Die digitale Transformation der Gesellschaft fordert das Bildungssystem heraus, innovative Lösungen für das schulische Lehren und Lernen zu finden. Neben grundlegenden Fragen der Infrastruktur sind die Aus-, Fort- und Weiterbildung der Lehrkräfte sowie gelingende Schulentwicklungsprozesse maßgeblich dafür, dass Kinder und Jugendliche digitale Medien reflektiert nutzen und zu kompetenten Bürger*innen in einer Kultur der Digitalität (Stalder, 2016) werden (Endberg et al., 2022; Redecker, 2017; Richter et al., 2024).
Schon die dreiphasige Lehrer*innenbildung und die Verschränkung von inneren und äußeren Schulangelegenheiten in der Bildungsverwaltung, bei denen jeweils Akteur*innen aus unterschiedlichen Bezugssystemen involviert sind, zeigen exemplarisch, dass bei der digitalen Transformation von Schule und Unterricht ein „komplexes Abstimmungsgefüge vieler Stakeholder […] auf unterschiedlichen Ebenen“ (Breiter et al., 2021, S. 5) vorherrscht. Dieses erfordert „die Zusammenarbeit, Kommunikation und Abstimmung sehr unterschiedlicher Akteure“ (Endberg et al., 2022, vi; siehe auch Forum Bildung Digitalisierung, 2024; Scheunpflug et al., 2020).
Um die Handlungskoordination und die unterschiedlichen Beteiligungschancen dieser Akteur*innen verstehen zu können, gilt es, diese in einem ersten Schritt empirisch zu bestimmen (Altrichter & Maag Merki, 2016). Bisher ist kaum differenziert erfasst, welche Akteur*innen die digitalisierungsbezogene Lehrkräftebildung und Schulentwicklung mitgestalten (Scheunpflug et al., 2020; für Ausnahmen im Kontext der digitalisierungsbezogenen Schulentwicklung siehe Breiter et al., 2021; Engec et al., 2021). An dieses Desiderat knüpft die im Rahmen des Beitrags präsentierte Stakeholder-Analyse an. Dafür wurden einschlägige öffentlich zugängliche Dokumente aus allen 16 Bundesländern (Digitalstrategien, Landeskonzepte, Tätigkeitsberichte u.v.m.) untersucht und relevante Stakeholder und ihre Vorhaben im Bereich der digitalisierungsbezogenen Lehrkräftebildung und Schulentwicklung extrahiert (Tarkian & Thiel, 2019).
Bei der Darstellung der bundeslandspezifischen Stakeholder gehen wir davon aus, „dass Handeln nicht losgelöst vom Kontext betrachtet werden kann, sondern immer in Strukturen eingebettet ist“ (Kolleck, 2022, S. 5). Daher haben wir die Ergebnisse dieser Dokumentenanalyse in einer netzwerkartigen Struktur – bestehend aus Knoten und Kanten – graphisch zu „Informationslandschaften“ (Krempel, 2005, S. 196) aufbereitet. Eine solche Visualisierung liefert „eine übersichtliche Grundlage, um Ergebnisse […] verständlich und unter Einbindung der unterschiedlichen involvierten Personen zu diskutieren“ (Kolleck, 2022, S. 7). Darüber hinaus wird der Visualisierung von Netzwerkstrukturen das Potenzial zugeschrieben, als Entscheidungshilfe für die adressierten Stakeholder zu dienen – „sie können Stärken und Schwächen der Netzwerke sowie Entwicklungsperspektiven aufzeigen und Veränderungsprozesse forcieren“ (Kolleck, 2014, S. 174).
Dieses illustrierende und partizipative Moment unserer Darstellungsform möchten wir im Beitrag nutzbar machen. Dafür werden wir einleitend die Vorgehensweise und Methodik unserer Analyse vorstellen, sowie auf Eigenlogiken und bestehende Limitationen verweisen. Anschließend möchten wir Verantwortliche aus den Projektverbünden von lernen:digital sowie interessierte Personen aus dem Bildungssystem (v.a. Landesinstitute) einladen, einen genaueren Blick auf die ermittelten Strukturen der digitalisierungsbezogenen Lehrkräftebildung und Schulentwicklung in ihrem jeweiligen Bundesland zu werfen und gemeinsam Potenziale und Grenzen sowie ggf. blinde Flecken auszuloten (Tarkian & Thiel, 2019). Abschließend werden wir aktuelle Ansätze zur Weiterentwicklung der Stakeholder-Landschaften skizzieren.
Neben der Präsentation unserer Arbeitsergebnisse soll in diesem offenen Austauschformat vor allem ausreichend Raum sein, um gemeinsam und aus verschiedenen Sichtweisen die Stakeholder-Landschaften diskutieren, ergänzen und vertiefen zu können. Perspektivisch würden wir eine Fortführung dieses Austausches begrüßen, denn ein geteiltes Wissen über die Systemstruktur ist aus unserer Sicht eine wichtige Grundlage, um Transferprozesse zwischen den unterschiedlichen Ebenen langfristig effizienter und erfolgreicher zu gestalten (Foster-Fishman et al., 2007; Kolleck, 2014).