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S16: Digitalisierung und Musikunterricht!? Bedarfe und Orientierungen von Musiklehrkräften im Hinblick auf (post)digitale Fachpraxisen und Fortbildung
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Digitalisierung und Musikunterricht!? Bedarfe und Orientierungen von Musiklehrkräften im Hinblick auf (post)digitale Fachpraxen und Fortbildung Durch die Omnipräsenz digitaler Technologien in der Lebenswelt von Jugendlichen sind auch musikbezogene Praxen zunehmend (post)digital geprägt: Beim Musikhören, Songwriting, Producing, Lernen von Instrumenten und Singen nutzen Jugendliche digitale Devices, Apps, Tutorials, Digital/Mobile Audio Workstations uvm. (Jörissen et al., 2023). Dennoch sind digitale Technologien im schulischen Kontext bislang unterrepräsentiert. Im geplanten Symposium möchten wir mögliche Ursachen für diesen Querstand, aber auch den Status Quo von (Post)Digitalität im Musikunterricht sowie Potentiale und mögliche Grenzen des Einbezugs (post)digitaler Fachpraxen und Lehr-Lern-Szenarien aus Sicht der Lehrkräfte thematisieren. Lehrkräften wird nicht nur in Bezug auf ihre Kompetenzen, sondern auch hinsichtlich ihrer Einstellungen zur Anwendung digitaler Medien eine große Heterogenität zugeschrieben (Prasse, Döbeli Honegger & Petko, 2017). Besonders Musiklehrkräfte bewerten den Einsatz digitaler Medien und Technologien ambivalent (z. B. Brunner et al. 2021) und scheinen ihre Möglichkeiten nur in Ansätzen zu nutzen (Godau 2021). In jüngster Zeit werden daher vermehrt Forderungen nach verstärkten Bemühungen laut, die sich insbesondere auf die Professionalisierung(sbereitschaft) von Lehrkräften zu richten hätten (z. B. Frederking 2022). Im Kompetenzverbund lernen:digital werden aktuell zahlreiche Maßnahmen entwickelt, die diesem Desiderat begegnen (https://lernen.digital/). Die Beiträge des geplanten Symposium stammen aus dem lernen:digital-Verbundprojekt KuMuS-ProNeD, das aus Mitteln des BMBF und der EU gefördert wird. Im geplanten Symposium verfolgen wir mit drei Beiträgen das Ziel, aus unterschiedlichen Blickwinkeln aufzuzeigen, welche Bedarfe und Kompetenzen Musiklehrkräfte wahrnehmen und wie Alltagstheorien, Erfahrungen und Einstellungen im Hinblick auf (Post)Digitalität von ihnen verhandelt werden. Die so gewonnenen Erkenntnisse sollen in einem nächsten Schritt Orientierung bei der bedarfsgerechten Entwicklung von Fortbildungsmaßnahmen bieten. Im ersten Beitrag werden die Ergebnisse einer quantitativen Bedarfsanalysen den Schulfächern Musik und Sport vorgestellt. Die Ergebnisse geben Einblick in die Selbsteinschätzung von Lehrkräften hinsichtlich ihrer Kompetenzen im Umgang mit digitalen Technologien, in die Art und Weise, wie digitale Technologien im Musikunterricht eingesetzt werden, in die Ressourcenausstattung von Schulen sowie in die Fortbildungsbedarfe von Lehrkräften an allen Schulformen. Der zweite Beitrag präsentiert erste Befunde einer rekonstruktiv angelegten Studie. Durch die Interpretation von Gruppendiskussionen werden nicht nur die Alltagstheorien und Normen in Bezug auf Digitalität und Musikunterricht offengelegt, sondern auch die impliziten Logiken, die das Handeln in einem zunehmend postdigital geprägten beruflichen Alltag bestimmen. Der dritte Beitrag widmet sich einer fachspezifischen Thematik. Während Aufnahmetechniken zu einer fundamentalen Transformation musikbezogener Praxen geführt haben, scheint in musikpädagogischen Diskursen und Praxen eine Norm der Live-Musik zu dominieren. Insbesondere im Kontext der Berücksichtigung (post)digitaler Musikpraxen im Musikunterricht ist die Positionierung von Lehrkräften zu diesem Querstand eine spannende Fragestellung. In der Zusammenschau der drei empirischen Zugänge wird der Versuch unternommen, mehrperspektivische Einblicke in die wahrgenommenen Kompetenzen, zugrunde liegenden Einstellungen und handlungsleitenden Wissensbestände von Lehrkräften hinsichtlich der (Post)Digitalität im schulischen Musikunterricht zu gewähren. Ziel des Symposiums ist es somit auch, eingedenk von Differenzen bei der spezifischen Umsetzung quantitativ und qualitativ orientierter Bedarfsanalysen, Gemeinsamkeiten und Unterschiede hinsichtlich der Befunde herauszustellen. Da im Verbundprojekt KuMuS-ProNeD das Ziel verfolgt wird, Fortbildungen und Konzepte der Unterrichtsberatung und -entwicklung zu entwickeln aber auch zukünftsfähige, digital geprägte Fachpraxen und Unterrichtsszenarien zu explorieren, dienen die Bedarfsanalysen in der ersten Projektphase der Kartierung des Feldes und bilden den Ausgangspunkt für eine passgenaue, an den Bedarfen von Lehrkräften orientierte Fortbildungsentwicklung. Wie die ersten Befunde der drei Studien in diesem Kontext genutzt werden können und welche Implikationen sich von den Befragungen ableiten lassen, wird ein zentraler Punkt der geplanten Diskussion sein. In diesem Kontext stellt sich auch die Frage, inwiefern die Durchführung von Bedarfsanalysen auf Dauer gestellt werden kann, um langfristig bedarfsgerechte Fortbildungsangebote bereitzustellen. Vor diesem Hintergrund werden Entwicklungserwartungen im Kontext von (Post)Digitalität, Schule und Musik analysiert und sodann kritisch reflektiert. Beiträge des Symposiums Einsatz digitaler Medien im Musik- und Sportunterricht. Eine quantitative Bestands- und Bedarfsanalyse Die digitale Transformation im Bildungsbereich zieht auch fachimmanente Transformationsprozesse nach sich. So sind digitale Technologien im post-digitalen Zeitalter aus dem Fachunterricht nicht mehr wegzudenken, zumal sich mit ihnen auch Veränderungen künstlerischer Praxis vollziehen. Digitale Technologien sind nicht nur Hilfsmittel, sondern sie eröffnen in Musik, Sport und Kunst zugleich neue künstlerische Betätigungsfelder. Es existiert bislang kaum empirische Evidenz zu der Frage, wie genau und für welche Zwecke bzw. mit welchen Zielen Lehren und Lernen durch digitale Technologien in Musik und Sport gestützt wird bzw. wie sich die künstlerische Praxis im Kontext von Unterricht durch diese verändert (Strietholt et al., 2021). Dies stellt für eine zielgerichtete, bedarfsorientierte Gestaltung und Implementierung von Fort- und Weiterbildungsformaten für Lehrkräfte sowie für die Ausgestaltung der ersten und zweiten Phase der Lehrer:innenbildung ein Desiderat dar. Auch die Anwendung professionsbezogener Kompetenzmodelle (Frederking 2022) wird hierdurch erschwert. Der vorliegende Beitrag eröffnet das Symposium mit den Ergebnissen einer im Frühjahr 2024 durchgeführten quantitativen Analyse zum Einsatz digitaler Technologien im Musik- und Sportunterricht sowie den, durch Lehrkräfte formulierten, Fortbildungsbedarfen. Der vorliegende Beitrag adressiert auf der Basis der Befragung die folgenden Fragen: 1. Welche digitalen Technologien kommen im Musik- bzw. Sportunterricht zum Einsatz? 1.1 Mit welchen Zielen werden digitale Technologien eingesetzt? 1.2 Werden fachspezifische oder fachungspezifische Technologien eingesetzt? 1.3 Inwiefern führt der Einsatz digitaler Technologien zu neuen Formen digitaler Praxis im Musik- bzw. Sportunterricht? 2. Welche Fortbildungsbedarfe äußern Lehrkräfte an unterschiedlichen allgemeinbildenden Schulformen hinsichtlich des Einsatzes digitaler Medien? 2.1 Welche inhaltlichen Bedarfe werden geäußert? 2.2 Welche Fortbildungsformate werden präferiert? 2.3 Wie hängen der Einsatz digitaler Technologien und die Ausstattung mit Ressourcen auf Schulebene zusammen? Zur Bearbeitung der Fragestellung wurde im Frühjahr 2024 im Kontext des Projektverbunds KuMuS-ProNeD eine Online-Bedarfsanalyse durchgeführt. Der Fragebogen umfasste Fragen zum Einsatz digitaler Technologien im Musikunterricht, zur Vermittlung von Medienkompetenz, zum Bereich Fort- und Weiterbildung, zur Selbsteinschätzung eigener Kompetenzen im Umgang mit digitalen Technologien, zur Ressourcenausstattung der Schulen, zum fachspezifischen Einsatz digitaler Medien und zu allgemeinen Hintergrundmerkmalen (Geschlecht, Alter, Ausbildung). Fragen zu allgemeinen Hintergrundmerkmalen, Fortbildungen und digitalen Ressourcen wurden durch das DIE zur Verfügung gestellt. Die Forschungsfragen werden vergleichend für die Fächer Musik und Sport untersucht. Als Einflussfaktoren werden zudem die Art des Lehramtsstudiums, Ausstattung der Schule, Selbsteinschätzung der eigenen Kompetenzen im Umgang mit digitalen Technologien, Alter, und Geschlecht mit einbezogen. Der zugrunde liegende Datensatz umfasst N=278 Fälle (65.8% w, 23.4% m, 2.0% k.A.). 50,4% unterrichten Sport, 33.5% Musik, 29.1% Kunst. Das durchschnittliche Alter der Befragten beträgt M=45.6 Jahre (SD=10.08). 36% unterrichten an einer Grundschule, 6.3% an einer Förderschule, 37.5% an einem Gymnasium und alle weiteren an sonstigen, nicht-gymnasialen Schulformen. Erste Ergebnisse zeigen, dass informelle Gespräche mit Kolleg:innen und die autodidaktische Aneignung neben Fortbildung die häufigsten Quellen des Kompetenzerwerbs im Bereich des Einsatzes digitaler Technologien sind. Lehrende nutzen digitale Technologien überwiegend zum Erstellen von Arbeitsmaterialien, für die Recherche und zur Kommunikation, weniger für Differenzierungsmaßnahmen oder Evaluationsprozesse oder zur Unterstützung selbstgesteuerten Lernens. Im Rahmen des Beitrags präsentieren wir die Ergebnisse der Bedarfsanalyse (deskriptive und inferenzstatistische Analysen) im Überblick und setzen diese zu Befunden anderer quantitativer Studien (Robert Bosch Stiftung 2024; Wintergerst 2023) sowie zu aktuell diskutierten Modellen professioneller Kompetenz ins Verhältnis. (Post)digitalität im Unterrichtsalltag von Musiklehrkräften. Rekonstruktionen von Bedarfen, Alltagstheorien und impliziten Logiken mit Hilfe der Dokumentarischen Methode Mit (Post)Digitalität und dem Einsatz von Technologie in der Unterrichtspraxis gehen mitunter hohe Anforderungen und Herausforderungen für Musiklehrkräfte einher (Buchborn & Treß, 2023; Gall, 2017). Bell (2015) fordert, dass Lehrkräfte Lernumgebungen gestalten sollten, in denen die Lernenden Musiktechnologie nicht nur nutzen, sondern auch zum kritischen Hinterfragen und kreativen Gestalten von digitalen Setups eingeladen werden. Laut Himonides (2017) sollten Lehrkräfte kritische Denker:innen sein, “who are willing to polish old tools, forge new ones, creatively misuse existing tools, methods and processes, and creatively use whatever is at their disposal to facilitate learning and development” (S. 629). Burnard betont bereits 2009, dass eine zentrale Herausforderung im Musikunterricht darin besteht, dass Lehrkräfte den Einsatz von Technologie im Verhältnis zu den spezifischen Charakteristika kreativer Lernprozesse reflektieren und für diese Prozesse insbesondere professionelle Lerngemeinschaften bedeutsam sind. Wie begegnen Lehrkräfte diesen hohen Ansprüchen und Anforderungen aus dem Diskurs in der Unterrichtspraxis? Welche Bedarfe sehen sie in Hinblick auf die Weiterentwicklung ihrer Unterrichtspraxis und die eigene Professionalisierung? Im zweiten Beitrag legen Laura Bollack, Thade Buchborn, Alexandra Damm, Annika Endres und Johannes Treß erste Ergebnisse aus einer praxeologisch fundierten Bedarfsanalyse vor. In ihrer Studie erheben sie im Rahmen von ‚Open Space‘-Veranstaltungen zum Thema Digitalität, Schule und Musik sowie in Fortbildungsveranstaltungen Gruppendiskussionen unter Musiklehrkräften. Diese interpretieren sie mit Hilfe der Dokumentarischen Methode (Bohnsack 2021), die auf den methodologischen Grundannahmen der Praxeologischen Wissenssoziologie basiert (Bohnsack 2017). Auf diesem Wege können die Bedarfe und Alltagstheorien der beteiligten Musiklehrkräfte aber auch implizite, handlungsleitende Wissensbestände und die Logiken des alltäglichen Umgangs mit (Post)Digitalität im Unterricht rekonstruiert werden. Erkennbar werden vielfältige Spannungsfelder zwischen den Alltagserfahrungen und den verschiedenen von den Lehrkräften wahrgenommenen Normen in Bezug auf den Stellenwert von (Post)Digitalität im Musikunterricht, die als institutionalisierte Verhaltenserwartungen verstanden werden können. Gleichwohl implizieren die Orientierungen kontrastierende Umgangsweisen mit diesen Erwartungen: So positionieren sich jene, die ‘noch nicht auf diesem Weg sind’ im Kontrast zu Kolleg:innen, die sich bereits ‘auf den Weg gemacht haben’, um (Post)Digitalität und Unterrichtsalltag zusammenzubringen. Weitergehend wird die jeweilige technische Ausstattung an den Schulstandorten als limitierender oder aber als ermöglichender Faktor wahrgenommen. Schließlich wird ‘Digitalisierung’ von einem Teil der Befragten als von außen oktroyiert ausgearbeitet, während andere sich als eigenaktiv und initiativ inszenieren und auf vielen Ebenen verpasste Chancen beklagen. Die Ergebnisse zeigen, dass sowohl die rekonstruierten Normen und Alltagstheorien als auch die Umgangsweisen und impliziten Logiken des Unterrichtsalltags bedeutsam für die (post)digitale Transformation von Schule sind. Sie berühren zudem die im Kontext von Schule und (Post)Digitalität gängigen gesellschaftlichen und fachwissenschaftlichen Narrative einer Erwartung an die potenzielle Barrierefreiheit von digitalen Medien sowie einer Erwartung der (Un-)Veränderlichkeit von Unterrichtsgegenständen durch Digitalität. Die Ergebnisse werden dahingehend diskutiert, welche Eigenlogiken den analysierten Umgangsformen mit derartigen Erwartungen – auch mit Blick auf Professionalisierung und Schulentwicklung – zugrunde liegen. Alles ist gleich wichtig, aber live ist wichtiger? – Zur diskursiven Barriere musikunterrichtlicher Integration postdigitaler Musizierpraxen Musik jenseits der Live-Aufführung ist seit dem Grammophon ein weit verbreitetes Konzept ( Turino, 2009), das grundlegende Transformationen musikalischer Praxen angestoßen hat (z. B. Bell, 2018; Cayari, 2016; Zhang & Negus, 2021). Das führt bis dahin, dass das Gros an Musik, das wir heute hören, Aufnahmen bzw. Mehrspuraufnahmen sind. Aufnahmetechnologien wie (digitale) Tonstudios einschließlich diverser Effekte und Plugins (z.B. Auto-Tune, Quantisierung ) haben umfassende Veränderungen musikalischer Praxen eingeläutet und neue ästhetische Standards (z.B. Multitracking, Overdubbing, Remixing) hervorgebracht. Diese sogenannte postperformative Ära (Thibeault, 2012) kennzeichnet sich seit dem frühen 20. Jahrhundert durch die Existenz von Musik, die mitunter weder live aufgeführt werden kann noch soll. Darüber hinaus haben sich im Kontext der Hypermedialität postdigitaler (Musik)Kulturen im 21. Jahrhundert vor allem audiovisuelle Formate auf Plattformen wie YouTube, Instagram, TikTok & Co. etabliert, die ausschließlich für und auf digitalen Plattformen produziert werden. Insgesamt fallen darunter Beispiele wie Studiokunst, Filmmusik, Musikvideos, Techno, virtuelle Chöre oder Platform Musicking auf TikTok und Co. Wie sowohl medien- als auch musikwissenschaftliche Arbeiten kontinuierlich aufzeichnen, wird das Verhältnis zwischen Live und Recorded seit Anbeginn von Aufnahmetechnologien von diskursiven Spannungen begleitet (Auslander, 1999; Gottschalk, 1954; Thornton, 1996). Vor dieser Folie lässt sich in der Musikpädagogik eine generelle Überbetonung von Live-Aufführungen oder eine eurozentrische Beschränkung auf das klassische Live-Konzert und eine Dominanz des Musikmachens in körperlicher Kopräsenz beobachten (z. B. Godau & Gosmann, 2024). Diese Dominanz droht postperformative Praxen zu exkludieren. Neben dieser grundsätzlichen Favorisierung des Live-Musizierens, verdeutlichte die COVID-19-Pandemie die Notwendigkeit einer intensiveren Auseinandersetzung mit musizierpraktischen Online- bzw. Distanzformaten. Neben Beschwerden über das Musikmachen mit Online-Tools oder einer tendenziellen Ablehnung asynchroner Praktiken wurde vielmehr seitens (hoch-)schulisch agierender Musikpädagogik:innen der Bedarf einer Bereitstellung von Live-Tools formuliert wurde, welche ein synchrones Musizieren auch in Distanz ermöglichen (z. B. Brunner et al., 2021; Maas, 2022; Onderdijk, Acar & Van Dyck, 2021). Diese fachinterne Digitalisierungsbarriere bestätigten zuletzt Analysen etablierter musikpädagogischer Fachzeitschriften, in denen während der letzten Dekade ein verschwindend geringer Teil postperformativer Praktiken aufgreift und stattdessen fast durchgängig auf Live-Praktike beschränken oder in diese übersetzen (Godau & Gosmann, 2024). Aufgrund dieses offensichtlichen Ungleichgewichts muss die Relevanz asynchroner Praktiken in der Musikpädagogik genauer bestimmt und die Beziehung zwischen Live-Musik und aufgezeichneter Musik ermittelt werden. In unserem Vortrag möchten wir Einblicke in eine laufende qualitative Interviewstudie zu den Perspektiven von Musikpädagog:innen auf verschiedene Bereiche des Musizierens geben. Dabei gehen wir vor dem Hintergrund der skizzierten Forschung davon aus, dass Bedarfe an eine integration postperformativer Musizierpraktiken im Zusammenhang mit dem je individuellen digital-medialen Habitus zu verorten sind. Insofern muss beispielsweise die Betrachtung des wahrgenommenen Wertes einer Integration asynchroner Tools stets im Verhältnis betrachtet werden zu den jeweiligen Positionierungen, inwiefern Audio-/visuelle Aufnahmen überhaupt als eigenständige ästhetische Praktiken qualifiziert und bereits im Unterricht eingebunden werden. Mittels induktiver Verfahren konstruktivistischer Grounded Theory (Charmaz, 2014) haben wir auf Grundlage von Gruppendiskussionen mit Musikpädagog:innen verschiedene Perspektiven bezüglich des Verhältnisses zwischen Live-Musik und aufgezeichneter Musik rekonstruiert. In den Daten verdeutlicht sich unter anderem, dass beispielsweise das Aufnehmen von Musik eher in mediendidaktische Kontexte eingebettet wird, wodurch Recording nicht als musikalisch-künstlerische Praxis, sondern als eine Form medientechnischen Umgangs mit Speichermedien und einer Reflexion musikalischer Prozesse wahrgenommen wird. Demgegenüber wird Live-Musizieren im Unterricht vor allem als ein Mittel zur Gemeinschaftsbildung und zum emotionalen Ausdruck betrachtet, das Aufnahmetechnologien nicht ermöglichen. Darauf aufbauend wollen wir eine kritische Diskussion über Musikpädagogik im 21. Jahrhundert und die daraus resultierenden Implikationen für die Professionalisierung von Musiklehrkräften anstoßen. Dabei stellen wir konzeptionelle Ideen einer Fortbildung vor, die sich auf eben diese 'non-live' Praktiken konzentriert. Die Fortbildung ist Teil des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Paderborner Teilprojekts KuMuS-ProNeD. |