konservativen Methoden geprägt ist. Innovative Formate werden nur langsam, beispielsweise durch veränderte Prüfungsformate, eingeführt (vgl. Sieberer 2016). Dies verdeutlicht die dringende Notwendigkeit, neue didaktische Ansätze zügig in den Unterricht zu integrieren.
Das Verbundprojekt „Digitale Souveränität als Ziel wegweisender Lehrer:innenbildung für Sprachen, Gesellschafts- und Wirtschaftswissenschaften in der digitalen Welt“ (DiSo-SGW) hat das Ziel, eine simulationsbasierte Fortbildung zu entwickeln, zu evaluieren und umzusetzen, die die schreibdidaktischen Kompetenzen und Überzeugungen von Lehrkräften stärkt. In der Projektgruppe wird eine digitale Fortbildungsplattform zur Schreibdidaktik entwickelt, die auf zahlreichen empirischen Schreibprojekten, die am Standort Regensburg bereits durchgeführt wurden (z.B. Burg Adlerstein Schreibtraining, FiSBY), basiert. Der Fokus liegt dabei insbesondere auf der Entwicklung von Diagnosekompetenz und dem Wissen zur Förderung der Schreibkompetenz von Schülerinnen und Schülern. Gleichzeitig vermitteln digitale Plattformen in der Lehrerfortbildung nicht nur fachliches Wissen, sondern geben implizit ein tiefgehendes Verständnis dafür, wie eine effektive digitale Lernumgebung gestaltet sein sollte. Interaktive Elemente, immersive Lernumgebungen und die Verknüpfung verschiedener Aktivitäten – wie Lesen, Sehen und praktisches Ausprobieren – schaffen eine umfassende und motivierende Lernatmosphäre. Diese methodische Vielfalt knüpft an das Vorwissen und die Lebenswelt der Lernenden an und zeigt den Lehrkräften praxisnah, wie digitale Lernstrategien effektiv umgesetzt werden können.
Die simulationsbasierte, digitale Fortbildung umfasst vier Module, die sich an zentralen Core Practices orientieren und diese auf die Schreibdidaktik anwenden: (1) Diagnose von Schülertexten, (2) Sequenz- und Unterrichtsplanung, (3) Entwicklung von Schreiblernumgebungen und (4) konstruktives Feedback. Ziel ist es, die Plattform so zu gestalten, dass Lehrkräfte ihren eigenen Lernpfad wählen können, je nach Interesse entweder praxisrelevante Zugangsweisen oder vertiefte theoretische Verarbeitungsmodi. Im Modul zur Diagnostik beispielsweise betreten Lehrkräfte ein simuliertes Klassenzimmer, in dem Schülerinnen und Schüler an einer argumentativen Schreibaufgabe arbeiten. Lehrkräfte können einzelne Schülerinnen und Schüler auswählen, deren Gedanken (Müller & Trautwein 2015) und Texte analysieren sowie Videos zur Schreibflüssigkeit (Odersky 2018) betrachten. Für die effektive Bewertung argumentativer Texte wurden spezifische Kriterien wie Funktion, Formulierung, Textstrukturierung und Rechtschreibung definiert, die in vier Kompetenzstufen unterteilt sind. Ergänzend werden in Erklärvideos Fallbeispiele für Bewertungsverfahren modelliert
Das zweite Modul vermittelt Lehrkräften, wie sie erfolgreich Unterrichtssequenzen planen können. Es stellt anhand des Textmusters Erzählen das SRSD-Modell nach Graham & Harris (2005) vor und konzentriert sich auf Erzählstrategien wie Ereignis, Figur und Situation (Wild, Schilcher & Pissarek 2018) und deren Vermittlung im Unterricht. Lehrkräfte lernen, Unterrichtseinheiten zu strukturieren und verschiedene didaktische Maßnahmen, wie etwa die Vermittlung von Schreibstrategien, zu implementieren, um den Schreibunterricht effektiver zu gestalten. Auch dieses Modul wird durch Erklärvideos, Informationstexte und interaktive Elemente unterstützt.
Die Entwicklung aller vier Module soll bis Ende Juli abgeschlossen sein, sodass anschließend mit der Erprobung begonnen werden kann. Die Erprobung der Fortbildung beginnt im Herbst 2024 und wird wissenschaftlich begleitet. Ziel der Studie ist es, die Wirksamkeit der Fortbildung zu evaluieren. Die Evaluationsstudie wird im Prä-Post-Follow-Up-Design durchgeführt, wobei allgemeine Fragen zur Wirksamkeit von Lehrkräftefortbildungen (vgl. Lipowsky & Rzejak 2019) mit fachspezifischen und themenspezifischen Fragestellungen kombiniert werden. Im Rahmen des DPACK-Modells (Döbeli-Honegger 2021) werden insbesondere die Inhaltskompetenz (IK), die digitale Inhaltskompetenz (DIK) sowie die pädagogische Inhaltskompetenz (PIK) untersucht. Zusätzlich sind qualitative Datenerhebungen in Form von Interviews oder Gruppendiskussionen mit Lehrkräften geplant.
Der Beitrag präsentiert das Fortbildungskonzept mit den didaktischen Kernelementen, wie Simulationsbasierung, Immersion, Interaktivität und Lebensweltbezug.
Digitale Schreibförderung im Ganztag an Grundschulen: Erste Ergebnisse aus dem KommSchreib!-Projekt
Kathrin Gade1, Steve Graham2, Vera Busse1
1Universität Münster, Deutschland; 2Arizona State University, USA
Theoretischer Hintergrund
Die Förderung kompetenten Schreibens ist nicht nur für den erfolgreichen Übergang nach der Grundschule, sondern auch für den weiteren schulischen Erfolg von zentraler Bedeutung (Cutler & Graham, 2008) und vor dem Hintergrund sprachlicher und sozialer Heterogenität besonders relevant. Eine systematische Einbindung der Schreibförderung in den Ganztag an Grundschulen kann dabei fehlende Lerngelegenheiten im Bereich der sprachlichen Bildung kompensieren (Edele & Stanat, 2022), die interkulturelle Öffnung von Schule stärken (Karakaşoğlu et al., 2011) und somit (u. a. zuwanderungsbezogene) Bildungsnachteile minimieren. Eine Verbesserung der Textqualität (Döring & Busse, 2022; Wen & Walters, 2022) sowie positive Effekte hinsichtlich der Schreibmotivation (Camacho et al., 2021; Li et al., 2012, 2014) werden u. a. durch die Integration digitaler Werkzeuge in die Schreibumgebung erwartet, da Medien mittlerweile einen großen Stellenwert im Leben von Grundschülerinnen und -schülern generell haben (sh. KIM-Studie, 2022).
Methode
Das (quasi)experimentelle Interventionsprojekt KommSchreib! fördert Schreibkompetenz, -motivation und soziale Partizipation in den Klassen 3/4 an elf Grundschulen. An den teilnehmenden Schulen wird zusätzlich zur Intervention im Regelunterricht eine zielgruppenspezifische Intervention für schreibschwache Lernende durch projektintern geschulte Honorarkräfte durchgeführt in Form von Schreib-AGen im Ganztag. Übergeordnetes Ziel der Schreib-AGen ist eine über den Regelunterricht hinausgehende, systematische Einbindung der Schreibförderung in den Ganztag unter Einsatz von Tablets.
Die Schreibförderung folgt einem prozessorientierten Ansatz, der wiederkehrend Phasen des Planens, des Verschriften und des Revidierens (Graham, Harris & Troia, 2000; Graham, Harris & Mason, 2003; Harris & Graham, 1996) in die einzelnen AG-Sitzungen integriert, die ergänzt werden durch die Arbeit mit Modelltexten, das Modellieren von Schreibphasen oder Peer-Feedback. In kooperativen Lernsettings wird an 14 Terminen ein multimediales Kochbuch mit eigenen instruktionalen Texten (Rezepte) erstellt und gestaltet, in welches die individuelle Mehrsprachigkeit der Kinder einbezogen werden. Die Schreibfördermaßnahmen werden ergänzt durch handlungsorientierte Phasen der Zubereitung von Rezepten.
Die Schreib-AGen wurden bislang an fünf Schulen (N = 55) durchgeführt. Zur Überprüfung der Wirksamkeit wurden Schreibtests (Prä- und Postvergleich) durchgeführt und Fragebogendaten im Längsschnitt erhoben. Diese wurden durch Kurz-Befragungen der durchführenden Honorarkräfte und Interview-Daten von Schulgruppe A (Schulgruppe B folgt 2024/25) und quantitativ sowie qualitativ ausgewertet.
Fragestellung des Vortrags
FF1: Inwieweit fördert die zielgruppenspezifische Intervention a) die Schreibqualität und b) die Schreibmotivation?
FF2: Welche Herausforderungen zeigen sich bei der Nutzung der Tablets in den Schreib-AGen und inwieweit berühren diese digitalisierungsbezogenen Schulentwicklungsfragen?
Ergebnisse
FF1: Erste Auswertungen der Schreibprodukte der teilnehmenden Kinder zeigen einen positiven Effekt der Intervention. Neben einer Zunahme der Textlänge (t[55] = -3.6, p <.001, d = -.49) verbessert sich auch die Textqualität signifikant (t[55] = -10.92, p <.001, d = -1.47). Der PANAS-C zeigt durchgängig hohen positiven Affekt während der AG-Termine.
FF2: Herausforderungen bei der Umsetzung der zielgruppenspezifischen Intervention berühren insbesondere zwei der fünf großen (digitalisierungsbezogenen) Schulentwicklungsfragen, und zwar Technologie- und Kooperationsentwicklung. Herausforderungen, die die IT-Ausstattung der Schule (z. B. instabiles WLAN bei Datensicherung in der Schul-Cloud) sowie die Unterstützung bei IT-Problemen betreffen sind der Technologieentwicklung (Labusch, Eickelmann & Conze, 2019: 75) zuzurechnen. Besonders relevant ist weiterhin die Dimension der Kooperationsentwicklung (Eickelmann & Gerick, 2018: 114), da für die (außer)unterrichtliche Nutzung digitaler Medien zur Schreibförderung in der Regel eine Zusammenarbeit mit für den Ganztag an Grundschulen zuständigen, externen (bzw. hier kommunalen) Partner:innen stattfinden muss (z. B. bezüglich aller organisatorischen und räumlichen Fragen). Wir diskutieren die Ergebnisse der Intervention sowie notwendige Gelingensbedingungen für eine erfolgreiche Schreibförderung in einer digitalisierten Schreibumgebung unter Einbezug der Ressourcen des Ganztags.
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