Sitzung | ||
E05: Inklusion & Transfer
| ||
Präsentationen | ||
Wie kann die kollaborative Erarbeitung von Onlinelernmodulen für inklusiv-digitalen Fachunterricht aussehen? - Fachdidaktik.inklusiv.digital als Beispielprojekt Universität Bremen, Deutschland Digitale Transformation von Schule und Unterricht beinhaltet Potenziale für Teilhabe und Inklusion: Digitale Medien können dafür genutzt werden, den Unterricht an die Diversität der Schüler:innen und ihre individuellen Bedürfnisse anzupassen. So können sie z.B. genutzt werden, um Lernfortschritte aufzuzeigen, individuelle Unterstützung zu bieten und nächste Lernschritte vorzuschlagen (Fichtner et al., 2023; Schulz, 2018). Es können aber bei der Nutzung digitaler Medien auch neue Barrieren entstehen, wenn diese nicht für alle frei verfügbar und zugänglich sind und (angehende) Lehrkräfte nicht ausreichend geschult sind (Bertelsmann, 2017; Farjon et al., 2019). Das Zusammendenken von Digitalisierung und Inklusion im Fachunterricht ist das Anliegen des Projektes Fachdidaktik.inklusiv.digital: Hier werden 30 inklusiv-digitale OER Lernmodule in den unterschiedlichen Fächern innerhalb einer digitalen, kollaborativen Infrastruktur entwickelt, die bundesländerübergreifend in die Struktur der Lehrkräfteaus- und Weiterbildung implementiert werden sollen. Expert:innenwissen aus Theorie und Praxis fließt in den gemeinsamen Entwicklungsprozess ein und erhöht die Qualität der inhaltlichen und medialen Aufbereitung der Bausteine. Für eine flächendeckende Nutzbarmachung werden die Lernmodule als OER über eine kostenlose Infrastruktur (SODIX) veröffentlicht und können in den einzelnen Bundesländern für alle drei Phasen der Lehrkräftebildung kostenfrei genutzt werden. Für eine besonders hohe Qualität und Anwendbarkeit der Bausteine, finden sich einerseits Evidenzbasierung und Praxisorientierung innerhalb des Aufbaus der Lernmodule. So beinhaltet die den Autor:innenteams vorgegebenen Grundstruktur z.B. obligatorische Textblöcke zu „Hintergrund und Begriffserklärungen” (Theorieteil) und „Einsatzszenarien, Herangehensweisen und Herausforderungen” (Praxisteil). Andererseits ermöglicht das Expert:innenwissen aus komplementären Teams (bestehend aus Fachdidaktiker:innen, Inklusions- und Medienpädagog:innen, Sonderpädagog:innen, sowie Fachlehrkräften und Lehramtsstudierenden) bei der gemeinsamen Erarbeitung und Redaktion (Schiefner-Rohs, 2022) einen Austausch zwischen Wissenschaft und Praxis sowie mögliche gemeinsame Lernprozesse, die letztendlich zu einer Verbesserung der Lernmodule führen können. Die Zusammenarbeit orientiert sich dabei an einem fest strukturierten Workflow und einzelnen Meilensteinen. Der Dialog findet synchron in digitalen Treffen (Orientierungsgesprächen) und asynchron über Kommentare in einer Kollaborationsplattform (Notion) statt. (Verständig, 2022) Dieses Vorgehen ermöglicht dem Projekt ein gut angeleitetes und effizientes Arbeiten in multiprofessionellen Teams, bestehend aus Wissenschaftler:innen, Lehrkräften, Lehramtsanwärter:innen, Lehramtsstudierenden und vielen weiteren Akteur:innen der Lehrkräfteprofessionalisierung, um gemeinsam inklusiv-digitale Unterrichtsgestaltung voranzubringen. In diesem Beitrag soll ein Einblick in die Projektstrukturen und -prozesse gegeben werden und der Frage konzeptionell nachgegangen werden, wie dieser Dialog näher beschrieben und mögliche Potenziale und Herausforderungen im Entwicklungsprozess analysiert werden könnten, um letztendlich die Qualität und Wirksamkeit der OER Lernmodule weiter zu erhöhen. Ebenso werden die Überlegungen zur Evaluation der Module geteilt sowie ein gemeinsamer Austausch darüber mit den Teilnehmenden angeregt. Literaturangaben: Bertelsmann Stiftung. (2017). Studierende sind keine digitalen Enthusiasten*.* https://www.bertelsmann-stiftung.de/de/presse/pressemitteilungen/pressemitteilung/pid/studierende-sind-keine-digitalen-enthusiasten/. Farjon, D., Smits, A., & Voogt, J. (2019). Technology integration of pre-service teachers explained by attitudes and beliefs, competency, access, and experience. Computers & Education, 130, 81–93. https://doi.org/10.1016/j.compedu.2018.11.010. Fichtner, S., Bacia, E., Sandau, M., Hurrelmann, K. & Dohmen, D. (2023) „Schule stärken – Digitalisierung gestalten“ - Cornelsen Schulleitungsstudie 2023. Gesamtstudie, FiBS Forschungsinstitut für Bildungs- und Sozialökonomie. Berlin. Schiefner-Rohs, M. (2022). Zwischen Vernetzung, Diskursanregung und Kooperation. In S. Hofhues & K. Schütze (Hrsg.), Doing Research - Wissenschaftspraktiken zwischen Positionierung und Suchanfrage (S. 262-268). transcript Verlag. https://doi.org/10.1515/9783839456323 Verständig, D. (2022). Software und ihre Bedeutung für eine erziehungswissenschaftliche Medienforschung. In Sandra Hofhues & Konstanze Schütze (Hrsg.), Doing Research - Wissenschaftspraktiken zwischen Positionierung und Suchanfrage (S. 18-24). transcript Verlag. https://doi.org/10.1515/9783839456323
Wissen in Aktion – Forschungssynthese zur Frage der Wirksamkeit des Transfers zwischen Forschung und Bildungspraxis 1DIPF | Leibniz-Institut für Bildungsforschung und Bildungsinformation; 2DIPF | Leibniz-Institut für Bildungsforschung und Bildungsinformation und Hochschule Darmstadt Bildungsforschung und Bildungspraxis sind zwei relevante Akteure, die im selben Handlungsfeld wirken. Der Dialog zwischen diesen ist unerlässlich, um Herausforderungen im Bildungssystem und Lehr- und Lernprozessen anzugehen und Innovation voranzutreiben. Hier stellt sich insbesondere die Frage, inwiefern wissenschaftliche Erkenntnisse das Handlungswissen der Praktiker*innen erweitern können. In diesem Kontext zeichnet sich die Erwartung an die Forschung ab, die Bildungspraxis durch ihre Erkenntnisse maßgeblich zu unterstützen (Pellegrini und Vivanet 2021; Nelson und Campbell 2017). Daran anknüpfend emergiert die Frage, wie Praktiker*innen Bedarfe und Herausforderungen aus dem Bildungsalltag an die Forschung herantragen können. Diese Ausgangslage hat bisher zu unterschiedlichen Initiativen geführt, die den bidirektionalen Wissenstransfer verbessern sollen, wie Förderlinien des BMBF-Rahmenprogramms Empirische Bildungsforschung (BMBF 2018). Erfahrungswerte aus Transferinitiativen zeigen jedoch, dass an vielen Stellen ein „disconnect“ (OECD 2022: 3) zwischen Bildungsforschung und Bildungspraxis besteht, der den erfolgreichen Transfer erschwert. Probleme des Transfers werden auf jeweils differente Systemlogiken und Praxen sowie ein diskrepantes Verständnis von Relevanz zurückgeführt (Kerres et al. 2022; Brühwiler und Leutwyler 2020). Transferhandlungen implizieren demzufolge eine Informationsvermittlung zwischen unterschiedlichen Communities of Practice. Zudem erweist sich die Gestaltung der konkreten Interaktionswege zwischen den beiden Communities als komplex: Es ist aufgrund unterschiedlicher Akteurskonstellationen und einer Vielzahl möglicher Kommunikationsformen nicht immer klar, wie viele und welche Personen erreicht werden und ob das Transferierte zur Anwendung kommt (Burns et al. 2016). Hier zeigt sich, dass Transfer im Sinne von Informationsvermittlung multifaktoriell ist und etwa unter Berücksichtigung des Transferbedarfs, der jeweiligen Zielgruppen und adäquaten Infrastrukturen konzipiert werden sollte (vgl. Fahrer et. al. 2022). Um diese Schwierigkeiten anzugehen, sehen neuere Transfermodelle das Aufbrechen starrer Rollen vor. So wird diskutiert, inwiefern eine Involvierung von Bildungspraktiker*innen in die Konstruktion und den Transfer bildungswissenschaftlicher Ressourcen möglich ist, um in einen anhaltenden Dialog zu treten und Bedarfe der Praxis stärker zu berücksichtigen (Thiel und Rott 2022; Langer et al. 2016). Somit werden auch die Rollenverteilungen im Prozess der Wissensproduktion und des Wissenstransfers stetig hinterfragt, modifiziert oder neu justiert (ebd.). Transferbezogene Erkenntnisse werden in Ansätzen systematisiert, um eine evidenzbasierte Handlungsgrundlage zu schaffen, wie bspw. in den Transfermodellen Research Knowledge Mobilisation Model) oder Knowledge-to-action framework (OECD, 2022). Allerdings gibt es nach unserem Kenntnisstand bisher keine aktuelle Arbeit, die eine systematische Übersicht zu empirisch evaluierten Transfermodellen und den daraus abgeleiteten Wirkungsgraden gibt. Fragestellung Die vorgestellte Studie hat das Ziel, Erkenntnisse aus evaluierten Transfermodellen darzustellen und daraus abzuleiten, welcher Transfer für die Forschung und Praxis, insbesondere im Handlungsfeld der Bildung, wirksam ist. Der Fokus liegt auf empirischen Arbeiten aus der Bildungsforschung, es werden aber relevante Arbeiten aus anderen Disziplinen berücksichtigt, um disziplinübergreifende Erkenntnisse zu nutzen. Methode Zur Ermittlung empirischer Arbeiten wird eine systematische Forschungssynthese (Gough et al., 2017) durchgeführt. Dafür wurden die disziplinrelevanten Datenbanken Fachportal Pädagogik, ERIC und Education Research Complete (über EbscoHost) sowie das disziplinübergreifende Web of Science Core Collection (SSCI ab 1990) herangezogen. Es wurde mit 28 deutsch- sowie englischsprachigen Suchtermen zum Konzept Transfer im Titel gesucht, darunter knowledge mobilisation, Wissenschaftskommunikation oder Wissensmanagement. Aufgrund der Kapazitäten wird zunächst auf weitere Suchstrategien wie die Handsuche verzichtet. Relevante Ressourcen, die beim Screening bereits recherchierter Literatur gesichtet werden, werden jedoch aufgenommen. Beim Screening werden diejenigen Arbeiten exkludiert, die den Transfer nicht empirisch untersucht haben. Darunter fallen Arbeiten, bei denen Transferaktivitäten zwar beschrieben werden, deren Wirksamkeit aber nicht evaluiert wurde. Die Ergebnissynthese beinhaltet u.a. folgende Kodierung: Transferstrategie oder -modell, genutzte Kommunikationskanäle, Zielgruppen, Evaluierungsmethode, sowie gemessene Wirkung. Ergebnis Die Treffer der systematischen Recherche werden aktuell mit der Software Rayyan im ersten Screening gesichtet. Detaillierte Informationen zur Recherche werden zur Verfügung gestellt. Das Ergebnis dieser Studie soll als praxisorientierte Ressource dienen, die wirksame Formen des Transfers sowie transferbezogene Evaluationsmethoden aufzeigt und damit einen Beitrag zur Elaboration von Transferpraktiken leistet. Wissenschaft-Praxistransfer – Evaluationsergebnisse aus dem Verbund ComeIn Universität Duisburg Essen, Deutschland Der Beitrag stellt die Evaluationsergebnisse des Verbundvorhabens „Communities of Practices für eine innovative Lehrkräftebildung“ (ComeIn: https://comein.nrw/portal/) vor. Gefördert wurde ComeIn im Rahmen der Qualitätsoffensive Lehrerbildung (FKZ: 01 JA 2033 A-L). Zwischen 2020 und 2023 arbeiteten in der Arbeitsform der Communities of Practice (CoP) alle zwölf lehrkräftebildenden Universitäten des Landes Nordrhein-Westfalen, Vertreter*innen des Vorbereitungsdienstes und des Lehrkräftefortbildungssystems zusammen. Insgesamt waren über 300 Akteure eingebunden. Die Kooperation war fachbezogen und querschnittlich angelegt (MINT, DaZ/DaF, GeiWi/GesWi, Kunst/Musik, Sport, Medienbezogene Schulentwicklung, Informatische Grundbildung und Inklusion). Im Fokus stand die Förderung von digitalisierungsbezogenen Kompetenzen von (angehenden) Lehrpersonen in allen drei Phasen der Lehrkräftebildung. Die hier entstandenen phasenübergreifenden Kooperations- und Verwertungsstrukturen bilden die Grundlage für die in der BMBF-Förderlinie „Kompetenzzentren für digitales und digital gestütztes Unterrichten“ geförderten ComeVerbünde (ComeMINT, ComeArts und ComeSport). Im Rahmen von ComeIn sollten die Gelingensbedingungen der Kooperation zwischen Wissenschaft und (Fortbildungs-) Praxis und des Transfers von Konzepten und Materialien identifiziert werden. Dafür wurde ein Qualitätssicherungsverfahren mit drei Säulen etabliert (zu Fragestellungen und Evaluationsdesigns s. https://comein.nrw/portal/berichte/qualitaetssicherungsberichte/):
Im Ergebnis wird den entwickelten Produkten (Aus- und Fortbildungskonzepte mit zugehörigen Materialien) attestiert, in hohem Maße wissenschaftlichen Gütekriterien zu entsprechen und eine gut bis sehr gut gelungene inhaltliche und didaktische Konzeptionierung aufzuweisen. Unterschiede – so die Bilanz der Qualitätssicherung – zeigen sich im Hinblick auf die Anwendungsperspektiven der Produkte im Lehrkräftefortbildungssystem. Hier konnten im Rahmen der Qualitätssicherung Gelingensbedingungen zur Steigerung der Anschlussfähig identifiziert werden. Diese werden in dem Beitrag entlang von zwei Fragestellung dargestellt: Wie können Erkenntnisse aus der Forschung für die digitale Transformation in der Praxis nutzbar gemacht werden? Und: wie kann Praxiswissen in die Forschung integriert werden? Theoretische Basis ist der Erkenntnisstand der bildungsbezogenen Transferforschung. So wird herausgearbeitet, dass sich der Wissenstransfer von Wissenschaft zur Fortbildung in verschiedenen Varianten, der „Rücklauf“ von Praxisexpertise in die Wissenschaft aber nur in spezifischen, ko-konstruktiven Transferprozessen erreichen lässt. Letzteres ist aber für die Implementationsperspektiven der Produkte entscheidend. Dabei müssen effektive Kooperationsformen nicht unbedingt die Form einer Community of Practice annehmen. Ferner wird gezeigt, dass sich das zu transferierende Praxiswissen entlang der Zuständigkeiten der Bildungsadministration und der Fortbildungs- und Schulpraxis auffächert und differenzierte Einbindungen an unterschiedlichen Gelenkstellen des Produktentwicklungsprozesses erfordert. Problematisiert werden in diesem Kontext auch die dienstrechtlichen Restriktionen bei der Einbeziehung eingespielter regionaler Netzwerke zwischen Universitäten und Fortbildungssystem. Im Hinblick auf die Arbeitsorganisation wird rekonstruiert, wie eine effektive Leitungsfunktion auf Basis einer klaren Rollen- und Aufgabenverteilung wahrgenommen werden kann, ohne die Offenheit für unterschiedliche Perspektiven und Interessen der Beteiligten aus allen lehrkräftebildenden Phasen zu konterkarieren. Besonders im Fokus ist dabei eine transferorientierte Zieldefinition im Vorfeld der Produktentwicklung. Erforderlich sind ein gemeinsames Begriffsverständnis, Qualitätskriterien sowie eine Bestandsaufnahme existierender Produkte, Projekte, Konzepte und Modelle sowie eine effektiv phasierte Einbeziehung des Stakeholder-Spektrums. Förderlich sind darüber hinaus ein verbundweites Zieltableau mit Perspektiven, Verantwortlichkeiten, Standards und Zeitschienen sowie prozess- und produktbezogene Erfolgsindikatoren. Um die Konzept- und Materialentwicklung nicht zu überfrachten müsste auf Ebene des Bundeslandes die phasenübergreifende Curriculumsentwicklung von der projektförmigen Produktivitätsphase getrennt und dieser vorgeordnet werden. Darauf aufbauende Zielvereinbarungen zwischen Land und Universitäten mit klar formulierten Gewinnerwartungen, basierend auf den bildungspolitischen Landeszielen, könnten die transferorientierte Zieldefinition zudem effektivieren. Auch zu kurze Projektlaufzeiten schmälern die Transferperspektiven, da dies die Überordnung der Produktentwicklung gegenüber phasenübergreifendem Lernen erzwingt. Lernen fördert das wechselseitige Verständnis für die Spezifik der unterschiedlichen Phasen und effektivert so den Transfer. |