Lernvideoerstellung mit M.Ed. Studierenden für das Unterrichtsfach Russisch als multikompetenter Ansatz
Natalia Ermakova
Universität Potsdam, Deutschland
Die digitale Transformation unserer Gesellschaft ist ein globales Phänomen, welches auch die Lehrkräftebildung stark betrifft. Neben der Digitalisierung der Lehr-/Lernumgebung an den Schulen und Hochschulen sowie neuen Anforderungen an die notwenigen Kompetenzen ist auch der Leitmedienwechsel bzw. der Wechsel von einer Buchkultur zur Kultur der Digitalität zu unterstreichen (vgl. KMK 2021: 3, Stadler 2016, Krommer 2021). Diesen Wechsel erleben sowohl Schülerinnen und Schüler als auch Lehrkräfte selbst in ihrem Alltag. Im Bildungssystem und bei der Unterrichtsgestaltung wird dieser aber noch nicht ausreichend berücksichtigt. Die ICILs-Studie aus dem Jahr 2018 zeigt, dass sich die Digitalität in der Schule größtenteils auf die Rechercheaufgaben beschränkt und viele Lehrkräfte nicht bereit sind, für ihren Unterricht digitale Produkte zu erstellen oder interaktive Übungstools zu nutzen (vgl. Eickelmann et al. 2019). Dies wurde in den Zeiten der Corona-Pandemie besonders deutlich, als viele Lehrkräfte mit dem digitalen Unterricht überfordert waren und keine geeigneten Instrumente zur Verfügung hatten, um ihren Unterricht entsprechend anzupassen.
Die Auswahl der entsprechenden Fortbildungen für die Lehrkräfte ist seitdem stark gewachsen, die Anzahl der zur Verfügung stehenden lizenzfreien digitalen Unterrichtsmaterialien (Open Educational Resources) ist allerdings je nach Fach sehr unterschiedlich und für kleine Fächer eher gering.
An dieser Stelle setzt das im Fokus des Vortrags stehende Projekt „Kamera läuft! Russisch durch Lernvideos“ an. Das Projekt hat erstmalig im Sommersemester 2023 am Institut für Slavistik der Universität Potsdam[1] stattgefunden und wird aufgrund der äußerst positiven Resonanz fortgesetzt (aktuell 2. Durchlauf im Sommersemester 2024). In diesem Projekt erstellen die Master-Lehramt-Studierenden mit Unterstützung der Dozentin Lernvideos für das Unterrichtsfach Russisch, die anschließend zur freien Nutzung für Lehrkräfte an den Schulen zur Verfügung gestellt werden. Das Projekt ist an der Schnittstelle von Sprachpraxis und Fachdidaktik angesiedelt, fordern und fördern Kreativität, Teamfähigkeit, sprachliche und digitale Kompetenzen der Studierenden und ermöglicht einen direkten Transfer zwischen der Universität und dem Schulwesen. Die Vorstellung dieses Projekts im Rahmen des Vortrags soll nicht nur als ein mögliches Best Practice Beispiel dienen, viel mehr wird anhand dieses Beispiels thematisiert und reflektiert, welche Kompetenzen die angehenden Lehrkräfte im Hinblick auf den heutigen Fremdsprachenunterricht brauchen und wie diese in solchen Projektarbeiten weiterentwickelt werden können. Zudem spielt eine entscheidende Rolle die Perspektive der Lehrkräftebildner*innen und der Kompetenzen, die sie brauchen, um den aktuellen Anforderungen an die Lehrkräftebildung gerecht zu werden (vgl. FBD 2019, BMBF 2021). Somit beleuchtet der Vortrag auch einige relevante Aspekte der Professionsforschung in der Lehrkräftebildung und geht der Frage nach, wie durch die digitale Transformation die Handlungsfelder der Dozierenden in der Lehrkräftebildung beeinflusst werden.
Literatur:
BMBF (2021) = Bundesministerium für Bildung und Forschung (2021): Meilensteine der Lehrkräftebildung. Kontinuität und Weiterentwicklung in der „Qualitätsoffensive Lehrerbildung“. Online verfügbar unter: https://www.bmbf.de/SharedDocs/Publikationen/de/bmbf/3/31697_Meilensteine_der_Lehrkraeftebildung.pdf?__blob=publicationFile&v=7 (letzter Zugriff: 12.04.2024)
Eickelmann, Birgit / Bos, Wilfried / Gerick, Julia / Goldhammer, Frank /Schaumburg, Heike / Schwippert, Knut / Senkbeil, Martin / Vahrenhold, Jan (Hrsg.) (2019): ICILS 2018 #Deutschland. Computer- und informationsbezogene Kompetenzen von Schülerinnen und Schülern im zweiten internationalen Vergleich und Kompetenzen im Bereich Computational Thinking. Münster, New York: Waxmann. Online verfügbar unter: https://www.pedocs.de/volltexte/2019/18166/pdf/Eickelmann_et_al_2019_ICILS_2018_Deutschland.pdf (letzter Zugriff: 12.04.2024)
FBD (2019) = Forum Bildung Digitalisierung (2019): Impulse für Lehrkräftebildung in der digitalen Welt. Wissenschaft trifft Schulpraxis. Online verfügbar unter: https://www.forumbd.de/wp-content/uploads/2019/05/FBD_Publikationen_Impulse_Lehrkraeftebildung.pdf (letzter Zugriff: 12.04.2024)
Stalder, Felix (2016): Kultur der Digitalität. Suhrkamp.
Krommer, Axel (2021): Die Schule als Chinesisches Zimmer. Oder: Wie man Kompetenzen simuliert. Online verfügbar unter: https://axelkrommer.com/author/axelkrommer/ (letzter Zugriff: 12.04.2024)
KMK (2021): Lehren und Lernen in der digitalen Welt. Ergänzung zur Strategie der Kultusministerkonferenz „Bildung in der digitalen Welt“ (Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 09.12.2021). Online verfügbar unter: https://www.kmk.org/fileadmin/veroeffentlichungen_beschluesse/2021/2021_12_09-Lehren-und-Lernen-Digi.pdf
[1] Die Projektseite mit den Ergebnissen des ersten Projektdurchlaufs ist auf der Homepage des Instituts für Slavistik zu finden: https://www.uni-potsdam.de/de/slavistik/studium/studierendenprojekte/kamera-laeuft-russisch-durch-lernvideos (letzter zugraff: 12.04.2024)
X-Teach-VR: Fremdsprachenunterricht in VR
Birte Heinemann1, Kathleen Plötner2, Axel Wiepke2
1RWTH Aachen University, Deutschland; 2Universität Potsdam, Deutschland
Teach-R ist eine Trainingsumgebung, die es ermöglicht, den Umgang mit Lernenden in VR- Klassenräumen zu üben. Das Verhalten der virtuellen Schüler:innen (vSuS) kann dabei teilautomatisiert sein, einem festen Skript folgen oder manuell durch eine:n Coach:in über ein Webinterface gesteuert werden. Teach-R ergänzt traditionelle Lehrlernformen im Unterrichtsraum, wie etwa Rollenspiele oder Videographie, mit einer VR-basierten Simulation. Angehende Lehrkräfte können in einer geschützten virtuellen Umgebung trainieren und anschließend gemeinsam mit Kommiliton:innen und Dozierenden ihre Handlungen reflektieren (Wiepke et al. 2019, Wiepke 2023). Die Lehrlernumgebung Teach-R wurde im Projekt X-Teach-VR erweitert, sodass nun neben den bereits bestehenden Inhalten (z.B. aus dem Bereich Klassenraummanagement) auch Themen des Fremdsprachenunterrichts (für die Fächer Englisch, Französisch, Spanisch) im digitalen Raum trainiert werden können.
Die Erweiterung zielt auf die Wahrnehmung und Interpretation von schülerbezogenen ‚Fehlern‘ (Abweichungen von der sprachlichen Norm) sowie auf das Üben von Fehlerrückmeldung als Teil der lernstandsbezogenen Rückmeldung ab. Eine positive Fehlerkultur, u.a. Fehler als Teil des Sprachlernprozesses und als Diagnoseinstrumente zu verstehen (Dengscherz 2016), spielt für den Lernerfolg im fremdsprachlichen Klassenzimmer eine entscheidende Rolle (Phillips 1992, Käfer 2022) und ist ein Merkmal von Unterrichtsqualität (z.B. Hattie 2012, Hattie & Zierer 2019).
Im Projekt X-Teach-VR wurde eine formorientierte Lehreinheit zum Lerngegenstand „Sprachliche Mittel“ (i.e.S. Aussprache, Grammatik) entwickelt. Während der mündlichen Korrektur einer Sprachmittlungsaufgabe sollen nicht-zielsprachige phonetische und grammatische Strukturen von der Lehrkraft in VR gefeedbackt werden. Lehrkräfte haben unterschiedliche Möglichkeiten, vSuS ein sprachliches Feedback zu geben: Sie können bspw. explizit korrigieren, umformulieren, den Lernenden ein metalinguistisches Feedback geben und eine Selbstkorrektur ermöglichen oder sie können die nicht-zielsprachige Äußerung unkorrigiert lassen (Kleppin & Königs 1991, Kleppin 1998). Je nach Fehlertypus, u.a. ist die Unterscheidung zwischen Kompetenz- und Performanzfehlern relevant, und (möglichem) Vorwissen der Sprachlernenden bieten sich unterschiedliche Fehlerkorrekturstrategien an, die von den angehenden Lehrkräften genutzt und im Anschluss an die Intervention im VR-Klassenzimmer reflektiert werden sollen. Aktuell werden die neuen Entwicklungen in der Lehre der RWTH Aachen und der Universität Potsdam eingesetzt und beforscht.
Die Lerngelegenheit für angehende Lehrkräfte in der in diesem Beitrag vorgestellten Lernsituation beginnt nach einer Sprachmittlungsaufgabe, zu der die vSuS Fragen schriftlich beantworten sollten. Die dann startende Unterrichtseinheit beginnt in einem neu designten Medienraum, der neben einer angepassten Sitzordnung in U-Form auch ein virtuelles Smartboard für Folien, Videos und freies Zeichnen beinhaltet. Nun können die vSuS zu den Aufgaben befragt werden. Dabei wird authentische Lernendensprache genutzt, inklusive verschiedener nicht-zielsprachiger Strukturen. Die zugrundeliegenden Audiofiles wurden über einen Gesprächsbaum modelliert und von Studierenden eingesprochen.
Im vorliegenden Beitrag werden die inhaltliche Konzeption von X-Teach-VR als erster Meilenstein und als ein Teilergebnis des Projektes vorgestellt sowie die graphischen Strukturmodelle, die Basis der Dialoge zwischen Lehrkraft und den vSuS sind, erläutert. Die Funktionsweise der Dialog- und Szenengestaltung ist komplex, aber auf andere Fächer übertragbar, sodass in weiteren Projekten und Entwicklungszyklen ein wachsendes Repertoire an Lehrlernsituationen aufgebaut werden kann.
Literaturverzeichnis
Dengscherz, S. (2016). Sprachstrukturen reflektieren, verstehen – und erklären können. Zur Auseinandersetzung mit Grammatik in der Ausbildung von Lehrenden für Deutsch als Fremd- und Zweitsprache. In: I. Feld-Knapp (Hrsg.), Grammatik, Eötvös-József-Collegium, 30–60.
Hattie, J. A. C. (2012). Visible learning for teachers. Maximizing impact on learning. Routledge.
Hattie, J & Zierer, K. (2019). Visible learning insides. Routledge.
Käfer, J. (2022). Umgang mit Fehlern und seine Bedeutung für den Lernerfolg im Englischunterricht. Springer VS.
Kleppin, K; Königs F. G. (1991). Der Korrektur auf der Spur - Untersuchungen zum mündlichen Korrekturverhalten von Fremdsprachenlehrern. Brockmeyer.
Kleppin, K. (1998). Fehler und Fehlerkorrektur. Fernstudieneinheit 19. Langenscheidt.
Wiepke, A., Richter, E., Zender, R., & Richter, D. (2019). Einsatz von Virtual Reality zum Aufbau von Klassenmanagement-Kompetenzen im Lehramtsstudium. Gesellschaft für Informatik e.V.
Wiepke, A. (2023). Durch das VR-Klassenzimmer zum realen Unterricht. Zeitschrift SEMINAR, 29(1), 60–65.
„Generationen erinnern“ – Erzählweisen in Videointerviews in einer digitalen Lernumgebung
Christiane Bertram
Universität Tübingen, Deutschland
Einleitung und Kontext
Aus den Kooperationsprojekten zwischen der empirisch forschenden Geschichtsdidaktik an der Universität Tübingen (Hector-Institut für Empirische Bildungsforschung) mit dem Zentrum für Schulqualität und Lehrerbildung (ZSSL) in Baden-Württemberg wird mit der hier präsentierten Studie „Erzählweisen über die deutsch-deutsche Geschichte“ ein Beispiel ausgewählt, in dem das lebensgeschichtliche Videomaterial zunächst qualitativ erforscht wird, bevor die Ergebnisse und die Videos in einem digitalen Angebot auf dem Landesbildungsserver Baden-Württemberg zur Verfügung gestellt werden. (https://www.schule-bw.de/faecher-und-schularten/gesellschaftswissenschaftliche-und-philosophische-faecher/geschichte/unterricht/methodik-didaktik/generationenportal). Auf dem „Generationeportal“ werden die Videomaterialien der „Generation 1975“ mit ausgearbeiteten Unterrichtsmaterialien digital frei zugänglich zur Verfügung gestellt. Ergänzt wird das digitale Angebot durch themenspezifischen Lehrkräftefortbildungen (z.B. deutsch-deutsche Wahrnehmung, Krisenerfahrungen oder migrantischen Perspektiven). Bisher stehen Unterrichtsmaterialien zu der DFG-Unterrichtsstudie „Perspektiven auf die Transformationszeit“ (Mittelstufe) und zu der Unterrichtseinheit „Zusammenfügen von Erinnerungen zu Lebensgeschichten“ für die Oberstufe zur Verfügung. Das digitale Lehr-/Lernangebot auf dem „Generationenportal“ wird mit Hilfe von Drittmitteln sukzessive erweitert („Generationen erinnern“, Laufzeit: 2024/2025, Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur).
Theorie
Um die „Erzählweisen“ in der „Generation 1975“ kategorial zu fassen, hat sich die Theorie und Empiriee des „Geschichtsbewusstseins“, seit Jahrzehnten Leitkategorie des Geschichtsunterrichts, erwiessen. Das Geschichtsbewusstsein zeichnet sich durch „eine komplexe Interaktion und Integration verschiedener kognitiver und affektiver Hinwendungen zum geschichtlichen Gegenstand“ (Jeismann, 1988) aus (vgl. Borries, 2014; Brauer & Lücke, 2021; Zachrich et al. 2020). In historischen Erzählungen werden die drei Zeitdimensionen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft in einen narrativen «sinnbildenden» Zusammenhang (Rüsen, 1989, 43) gestellt. Insbesondere bei dem Thema deutsch-deutsche Geschichte gibt es sehr unterschiediche Erfahrungen und Erinnerungen – während im Westen die Auswirkungen auf den Lebensalltag minimal waren, wurde das Leben aller in Ostdeutschland auf den Kopf gestellt (Bösch, 2015; Großbölting, 2020; Kowalczuk, 2019). Ziel der Untersuchung ist es, ein gemeinsames Raster zu finden, um die inhaltlich und perspektivisch unterschiedlichen Erzählungen vergleichbar zu machen.
Datenmaterial
Im Interviewprojekt „Generation 1975“ wurden 26 Menschen, 1975 in der DDR bzw. BRD geboren dort aufgewachsen, zu ihrer Erinnerung an einen geteilten und wiedervereinigten Staat befragt. In der hier präsentierten Studie werden aus dem Datenmaterial typische Erzählweisen, die für einen Vergleich der gesamten Stichprobe genutzt werden können, erarbeitet.
Forschungsfragen
(1) Welche typischen Erzählweisen zeigen sich in Bezug auf die Gesamtstichprobe?
(2) Welche Fälle können als Idealtypen für den Osten und Westen identifiziert werden?
(3) Inwiefern sind hinsichtlich der Verteilung der Erzähltypen Unterschiede zwischen den Interviewpartner:innen aus Ost- und Westdeutschland zu erkennen?
Methode
Die Studie lässt sich der Fallanalyse und Typenbildung zuordnen. Am Ende sollen «Idealtypen» gewonnen werden, die als «Konstruktionen theoretischer Art» (Kuckartz, 2006, S. 4051) die Wirklichkeit durch Beschreibung verständlicher machen und erklären (Bohnsack, Hoffmann & Nentwig-Gesemann, 2018; Haas & Scheibelhofer, 1998; Kelle & Kluge, 2010). Als Basis für die Typenbildung wird in unserer Studie ein «Merkmalsraums» mit zwei Dimensionen konstruiert. Diese sind dichotom ausgerichtet, so dass vier Felder entstehen, die jeweils einen «Typ» beschreiben (Kuckartz, 2006, S. 4051-4052). In einem dreischrittigen Verfahren wurden die Phasen der offenen, axialen und selektiven Codierung durchlaufen.
Ergebnisse
Die Analysekategorien der kognitiven Gestaltung und der emotionalen Nähe vs. Ferne zum Erzählten ermöglichen die Differenzierung von vier Erzählweisen:
- vorsichtig: es wird genau überlegt, was wie erzählt wird („Leerstellen“)
- selbstbezogen: deutliche Abgrenzung von den jeweils anderen („Othering“)
- berührt: Erinnerungen an Gemeinsamkeiten, Kontakt und Offenheit zu den „anderen“
- orientiert: Einbezug verschiedener Perspektiven, Hintergrundwissen, Empathie, Reflexion
Bei dem Ost-West-Vergleich zeigt sich, dass die Menschen aus dem Osten etwas häufiger Merkmale der orientierten Erzählweise aufweisen, während die Menschen aus dem Westen etwas häufiger der selbstbezogenen und berührten Erzählweise zugeordnet wurden.
Transfer
In dem Beitrag wird vorgestellt, wie die Vier-Felder-Tafel und die Zitate, die als Kurzclips zur Verfügung stehen, für ein empirisch erforschtes und didaktisch durchdachtes digitales Lehr-/Lernangebot genutzt werden.
Welche Elemente in interaktiven Videos führen zu einem höheren Lernerfolg?
Daniel Schroth
Pädagogische Hochschule Weingarten, Deutschland
Theoretischer Hintergrund
Die Frage nach einem modernen Lernsetting, das digitale Medien beinhaltet, wird immer mehr für Schulen in ganz Deutschland und den Wirtschaftsunterricht gefordert (Brahm & Wiepcke, 2023, S. 9). Zu einem modernen Lernsetting, das differenziert ist, gehört auch die flexible Zeiteinteilung, damit Schülerinnen und Schüler (SuS) nach ihrem Bedarf Lernprozesse anstoßen können (Fratton & Würth, 2011, S. 167). Genau dieses Konzept hilft auch bei der Differenzierung, da es im Unterricht oft schwer ist, zur gleichen Zeit zu verschiedenen Inhalten Inputs zu realisieren. In diesem Zusammenhang werden häufig Videos als Unterrichtsmaterial diskutiert (Ring, 2023, S.131-132, Zylka, 2021, S. 20-21). Für die meisten SuS gehören Erklärvideos bzw. Tutorials zum Alltag, sie nutzen Sie oft als Ergänzung zum Unterricht oder zum Lernen von anderen Tätigkeiten (Feierabend et al., 2020, S. 46). Videos haben gegenüber Lehrvorträgen den Vorteil, dass sie zu jeder Zeit und mehrfach angesehen werden können (Findeisen et al., 2019, S. 20). Videos können so zur Bildungsgerechtigkeit beitragen (Schacht et al., 2019, S. 435). Im Rahmen außerschulischen Lernens, wie der Bearbeitung von Aufgaben zu Hause bieten Videos den Vorteil, dass SuS auch ohne Unterstützung von Dritten sich mit den erforderlichen Lerngegenständen auseinandersetzen können (Zylka, 2021, S. 107). Da heutzutage in fast allen Familien ein Gerät (Smartphone, Tablet oder Laptop) mit Internetzugang zur Verfügung steht, ist der Zugang zu den Lernmedien auch außerhalb der Schule möglich (Feierabend et al., 2020, S. 6). Durch das damit erforderliche selbstständige Lernen haben die SuS auch die Möglichkeit eine höhere Selbstwirksamkeit zu erleben und damit auch eine stärkere internale Kontrollwahrnehmung aufzubauen, die wiederum die Lernmotivation positiv beeinflussen kann (Zylka, 2021, S. 238-239). Sablić et al. (2021, S. 1065) sehen im videobasierten Lernen eine Technologie, die zukunftsweisend in einer immer mehr technologisierten Gesellschaft ist.
Fragestellung
Hauptfrage: Welche Elemente in interaktiven Videos führen zu einem höheren Lernerfolg?
Unterfrage: Welches Lernsetting unterstützt den Lernerfolg?
Methode
Die Fragestellung wird anhand einer systematischen Literaturrecherche beantwortet. Zur Dokumentation der Literaturrecherche soll das PRISMA-Statement (Preferred Reporting Items for Systematic Reviews and Meta-Analyses) (Page et al., 2020, o. S.) verwendet werden. Die Datenbanken EconBiz, Eric, Leibnitz Open, OSF-Preprints, ScienceDirect, Teacher Reference Center und Open Grey sollen zur Literaturrecherche verwendet werden. Als Suchbegriffe werden die Worte “Video“, “Erklärfilm“ bzw. “Erklärvideo“ mit den Begriffen: “interaktiv“ kombiniert. Als englische Begriffe werden: “interactive“, “video“, “video-based“ Learning einzeln und in Kombination verwendet. Zeitlich werden die letzten 20 Jahre (2004-2024) betrachtet. Weiterführend wird der Fokus bei den Publikationen auf die Sekundarstufe I gelegt. Es werden aber auch alle Publikationen beachtet, wenn diese Ergebnisse beinhalten, die für diese Arbeit bzw. für die Fragestellung bedeutend sind.
Ergebnisse
Momentan arbeite ich noch an der systematischen Literaturrecherche. Es zeichnen sich die folgenden Ergebnisse ab. Positive Effekte auf den Lernerfolg haben: die Kontrolle der Videogeschwindigkeit (Merkt & Schwan, 2016, S. 96-97), die Möglichkeit zur Wiederholung von Inhalten (Zhang D et al., 2006, S. 19), der Überblick der Inhalte (Merkt & Schwan, 2016, S.99). Nebeneffekt ist bei individuell gesteuerter Lernzeit eine erhöhte Aufmerksamkeit beim Lernenden (Zhang D et al., 2006, S. 19).
Findeisen et al. (2019) benennen weitere interaktive Elemente, die Lernförderlich sein können, ohne auf die Stärke des Lerneffekts einzugehen: „Manipulation (Zoom, Objekte bewegen etc.), Hervorhebungen (Hinweis auf relevante Aspekte durch farbliche Markierung, Einblendung von Schlüsselbegriffen etc.), Notizen (Zuordnen von Notizen zu bestimmten Videoszenen), Gruppenfunktion (Austausch mit anderen Betrachtenden über Kommentare), Zusatzmaterial (Verweise auf weitere Quellen z.B. durch Hyperlinks) sowie Evaluation (z.B. Quizfragen)“ (S. 20).
Die Ergebnisse lassen sich nur in einem Lernsetting erreichen, indem die Lernenden entweder ein Tablet oder Computer zur eigenen Verfügung haben und selbstgesteuert die interaktiven Videos nutzen können, da nur so die Möglichkeiten der individuellen Kontrolle der beschriebenen Funktionen besteht.
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