Wissenschaftskommunikation als Forschungs- und Praxisfeld gewinnt in den Erziehungswissenschaften im Allgemeinen, sowie in der Lehrkräftebildung im Speziellen an Bedeutung. Ziel des Austauschformates ist es, die Unterschiede und Gemeinsamkeiten gelingender und problembehafteter Wissenschaftskommunikation in den Fachdidaktiken als Diskursfeld aufzugreifen, um Teilnehmenden Reflexions-, Adaptions- und Approximationsimpulse für die weitere Arbeit in den Verbünden zu liefern. Hiervon versprechen sich die Organisator:innen des Formates auch einen Beitrag zum Bewusstsein für die Domänenspezifizität von Bewertung, Auswahl und Verwendung von evidenzbasierten Fortbildungsangeboten. Barrieren der Wissenschaftskommunikation können auf unterschiedlichen Ebenen lokalisiert werden. Mittel eines Impulsvortrags wird das Modell “Four levels for analysing academic knowledge utilisation” von van Schaik et al., 2018 vorgestellt und auf die Gelingensbedingungen und -problematiken evidenzbasierte Fortbildungsangebote in Verbundstrukturen bezogen. Im Anschluss wird der Diskurs- und Erfahrungsraum mit der Methode des World-Cafés eröffnet. Hierzu erhalten die Teilnehmer:innen relevante Fragestellungen und Thesen als Impulsgeber. Die Auswertung erfolgt über eine Metaplan-Präsentation oder Fishbowl-Diskussion. Die Bedeutung der Thematisierung der Barrieren von Wissenschaftskommunikation und Evidenzbasierung in Lehrkräftefortbildungen wird über einen Einblick in die Modelldimensionen nach van Schaik et al., 2018 eröffnet, die zugleich die Thementische abbilden, an denen exemplarisch dargelegte Fragestellungen bearbeitet werden.
(1) Teacher level: Lehrpersonen erachten Forschungsergebnisse zwar tendenziell als interessant, nutzen diese jedoch selten für eine Veränderung ihrer Unterrichtspraxis (vgl. Cain & Allan, 2017), was aus bildungspolitischer und -administrativer Sicht, wie auch für die Bildungsforschung eine unzulängliche Hinführung zu einer Evidenzbasierung pädagogischer Praxis darstellt (vgl. Hinzke et al., 2020). Entsprechend ist u. a. im Workshop zu thematisieren, welchen Beitrag aktuelle Fortbildungen und Verbundstrukturen zum Kompetenzerwerb und zur Veränderung des Unterrichts leisten können.
(2) Research knowledge level: Fortbildungsangebote sind bereits neben Publikationen, Tagungen usw. ein Teil praxisorientierter Wissenschaftskommunikation. Die Präsentation, Sprache, Art und Form der Wissenschaftskommunikation spielt für den Erfolg von Fortbildungen eine besondere Bedeutung (Lipowsky & Rzejak, 2017). Darüber hinaus bleibt der Zugang zu Forschungsarbeiten eine notwendige, jedoch häufig nicht erfüllte Bedingung (vgl. Ikemoto & Marsh, 2007; Thomm et al., 2021). Im Workshop wird diskutiert, wie die Akteure von Fortbildungen und der Verbundinstitutionen an der Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Praxis bei der ‚Übersetzung‘ unterstützend wirken können (vgl. Hofer, 2017; Joram et al., 2020).
(3) School organisational level: Formale Aspekte der Schulorganisation wie bspw. Multiplikatorenkonzepte und Zeitkontingente für Fortbildungen und informelle Aspekte der Schulorganisation wie bspw. Wertschätzung für neue Unterrichtskonzepte, können zusammenfassend mit dem Aufbau einer forschungsfördernden Schulorganisation und -kultur (inquiry-supportive school culture, Martinovic et al. 2012) bezeichnet werden (vgl. Hascher et al. 2022). Im Workshop wird bspw. thematisiert, unter welchen Bedingungen Fortbildungen zu einer Schul- und Lernkultur im digitalen Wandel beitragen können und welche fördernden Bedingungen Fortbildungen selbst benötigen.
(4) Communication Level: An Lehrkräfte wird der normative Anspruch herangetragen, Forschungsergebnisse in ihre Praxis einfließen zu lassen (vgl. Bauer et al., 2015; Hendriks et al., 2021), was sich gerade im Falle von Primärstudien als schwierig erweist (vgl. Fischer, 2021). Der mit der Nutzung von Forschungswissen verbundene Mehraufwand, die wahrgenommene, geringe Nützlichkeit sowie geringe Reliabilität und Validität der Studien oder die schwierige Rekontextualisierung der Ergebnisse für den eigenen Unterricht (vgl. Demski, 2018) speisen die Skepsis von Lehrpersonen gegenüber einer dezidierten, evidenzinformierten Praxis, für die sie einen Impuls aus Fortbildungen erhalten sollten. Im Workshop ist zu bearbeiten, wie in Fortbildungen und Verbundstrukturen das Vertrauen in die Arbeit einzelner, akademischer und nicht-akademischer Experten (vgl. Bromme & Goldman, 2014; Hendriks et al., 2021; Merk & Rosman, 2019), verbessert werden kann. Formen des wechselseitigen Dialoges ‚auf Augenhöhe‘ scheinen vielversprechend für die Wissenschaftskommunikation und evidenzbasierte Praxis zu sein (vgl. Spoden & Schrader, 2021; Farley-Ripple et al., 2018; Vanderlinde & van Braak, 2010; Zimmermann & Mayweg-Paus, 2021) und liefern eine Folie für neue Fortbildungsformate.