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Sitzungsübersicht
Sitzung
S28: Entwicklung und fortbildungsübergreifende Evaluation videobasierter Aufgabenformate zur Förderung digitalisierungsbezogener Kompetenzen von Lehrkräften
Zeit:
Dienstag, 01.10.2024:
15:30 - 17:00

Chair der Sitzung: Jennifer Janeczko
Ort: H08

Hörsaal Erdgeschoss Quergang

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Präsentationen

Entwicklung und fortbildungsübergreifende Evaluation videobasierter Aufgabenformate zur Förderung digitalisierungsbezogener Kompetenzen von Lehrkräften

Chair(s): Jennifer Janeczko (Universität Münster, Deutschland)

Diskutant:in(nen): Manfred Holodynski (Universität Münster, Deutschland)

Die Allgegenwärtigkeit digitaler Geräte und die Aufgabe, Schülerinnen und Schülern zu digitaler Kompetenz zu verhelfen, erfordern, dass Lehrende ihre eigene Kompetenz weiterentwickeln, wofür sie ein immer breiteres und differenzierteres Spektrum an digitalisierungsbezogenen Kompetenzen benötigen (vgl. DigCompEdu: European Framework for the Digital Competence of Educators; Redecker, 2017). Wissenschaftlich fundierte Lehrkräftefortbildungen zum digital gestützten Unterrichten sind deshalb ein wesentlicher Bestandteil der Professionalisierung in der dritten Phase der Lehrkräftebildung (KMK, 2020, 2021). Bei der Entwicklung entsprechender Fortbildungen müssen sowohl Gelingensbedingungen (Lipowsky & Rzejak, 2019) als auch die Besonderheiten und Anforderungen digitaler Medien berücksichtigt werden (Eickelmann & Drossel, 2020).

In der Forschung zur Lehrkräftebildung hat der Einsatz von Unterrichtsvideos zunehmend an Popularität gewonnen (König et al., 2022). Diese werden besonders zur Förderung (Santagata et al., 2021) und Erfassung (Weyers et al., 2023) der professionellen Unterrichtswahrnehmung eingesetzt, die das Erkennen und wissensbasierte Begründen relevanter Unterrichtsereignisse umfasst (Sherin & van Es, 2009). Die professionelle Unterrichtswahrnehmung gilt damit als eine zentrale Voraussetzung zur Analyse spezifischer Unterrichtssituationen sowie zur Anpassung des eigenen Unterrichtshandelns (Blömeke et al., 2015, 2022), was auch für die Verbesserung eines technologiegestützten Unterrichts von Bedeutung ist (Wekerle & Kollar, 2021).

Das Symposium schließt an den aktuellen Forschungsstand an und verknüpft drei Beiträge, die Aufgabenformate zur Förderung digitalisierungsbezogener Kompetenzen von Lehrkräften unter Einsatz von (Unterrichts-)Videos vorstellen und die Evaluation entsprechender Fortbildungsmodule thematisieren:

Beitrag 1 von Lehndorf et al. präsentiert u.a. videobasierte Aufgabenformate eines im Verbundprojekt ViFoNet („Videobasierte Fortbildungsmodule zum digital gestützten Unterrichten im Netzwerk bundesdeutscher Videoportale“) entwickelten Fortbildungsmoduls zur Förderung digitalisierungsbezogener Kompetenzen (DigCompEdu; Redecker, 2017) von Deutschlehrkräften. Einerseits wird mit videobasierten Best-Practice-Beispielen aufgezeigt, wie das Potenzial von Large-Language-Modellen in spezifischen Unterrichtssituationen genutzt werden kann, während die Lehrkräfte andererseits trainieren, Lerngelegenheiten im Unterricht professionell wahrzunehmen, die sich aus der Nutzung digitaler Technologien ergeben.

Beitrag 2 von Oezsoy et al. befasst sich im Verbundprojekt KoKon („Lehrkräftekooperation im Kontext digitaler Schulentwicklung“) u.a. basierend auf dem DigCompEdu (Redecker, 2017) und dem Ansatz professioneller Unterrichtswahrnehmung (Seidel & Stürmer, 2014) mit der Entwicklung eines Beobachtungsinstruments (DigCompEdu Observe). Dieses kann zur kriteriengestützten Analyse des Einsatzes digitaler Medien in Unterrichtsvideos eingesetzt werden, um eine videobasierte Förderung digitalisierungsbezogener Kompetenzen von Lehrenden zu ermöglichen. Neben dem Beobachtungsinstrument werden Ergebnisse aktueller Pilotierungs- und Validierungsstudien aus dem Fachbereich Englisch präsentiert.

Beitrag 3 von Heinitz et al. umfasst einen Evaluationsrahmen mit spezifischem Framing basierend auf dem Angebots-Nutzungs-Modell für Lehrkräftefortbildungen (Lipowsky & Rzejak, 2019) und der Selbsteinschätzung digitalisierungsbezogener Kompetenzen (Quast et al., 2023) in Anlehnung an DigCompEdu (Redecker, 2017). Dieser Rahmen soll der Herausforderung einer gemeinsamen Evaluation videobasierter Fortbildungen, die in unterschiedlichen Fächern verortet sind, begegnen. Hierzu werden erste Ergebnisse dieser fächerübergreifenden Evaluation im Verbundprojekt ViFoNet vorgestellt.

Die Einzelbeiträge liefern wichtige Erkenntnisse für die Entwicklung und Evaluation videobasierter Fortbildungselemente zur Förderung digitalisierungsbezogener Kompetenzen von Lehrkräften. Dabei werden im Symposium mehrere Abschnitte der Förderung durchlaufen und gemeinsam betrachtet – angefangen mit videobasierten Aufgabenformaten zur Gestaltung effizienter Fortbildungsmodule, gefolgt von einem videobasierten Training digitalisierungsbezogener Kompetenzen im Sinne professioneller Unterrichtswahrnehmung und abgeschlossen durch die fächerübergreifende Evaluation videobasierter Fortbildungsmodule.

Die Diskussion des Symposiums bietet eine breite Grundlage für die Zusammenführung dieser Abschnitte. So könnte das Beobachtungsinstrument des Verbundprojekts KoKon, das u.a. auf dem Ansatz professioneller Unterrichtswahrnehmung durch Einsatz von Unterrichtsvideos basiert (DigCompEdu Observe), mit der Selbsteinschätzung digitalisierungsbezogener Kompetenzen zur Absicherung des videobasierten Fortbildungserfolgs unter Berücksichtigung fachspezifischer Besonderheiten im Verbundprojekt ViFoNet zusammengeführt werden. Über diese Erfassung der professionellen Unterrichtswahrnehmung könnte eine Erhebung digitalisierungsbezogener Kompetenzen von Lehrenden durch Selbsteinschätzungen relativiert werden, da diese mit Herausforderungen verbunden sind (Lachner et al., 2019).

In Zusammenarbeit der Projekte ViFoNet und KoKon liefert das Symposium Antworten auf die Frage, wie videobasierte Aufgabenformate zur Förderung digitalisierungsbezogener Kompetenzen von Lehrkräften gewinnbringend konzipiert und fortbildungsübergreifend evaluiert werden können.

 

Beiträge des Symposiums

 

(Videobasierte) Aufgabenformate zur Adressierung des fachlichen Professionswissens von Lehrkräften und der professional digital competence beliefs

Helen Lehndorf, Irene Pieper, Saskia Schley, Anja Böhnke
Freie Universität Berlin

Werden Large-Language-Modelle (LLMs) im Fach Deutsch im Literaturunterricht der Oberstufe eingesetzt, kann dies zu einer höheren Interaktivität der Schüler:innen und einem höheren Engagement im Fach (Kasneci, 2023), einer Entlastung bei der Entwicklung von Deutungsansätzen zu literarischen Texten (Führer & Nix, 2023), der Unterstützung beim schriftlichen Formulieren sowie der Anregung zum kontinuierlichen Revidieren von Deutungshypothesen und der kritischen Prüfung der Plausibilität von Argumentationen führen (vgl. Steinhoff, 2023). Die Nutzung dieser Potentiale von LLMs ist mit Blick auf Schüler:innen und Lehrende jedoch voraussetzungsreich. Werden LLMs unreflektiert eingesetzt bzw. wird der Einsatz nicht durch entsprechende Aufgabensettings zur reflektierten Interaktion und Nutzung des Outputs von LLMs flankiert, kann die Ausbildung der Schreibkompetenzen der Schüler:innen sowie ihrer Kompetenzen im Umgang mit Texten und Medien durch den Einsatz von LLMs auch unterbunden werden (SWK, 2024). Zielpunkt des Einsatzes von LLMs im Unterricht ist eine versierte Koaktivität von Schüler:innen und künstlicher Intelligenz (KI), in der die Lernenden die KI als Denkwerkzeug zielgerichtet nutzen (Cress & Kimmerle, 2023, vgl. SWK, 2024).

Diese Art der Nutzung anzuregen, setzt auf Seiten der Lehrenden in Hinblick auf das fachliche Professionswissen voraus: 1.) ein fundiertes Wissen über Fachkonzepte und Inhalte, da Lehrende und Schüler:innen beständig gefordert sind, den Output der KI kritisch zu evaluieren, 2.) eine klare Vorstellung in Form von metakognitivem Wissen über die Ziele des Unterrichts und der eigenen formulierten Impulse sowie 3.) Wissen und Strategien in Hinblick auf Interaktionsmöglichkeiten mit der KI (Prompt-Tuning).

Für die Entwicklung der digitalen Kompetenzen der Lehrkräfte (Redecker, 2017) bedeutet dies, dass Lehrkräften im Sinne von Best-Practice-Modellen Möglichkeiten aufgezeigt werden sollten, wie das Potential von LLMs in konkreten Unterrichtssituationen genutzt werden kann (DigCompEdu 3.2, 3.3, 3.4), und dass sie andererseits dazu befähigt werden sollten, Lerngelegenheiten im Unterrichtsgeschehen zu identifizieren, die sich aus der Nutzung von digitalen Technologien im Unterricht ergeben. Geplant ist eine Orientierung an Qualitätskriterien gemäß Lipowsky und Rzejak (2018), insbesondere wird eine Verschränkung von Input-, Erprobungs-, Feedback- und Reflexionsphasen angestrebt. Dabei soll die fachliche Fokussierung und die Fallorientierung (Vignetten) als Potenzial genutzt werden und auf die Verlinkung von Theory of Change und Theory of Instruction hingearbeitet werden (ebd., Kap. 3).

Da der Einsatz von LLMs in den Unterricht zu erheblichen Änderungen auf der Ebene der Unterrichtsplanung, der Aufgabenkonzeption, der Formulierung der Lernziele und der Aufbereitung der Lerninhalte und u.U. zudem zu einer Beschleunigung des Unterrichtsgeschehens und einer erhöhten Planungsungewissheit für Lehrkräfte führt, gilt es zudem in der Fortbildung insbesondere auch die Überzeugungen und Einstellungen der Lehrkräfte zum Einsatz von LLMs im Unterricht und zu Kriterien für gelungenen Unterricht zu adressieren.

Der Beitrag greift auch die Umsetzung videobasierter Aufgabenformate zum Umgang mit LLMs für die Fortbildung auf, es wird beispielsweise auf geschlossene und offene Aufgabenformate sowie die Einbindung interaktiver Elemente eingegangen. Mit Bezug auf ein onlinebasiertes Fortbildungsformat werden Videoannotationstools vorgestellt, durch die die teilnehmenden Lehrkräfte die Möglichkeit haben, Kommentare zum Video zu machen, diese ggf. mit den anderen Teilnehmer:innen zu teilen und so einen Austausch im Rahmen vereinbarter Rhythmen zu starten.

 

DigCompEdu Observe – Entwicklung und Validierung eines Beobachtungsinstruments für die videobasierte Förderung digitaler Kompetenzen von Lehrkräften

Melissa Oezsoy1, Meral Roeben2, Yasemin Erdemgil3, Christiane Lütge3, Robert Meyer4, Julia Murböck1, Claudia Mustroph3, Florian Schultz-Pernice1, Michelle Stannard3, Xiao Zhang3, Michael Sailer5, Frank Fischer1
1Ludwig-Maximilians Universität München, Department für Psychologie, 2Ludwig-Maximilians Universität München, Department für Psychologie und Department für Anglistik und Amerikanistik, 3Ludwig-Maximilians Universität München, Department für Anglistik und Amerikanistik, 4Ludwig-Maximilians Universität München, Department für Pädagogik und Rehabilitation, 5Universität Augsburg, Learning Analytics and Educational Data Mining

Lehrkräfte in der Aus- und Weiterbildung profitieren von vielfältigen praxisorientierten Lernmöglichkeiten (Grossman et al., 2009). Praxisrepräsentationen (z. B. in Form von Unterrichtsvideos) können eingesetzt (Fischer et al., 2022; Farell et al., 2024) und mit Instrumenten zur professionellen Wahrnehmung (Seidel & Stürmer, 2014) kombiniert werden, um konzeptuelles Wissen in realen Situationen anzuwenden. Im BMBF-Projekt KoKon wird der DigCompEdu Observe, ein Beobachtungsinstrument, entwickelt das die professionelle Wahrnehmung in Bezug auf den Einsatz digitaler Medien fördern soll und das auf dem DigCompEdu basiert (Redecker, 2017). Eine Forschungslücke bezüglich des DigCompEdu bestand bislang darin, dass ausschließlich Selbsteinschätzungsinstrumente (z. B. Quast et al., 2023) verfügbar waren und dass eine theoretische bzw. empirische Begründung dafür fehlte, wodurch eine hohe bzw. niedrigere Ausprägung einer der Kompetenzen erkennbar wäre. Der DigCompEdu Observe ist ein Beobachtungsinstrument, das zunächst und zuerst der Kompetenzförderung der Beobachtenden dient und anhand von pädagogisch-psychologischen Modellen und empirischen Befunden spezifiziert ist (Oezsoy et al., 2024). Die Implementation des DigCompEdu Observe erfolgt als digitale Lernumgebung auf der Plattform UnterrichtOnline.org, einem Portal für Unterrichtsaufzeichnungen, das vom Institut für Unterrichtsmitschau betrieben wird (Aulinger et al., 2022).

In der aktuellen Version des DigCompEdu Observe, die derzeit validiert wird, werden von den Beobachtenden Praxisrepräsentationen in Form von Videos betrachtet, welche englischdidaktische Szenarien darstellen. Beispielsweise wird in den Videos abgebildet, wie Lernende zur Erarbeitung eines neuen Wortschatzes zur Kollaboration mit iPads angeleitet werden oder wie Vokabelapps eingesetzt werden können, sodass Lernende selbstreguliert mit digitalen Medien arbeiten. In der digitalen Lernumgebung wird nach einer kurzen Instruktion, die Praxisrepräsentation gestartet. Während des erstmaligen Beobachtens können die Beobachtenden unbegrenzt oft angeben, ob der Einsatz digitaler Medien zu vorgegebenen Kategorien, welche die Teilkompetenzen des DigCompEdu widerspiegeln (Oezsoy et al., 2024), identifiziert wurde. So kann beispielsweise im Kompetenzbereich Lehren und Lernen des DigCompEdu Observe die Teilkompetenz „Kollaboratives Lernen mit digitalen Medien” gewählt werden.

Nachdem die Praxisrepräsentation vollständig betrachtet wurde und nach der Einschätzung des Vorhandenseins von Teilkompetenzen, wie beispielsweise „Kollaboratives Lernen mit digitalen Medien”, erfolgt die wissensbasierte Begründung über die Qualität des Einsatzes digitaler Medien – in diesem Fall zum „Kollaborativen Lernen mit digitalen Medien”– anhand der empirisch begründeten Kriterien des DigCompEdu Observe auf einer Likert-Skala. Zu den Kriterien, die das wissensbasierte Begründen unterstützen, zählen beispielsweise: „Der Einsatz des digitalen Tools/Mediums hilft dabei, kollaborative Lernaktivitäten lernförderlich zu strukturieren“. Die Beobachtenden bewerten anschließend auf Basis der Kriterien zur Einschätzung der Qualität des digitalen Medieneinsatzes die Gesamtqualität der Teilkompetenz. Im Anschluss können die Beobachtenden, sich einen Lösungsvorschlag ansehen. Alle Teilkompetenzen aus einem Kompetenzbereich werden auf gleiche Weise nacheinander bearbeitet. Anschließend verfassen die Beobachtenden basierend auf ihren Einschätzungen und Begründungen ein Peer-Feedback für die Lehrkraft aus der Praxisrepräsentation.

Im Anschluss betrachten die Beobachtenden die gleiche Praxisrepräsentation erneut, wobei diesen nun Fragen zur Analyse der fachspezifischen-digitalisierungsbezogenen Kompetenzen im Fach Englisch gestellt werden. Der DigCompEdu Observe wurde fachspezifisch erweitert, um möglichst präzise fachspezifische-digitalisierungsbezogene Kompetenzen zu erfassen, da im DigCompEdu lediglich generalisierbare digitale Kompetenzen abgebildet sind. Analog zu den generalisierbaren digitalen Kompetenzen geben die Beobachtenden während des Beobachtens der Praxisrepräsentation an, ob sie fachspezifische-digitalisierungsbezogene Kompetenzen, wie kommunikative Kompetenzen, interkulturelle Kompetenzen, Text- und Medienkompetenzen sowie die Sprachlernkompetenzen, die durch digitale Medien unterstützt wird, identifiziert haben. Im Anschluss erfolgt eine wissensbasierte Begründung über die Qualität der Umsetzung der fachspezifischen-digitalisierungsbezogenen Kompetenzen, wie beispielsweise der kommunikativen Kompetenz. Im Anschluss erfolgt die Weiterleitung zur nächsten Praxisrepräsentation.

In Zusammenarbeit mit den jeweiligen Fachdidaktiken werden für die Sekundarstufe weitere fachliche Spezifizierungen für die Fächer Biologie und Mathematik sowie für die Berufspädagogik für die Fächer Pflege und Gesundheit sowie Haushalt und Ernährung ausgearbeitet. Auf UnterrichtOnline.org wird zudem synchrones kollaboratives Lernen mit dem DigCompEdu Observe implementiert. In Kooperation mit der Unterrichtsmitschau wird an einem deutschlandweit verfügbaren Beobachtungsinstrument, DigCompEdu Observe, gearbeitet.

 

Fächerübergreifende Evaluation videobasierter Fortbildungsmodule zur Förderung digitalisierungsbezogener Kompetenzen von Lehrkräften

Benjamin Heinitz1, Jennifer Janeczko1, Habiba Mohtadi2, Nicola Meschede2
1Universität Münster, Institut für Psychologie in Bildung und Erziehung, 2Universität Münster, Institut für Didaktik des Sachunterrichts

Die Förderung digitalisierungsbezogener Kompetenzen stellt vor dem Hintergrund aktueller Entwicklungen in der Lehrkräftebildung ein wichtiges Anliegen dar (Redecker, 2017). Im Rahmen des Kompetenzverbunds lernen:digital (https://lernen.digital/) werden deshalb Fortbildungen für Lehrkräfte mit verschiedenen Schwerpunkten entwickelt und in der Praxis eingesetzt. Dabei sind Gelingensbedingungen für erfolgreiche Fortbildungen von zentraler Bedeutung, jedoch müssen die Besonderheiten digitaler Anwendungen und die damit verbundenen Anforderungen an Schulen und Lehrkräfte berücksichtigt werden (Eickelmann & Drossel, 2020). Digitalisierungsbezogene Kompetenzen decken ein breites Spektrum an möglichen Fähigkeiten ab, wobei laut dem European Framework for the Digital Competence of Educators (DigCompEdu) sechs verschiedene Bereiche mit insgesamt 22 Kompetenzen unterschieden werden können (Redecker, 2017), sodass Fortbildungen innerhalb der Kompetenzbereiche fokussieren müssen. Diese sind häufig mit der Anwendung individueller Werkzeuge und Zugänge verbunden (z. B. im Umgang mit digitalen Tools zum außerschulischen Lernen oder im Kontext künstlicher Intelligenz), was eine fortbildungsübergreifende Evaluation erschweren kann.

Die einzelnen Fortbildungen der 12 Teilprojekte des Verbundprojekts „Videobasierte Fortbildungsmodule zum digital gestützten Unterrichten im Netzwerk bundesdeutscher Videoportale“ (ViFoNet) arbeiten mit unterschiedlichen digitalen Medien/Tools und beinhalten jeweils videobasierte Aufgabenformate mit anschaulichen Erklär- und Unterrichtsvideos zum prototypischen Einsatz dieser digitalen Ressourcen. Zusätzlich sind die Teilprojekte in unterschiedlichen Fächern verortet: Deutsch, Deutsch als Zweitsprache, Englisch, Französisch, Spanisch, Geographie, Wirtschaft und Chemie (mit Schwerpunkt Fachsprache) sowie Bildung für nachhaltige Entwicklung als übergreifendes Thema. Dies stellt für eine gemeinsame Evaluation der Fortbildungen eine Herausforderung dar.

Im Rahmen des Verbundprojekts ViFoNet wurde deshalb gemeinsam mit den Teilprojekten des Verbunds ein fortbildungsübergreifender Evaluationsrahmen für ein Prä-Post-Follow-up-Design entwickelt. Dieser Rahmen beruht auf dem Angebots-Nutzungs-Modell für Lehrkräftefortbildungen (Lipowsky & Rzejak, 2019) und wurde spezifisch für die Bedarfe videobasierter Fortbildungen zum digital gestützten Unterricht adaptiert. Dabei werden die folgenden Bereiche adressiert: (1) Voraussetzungen der Teilnehmer:innen (Selbstwirksamkeitseinschätzungen beim Einsatz digitaler Medien), (2) Schulkontext (Transferklima an der Schule), (3) die wahrgenommene Qualität und Quantität der Lerngelegenheiten (mit Fokus auf der Nützlichkeit der eingesetzten Unterrichtsvideos als besonderem Fortbildungsmerkmal des ViFoNet-Verbundprojekts), (4) die Wahrnehmung, Verarbeitung und Nutzung der Fortbildungsinhalte, (5) die Akzeptanz und Zufriedenheit der teilnehmenden Lehrpersonen, (6) die digitalisierungsbezogenen Kompetenzen der Lehrkräfte und (7) die Weiterentwicklung des unterrichtlichen Handelns (Praktische Anwendung der Fortbildungsinhalte im eigenen Unterricht). Zusätzlich werden die bisherige Nutzung digitaler Medien sowie weitere soziodemographische Daten erhoben.

Für die Erfassung der genannten Bereiche wurden vorrangig bereits bestehende Skalen einbezogen, um die inhaltliche Validität sicherzustellen. Die digitalisierungsbezogenen Kompetenzen werden in Anlehnung an DigCompEdu (Redecker, 2017) durch eine Selbsteinschätzung der Lehrkräfte erfasst und umfassen vier Bereiche des 7-Faktor-Strukturmodells nach Quast et al. (2023). Dazu gehört die Planung von Unterricht (Lesson Planning) das Lehren und Unterstützen der Schüler:innen (Teaching and Supporting Students), die Förderung aller Schüler:innen (Empowering All Students) und die Förderung digitaler Kompetenzen der Schüler:innen (Facilitating Students’ Digital Competence).

Um die Unterschiede der Fortbildungen in den 12 Teilprojekten zu berücksichtigen, wird ein spezifisches Framing für einzelne Skalen des Evaluationsrahmens verwendet. Dieses Framing erlaubt es den Teilprojekten ihre Besonderheiten im Rahmen der Evaluation hervorzuheben und dennoch projektübergreifende Vergleiche zu ermöglichen.

Aktuell werden die ersten Pilotierungen der Fortbildungsmodule unter Verwendung des Evaluationsrahmens durchgeführt. Dabei werden mit jedem Messzeitpunkt zusätzliche Bereiche des Instruments eingebunden, sodass die Komplexität der Datenstruktur mit jedem Erhebungsschritt zunimmt. Dadurch können verschiedenen Wirkungen und Zusammenhänge zwischen den einzelnen Bereichen des Instruments in jedem Abschnitt der Evaluation betrachtet werden.

Im Rahmen des Beitrags werden der teilprojektübergreifende Evaluationsrahmen inklusive des spezifischen Framings und erste Ergebnisse der fächerübergreifenden Evaluation zum Prätest vorgestellt. Dabei werden Zusammenhänge zwischen den Voraussetzungen der Teilnehmer:innen, dem Transferklima an ihren Schulen und den soziodemographischen Daten adressiert. Zusätzlich ist eine Erweiterung im Bereich der professionellen Unterrichtswahrnehmung angedacht, die im Rahmen des Ausblicks diskutiert werden soll.



 
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