Veranstaltungsprogramm
Eine Übersicht aller Sessions/Sitzungen dieser Veranstaltung.
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Sitzungsübersicht |
Datum: Montag, 23.09.2024 | |
10:30 - 11:00 | Gemütliches Ankommen: Anmeldung, Meet & Greet Ort: Foyer EF 50 |
11:00 - 11:30 | Begrüßung Ort: EF 50 Hörsaal 1 |
11:30 - 13:00 | Keynote 1: Sonderpädagogik / intra- und interdisziplinär!? - Grundfragen und Perspektiven in einem komplexen Feld am Beispiel von Neurorehabilitation bei motorischen Einschränkungen Ort: EF 50 Hörsaal 1 Prof. Dr. Tobias Bernasconi (Universität zu Köln) und Prof. Dr. Christian Klaes (Ruhr Universität Bochum) |
13:00 - 14:00 | Mittagspause |
14:00 - 15:30 | Mo1.1: Einzelbeiträge Ort: EF 50 Raum 5.417 |
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Vom Ganzwortlesen zum Sichtwortschatz – Zwei Interventionsstudien mit Schüler*innen mit intellektueller Beeinträchtigung im Spannungsfeld zwischen Fachrichtungsdiskurs und allgemeiner Lesetheorie Universität Bielefeld Das Ganzwortlesen wird im Fachrichtungsdiskurs zur Förderung von Schüler*innen mit intellektueller Beeinträchtigung kritisch diskutiert und als das Lesen von alltagsnahen Einzelwörtern ohne Nutzung von Graphem-Phonem-Korrespondenz verstanden (Browder et al., 2006; Dönges 2007; Katim, 2000; Schurad et al., 2004). Das Lesen von Sichtwörtern bezieht sich auf Wörter, die direkt, ohne alphabetisches Rekodieren gelesen werden können, entwickelt sich in aufbauenden Strategien und bildet ein wichtiges Element verschiedener Lesemodelle (Coltheart, 2005; Ehri, 2005; Perfetti & Stafura, 2014; Share, 2018). Das Verständnis von Sichtwörtern im Sinne dieses dynamischen Entwicklungsmodells könnte den Fachrichtungsdiskurs bereichern und möglicherweise ein bedeutungsames Element der literalen Förderung von Schüler*innen mit intellektueller Beeinträchtigung darstellen. In zwei Interventionsstudien wurde im Rahmen von kontrollierten Einzelfallstudien die Entwicklung des Sichtwortschatzes erstens von Jugendlichen in einem Literaturprojekt und zweitens von Grundschüler*innen im Anfangsunterricht in Bezug auf spezifische Übungswörter beobachtet. In beiden Studien zeigen sich signifikante, moderate Effekte der Förderung des Sichtwortschatzes im regulären Klassenunterricht und eine kurzfristige Stabilität der Lernerfolge. Die Ergebnisse der Studien werden vorgestellt und vor dem Hintergrund der fachrichtungsspezifischen sowie fachlichen Theoriebildung diskutiert. Insbesondere die teilalphabetische Strategie des Lernens von Sichtwörtern sollte in Bezug auf die Leseförderung von Schüler*innen mit intellektueller Beeinträchtigung zukünftig genauer betrachtet werden. Konzept und Evidenz des RESAN Rechtschreibfördermaterials (Rechtschreibung sicher anwenden) Universität Greifswald Konzept und Evidenz des RESAN Rechtschreibfördermaterials (Rechtschreibung sicher anwenden) Anke Sagert Universität Greifswald, Institut für Erziehungswissenschaft, Lehrstuhl für Sonderpädagogik und Inklusion Mehrere Studien zeigen, dass es im deutschen Schulsystem erhöhten Handlungsbedarf hinsichtlich der Entwicklung schriftsprachlicher Kompetenzen gibt (u.a. Stanat et al. 2022). Um diesem Bedarf zu entsprechen, wurde das RESAN Rechtschreibfördermaterial (Rechtschreibung sicher anwenden) für Lernende mit unterdurchschnittlichen Leistungen konzipiert. Es zielt darauf ab, ein systematisches, entwicklungslogisches und individualisiertes Rechtschreibfördermaterial zur Verfügung zu stellen, welches als evidenz- und theoriebasiertes Material Einsatz in schulischen und außerschulischen Arbeitsfeldern finden soll (Sagert, 2022). In einer Evidenzstudie in den Jahren 2020-2024 mit insgesamt 432 Lernenden, in der geprüft wurde, ob das RESAN Rechtschreibfördermaterial zu einer Verbesserung der Rechtschreibkompetenz führt, zeigte der Prä-Post-Vergleich einen hochsignifikanten Unterschied zwischen der Interventions- und Kontrollgruppe hinsichtlich der Erhöhung der rechtschreiblichen Fertigkeiten (p<0.01). 14:00 - 14:30
Zeit für Arbeitszufriedenheit? Eine quantitativ-empirische Untersuchung zum Einfluss zeitlicher Ressourcen auf die Arbeitszufriedenheit von Lehrkräften in inklusiven Schulen 1Universität Bielefeld; 2Universität Paderborn Die Arbeitszufriedenheit von Lehrkräften ist eine zentrale Komponente für die Umsetzung schulischer Reformen, zu denen die inklusive Bildung gehört. Weiterhin gilt Arbeitszufriedenheit als Prädiktor für geringe Fehlzeiten und eine geringe Fluktuation (Kauffeld & Schermuly, 2019). In inklusiven Schulen müssen Regelschullehrkräfte (RLK) und sonderpädagogische Lehrkräfte (SLK) kooperieren, um allen Schüler*innen eine bestmögliche Förderung zu gewährleisten (Vangrieken, Dochy, Raes & Kyndt, 2015). Dazu benötigen sie jedoch Zeitfenster, die von vielen Lehrkräften als nicht ausreichend benannt werden (z.B. Bennemann, 2019). Es kann angenommen werden, dass feste Zeitfenster für die Kooperation zu einer erhöhten Arbeitszufriedenheit führen. Ziel des vorliegenden Beitrags ist es, diese Annahme mittels Strukturgleichungsmodellierung zu überprüfen. Weiterhin soll untersucht werden, ob die Zusammenhänge über die Zufriedenheit mit der Kooperationshäufigkeit und die kollektive Selbstwirksamkeitserwartung der Lehrkräfte erklärt werden können. Professionsbezogene Unterschiede werden ergänzend untersucht. Die Daten (n=170 RLK, n=24 SLK und n=28 Schulleitungen) stammen aus dem BMBF-geförderten Projekt BiFoKi (Bielefelder Fortbildungskonzept zur Kooperation in inklusiven Schulen). Die Ergebnisse zeigen, dass feste Zeitfenster für die Kooperation in den unterschiedlichen Teams mit einer erhöhten Arbeitszufriedenheit korrelieren und dieser Zusammenhang teilweise über die kollektive Selbstwirksamkeitserwartung mediiert wird. Die Zufriedenheit mit der Kooperationshäufigkeit dagegen steht nicht in signifikantem Zusammenhang zu festen Kooperationszeiten. Professionsbezogene Unterschiede zwischen Regelschullehrkräften und sonderpädagogischen Lehrkräften können für die Arbeitszufriedenheit und die Zufriedenheit mit der Kooperationshäufigkeit gezeigt werden, nicht jedoch für die kollektive Selbstwirksamkeit. |
14:00 - 15:30 | Mo1.2: Einzelbeiträge Ort: EF 50 Raum 5.418 |
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Erwerbsbezogene Bildung und Erwerbstätigkeit von Menschen mit Behinderungen. Ein interdisziplinärer Beitrag im Schnittfeld von Weiterbildungs- und Inklusionsforschung. Universität Zürich Mit diesem Beitrag wird der Forderung nach einer breiteren - über die Sonderpädagogik hinausreichende - Beschäftigung mit Behinderung sowie einer stärkeren Theoriebildung nachgekommen (Pfahl & Schönwiese, 2022, S. 297; Köbsell, 2022, S. 66). Trotz der steigenden Bedeutung des Lebenslangen Lernens (Kraus, 2022) und der Umsetzung der UN-BRK (York & Jochmaring, 2021), gibt es nämlich bisher nur wenige Studien zu inklusiver Weiterbildung (Schreiber-Barsch & Rule 2021, S. 552). Der Forschungsstand zu individuellen Bildungsverläufen von Erwachsenen mit Behinderungen ist gering (Köpfer et al., 2021). In dieser Dissertation wird deshalb die Frage untersucht, wie Menschen mit einer Beeinträchtigung ihre Erwerbsbiografie gestalten. Dafür wurden problemzentrierte Leitfadeninterviews mit narrativem Einstieg (Przyborski & Wohlrab-Sahr, 2014) verwendet, welche im Rahmen des Forschungsprojekts „Governance: Cohesion and Context (GoCC)”, einem Teilprojekt des Innosuisse-Flagships „Swiss Circular Economy of Skills and Competences (SCESC)“ mit in der Schweiz Erwerbstätigen geführt wurden. Dreizehn Interviews von Menschen mit diversen Beeinträchtigungen (Selbstdeklaration) und Behinderungserfahrungen (eigene Relevanzsetzung) wurden mittels Grounded Theory (Strauss & Corbin, 1996) ausgewertet. Als wichtige Elemente zur Gestaltung der Erwerbsbiografie wurden Unterstützungsstrukturen und Schlüsselpersonen für die Zugänge sowie Entscheidungs- und Bewältigungsstrategien für die Übergänge zu erwerbsbezogener Bildung und Erwerbstätigkeit identifiziert. Das zentrale Phänomen sind die Spielregeln: Wenn Menschen mit Behinderungen diese kennen, könnten sie sich Zugänge aktiv verschaffen und Übergänge gezielt bewältigen. Die Spielregeln können durch die Teilnahme an erwerbsbezogener Bildung und Erwerbstätigkeit angeeignet werden, paradoxerweise sind sie jedoch zugleich die Voraussetzung dafür. Im Beitrag sollen die Ergebnisse im Detail vorgestellt und diskutiert werden. Evaluation der Einheitliche Ansprechstellen für Arbeitgeber*innen (EAA) – Partizipativ-dialogische Forschung im Mixed-Methods-Design Technische Universität Dortmund Menschen mit Behinderungen können – trotz eines breiten politischen „Inklusionsdrucks“ (York et al. 2024) und eines ausdifferenzierten Systems der beruflichen Rehabilitation (Jochmaring und York 2024) – nach wie vor nicht in gleicher Weise an Arbeit teilhaben, wie Menschen ohne Behinderung (Bundesagentur für Arbeit (BA) 2023). Um die Teilhabechancen von Menschen mit Behinderungen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu erhöhen und dabei vor allem klein- und mittelständige Unternehmen zu adressieren erfolgte im Jahr 2022 die Einführung der EAA (§ 185a SGB IX) . Diese sollen Arbeitgeber*innen proaktiv zu allen Förderleistungen und Unterstützungsangeboten zur Schaffung, zum Erhalt und zur Einrichtung von Arbeits- und Ausbildungsplätzen beraten und als Lots*innen an der Schnittstelle des Systems beruflicher Rehabilitation und des allgemeinen Arbeitsmarktes unterstützen. Der interdisziplinäre Beitrag aus der Forschungspraxis expliziert erste explorative Evaluationsergebnisse des vom Inklusionsamt des Landschaftsverbands Rheinland (LVR) geförderten Projektes „Evaluation der Einheitlichen Ansprechstellen für Arbeitgeber*innen, betrachtet als Soziale Innovation im Eco-System von Rehabilitationssystem und Arbeitsmarkt (EvaEfA)“. Präsentiert wird dazu eine dialogisch-partizipative Forschungsstrategie im Mixed-Methods-Design sowie (Teil-)Ergebnisse aus den Arbeitspaketen Destop-Research, Expert*inneninterviews und -workshops, Fokusgruppen sowie aus der qualitativen und quantitativen Sozialen Netzwerkanalyse. LINKED – Zusammenarbeit in und mit der Praxis im Rahmen eines Forschungsprojekts zur Teilhabe von Menschen mit komplexen Behinderungen 1Universität Oldenburg; 2Universität zu Köln Der Beitrag fokussiert das Forschungsprojekt „Leuchttürme der Teilhabe von Menschen mit komplexen Behinderungen“ (LINKED), das sich zum Ziel setzt, in Zusammenarbeit mit verschiedenen Praxiseinrichtungen herauszuarbeiten, was Teilhabe für den Personenkreis von erwachsenen Menschen mit komplexen Behinderungen ausmacht und wie diese gestaltet werden kann. Dazu werden Praxiseinrichtungen, welche Angebote zur Teilhabe für den Personenkreis gestalten, in unterschiedlichen Beteiligungsphasen in die Forschung einbezogen. In dem Beitrag wird die intradisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Forschung und Praxis beleuchtet und das multimethodische und multiperspektivische Vorgehen aus vier durchgeführten Feldstudien präsentiert. Der Beitrag diskutiert Fragen, die sich im Prozess einer teilhabeorientierten Forschung in und mit der Praxis zeigen und stellt Möglichkeiten vor, wie auch Menschen mit komplexen Behinderungen in diesen Prozess einbezogen werden können. |
14:00 - 15:30 | Mo1.3: Einzelbeiträge Ort: EF 50 Raum 4.220 |
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Barrierendiagnostik als Grundlage inklusiver Schulentwicklung – Psychometrie und praxisorientierte Tools zur Entwicklung eines barrieresensiblen Umfelds für autistische Schüler:innen 1Humboldt Universität zu Berlin; 2Goethe Universität Frankfurt a.M.; 3White Unicorn e.V.; 4Universität Potsdam Im partizipativen Verbundprojekt schAUT (BMBF 01NV2104) wurde ein psychometrischer Fragebogen zur Identifikation von Barrieren für autistische Schüler:innen an inklusiven Schulen entwickelt und an insgesamt 19 Schulen für die Grundschule und die Sekundarstufe validiert. Im Vortrag sollen Forschungsergebnisse und ihre Implikationen diskutiert und die praktische Nutzbarkeit des Fragebogens im Rahmen inklusiver Schulentwicklung dargestellt werden. Vergleiche zwischen Grundschule und Sekundarstufe sowie längsschnittliche Analysen über die beiden Erhebungszeitpunkte an den Schulen deuten darauf hin, dass Schüler:innen nach Schuleintritt generell stark auf sensorische und soziale Barrieren reagieren. Diese subjektive Beeinträchtigung scheint im Zeitverlauf abzunehmen, für autistische Schüler:innen ist dies allerdings deutlich weniger der Fall. Eine mögliche Schlussfolgerung aus den Ergebnissen ist, dass eine barrieresensible Gestaltung des Schulalltags für diese Gruppe im Laufe der Schulzeit immer wichtiger wird, um Teilhabe zu gewährleisten. Aufgrund der Bedeutsamkeit bildungstheoretischer, medizinischer, psychologischer, didaktischer und alltagspraktischer Wissensbestände für die Gestaltung barrierearmer Lernumgebungen mit Blick auf autistische SuS braucht es Strategien, dieses Wissen zusammen mit den erhobenen Schüler:innendaten konstruktiv nutzbar zu machen. Die alltägliche Realität multiprofessioneller Zusammenarbeit an Schulen stellt eine gute Grundlage dafür dar. Neben einer Handreichung und einer Fortbildung wurde das Selbstevaluationsraster schAUT-S erarbeitet. Auf Basis des Aargauer Modells für inklusive Schulentwicklung (Landwehr & Obrist 2012) ermöglicht es den Schulen, den Stand ihrer Bemühungen um Barrieresensibilität mit Blick auf autistische Schüler:innen, sowie mögliche Ziele und Entwicklungen zu betrachten. Im Vortrag werden die Genese des Tools sowie prototypische Anwendungsmöglichkeiten im Rahmen gelingender inklusiver Schulentwicklung skizziert. Aufarbeitung geovisueller Informationen für Menschen mit sogenannter geistiger Behinderung. Können wir eine „Einfache Sprache für visuelle Informationen“ entwickeln? Universität zu Köln Im Rahmen eines interdisziplinären Forschungsprojekts zu kommunalen Planungsprozessen untersuchen wir im Co-Design mit Menschen mit sogenannter geistiger Behinderung inwieweit geovisuelle Informationen, beispielsweise auf Planungskarten, barrieresensibel gestaltet werden können. Im Rahmen des Projekts werden nach einer Literaturrecherche zur zielgruppenspezifischen Aufbereitung von kommunalen Informationen und Geodaten die Erkenntnisse aus dem Bereich der schulischen Mathematik, Geographie sowie der Entwicklungspsychologie und der Geovisualisierung mit Hilfe von Expert*innengesprächen und Think Tanks zusammengetragen. Aus den Erkenntnissen werden mögliche Leitlinien für die Aufbereitung von Geodaten für die Zielgruppe ermittelt und unter Berücksichtigung der Befunde aus dem Praxis- und Forschungsgebiet der Leichten Sprache erweitert. In einem nächsten Schritt werden Demonstratoren für die visuelle und sprachliche Aufbereitung von planungsbezogenen Inhalten entwickelt und analog sowie digital umgesetzt. Diese Demonstratoren (z.B. sprachliche Dokumentationen in einfacher Sprache) werden anschließend bewertet und nach den Rückmeldungen für die nachhaltige Nutzung aufbereitet. In unserem Beitrag berichten wir den Stand der Forschung zur Verarbeitung von geovisuellen Informationen bei Menschen mit sogenannter geistiger Behinderung und erläutern die ersten Ergebnisse aus der interdisziplinären Zusammenarbeit mit Expert*innen aus den oben genannten Arbeitsbereichen. Lehrkraftausbildung an der Schnittstelle zwischen intellektuellen und sprachlichen Beeinträchtigungen - Ergebnisse einer Lehrwerk-Analyse Fachgebiet Sprache und Kommunikation, Technische Universität Dortmund Der kindliche Spracherwerb ist ein multifaktorieller Prozess und verläuft bei vielen SuS mit einer intellektuellen Beeinträchtigung erschwert oder verzögert. Lehrkräfte im Förderschwerpunkt (FSP) Geistige Entwicklung (GE) werden fortlaufend mit diesen Herausforderungen konfrontiert. Eine umfassende Lehrkraftausbildung, die Inklusion berücksichtigt, sollte Schnittstellen zwischen den FSP erkennen und übergreifende Förderung bieten. Zwirnmann et al. (2023) zeigen, dass eine FSP-übergreifende Vermittlung von Inhalten in Lehrwerken der Sonderpädagogik nicht vorausgesetzt werden kann. Trotz häufiger Beschreibungen von Komorbiditäten sprachlicher und emotional-sozialer Beeinträchtigungen u.a. in Meta-Analysen, adressieren 73,33% der Lehrwerke zur emotional-sozialen Entwicklung (geprüft: n=15) den Spracherwerb kaum bis gar nicht. In dieser Studie werden FSP-übergreifende Bezüge zu sprachlichen und intellektuellen Beeinträchtigungen in Lehrwerken analysiert. Es wurden 32 Lehr- und Fachwerke eingeschlossen (2006-2022; Sprache: 17, GE: 15), die mittels eines detaillierten Kodierschemas auf Überschneidungen zwischen den FSP untersucht wurden. Beispielkategorien waren Berücksichtigung von Mehrsprachigkeit und Unterstützter Kommunikation. Ausgewählte Ergebnisse: In 20% der Lehrwerke für GE und 11% der Sprachwerke werden Fallbeispiele von SuS mit Beeinträchtigungen aus dem anderen FSP aufgezeigt. Mehrsprachigkeit bei intellektuell beeinträchtigten SuS wird in keinem der 18 Sprachwerke behandelt, und umgekehrt nur in einem GE-Werk. Die Schnittstelle zwischen Sprache und Kognition wird am ehesten im Kontext spezifischer Störungsbilder wie dem Down-Syndrom erwähnt. Der vorliegende Beitrag stellt das intradisziplinär sehr relevante Thema des übergreifenden Lehrens zwischen den Förderschwerpunkten dar und möchte für die Verknüpfungen zwischen sprachlichen und intellektuellen Beeinträchtigungen sensibilisieren. |
14:00 - 15:30 | Mo1.4: Symposium Ort: EF 50 Raum 5.425 Chair der Sitzung: Meike Wieczorek, TU Dortmund Musik als Chance intra- und interdisziplinärer (Hochschul-)Bildung |
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Symposium: Musik als Chance intra- und interdisziplinärer (Hochschul-)Bildung Kurzbeschreibung des Symposiums Die UN-Behindertenrechtskonvention schreibt Menschen mit Behinderung nicht nur das Recht auf Teilhabe, sondern auch auf Entfaltung des künstlerischen Potenzials zur Bereicherung der Gesellschaft und der eigenen Person zu. Dieses Entfalten und die Bereicherung der Gesellschaft lässt sich auch auf den Kontext Hochschulbildung übertragen. Inwiefern ist die Sonderpädagogik (theoretisch wie praktisch) inter- oder intradisziplinär? Dieser Fragestellung soll am Beispiel der Kulturellen Bildung Musik in Form eines Symposiums nachgegangen werden. Inklusive Kulturelle Bildung Musik in der Hochschule aus Sicht von Lehrenden, Musiker*innen (mit Behinderung) und Studierenden – die verschiedenen Blickwinkel im Symposiums ermöglichen differenzierte Betrachtungen von Teilhabe und „inklusiver“ (Hochschul-)Bildung. Diskussionen nach jedem der drei Beiträge sowie in der Gesamtschau runden das Symposium ab. Beiträge des Symposiums Musiker*innen (mit Behinderung) im Selbst-und Fremdbild In theoretischen Ansätzen werden die Begriffe „Selbstkonzept” und „Selbstbild” synonym verwendet. Zusätzlich zu dem Begriff des ‚Selbstkonzeptes‘ ist für den Beitrag eine Einordnung des Begriffes ‚Fremdbild‘, inklusive der ‚Entwicklung‘ und verschiedener ‚Einflussfaktoren‘, wichtig. Auf Grundlage der Theorie zu Selbst- und Fremdbild wurden in einem Projekt Musikalische Begegnungen von Musiker*innen mit und ohne Behinderungen organisiert, durchgeführt und reflektiert. Dabei entstand ein Projektfilm, der gleichzeitig zur Präsentation des inklusiven musikalisch-kulturellen Sektors dient. Tonstudio 13 zu Selbstbild und Hochschullehre Tonstudio 13 ist eine Qualifizierungsmaßnahme im Bereich Musik. Sie richtet sich an musikalisch besonders interessierte und begabte Menschen mit Beeinträchtigungen. Der Verein „gesamtkunstwerk e.V.“ bietet damit Anschluss an die Bildungslandschaft, indem das Ziel der persönlichen Weiterentwicklung als Musiker*in verfolgt wird, und stellt Zugänge zu und die Teilhabe an öffentlicher Kultur her. Tonstudio 13 arbeitet häufig mit anderen professionellen Musiker*innen zusammen und ist auch Bestandteil universitärer Lehre im Bereich Kulturelle Bildung Musik. Forschung zu Musiker*innen im Selbst- und Fremdbild und zur inklusiven Hochschullehre Der Projektfilm wurde unbeteiligten Probanden gezeigt und mittels Experteninterviews Reaktionen und Wahrnehmungen hierzu festgehalten. Um ebenso die Sichtweise von Musiker*innen mit Behinderung aufzuzeigen, wurden Interviews mit den Tonstudio 13 Musiker*innen geführt, die einer qualitativen Inhaltsanalyse unterzogen wurden. Der Schwerpunkt lag auf der Bedeutung des Musizierens in Bezug auf das Selbstbild. Zusätzlich wurde das Projekt von einer Onlinestudie umrahmt. Diese ging der Frage nach, welche Faktoren das Fremdbild von Musiker*innen ohne Behinderung gegenüber Musiker*innen mit Behinderung beeinflussen. Die Analyse der Daten mit R setzt die abhängige Variable „Fremdbild“ und unabhängige Variablen bzw. Prädiktoren, wie z. B. „Alter” und „Kontakt zu Menschen mit Behinderung“ miteinander in Bezug. Darüber hinaus wurden im Anschluss an das Projekt mittels Experteninterviews Meinungen zur Inklusiven Hochschulbildung herausgearbeitet. |
14:00 - 15:30 | Mo1.5: Forschungswerkstatt Ort: EF 50 Raum 4.418 Chair der Sitzung: Fenja Lampe, Leibniz Universität Hannover Ratingverfahren zur Erfassung kindlicher Engagiertheit in dialogischen Lesesituationen (R-kEnga (DL)) |
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Ratingverfahren zur Erfassung kindlicher Engagiertheit in dialogischen Lesesituationen (R-kEnga (DL)) Leibniz Universität Hannover Hintergrund: Dialogisches Lesen (DL) gilt als alltagsintegrierte Möglichkeit, die sprachlichen Kompetenzen von Kindern adaptiv und an verschiedenen Lernorten zu fördern (Kappeler Suter & Plangger, 2018), wodurch es für unterschiedliche Disziplinen relevant ist. Um dabei den Lernerfolg der Kinder zu unterstützen, ist zudem interessant zu beobachten, wie engagiert sie an der DL-Situation teilnehmen (Decristan et al., 2020; Fredricks, Blumenfeld & Paris, 2004). Die kindliche Engagiertheit wird als Ausmaß innerer und/oder äußerer Beteiligung des Kindes an der Auseinandersetzung mit dem Buch und der Interaktion mit der erwachsenen Interaktionsperson (eIP) definiert (Decristan et al., 2020; Kaderavek, Guo & Justice, 2014; Laevers, 2007; McLaughlin et al., 2005). Neben der Differenzierung in kognitive, emotionale und behaviorale Engagiertheit (Fredricks et al., 2004) wird weiter zwischen interaktiver und aktiver Engagiertheit unterschieden (Son, Baroody & Osgood Opatz, 2023), um engagiertes Verhalten mit und ohne Mitteilungsabsicht voneinander abzugrenzen. Zielsetzung: Bestehende Verfahren betrachten kindliche Engagiertheit zum jetzigen Kenntnisstand wenig differenziert oder nur in Gruppensituationen (Kaderavek et al., 2014; Son et al., 2023). Mit der Entwicklung des Ratingverfahrens R-kEnga (DL) soll darauf aufbauend die Möglichkeit geschaffen werden, kindliche Engagiertheit in DL-Situationen differenziert einzuschätzen. Ziel ist es, Unterschiede zwischen Kindern herauszuarbeiten und perspektivisch den Einfluss kindlicher Engagiertheit auf adaptive Fördersituationen zu untersuchen. Methodik: Das Ratingverfahren R-kEnga (DL) wird zur Videoanalyse angewendet, wobei sechs Einzelwerte für (1) interaktive oder aktive und (2) kognitive, emotionale oder behaviorale Engagiertheit vergeben werden. Die Werte werden anhand von Indikatoren auf einer 5-stufigen Skala ermittelt. Material: Es sollen Ergebnisse einer ersten Beurteilerinnenübereinstimmung vorgestellt und diskutiert werden. |
14:00 - 15:30 | Mo1.6: Diskussionsforum Ort: EF 50 Raum 4.321 Chair der Sitzung: Philipp Seitzer, Universität zu Köln / Pädagogische Hochschule Ludwigsburg Braucht es noch eine Allgemeine Heil-, Sonder- oder Behindertenpädagogik? |
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Braucht es noch eine Allgemeine Heil-, Sonder- oder Behindertenpädagogik? Universität zu Köln / Pädagogische Hochschule Ludwigsburg Das klassische Selbstverständnis der Allgemeinen Heil-, Sonder- und Behindertenpädagogik wies ihr die Aufgabe zu, einen „Ober- und Zentralbegriff [zu definieren], um den herum sich das Einzelwissen sinnvoll und beziehungsreich ordnen lässt“ (Hanselmann 1941, 66). Erst die Definition eines die subdisziplinären Spezialisierungen übergreifenden Gegenstandsbereichs gewährleiste die Einordnung und Systematisierung von Einzelerkenntnissen in einen gemeinsamen Problem- und Wissenshorizont, die Identifikation intradisziplinärer Schnittbereiche, aber auch methodisch und konzeptionell relevanter Differenzen und Widersprüche (Eklektizismus, Inkommensurabilität) sowie eine hinreichende Differenzierung gegenüber Grenz- und Nachbardisziplinen, sodass relevante Wissens- und Methodenimporte nicht mit einer Preisgabe der eigenen Perspektive einhergehen. Zentralbegriffe dienen aber nicht nur der Verknüpfung von nachbar-, grenz- und subdisziplinärem Wissen, sondern auch der Anbindung und Rückbindung an die Erfahrungs- und Handlungszusammenhänge professionell Handelnder und ihrer Adressat:innen. Weil Zentralbegriffe in der Vergangenheit häufig an die Konstruktion von Personengruppen gekoppelt sind, steht die Allgemeine … jedoch für eine essentialistische und ontologisierende Programmatik. Zudem scheint sie eine gewisse Spannung zu einem inklusiven Wissenschaftsverständnis aufzuweisen, das durch Werte wie Methodenpluralismus, Partizipation und perspektivische wie diskursive Vielfalt charakterisiert ist. Viele einschlägige Denominationen werden heute auf das semantische Umfeld des Inklusionsbegriffs umgestellt. Folgende Fragen sollen deshalb zur Diskussion gestellt werden:
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15:30 - 16:30 | Pause und gleichzeitiger Workshop Dos and Don'ts bei Berufungsvorträgen und -gesprächen Ort: EF 50 Raum 4.321 mit Prof. Dr. Jan Kuhl |
16:30 - 18:00 | Mo2.1: Einzelbeiträge Ort: EF 50 Raum 5.418 |
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Online-Self-Assessment zur Förderung inter- und transdisziplinärer Lehrkraftkommunikation mittels digitaler Fallarbeit: Das Projekt DigiFall 1Technische Universität Dortmund; 2Hochschule Niederrhein; 3Fachhochschule Dortmund; 4Universität Siegen Dass Lehrkräfte in der Lage sein müssen, bezüglich der Diagnostik und Förderung ihrer SchülerInnen, mit KollegInnen sowie mit anderen internen und externen Professionen zu kommunizieren und sie zu beraten, ist von der KMK festgelegt (vgl. KMK, 2019, S. 12). Im Zuge schulischer Inklusion und steigender Bedeutung multiprofessioneller Teams werden diese kommunikativen und beratungsbezogenen Kompetenzen immer bedeutsamer. Die Vermittlung dieser Kompetenzen erfordert die Verbindung von praktischer Anwendung und theoretischem Fachwissen, deren Verknüpfung in der Hochschullehre häufig nicht oder nur eingeschränkt gelingt.Vor diesem Hintergrund wird im Projekt Digitale Fallarbeit - Transdisziplinäres Self-Assessment in pädagogischen und gesundheitsbezogenen Kontexten (DigiFall), finanziert vom Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen, derzeit ein Online-Self-Assessment entwickelt, implementiert und evaluiert, um Studierende in pädagogischen und gesundheitsbezogenen Kontexten mittels digitaler und problemorientierter Fallarbeit bei der Entwicklung genannter Kompetenzen zu fördern. Das Assessment fokussiert auf die inter- und transdisziplinäre Arbeit an partizipationsorientierten Fallbeispielen in einem interaktiven und kollaborativen Setting. Der Fallbeispielentwicklung ging eine umfassende Bedarfsanalyse im Rahmen einer qualitativ ausgerichteten Online-Umfrage voraus. Die befragten Hochschuldozierenden (N = 9), Studierenden (N = 38) und PraktikerInnen (N = 44) hatten die Möglichkeit, in offenen Fragen ihre Bedarfe zu Kommunikations- und Beratungsfähigkeiten im Unterricht und in der Praxis zu beschreiben. Darüber hinaus wurden Fokusgruppen (N = 6) zu insgesamt drei Bereichen der Partizipation (Arbeit & Bildung, Wohnen, Pflege & Assistenz) durchgeführt. In dem vorliegenden Beitrag werden diese Aspekte vorgestellt und Chancen sowie Herausforderungen, die mit ihnen einhergehen, diskutiert. Wissen über wirksame Fördermethoden: Interdisziplinärer Vergleich zwischen allgemeinen und sonderpädagogischen Lehrkräften 1Pädagogische Hochschule Ludwigsburg; 2Universität Oldenburg Prävention und Inklusion rücken den Umgang mit Lernschwierigkeiten aus einem intradisziplinär sonderpädagogischen in einen interdisziplinären Kontext der Kooperation zwischen allgemeinen und sonderpädagogischen Lehrkräften. Es stellt sich dabei die Frage, wie allgemeine bzw. sonderpädagogische Lehrkräfte die grundsätzliche Wirksamkeit von Fördermaßnahmen einschätzen. Bisherige Untersuchungen mit Lehrkräften (Runow & Borchert, 2003) und Lehramtsstudierenden (Hintz & Grünke, 2009) liefern dazu teils ernüchternde Ergebnisse. Hier replizieren wir das Vorgehen von Hintz & Grünke (2009), wobei unsere Zielgruppe nicht die der Lehramtsstudierenden sondern der in der Praxis tätigen Lehrkräfte war. Zu sechs Methoden der Förderung bei Schwierigkeiten im Schriftspracherwerb wurden Lehrkräfte gebeten, ihr eigenes Wissen zu der Methode sowie deren Wirksamkeit für den Schriftspracherwerb einzuschätzen und anzugeben, ob sie die jeweilige Methode einzusetzen bereit wären. Die Einschätzungen der Wirksamkeit wurden in der Analyse mit den Ergebnissen einer Synopse von Metaanalysen (Grünke, 2006) verglichen. Es bestätigt sich, dass tendenziell weniger wirksame Methoden von den Lehrkräften eher über- und hoch wirksame Methoden eher unterschätzt wurden. Zwischen den unterschiedlichen Lehrämtern zeigten sich diesbezüglich nur wenige signifikante Unterschiede. Limitationen und Ergebnisse des intradisziplinär sonderpädagogisch ausgerichteten Projekts werden kritisch reflektiert. Vor dem Hintergrund interdisziplinärer Ansätze (wie z. B. Design Based Research) sind sie Anlass, Implikationen kritisch zu diskutieren. Insbesondere wird diskutiert, inwieweit die Abweichungen von eingeschätzter und metaanalytisch berichteter Wirksamkeit als Hinweis auf Leerstellen in der Wirksamkeitsforschung verweisen, für deren Bearbeitung in interdisziplinären Projekten die Expertise der Schulpraxis stärker in den Fokus gerückt werden soll. "Also ICH brauche keine Studien“ – Rezeption und Abwehr digitaler Fachinformationen zur Förderplanung TU Dortmund, Fakultät Rehabilitationswissenschaften Förderplanung gilt im Kontext der (inklusiven) Beschulung von Schüler*innen mit und ohne Förderbedarf als wichtiges Instrument der Diagnostik und fortlaufenden individuellen Förderung (KMK, 2006; Keiser et al., 2020). Bestandteil der Förderplanung ist auch das Einholen von (evidenzbasierten) Informationen über Schüler*innen, deren individuellen Bedarfen und Behinderungsbildern und geeigneten Fördermaßnahmen. Bei Lehrkräften kann jedoch eine gewisse Wissenschaftsmüdigkeit gegenüber einer sich vermeintlich stetig erneuernden wissenschaftlichen Studienlage und daraus resultierenden Empfehlungen für die schulische Praxis festgestellt werden (Hetfleisch at al., 2017). Diese zeigt sich insbesondere dann, wenn Informationen über digitale Kommunikationstools (z. B. Apps) vermittelt werden, da sich hier ein Widerstand gegen Veränderungen auf zweierlei Weise manifestiert: Gegenüber Technologien bzw. den dadurch ausgelösten Änderungen altbewährter Arbeitsstrukturen (Sánchez-Prieto et al., 2019) und gegenüber neuen Erkenntnissen, durch die sich womöglich etablierte Vorgehensweisen als überholt herausstellen (Thomm et al., 2021). In einer laufenden qualitativen Studie wird der Frage nachgegangen, welche spezifischen Abwehrreaktionen, Barrieren und Sorgen sich bei Lehrkräften hinsichtlich digitaler Tools für die Förderplanung identifizieren lassen. Dazu werden leitfadengestützte Interviews mit Sonderpädagog*innen und Regelschullehrkräften aller Schulformen (N = 31, Stand April 2024) geführt. Als Stimulus wird eine digitale App zur Förderplanung eingesetzt. Die Interviewdaten werden mit inhaltsstrukturierenden und typenbildenden Analyseverfahren ausgewertet. Im Vortrag werden erste Ergebnisse hinsichtlich des Rezeptionsverhaltens der Lehrkräfte in Bezug auf Informationen und dabei identifizierte Abwehrreaktionen auf die Vermittlung von Informationen durch digitale Kommunikationstools vorgestellt. Implikationen für eine abwehrsensible intradisziplinäre Kommunikation werden diskutiert |
16:30 - 18:00 | Mo2.2: Einzelbeiträge Ort: EF 50 Raum 5.417 |
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Die Denkweise der UN-BRK – eine Einladung, die UN-BRK zu denken Universität Rostock Theorie hat in der Sonderpädagogik keinen leichten Stand. Insbesondere für die UN-BRK stellen Dederich und Felder (2019) fest, dass mit ihr theoretische Hintergründe substituiert würden. Statt die UN-BRK zum Anlass sonderpädagogischer Theoriebildung zu nehmen, wird sie in Form eines juristischen Textes selbstverständlich vorausgesetzt. In der UN-BRK wird aber nicht allein das normative Fundament praktischen Handelns, sondern genauso die Unabschließbarkeit moralischen Fragens verhandelt (Lanwer 2013). Dies wird mitunter in philosophischen Impulsen (Schidel 2023) und in der Sonderpädagogik aufgerufen (Hoffmann 2024). Doch bleiben Potentiale weiterer Theoretisierung unerschlossen. Aus der UN-BRK lassen sich methodische Hinweise zur Gestaltung einer philosophischen Denkweise in und durch Menschenrechte gewinnen, die über eine Operationalisierung in Gesetzen und Forschungsdesigns hinausweisen. Durch die Fokussierung auf Denkweisen besteht die Möglichkeit, Menschenrechte jenseits ihrer Verletzung erfahrbar zu machen. Das Denken der UN-BRK zum Sprechen zu bringen, heißt dann, die sozial bewegte Geschichte in ihr wiederzuentdecken. Statt Paragraphen stehen die Erfahrungen im Vordergrund, die diesen Sinn „verleihen“. Eine solch methodische Einladung soll im Vortrag ausgesprochen werden. Leitend ist das Konzept kontextbesessenen Denkens von Wolf-Dieter Narr (2017). Er erinnert daran, dass Menschenrechte nicht am Menschen, sondern seinen Lebensbedingungen festhalten sollen. Damit gilt es, den geläufigen menschenrechtsbasierten Ansatz der Inklusionsforschung um die Denkweise der UN-BRK zu ergänzen. Im Versuch, die UN-BRK nicht nur legitimierend zugrunde zu legen, sondern darüber hinaus zu denken, zeigt sich, dass ihr interdisziplinäres Wissen auch analytisch zum Kernbestand einer sich transformierenden Sonderpädagogik gehören kann. Der Vortrag verfolgt daher einen theoretisierenden Ansatz im Dienste eines sowohl gesellschaftlich-politischen als auch disziplinären Wandels. Zur Notwendigkeit eines ätiologischen, interdisziplinären Paradigmas in der Sonderpädagogik Humboldt-Universität zu Berlin Im Kontext der Diskurse um Neurodiversität gewinnt ein medizinisches Paradigma unter neuem, vermeintlich emanzipatorischen Gewand zunehmende Popularität in der Heil- und Sonderpädagogik. Sowohl soziologische (z.B. Subjektivierung) als auch psychoanalytische (z.B. Objektbeziehung) Theorien verlieren im aktuellen Diskurs hingegen an Bedeutung zur Erklärung beeinträchtigter Entwicklung, werden nicht selten sogar diffamiert. Vielfach ist dies bedingt durch eine affirmative Übernahme aktivistischer Paradigmata in den sonderpädagogischen Diskurs. Damit jedoch geht einerseits eine erhebliche Störung eines fundierten wissenschaftlichen Austauschs unter Bezug auf viele Jahrzehnte differenzierter Forschung einher, andererseits eine Verarmung pädagogischer Handlungsmöglichkeiten. Die Sonderpädagogik verzichtet infolge dieser Diskursarmut in weiten Teilen auf ein ätiologisches Modell beeinträchtigter Entwicklung und verkennt dabei, dass ein solches Modell notwendig ist, um fundiert Beziehungsarbeit und didaktische Angebote zu konturieren. Dieser kritischen Perspektive stellt der Beitrag ein Entwicklungsmodell gegenüber, das soziologische und psychoanalytische Kerngedanken zur Erklärung von beeinträchtigter Entwicklung synthetisiert und daraus Überlegungen zu einer gelingenden praxeologischen Weiterentwicklung der Sonderpädagogik u.a. in der hochschulischen Lehre ableitet. Zwischen Spezialisierung und Generalisierung? Ein transdisziplinärer Ansatz zur Neubestimmung der Sonderpädagogik im Diskurs um Inklusion iu internationale hochschule Die Spezialisierung der Wissenschaften im Zuge der Modernisierung hat zu bedeutenden Fortschritten innerhalb der einzelnen Disziplinen geführt, doch führt sie auch zu einer wissenschaftlichen Separierung und Isolation, die der vielschichtigen Realität des alltäglichen Lebens der Menschen, ob als Adressat:in oder auch Fachkraft, kaum gerecht wird (Bacakova et al., 2024; Bestmann 2020). Daher argumentieren wir, dass ein transdisziplinärer Ansatz notwendig wird, um die Kluft zwischen spezialisierten Wissenschaften und der Komplexität der Lebenswirklichkeit zu überbrücken. Gerade im Feld der Sonderpädagogik zeigt sich die Dringlichkeit eines solchen Ansatzes im Kontext von Inklusion (Boger 2017). Inklusion fordert von uns, über die Grenzen der Sonderpädagogik hinaus zu denken und die Disziplin(en) in einem breiteren, inklusiveren Rahmen zu verorten. Ein transdisziplinärer Blickwinkel ermöglicht es, Perspektiven anderer Disziplinen einzubeziehen, ohne dass diese in der Sonderpädagogik aufgehen oder von ihr vereinnahmt werden. Durch diese verbindende, statt abgrenzende Herangehensweise können wir der Komplexität des menschlichen Alltags gerechter werden und Wege aufzeigen, wie Spezialisierung und holistische Betrachtung im Sinne einer inklusiven Gesellschaft zusammenwirken können. Wir gehen davon aus, dass nicht eine Disziplin (hier Sonderpädagogik) unter Verweis auf ihre vielfältigen Bezüge zu anderen diese transdisziplinäre Zugangsweise (Mittelstraß 2007) allein leisten kann. Wohl aber kann sie Teil eines transdisziplinären Zugangs sein (Völker 2004) und damit, als eine von vielen, auf aktuelle Herausforderungen antworten. |
16:30 - 18:00 | Mo2.3: Symposium Ort: EF 50 Raum 4.418 Chair der Sitzung: Mia Viermann, Universität Hamburg Mathematikunterricht diversitätsbewusst und lernwirksam gestalten |
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Mathematikunterricht diversitätsbewusst und lernwirksam gestalten Der Umgang mit Diversität und die Sicherung von Bildungsgerechtigkeit werden im internationalen Raum als globale Herausforderungen (schulischer) Bildungsprozesse und als Querschnittsaufgabe aller Schulformen und Unterrichtsfächer erachtet (Ainscow, 2016; Sliwka, 2012; OECD, 2010). So gibt es keine ‚neutralen’ Fächer, für die sich diversitätsbezogene Fragen nicht stellen (Rühle, 2014). Da Praktiken der Organisation des Unterrichts und Praktiken fachlichen Lernens jeweils eigenen Logiken folgen, die nicht ohne Weiteres kombinierbar sind, gilt es in interdisziplinärer Zusammenarbeit gezielt Konzepte für einen diversitätsbewussten Fachunterricht zu entwickeln. Das Symposium setzt hier an und diskutiert am Beispiel des Mathematikunterrichts sowohl aus mathematikdidaktischer Perspektive als auch aus Perspektive einer Pädagogik der Nicht_Behinderung. Beiträge des Symposiums Diversitätsbewusste Pädagogik als Querschnittsaufgabe von Bildungsinstitutionen Der einführende Beitrag beschäftigt sich mit der Frage, was eine diversitätsbewusste Pädagogik in der Bearbeitung von Praktiken des Othering und Ableismus leisten kann (Lindmeier 2019). Während weitgehend anerkannt ist, dass verschiedene, intersektional zusammenwirkende soziale Differenzkategorien (wie Behinderung, Geschlecht, Erstsprache) für den Schulerfolg relevant sind, ist bislang ungeklärt, wie ein reflektierter Umgang fachbezogen geschehen kann. Unter Bezugnahme auf Imholz (2023) schlagen wir eine Erfassung der Perspektiven und Episteme der Schüler*innen, eine Macht- und Differenzanalyse und ein dekonstruktives Denken vor, das an irritierenden Situationen des Unterrichts sowie der Reflexion von Unterricht ansetzt. Dies wird illustriert an einem Beispiel aus einer Befragung von Grundschullehrkräften zu Mathematikunterricht. Umgang mit Differenz als ein Schlüsselmoment der Realisierung diversitätsbewussten Mathematikunterrichts Lindmeier (2019) beurteilt eine Berücksichtigung von Differenz als wesentliche Ergänzung des von Tenorth (2013) beschriebenen Spannungsverhältnisses schulischer Praxis zwischen der Universalität des Bildungsanspruchs und der Individualisierung von Bildungspraktiken (Lindmeier & Lücke, 2021). So ist auch die Realisierung diversitätsbewusster mathematischer Bildung mit einem Spannungsverhältnis von aus Universalität, Individualisierung und Differenz emergierenden Teilhabechancen im Unterricht konfrontiert (Budde, 2018). Unter Einbezug dieser Prämisse werden in dem Vortrag mathematische Lernsituationen der Primarstufe analysiert und strukturierende Praktiken dieser herausgearbeitet, um darauf aufbauend Schlussfolgerungen für die Gestaltung diversitätsbewussten Mathematikunterrichts zu ziehen. Mathematisches Modellieren als didaktischer Zugang zu einem diversitätsbewussten Mathematikunterricht Ein Ziel des Mathematikunterrichts ist es, Schüler*innen mit unterschiedlichen Lernvoraussetzungen bestmöglich auf die Bewältigung (un-)bekannter Problemsituationen des Alltags vorzubereiten (Winter, 1995). Im Hinblick auf dieses Ziel und im Einklang mit den Bildungsstandards ist es hierzu erforderlich, über alle Schulstufen hinweg Anwendungsbezüge in den Mathematikunterricht zu integrieren (KMK, 2022). Aufgrund ihres selbstdifferenzierenden Potenzials erscheinen Aufgaben mit mathematischen Modellierungen hierfür besonders geeignet (Borromeo Ferri et al., 2023). Im Beitrag wird theoriebasiert diskutiert und anhand ausgewählter Unterrichtsbeispiele exemplifiziert, inwieweit eine heterogene Schüler*innenschaft mit Hilfe von Aufgaben mit mathematischen Modellierungen beim Erwerb von Kompetenzen zur Bearbeitung (un-)bekannter Problemsituationen des Alltags unterstützt werden kann. |
16:30 - 18:00 | Mo2.4: Symposium Ort: EF 50 Raum 4.435 Chair der Sitzung: Michael Grosche, Bergische Universität Wuppertal Soziale Partizipation in inklusiven Schulen: Interdisziplinäre Forschungsergebnisse |
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Soziale Partizipation in inklusiven Schulen: Interdisziplinäre Forschungsergebnisse Das Symposium umfasst vier Beiträge, die sich mit der sozialen Partizipation von Schüler:innen in inklusiven Schulen befassen. Dabei werden verschiedene Aspekte wie Interventionen zur Verbesserung der sozialen Partizipation, Affinität zur Stammgruppe, soziale Integration und Individualisierung sowie die Entwicklung der sozialen Partizipation von Schüler:innen mit und ohne sonderpädagogische Förderbedarfe untersucht. Besonderes Augenmerk liegt auf der Bedeutung interdisziplinärer sonderpädagogischer Forschung (Erziehungswissenschaft, Soziologie, Psychologie, Bildungsforschung). Der erste Beitrag (Schürer & van Ophuysen) beschäftigt sich mit einer Intervention zur Verbesserung der sozialen Partizipation von Dritt- und Viertklässlern in inklusiven Grundschulklassen. Die Studie untersucht die Wirksamkeit der Intervention, die auf sozial- und lernpsychologischen Theorien (Referenzierungstheorie und Kontakthypothese) basiert. Es wird analysiert, ob die Maßnahmen insbesondere Kindern mit Förderbedarf zugutekommen. Die Studie ist als (quasi)experimentelle Interventionsstudie angelegt und umfasst elf Grundschulen mit ungefähr 875 Schüler:innen. Der zweite Beitrag (Kullmann, Lütje-Klose & Marker) untersucht die Affinität zur Stammgruppe als Element der sozialen Partizipation an der Laborschule Bielefeld. Das Projekt "Wohlbefinden und Inklusion an der Laborschule Bielefeld" analysiert über einen Zeitraum von mehr als 10 Jahren die soziale Integration aller Schüler:innen, insbesondere solcher mit sonderpädagogischem Förderbedarf. Die Ergebnisse aus verschiedenen Teilanalysen werden präsentiert. Die Studie umfasst Daten von über 650 Teilnehmenden und mehr als 1.800 Fragebögen zwischen 2013 und 2018. Der dritte Beitrag (Grüter, Wohnhas, Goldan & Lütje-Klose) untersucht die soziale Integration und Individualisierung im inklusiven Unterricht der Sekundarstufe I. Anhand von längsschnittlichen Daten von 1.812 Fünftklässlern aus dem Projekt BiFoKi werden Unterschiede zwischen Schüler:innen mit und ohne sonderpädagogischen Unterstützungsbedarf analysiert. Es zeigt sich, dass Schüler:innen mit Förderbedarf im Vergleich zu ihren Peers ohne Förderbedarfe signifikant mehr Bullying-Erfahrungen aufweisen. Zudem berichten sie über negativere Erfahrungen mit Individualisierung sowie schlechtere Beziehungen zu den Lehrkräften, die sich jedoch im Laufe des fünften Schuljahrs angleichen. Der vierte Beitrag (Grosche, Schmitt, Gresch, Labsch & Külker) untersucht die Entwicklung der sozialen Partizipation von Schüler:innen mit und ohne Förderbedarfen in der Sekundarstufe I. Die Studie zeigt, dass Schüler:innen mit Förderbedarfen auch in der Sekundarstufe I vermehrt von Ausgrenzung berichten. Die soziale Partizipation verschlechtert sich insgesamt im Verlauf der Sekundarschulzeit, jedoch gleichermaßen für Schüler:innen mit und ohne sonderpädagogische Förderbedarfe. Prosoziale Fähigkeiten der Schüler:innen und eine gute Beziehung zur Lehrkraft können die soziale Partizipation jedoch verbessern, was Lehrkräften Möglichkeiten bietet, die soziale Partizipation ihrer Schüler:innen zu fördern. Die vorgestellten Studien verdeutlichen die Relevanz interdisziplinärer Forschung im Kontext der Sonderpädagogik, um ein umfassendes Verständnis für die soziale Partizipation von Schüler:innen in inklusiven Schulen zu erlangen und gezielte Maßnahmen zur Förderung der sozialen Partizipation von Schüler:innen zu entwickeln und umzusetzen. Erst durch die enge Kooperation zwischen verschiedenen Disziplinen können effektive Strategien entwickelt werden, um inklusive Bildungsumgebungen zu schaffen, in denen alle Schüler:innen gleichermaßen am schulischen Leben partizipieren können. Beiträge des Symposiums Verbesserung sozialer Partizipation durch eine theoriegestützte Intervention in inklusiven Grundschulklassen - Erste Befunde aus dem Projekt KommSchreib! Die Ermöglichung sozialer Partizipation wird als eines der Hauptziele inklusiver Bildung verstanden. Soziale Partizipation impliziert die Beteiligung an Interaktionen, das Erleben von Freundschaft sowie Anerkennung durch Peers und die Wahrnehmung des Eingebundenseins (Koster et al., 2009). Gelingt soziale Partizipation, so geht damit die Befriedigung des grundlegenden Bedürfnisses nach Zugehörigkeit (need to belong, Baumeister & Leary, 1995) einher. Forschungsbefunde zeigen jedoch, dass allein die Anwesenheit im gleichen Klassenraum nicht hinreichend für gelingende soziale Partizipation ist. Insbesondere Kinder mit Förderbedarfen (schwache Schulleistung, sozial-emotionale Schwierigkeiten) erleben im schulischen Kontext häufig eine geringere soziale Partizipation, also erfahren weniger Akzeptanz und mehr Ablehnung (vgl. Reviews von Böttinger, 2021, Schürer, 2020). Im Projekt KommSchreib! wurde im Teilprojekt „Soziale Partizipation“ eine Intervention zur Verbesserung von sozialer und aufgabenbezogener Partizipation von Dritt- und Viertklässler_innen entwickelt. Die Interventionsmaßnahmen basieren insbesondere auf Ideen von sozialer Referenzierungstheorie sowie Kontakthypothese und umfassen Elemente des kooperativen Lernens (Busse et al., 2024). Neben der Replikation von früheren Befunden zur sozialen Partizipation von Kindern mit schwachen Schulleistungen und sozial-emotionalen Schwierigkeiten ist für uns die Frage von herausgehobenem Interesse, ob sich die Intervention insbesondere für diese Kinder als förderlich erweist. Das Projekt ist als (quasi)experimentelle Interventionsstudie mit einem Wartekontrollgruppendesign (Pre- und Posttest) angelegt. Die Stichprobe umfasst elf Grundschulen mit 35 Klassen (19 x KG, 16 x EG; N=~ 875). In unserem Beitrag überprüfen wir die Wirksamkeit der Intervention, indem wir die Veränderung der Partizipation vom ersten (Sept. `23) zum zweiten Messzeitpunkt (Feb. `24) zwischen Experimental- und Kontrollgruppe vergleichen. Mittels hierarchischer linearer Modelle wird die soziale Partizipation zum zweiten Messzeitpunkt unter Kontrolle der Partizipation zu t1 vorhergesagt. Auf Individualebene werden die schulische Leistung und die sozial-emotionalen Kompetenzen als Prädiktoren aufgenommen. Auf Klassenebene wird neben der experimentellen Bedingung (EG vs. KG) auch die mittlere soziale Partizipation zu t1 als Indikator für das Klassenklima berücksichtigt. Baumeister, R. F., & Leary, M. R. (1995). The need to belong: Desire for interpersonal attachments as a fundamental human motivation. Psychological Bulletin, 117(3), 497–529. https://doi.org/10.1037/0033-2909.117.3.497 Böttinger, T. (2021). Förderbedarf gleich Ausgrenzung? Ein systematischer Forschungsreview zur sozialen Dimension schulischer Inklusion in der Primarstufe in Deutschland. Empirische Sonderpädagogik, 13(3), 216-237. https://doi.org/10.25656/01:23914 Busse, V., Schürer, S. & van Ophuysen, S. (2024). Kooperativ, kompetent, motiviert Schreiben – Ein Interventionsprojekt zur Förderung von Schreibkompetenz, Schreibmotivation und sozialer Partizipation in Grundschule und Ganztag (KommSchreib!). Die Deutsche Schule, 116(2), 80–84. https://doi.org/10.31244/dds.2024.02.06 Koster, M., Nakke, H., Pijl, S., & van Houten, E. (2009). Being part of the peer group. A literature study focusing on the social dimension of inclusion in education. International Journal of Inclusive Education, 13(2), 117-140. https://doi.org/10.1080/13603110701284680 Schürer, S. (2020). Soziale Partizipation von Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf in den Bereichen Lernen und emotional-soziale Entwicklung in der allgemeinen Grundschule. Ein Literaturreview. Empirische Sonderpädagogik, 12(4), 295-319. https://doi.org/10.25656/01:2161 Affinität zur Stammgruppe – Analysen zu Ausprägung, längsschnittlichem Verlauf und Bedingungsfaktoren eines Elements sozialer Partizipation an der Laborschule Bielefeld, Versuchsschule des Landes Nordrhein-Westfalen Im multi-methodisch ausgerichteten Projekt „Wohlbefinden und Inklusion an der Laborschule Bielefeld“ wurde an der gleichnamigen Versuchsschule des Landes NRW die Ausprägung der Inklusion sowie fördernde und hemmende Bedingungen untersucht. Das von einem multiprofessionellen Team getragene Vorhaben untersuchte über insgesamt mehr als 10 Jahre, inwiefern sich alle Schüler:innen, insbesondere jene mit sonderpädagogischem Förderbedarf, als sozial integriert wahrnehmen und in mehrfacher Hinsicht wohlfühlen (z.B. Külker et al., im Erscheinen, Kullmann et al, im Erscheinen, Marker et al., angenommen). Der Beitrag charakterisiert die Skala „Affinität zur Stammgruppe“ bzw. Schulklasse (3 Items, C-Alpha: .85) aus theoretischer sowie statistisch-empirischer Perspektive und referiert Befunde aus verschiedenen Teilanalysen zu diesem Qualitätsindikator sozialer Integration. Dieser wurde zwischen 2013 und 2018 in allen Lerngruppen der Stufen sechs bis zehn jährlich im Rahmen eines papiergestützten Fragebogens erfasst, mit insgesamt über 650 Teilnehmenden und mehr als 1.800 Fragebögen. Der Skalenmittelwert liegt für die jeweiligen Gesamtstichproben in einem schulpädagogisch wünschenswert hohen Bereich, wobei für einzelne Messzeitpunkte – und damit nicht systematisch – Unterschiede in der Größenordnung eines kleinen bis mittleren Effekts zu Ungunsten einzelner Schülergruppen zu verzeichnen sind. Dargestellt wird des Weiteren der längsschnittliche Verlauf der Affinität zur Stammgruppe, Befunde zum Einfluss von Bedingungsfaktoren sowie eine kurze Einordnung in ein umfangreicheres Instrument zur Erfassung des schulischen Wohlbefindens. Külker, A., Guth, T., Geist, S., Lütje-Klose, B., Siepmann, C., Dorniak, M., Kullmann, H., Rüther, J., Uffmann, U, Zentarra, D. (im Erscheinen). Wohlbefinden und Inklusion an der Laborschule Bielefeld (WILS). Ausgewählte Ergebnisse der Interviews mit Schüler*innen der Jahrgänge 8-10. Schule – Forschen – Entwickeln. Beiträge zur Forschung und Entwicklung der Laborschule Bielefeld, 2. Kullmann, H., Zentarra, D., Lütje-Klose, B., Geist, S., Siepmann, C. Külker, A., Dorniak, M., & Uffmann, G. (im Erscheinen). Wohlbefinden und Inklusion an der Laborschule Bielefeld (WILS). Ausgewählte Ergebnisse der Fragebogenerhebungen 2013 – 2018 in den Jahrgangstufen 6 – 10. Schule – Forschen – Entwickeln. Beiträge zur Forschung und Entwicklung der Laborschule Bielefeld, 2. Marker, R., Kullmann, H., Geist, S., Lütje-Klose, B. (angenommen). Sense of Belonging at School as a Quality Measure of Inclusion – Comparing the Inclusive Experimental School Laborschule Bielefeld with Regular Inclusive Comprehensive Schools and Investigating the Determining Factors. Erscheint in: JERO Soziale Integration und Individualisierung im inklusiven Unterricht der Sekundarstufe I. Längsschnittliche Befunde zu Unterschieden zwischen Schüler:innen mit und ohne sonderpädagogischen Unterstützungsbedarf Positiv wahrgenommene Beziehungen in Schule und Unterricht tragen zur Entfaltung der Wirksamkeit des Lernangebots und der individuellen Entwicklung der Schüler:innen bei (Hattie, 2009). In Studien zur Evaluation der Umsetzung schulischer Inklusion (z.B. EiBiSch, INSIDE) werden daher neben der Leistungsentwicklung soziale Aspekte der Lernumwelt sowie unterrichtsbezogene Aspekte berücksichtigt. Zur sozialen Integration in die Klassengemeinschaft (Schürer, 2020) sowie zum Angenommensein durch die Lehrkräfte (Blumenthal & Blumenthal, 2021) belegen Schüler:innenbefragungen aus der Grundschule ein weniger stark ausgeprägtes Zugehörigkeitsgefühl von Schüler:innen mit sonderpädagogischem Unterstützungsbedarf (SPU). Zur Schüler:innenperspektive auf die Individualisierung sowie zur Entwicklung verschiedener Aspekte des Zugehörigkeitserlebens in der Sekundarstufe I liegen bisher vergleichsweise wenige Befunde vor. Im Beitrag werden anhand der längsschnittlichen Daten von 1.812 Fünftklässler:innen (49.1% davon weiblich; MAlter T1 = 10.4, SDAlter T1 = 0.6; 167 (9%) mit SPU) aus dem in interdisziplinärer Zusammenarbeit von Sonderpädagogik und Pädagogischer Psychologie durchgeführten Projekt BiFoKi Unterschiede zwischen Schüler:innen mit und ohne SPU untersucht. Zudem wird geprüft, ob sich Schüler:innen ohne SPU in inklusiven und nicht-inklusiven Schulklassen in diesen Aspekten unterscheiden. Eingesetzt wurden Adaptionen etablierter Skalen zur Erfassung der sozialen schulischen Lernumgebung (Angenommensein durch Lehrkräfte, Sozial- und Klassenklima und Bullyingerfahrungen) und inklusionsbezogener Unterrichtsqualitätsmerkmale (Anspruchsniveau und Individualisierung) (Gorges et al., 2022). Die Ergebnisse der varianzanalytischen Auswertung zeigen zum ersten Messzeitpunkt (unmittelbar nach dem Übergang in die Sekundarstufe I) sowie zum zweiten Messzeitpunkt (vor den Sommerferien) signifikante Unterschiede zu Ungunsten der sonderpädagogisch geförderten Schüler:innen im Vergleich zu Schüler:innen ohne SPU bei der Beurteilung von Bullyingerfahrungen. Zur Individualisierung sowie zum Angenommensein durch die Lehrkräfte berichten die Schüler:innen mit SPU zum ersten Messzeitpunkt negativere Erfahrungen als ihre Peers, die sich im Laufe des fünften Schuljahres angleichen. Für die Schüler:innen ohne SPU konnte gezeigt werden, dass keine signifikanten Unterschiede in den untersuchten Variablen zwischen inklusiven und nicht-inklusiven Klassen vorliegen. Tendenziell werden die Individualisierung und das Klassenklima von Schüler:innen in inklusiven Klassen positiver beurteilt. Blumenthal, Y., & Blumenthal, S. (2021). Zur Situation von Grundschülerinnen und Grundschülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf im Bereich emotionale und soziale Entwicklung im inklusiven Unterricht. Zeitschrift für pädagogische Psychologie, 38(1-2), 69-84. Gorges, J., Neumann, P., Wild, E., Lütje-Klose, B., Grüter, S., Weber, A., & Senior, J. (2022). Bielefelder Fortbildungskonzept zur Kooperation in inklusiven Schulen (BiFoKi): Technical Report V. 1.0. Bielefeld: Univ. Bielefeld, Abteilung für Psychologie & Fakultät für Erziehungswissenschaft. https://doi.org/10.4119/unibi/2962493 Hattie, J. (2009). Visible learning: a synthesis of meta-analyses relating to achievement. Routledge. Schürer, S. (2020). Soziale Partizipation von Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf in den Bereichen Lernen und emotional-soziale Entwicklung in der allgemeinen Grundschule. Ein Literaturreview. Empirische Sonderpädagogik, 12(4), 295-319. Wie entwickelt sich die soziale Partizipation von Schüler*innen mit vs. ohne sonderpädagogische Förderbedarfe in inklusiven Schulen der Sekundarstufe I? Soziale Partizipation von allen Schüler*innen ist ein wichtiges Ziel schulischer Inklusion. Für die Grundschulzeit ist jedoch der Befund vielfach repliziert worden, dass insbesondere Schüler*innen mit sonderpädagogischen Förderbedarfen in inklusiven Schulen ausgegrenzt werden (Böttinger, 2021; Schürer, 2020). Aber wie sich dieser Ausgrenzungseffekt im Verlaufe der Schulbesuchszeit und insbesondere in der Sekundarschulzeit entwickelt, ist weitgehend ungeklärt. Wir zeigen mit der bisher umfassendsten Längsschnittstudie zur sozialen Partizipation in Deutschland (N = 2.002; drei Messzeitpunkt über drei Jahre; Schmitt et al., 2023), dass Schüler*innen mit sonderpädagogischen Förderbedarfen (n = 232) auch in der Sekundarstufe I von mehr Ausgrenzung berichten. Insgesamt verschlechtert sich die soziale Partizipation im Verlauf der Sekundarschulzeit, jedoch für Schüler*innen mit vs. ohne sonderpädagogische Förderbedarfen gleichermaßen. Soziale Fähigkeiten der Schüler*innen und eine gute Beziehung zur Lehrkraft können die soziale Partizipation hingegen verbessern. Damit sind bereits Einflussmöglichkeiten genannt, wie Lehrkräfte die soziale Partizipation von Schüler*innen mit sonderpädagogischen Förderbedarfen fördern können (Huber, 2019). Böttinger, T. (2021). Förderbedarf gleich Ausgrenzung? Ein systematischer Forschungsreview zur sozialen Dimension schulischer Inklusion in der Primarstufe in Deutschland. Empirische Sonderpädagogik, 13(3), 216–237. https://doi.org/10.25656/01:23914 Huber, C. (2019). Ein integriertes Rahmenmodell zur Förderung sozialer Integration im inklusiven Unterricht. Vierteljahresschrift für Heilpädagogik und ihre Nachbargebiete, 88(1), 27–43. Schmitt, M., Gresch, C., & Labsch, A. (2023). Challenges in sampling students with and without special educational needs in inclusive settings for an educational longitudinal study. Survey Methods: Insights from the Field. https://doi.org/10.13094/SMIF-2023-00011 Schürer, S. (2020). Soziale Partizipation von Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf in den Bereichen Lernen und emotional-soziale Entwicklung in der allgemeinen Grundschule. Ein Literaturreview. Empirische Sonderpädagogik, 12(4), 295–319. https://doi.org/10.25656/01:21613 |
16:30 - 18:00 | Mo2.5: Symposium Ort: EF 50 Raum 4.321 Chair der Sitzung: Carina Hübner, C. v. O. Universität Oldenburg Differentielle Einflüsse der Qualität der Eltern-Kind- und der Lehrkraft-Lernenden-Beziehungen auf Entwicklung, Gesundheit und schulische Bildungsprozesse |
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Differentielle Einflüsse der Qualität der Eltern-Kind- und der Lehrkraft-Lernenden-Beziehungen auf Entwicklung, Gesundheit und schulische Bildungsprozesse Symposium zum Themenfokus 1: Intra- oder interdisziplinäre Forschung Im Rahmen des interdisziplinären Symposiums aus den Bereichen (Sonder-)Pädagogik, Erziehungswissenschaft und Psychologie werden differentielle Einflüsse der Qualität der Eltern-Kind-Bindung und der Lehrkraft-Lernenden-Beziehung aus verschiedenen Perspektiven beleuchtet. Einer positiven Gestaltung dieser Beziehungen kommt sowohl aus lern- als auch aus bindungstheoretischer Perspektive eine wichtige Rolle für den Lernerfolg und die psychische Gesundheit zu. Transmissionen der frühen Bindungsrepräsentationen auf die Lehrkraft-Lernenden- und Peer-Beziehungen wurden vielfach belegt. Bindungsverhalten und -repräsentationen variieren in Abhängigkeit von der Kultur, in der Kinder und Jugendliche aufwachsen. Beiträge des Symposiums Bindungs- und Sprachentwicklung – Erste Ergebnisse einer Querschnittstudie zum Zusammenhang von Bindungsrepräsentationen und Sprachkompetenzen von Vorschulkindern Eine feinfühlige Kommunikation stellt ein wichtiges Mittel zum Bindungsaufbau dar (Ahnert & Spangler, 2014). Zusammenhänge zwischen Sprach- und Bindungsentwicklung werden aber nur in wenigen Studien betrachtet. In der vorliegenden Studie werden die Bindungsrepräsentationen von N = 37 Kindern im Alter von 5;0 und 5;11 Jahren mit dem Geschichtenergänzungsverfahren (GEV-B, Gloger-Tippelt & König, 2016) und die Sprachentwicklung mit dem Sprachstandserhebungstest (SET 3-5, Petermann, 2016) erfasst. Unsicher gebundene Kinder sind häufiger sprachlich auffällig als sicher gebundene. Weitere Ergebnisse werden präsentiert und Implikationen für die Praxis abgeleitet. Lehrkraft-Lernenden-Beziehungsgestaltung mit dem Positive Peer Reporting - Ergebnisse einer Einzelfallstudie Das „Positive Peer Reporting“ (PPR; Ervin et al. 1996) zielt auf die Verbesserung der sozialen Integration und Interaktion bzw. des Klassenklimas ab. Die Ergebnisse einer kontrollierten Einzelfallstudie (N = 4) mit ergänzenden Prä- und Posttests (N = 17) zur Untersuchung einer kultursensibel angepassten Variante von PPR in einer inklusiven Grundschule werden vorgestellt. PPR erweist sich als effektive Maßnahme zur Förderung der sozialen Interaktion bei sozial isolierten Kindern und verbessert die Einstellung der Kinder zur Lehrkraftbeziehung. Implikationen der Ergebnisse für Forschung und Praxis werden diskutiert. Bindungsrepräsentationen Jugendlicher und der Einfluss auf die psychische Gesundheit – eine Untersuchung an inklusiven Schulen und an Förderschulen Im Vortrag wird auf den Einfluss der Bindungsrepräsentation und die psychischen Belastung von Jugendlichen mit und ohne den Förderschwerpunkt Emotionale und soziale Entwicklung (FSP EsE) eingegangen. Die Repräsentationen wurden mit dem Adult Attachment Picture System (AAP) bei N = 108 Jugendlichen erfasst. Die Jugendlichen ohne FSP erwiesen sich als deutlich belasteter als angenommen, was sich teilweise durch entsprechende Marker im AAP erklären lässt. Implikationen für die Sensibilisierung und Professionalisierung der Lehrkräfte werden abgeleitet. CONSISTENCY – Die Befriedigung des psychischen Grundbedürfnisses Bindung junger Menschen in der Lebenswelt Schule im deutsch-italienischen Ländervergleich Psychische Grundbedürfnisse nach Grawe (2004) sind universell, jedoch handeln Menschen verschiedener Kulturen unterschiedlich. In einer aktuell noch laufenden Querschnittuntersuchung (derzeit n= 868) schätzen in Deutschland und Italien lebende junge Menschen im Alter von 12 bis 26 Jahren u.a. ein, in welchem Ausmaß ihr Bindungsbedürfnis in der Schule befriedigt wird. Methodisch werden u. a. multivariate Regressionsanalysen durchgeführt. Erste Ergebnisse werden vorgestellt und Implikationen für die Beziehungsgestaltung im schulischen Kontext abgeleitet. |
16:30 - 18:00 | Mo2.6: Forschungswerkstatt Ort: EF 50 Raum 4.220 Chair der Sitzung: Hannah Bartels, TU Dresden Lernen im Fokus: Vignetten als Instrument reflexiver Praxis |
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Lernen im Fokus: Vignetten als Instrument reflexiver Praxis TU Dresden „Ich kann mich nicht konzentrieren, ich weiß nicht wie die Rechnung funktioniert“, seufzt Jesper, den Kopf auf den Arm abgestützt. „Pause nehmen“, entgegnet Rudi entspannt. Dieser Ausschnitt einer Vignette stammt aus einer Lernzeit an der Universitätsschule Dresden (USD). Der 2019 gestartete Schulversuch erprobt neue Lern- und Unterrichtsformate mit dem Ziel einer innovativen und inklusiven Schulentwicklung. An der USD liegt ein Fokus auf der Förderung von Selbstregulationsprozessen (vgl. Langner & Hess 2020). Erklärtes Ziel des Schulversuches ist es, individuelle Entwicklung in kooperativen Lernprozessen umzusetzen. Ob das durch veränderte Lernformate in der Praxis dem Schulversuch gelingt (u.a. Langner et al. 2021) wird u.a. anhand von Vignetten untersucht. An ausgewählten Vignetten, in dessen Fokus vor allem die Lernprozesse von Schüler:innen stehen, soll diskutiert werden, wie die Umsetzung individueller Entwicklungswege im alltäglichen Lernen bisher im Schulversuch gelingt. Mit Unterrichtsvignetten ist es möglich individuelle Lern- und Entwicklungsprozesse alltagsnah abzubilden, um sie so der „der wissenschaftlichen, pädagogischen oder professionellen Betrachtung zugänglich“ (Meyer-Drawe 2012, S. 18) zu machen. Insbesondere in der Unterrichtsforschung und Professionalisierung von Lehrkräften, bringen Vignetten ein vielseitiges Nutzungspotenzial, indem sie Impuls für einen intra- und interdisziplinären Austausch sind, der Ausgangspunkt für eine veränderte inklusiv gestaltete Lernbegleitung sein könnte. Dieses Potential soll im Rahmen der Forschungswerkstatt aufgegriffen werden. Durch ein gemeinsames diskursives, d.h. auch interdisziplinäres, Lesen der Vignetten werden unterschiedlichste Perspektiven auf Lernen sichtbar. Diese sind wiederum der Anknüpfungspunkt, um Potentiale und Herausforderungen in der Lernbegleitung von individualisierten Entwicklungswegen zu identifizieren. |
18:00 - 18:15 | Pause |
18:15 - 20:00 | Mitgliederversammlung Ort: EF 50 Hörsaal 1 |
Datum: Dienstag, 24.09.2024 | |
8:30 - 10:00 | Di1.1: Einzelbeiträge Ort: EF 50 Raum 4.418 |
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Ein systematisches Review über hochschuldidaktische Angebote zum Erwerb digitaler Medienkompetenzen in der sonderpädagogischen Lehramtsausbildung Technische Universität Dortmund Der Erwerb von Medienkompetenzen ist ein verbindliches Entwicklungsziel für alle Schüler*innen sowie Studierenden (Kultusministerkonferenz, 2021). In der Lehramtsausbildung (LAA) besteht trotz hohem Bedarf ein Desiderat an hochschuldidaktischen Angeboten mit technisch-praktischen Anteilen (Medienlabore), um notwendige mediendidaktische Kompetenzen zu erwerben (Fernández-Cerero, 2023). Insbesondere in der sonderpädagogischen LAA werden digitale Kompetenzen durch die Berücksichtigung der Teilhabemöglichkeiten von Schüler*innen mit Behinderung herausgefordert. In dem Vortag wird ein systematisches Review hochschuldidaktischer Angebote zum Erwerb digitaler Medienkompetenzen vorgestellt. Das Ziel ist es, aktuelle Maßnahmen zu identifizieren und Implikationen für eine theoriegeleitete und empirisch prüfbare Ausbildung abzuleiten. Drei Fragestellungen sind leitend: 1) Mit welcher technischen Ausstattung stehen Medienlabore für die LAA zur Verfügung? 2) Wie werden die mediendidaktischen Angebote konzeptuell in die LAA eingebunden? 3) Inwiefern werden behinderungsspezifische Bedarfe in der didaktischen und technischen Ausbildung berücksichtigt? Entsprechend dem PRISMA-Statement (Page et al., 2021) wurde eine systematische Suche nach Medienlaboren an allen deutschen Standorten mit LAA (N=70) mit definierten Ein- und Ausschlusskriterien durchgeführt. Die Suche wurde in einschlägigen Datenbanken (ERIC, FIS-Bildung, etc.) durch Veröffentlichungen zu hochschuldidaktischen Konzepten ergänzt. Die Hälfte aller Standorte (n=41) verfügen über ein eigenes Medienlabor. Die technische Ausstattung unterscheidet sich dabei je nach Nutzungszweck. Ein marginaler Anteil der Angebote (n=5) wird durch ein mediendidaktisches Konzept theoretisch fundiert. Lehrangebote zu behinderungsspezifischen Bedarfen wurden nicht identifiziert. Um die Lernwirksamkeit der Angebote prüfen zu können, werden behinderungssensible hochschuldidaktische Konzepte in der sonderpädagogischen LAA benötigt. Von der Vision zur Praxis: Inklusiver Unterricht mit digitalen Medien durch das Projekt “inklusiv.digital” Universität Bremen Der Einsatz digitaler Ressourcen ist essenziell, um vielfältige Lernbedürfnisse zu adressieren. Forschungen, u.a. von Fichtner et al. (2023), betonen die Vorteile digitaler Medien für individuelles Lernen, weisen aber auch auf Barrieren für gleichberechtigten Bildungszugang hin. Daher ist es wichtig, (angehende) Lehrkräfte für den inklusiven Einsatz digitaler Technologien zu schulen, besonders da Studien der Bertelsmann Stiftung (2017) und Farjon et al. (2019) zeigen, dass Lehramtsstudierende digitale Medien weniger nutzen und sich unsicher in deren Anwendung fühlen. Das Projekt „inklusiv.digital“ entwickelt modulare OER-Bausteine, basierend auf Expert:innenwissen aus Fachdidaktik, Sonder- und Inklusionspädagogik sowie Medienpädagogik, um die Lehrkräftebildung in digital-inklusiven Umgebungen zu verbessern und relevante Kompetenzen zu fördern. Bei der Konzeption der Bausteine arbeiten die Teams in einem interdisziplinären Ansatz zusammen, der sowohl intra- als auch interdisziplinäre Aspekte umfasst, um eine hohe Qualität der Bausteine zu gewährleisten. Hierbei werden sowohl wissenschaftliche als auch praxisorientierte Perspektiven integriert und komplementär kombiniert (Brown, 2017) . Dies ermöglicht eine optimale Darstellung, Analyse und Diskussion zentraler Themen des digital-inklusiven Lehrens und Lernens sowie der Fachinhalte. Die Bausteine von „inklusiv.digital“ sind modular für flexible Anwendung konzipiert, um Lehramtsstudierende und berufstätige Lehrkräfte in digital-inklusiver Unterrichtsgestaltung zu qualifizieren. Die Inhalte durchlaufen ein Qualitätssicherungsverfahren bereits während ihrer Erstellung. Abschließend wird eine umfassende Evaluation der inhaltlichen sowie technischen Ausgestaltung, des Designs und der Usability mit den Personen aus allen drei Phasen der Lehrkräftebildung durchgeführt. Ihre Integration in eine bundesweite OER-Plattform soll den Zugriff im deutschsprachigen Raum erleichtern und die Teilungskultur im Bildungswesen stärken. Qualifikationen für Menschen mit Behinderungserfahrungen an Hochschulen: Sonderlösung oder Inklusion? Europa-Universität Flensburg, Institut für Sonderpädagogik, Abteilung Inklusion & pädagogische Entwicklungsförderung Inklusion wird im alltäglichen Diskurs präsenter und auch im (sonder-)pädagogischen System ein zentrales Thema. Von umfassender gesellschaftlicher Inklusion kann allerdings bislang nicht die Rede sein (Committee on the Rights of Persons with Disabilities, 2023). Dies begründet sich unter anderem in unterschiedlichen Inklusionsverständnissen, was den Diskurs erschwert (Werning & Löser, 2010) und den Prozess einer konkreten Umsetzung verzögert. Ausgangspunkt unserer Überlegungen ist die Rolle der sonderpädagogischen Perspektive im Kontext Inklusion und davon ausgehend der Transfer zwischen theoretischen Überlegungen und deren praktischen Umsetzungen. Dies wird im Forschungsansatz reflektiert, welcher partizipativ (Schönwiese, 2020) gestaltet ist und versucht realitätsnahe und theoretisch basierte Ansätze zu ermitteln. Forschungsgegenstand sind dafür drei Qualifikationsprogramme für Menschen mit Behinderungserfahrungen an Hochschulen (Bildungsfachkräfte, écolsiv, BLuE). Dieser Beitrag beschäftigt sich mit der Frage, der „Inklusivität“ der Programme und der Rolle der sonderpädagogischen Perspektive in deren Ausarbeitung. Grundlage dafür sind Interviews mit den Teilnehmenden selbst und mit den (pädagogischen) Begleitungen der Programme, um die jeweiligen Wahrnehmungen zu rekonstruieren. Gleichzeitig werden die Leitfäden und Modulkataloge der Programme analysiert, um Strukturen nachzuvollziehen und diese in Hinblick auf inklusionspädagogische Anteile zu untersuchen. Als Auswertungsmethode stützt sich das partizipative Team auf Ansätze des Story Tellings (Campbell, 1968), um die Nachvollziehbarkeit und Praxisnähe der Analyse zu unterstützen. Erste Ergebnisse zeigen, dass sich die Programme an einer Schnittstelle zwischen Regel- und Sondersystem befinden. Dies zeigt sich in deren Organisation und Ausgestaltung, aber auch in den Erfahrungen der Teilnehmenden im Sondersystem, welche große Bedeutung für das Absolvieren der Qualifikationen und deren Selbstverständnis haben. |
8:30 - 10:00 | Di1.2: Einzelbeiträge Ort: EF 50 Raum 5.417 |
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Die jüdischen Wurzeln der Inklusionsidee – ein interdisziplinärer Beitrag HAUP Inklusion braucht mindestens eine doppelte Begründung: An die Seite empirisch unterlegter Rechtfertigung (Prengel 2015) muss eine transempirische Begründung treten (Dederich 2016), weil Inklusion als normative Idee nicht rein empirisch begründet werden kann. Die Lösung dieser Begründungsaufgabe schließt auch den Rückgriff auf Tradition ein, die neue Denkmöglichkeiten erschließen kann (Kubac 2015). Hier kommen auch religiöse Traditionen ins Spiel, wenn gilt, dass die Pädagogik auch interdisziplinäre Kooperation mit theologischen Disziplinen braucht (Benner 2014). Um das Inklusionspotenzial religiöser Traditionen zu prüfen, soll exemplarisch auf die jüdische Bibel (= das christliche Alte Testament) zurückgegriffen werden. Als begriffliche Brücke zwischen dem modernen menschenrechtlichen Begriff der Inklusion und der antiken jüdischen Tora kann der menschenrechtliche Grundbegriff der Brüderlichkeit/Geschwisterlichkeit dienen (Bielefeldt 2012). Folgt man diesem begrifflichen Impuls, wird man ins Herz der Tora verwiesen, in das von der Bruderterminologie geprägte Denken des Deuteronomiums. Das kulturgeschichtliche Erbe des alten Judentums besteht demnach in einem auf Gerechtigkeit ausgerichteten Recht (Rüterswörden 2006), dessen Maßstab der Mensch in seiner Würde ist. Ziel ist ein selbstständiges Leben für Mann und Frau, Einheimische wie Fremde, gesichert durch Partizipation und Emanzipation. Das kann aufgezeigt werden an einer kurzen Exemplifikation des sozialethischen Sabbatgebots, das im Zentrum des deuteronomischen Pentalogs steht. Abschließend wird nach dem aktuellen (sonder-)pädagogischen Gewinn dieses Rückgangs in die jüdische Tradition gefragt. Er könnte in der Wiedergewinnung der sozial-ethischen Dimension (Biewer 2011) des individualistisch verkürzten Bildungsbegriffs bestehen. Die Genese der Heil- und Sonderpädagogik aus der Interdisziplinaraität: Der Entwicklungspsychologische Diskurs des 19. und 20. Jahrhunderts im Fokus. Universität zu Köln / Pädagogische Hochschule Ludwigsburg Unter der Vielzahl der Verbindungen und Verwandtschaften zu Grenz- und Nachbardisziplinen der Heil- und Sonderpädagogik scheint eine interdisziplinäre Achse historisch gesehen von besonders herausragender, eigentlich konstitutiver Bedeutung zu sein. Anders als man erwarten könnte ist es weder die Pädagogik noch Medizin, sondern die Entwicklungspsychologie, mit der die Heil- und Sonderpädagogik nahezu unentwirrbar verflochten ist. Eine historische Expedition zu den ideen-, problem- und institutionsgeschichtlichen Ursprüngen beider Disziplinen ergibt das Bild eines Verhältnisses wie Henne und Ei. Die gegenseitige Abhängigkeit bezieht sich jedoch nicht nur auf den Ursprung, sondern auch auf die fortlaufende Entwicklung beider Disziplinen. Dass Entwicklungspsychologie und Heilpädagogik einander vielleicht bis heute prägen, lässt sich mitunter an grundlagentheoretischen, methodischen und konzeptionellen Kompromissen plausibilisieren, an die beide Disziplinbildungen geknüpft sind. Es zeigt sich auch an ihrer jeweiligen institutionellen Verankerung und funktionalen sowie ideellen Einbettung in gesellschaftliche Gesamtzusammenhänge und Diskurse. Schließlich lässt sich eine wechselseitige Prägung bis in die Kartographie der jeweiligen Gegenstandsbereiche hinein beobachten, sowohl bezogen auf äußere Demarkationslinien und Disziplingrenzen, als auch auf die innere Ausdifferenzierung in Subdisziplinen, Fachbereiche und Spezialisierungsrichtungen. Stimmt dies, ist der Nachvollzug dieser Entwicklungslinien für ein reflektiertes disziplinäres Selbstverhältnis unerlässlich. Wo eine dermaßen enge Verwandtschaft besteht, lassen sich jedoch auch Emanzipationsbestrebungen auffinden, die eine Spur für aktuelle und zukünftige Fragerichtungen und die Weiterentwicklung relevanter Theorieprojekte weisen können. Inklusion durch Anerkennung bei Abwesenheit der Leistungsnorm = Chancengleichheit? Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg Schulische Inklusion als interdisziplinäre normative Aufgabe, erfordert von den beteiligten Akteur:innen einen Umgang mit den damit in Zusammenhang stehenden Anforderungen. Die Bearbeitung entstehender Spannungsverhältnisse, in Hinsicht auf sich vollziehende Anerkennungsprozesse von Schüler:innen mit sogenanntem „besonderem Bildungsbedarf“ (CH) respektive“ sonderpädagogischem Förderbedarf“ (D), können sich auf die Teilhabechancen auswirken. Dabei steht das stets präsente Leistungsprinzip, vor allem in den versetzungsrelevanten Fächern, stark im Vordergrund (Wagener 2020). Aber wie verhält es sich in einer Klassenstunde, in der Notengebung formal keine Rolle spielt? Das praxeologisch-wissenssoziologisch angelegte Dissertationsprojekt, erforscht mit der Dokumentarischen Methode (Bohnsack 2010) die Anerkennungsprozesse (Butler 2014) im (selbsternannten) «inklusiven» Unterricht der Sekundarstufe 1. Vergleichend werden videografische Daten aus dem versetzungsrelevanten, fachkulturell geprägten Deutschunterricht und der formal nicht als (Fach-)Unterricht zu verstehenden Klassenstunde, zweier Schulen aus einem urbanen deutsch-schweizerischen Raum analysiert. In einer komparativen Analyse von Videosequenzen deutet sich an, dass das Leistungsprinzip zwar aus den Erfahrungen in anderen Fächern hineinwirkt, seine formale Abwesenheit jedoch Teilhabechancen für alle Schüler:innen eröffnen kann. |
8:30 - 10:00 | Di1.3: Symposium Ort: EF 50 Raum 4.321 Chair der Sitzung: Anne Schröter, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg Wer darf sprechen und wer wird gehört? Interdisziplinäre Perspektiven auf Sprachfähigkeit und Partizipation marginalisierter Gruppen |
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Wer darf sprechen und wer wird gehört? Interdisziplinäre Perspektiven auf Sprachfähigkeit und Partizipation marginalisierter Gruppen Die Frage nach Partizipation im Sinne eines „historisch relative[n], mehrdimensionale[n], abgestufte[n] und dynamische[n] Konzeptes, welches handelnd in sozialen Beziehungen sowie Interaktionen und damit in der Gesamtheit gesellschaftlichen Handelns erreicht werden kann“ (Viermann & Meyer, 2022) verhandelt die Frage, wie Zugehörigkeit in allen gesellschaftlichen Bereichen hergestellt und erfahren wird und wie viel Ungleichheit eine Gesellschaft hierbei akzeptiert. Der Zusammenhang zwischen Marginalisierung und der Möglichkeit sprichwörtlich „mitzureden“ ist hinlänglich bekannt, so machte Spivak in ihrem Essay „Can the subaltern speak?“ (Spivak, 2008 [1988] S. 89), darauf aufmerksam, dass es stets die Anderen sind, die über marginalisierte Gruppen sprechen und hierbei ein spezifisches Vokabular verwenden und die mit der Behauptung, die unterdrückten Gruppen könnten für sich selbst sprechen, ihre eigene Machtposition zu verbergen suchten (Castro Varela, 2005). Wenngleich das Konzept der „Subalternität“ nicht immer analog auf alle marginalisierten Gruppen übertragen werden kann, so sollte doch die Frage nach Beteiligung und Gehör unter einer machtkritischen Perspektive gestellt werden. Im geplanten interdisziplinären Symposium sollen unter diesem Fokus jeweils ein Blick auf die Kategorien Behinderung, Migration und Kindheit gerichtet und die Verwobenheit von Marginalisierung, Sprachfähigkeit und der Möglichkeit zur Partizipation nachzeichnen. Beiträge des Symposiums Behinderung und epistemische Ungerechtigkeit Die Frage, wer sprechen darf, ist eng verbunden mit dem Diskurs über epistemische Ungerechtigkeit, konkretisiert in der Frage, „wem geglaubt wird und wem nicht, wer eine Stimme hat und wer nicht, wer verstanden wird und wer nicht und in welchem Zusammenhang Wissen und unser Vermögen, Wissen zu erlangen und zu Wissensressourcen beizutragen, zu sozialer Macht und Handlungsfähigkeit steht“ (Hänel 2023, 97). Neben den von Fricker (2007) und Dotson (2011, 2014) charakterisierten paradigmatischen Fällen von testimonialer und hermeneutischer Ungerechtigkeit ist in Bezug auf Krankheit bzw. Störung und Behinderung als weitere Form die „pathozentristische epistemische Ungerechtigkeit“ (Kidd & Carel 2016) zu reflektieren. Während pathozentristische epistemische Ungerechtigkeit eine Erklärung dafür bietet, inwieweit institutionelle Strukturen und Prozesse innerhalb des Gesundheits- und Behindertenbetreuungswesens epistemische Ungerechtigkeit hervorbringen, fokussiert pathozentrierte hermeneutische Ungerechtigkeit auf die zugrundeliegenden Verständnisse von Gesundheit und Krankheit resp. Nicht_Behinderung. Beide Formen sollen im Symposium exemplarisch am Neurodiversitätsparadigma (z.B. Walker 2021) erörtert und diskutiert werden. Das Pathologieparadigma, gegen das es sich wendet, gilt als ein bestimmtes theoretisches Verständnis von Störung bzw. Behinderung (z.B. bei Autismus), das selbst epistemisch ungerecht ist und so zu der ungerechten Situation beiträgt (Lindmeier 2024). Un/doing Migration in Sprechakten Im Anschluss an die reflexive Perspektive der Flucht- und Migrationsforschung (Amelina, 2021) beschäftigt sich dieser Beitrag mit dem Performativitätskonzept von Bourdieu (1991) und Butler (1990) zum Verständnis der sozialen Konstruktion von Migrations- und Fluchtidentitäten. Nach Bourdieu ergibt sich die Positionierung von Menschen in einer Ungleichheitsstruktur – und damit verbundene Sprechmöglichkeiten – aus Prozessen des naming, die Menschen in Positionen verweisen und diese zugleich mit bestimmten Verhaltenserwartungen belegen. Sprechakte können diese Ungleichheitslagen äußern und repräsentieren (doing migration/refugeeness). Gerade in beruflichen, politischen, aktivistischen oder wissenschaftlichen Kontexten muss hierbei aber die Problematik der Expertisierung (Molitor/Zimenkova 2019) beachtet werden, die als selbstgewählte, agentische Einnahme einer Sprechenden-Position verstanden werden kann, aber auch das Risiko einer ungewollten Verantwortungsübertragung birgt. Neben der Reproduktion von Ungleichheitslagen beinhalten performative Sprechakte allerdings auch Möglichkeiten der Transformation und Subversion sozialer Ungleichheit (undoing migration/refugeeness). Kinder als Ko-Konstrukteur*innen in partizipativer Forschung – Reflexion von Repräsentation und Deutungsmacht Ausgehend von einer 2024 durchgeführten partizipativ angelegten qualitativ-empirischen Studie über Kindheit werden in diesem Beitrag Fragen von Repräsentation und Machtverhältnissen in der empirischen Forschung zu und mit Kindern gestellt. Bislang wurde die Dimension Adultismus und Rahmenbedingungen von generationaler Ordnung nicht tief genug in ihren Implikationen für Methodologie und Forschungspraxis reflektiert. Die Kategorie der „Generationalen Ordnung“ (Eckermann & Heinzel, 2018, S. 259) verweist auf Differenzen, die entlang von Alterskategorien hervorgebracht werden (Kind/Jugendliche/Erwachsene) und sich in Wissensbestände, Institutionen, materielle Erzeugnisse und Praktiken einschreiben. Der Beitrag stellt die Frage, wie sich Forschende hier mit ihrer Machtposition kritisch reflektieren und Repräsentation von Kinderperspektiven adressieren können. |
8:30 - 10:00 | Di1.4: Symposium Ort: EF 50 Raum 4.435 Design-Based-Research in der Sonderpädagogik – eine Innovationsstrategie für die inter- und intradisziplinäre Wissenschafts-Praxis-Kooperation |
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Design-Based-Research in der Sonderpädagogik – eine Innovationsstrategie für die inter- und intradisziplinäre Wissenschafts-Praxis-Kooperation Vor dem Hintergrund aktueller bildungspolitischer Herausforderungen (z.B. SWK, 2022) sehen sich Sonderpädagogik wie auch Bildungswissenschaften und Fachdidaktiken zunehmend mit der Aufgabe konfrontiert, Verantwortung für einen systematischen Wissenstransfer zu übernehmen und pädagogische Innovationen nachhaltig in Praxis zu verankern (Schroeder & Reh, 2023). Angesichts komplexer Realitäten im Bildungsgeschehen bedarf es hierzu der interdisziplinären Zusammenarbeit sowohl auf Ebene verschiedener Wissenschaftsdisziplinen wie auch der verstärkten Wissenschafts-Praxis-Kooperation (Penuel et al., 2021). Design-Based-Research (DBR) bietet hierzu, als holistischer Forschungsansatz mit dem Ziel durch einen iterativen Entwicklungsprozess in enger Wissenschafts-Praxis Kooperation förderliche Lernbedingungen in Schule und Unterricht zu gestalten (Campanella & Penuel, 2021; McKenney & Reeves, 2019), eine systematische Rahmenstruktur. Es kann ein enormes Potential für die Produktion praxisrelevanter und hoch transferfähiger Ergebnisse angenommen werden (Easterday et al., 2014). Dabei steht nicht nur die Schaffung innovativer Intervention im Fokus, sondern es geht auch darum theoretisch-konzeptionelle Erkenntnisse darüber zu gewinnen, unter welchen Bedingungen Innovationen wie wirksam werden und damit um die Generierung grundlegenden Wissens über Lernen und Lehren (Sandoval, 2014). Versteht sich Sonderpädagogik hier als Pädagogik unter erschwerten Bedingungen (Moor, 1974) bietet DBR über den Prozess des Conjecture Mapping (Deister et al., 2022) Ansatzpunkte Annahmen über lernunterstützende Innovationen zu formulieren, zu konzeptualisieren und entlang des designimmanenten Vermittlungsprozesses hinsichtlich ihrer Wirkungen zu betrachten. Im Rahmen des geplanten Symposiums soll daher entlang von drei DBR-basierten Forschungsprojekten, die auf unterschiedlichen Ebenen von Schul- und Unterrichtsentwicklung ansetzen, aufgezeigt werde, wie es im (inter-)disziplinären Bezug gelingen kann mittels DBR in sonderpädagogischen bzw. inklusionspädagogischen Handlungs- und Forschungsfeldern innovativ wirksam zu werden. Beiträge des Symposiums Design-Based-Research zur Unterstützung selbstregulierten sozial-emotionalen Lernens an Stadtteilschulen in Hamburg In dem von der Kurt und Käthe Klinger-Stiftung geförderten Projekt „Selbstreguliertes sozial-emotionales Lernen an Stadtteilschulen in Hamburg“ werden an zwei Schulen in der Sekundarstufe 1 die SeELe-Materialien (Sozial-emotionale Entwicklung mit Lernleitern; Müller et al., 2022) von Lehrkräften im Unterricht eingesetzt. Ein Ziel ist die Überarbeitung und Erweiterung der Materialien, um sie für mehr Schüler und Schülerinnen mit unterschiedlichen Lernvoraussetzungen und sozialen Hintergründen zugänglich zu machen. Ein zweites Ziel ist die wissenschaftliche Ableitung von potenziellen Gelingensbedingungen für selbstreguliertes sozial-emotionales Lernen. Das Teilprojekt PAS-SEL (Prozessbegleitende Angebote für selbstreguliertes sozial-emotionales Lernen) fokussiert den Übergang von der Grundschule in die Sekundarschule. Im Teilprojekt SeGEL-Sek1 (Selbstreguliertes und gemeinsames emotional-soziales Lernen in der Sekundarstufe 1) wird die systematische Einführung sozial-emotionalen Lernens in der Jahrgangsstufe 6 wissenschaftlich begleitet. Forschungsmethodisch liegt in beiden Teilprojekten ein Schwerpunkt auf ethnographischer Datenerhebung (Breidenstein et al., 2013). Neben teilnehmender Beobachtung im Unterricht mit den SeELe-Materialien finden Feldgespräche, dokumentierte Arbeitstreffen und die Analyse von schriftlichen Aufgaben der Schüler und Schülerinnen statt. Zusätzlich werden Fokusgruppeninterviews mit Lehrkräften und Schülern und Schülerinnen durchgeführt (Kamberelis & Dimitriadis, 2013). Die Daten werden im Sinne der reflexiven Grounded Theory ausgewertet (Breuer et al., 2019). Im Beitrag wird der bisherige Forschungsprozess mit Potenzialen und Herausforderungen der methodischen Herangehensweise innerhalb des Rahmens von DBR beschrieben und zur Diskussion gestellt. Design-Based-Research (DBR) bietet hierzu, als holistischer Forschungsansatz mit dem Ziel durch einen iterativen Entwicklungsprozess in enger Wissenschafts-Praxis Kooperation förderliche Lernbedingungen in Schule und Unterricht zu gestalten (Campanella & Penuel, 2021; McKenney & Reeves, 2019), eine systematische Rahmenstruktur. Es kann ein enormes Potential für die Produktion praxisrelevanter und hoch transferfähiger Ergebnisse angenommen werden (Easterday et al., 2014). Dabei steht nicht nur die Schaffung innovativer Intervention im Fokus, sondern es geht auch darum theoretisch-konzeptionelle Erkenntnisse darüber zu gewinnen, unter welchen Bedingungen Innovationen wie wirksam werden und damit um die Generierung grundlegenden Wissens über Lernen und Lehren (Sandoval, 2014). Versteht sich Sonderpädagogik hier als Pädagogik unter erschwerten Bedingungen (Moor, 1974) bietet DBR über den Prozess des Conjecture Mapping (Deister et al., 2022) Ansatzpunkte Annahmen über lernunterstützende Innovationen zu formulieren, zu konzeptualisieren und entlang des designimmanenten Vermittlungsprozesses hinsichtlich ihrer Wirkungen zu betrachten. Im Rahmen des geplanten Symposiums soll daher entlang von drei DBR-basierten Forschungsprojekten, die auf unterschiedlichen Ebenen von Schul- und Unterrichtsentwicklung ansetzen, aufgezeigt werde, wie es im (inter-)disziplinären Bezug gelingen kann mittels DBR in sonderpädagogischen bzw. inklusionspädagogischen Handlungs- und Forschungsfeldern innovativ wirksam zu werden. Design-Based-Research zur Unterstützung des didaktisch-diagnostischen Handelns im inklusionsorientierten Sachunterricht Im vom BMBF geförderten Verbundprojekt „DiPoSa – didaktisch-diagnostisch Potentiale inklusionsorientieren Sachunterrichts“ (Schroeder et al., 2021) werden in enger Wissenschafts-Praxis-Kooperation mit inklusionserfahrenden Lehrkräften ein Analysetool sowie damit verknüpfte Aus- und Fortbildungsmodule entlang eines interdisziplinären DBR-Ansatzes entwickelt und erprobt. Dies vollzieht sich entlang des Modells von McKenney & Reeves über insgesamt drei Mesozyklen in iterativer Schleife von Analyse und Exploration, Design und Konstruktion sowie Evaluation und Reflexion. Theoretischer Ausgangspunkt bildet dabei eine Hypothesenkartierung (Sandoval, 2014; Schroeder et al. 2024 i.V.), innerhalb dieser zentralen Prämissen für das Forschungsvorhaben, z.B. der besonderen Bedeutung didaktisch-diagnostischen Handelns für eine inklusionsorientierten (Sach-)Unterricht sowie den bereits vorhandenen Potentialen dazu in der unterrichtlichen Praxis, expliziert werden. Die anschließende Ausgestaltung beinhaltet Konstruktion und Design eines spezifischen, videogestützten Tools als Basis für Aus- und Fortbildungsmodule zur Förderung adaptiver Lehrkompetenz (Brühwiler & Vogt, 2020) bzw. didaktisch-diagnostischen Handelns von (angehenden) Lehrkräften. Im Beitrag wird dieser Designprozess entlang der spezifischen Arbeit mittels kollaborativer Entwicklungskonferenzen (Penuel et al., 2021) skizziert. Im Zentrum steht dabei das DBR-spezifische Zusammenspiel von theoretisch-konzeptionellem Erkenntnisgewinn einerseits und praxisorientierter Problemlösung andererseits, welches entlang des weiterentwickelten Modells der Hypothesenkartierung forschungsmethodisch gerahmt wird. DBR-immanente Potentiale und Herausforderungen werden dabei auf Basis der begleitenden Evaluation der Wissenschafts-Praxiskooperation zur Diskussion gestellt. Design-Based-Research zur Unterstützung Multiprofessioneller Kooperation in inklusiven Grundschulen Im vom BMBF geförderten Verbundprojekt „DigischuKuMPK – Digitalisierungsbezogene und digital gestützte Schul(kultur)entwicklung durch Multiprofessionelle Kooperation an ganztägigen Grundschulen“ (2023-2026) werden Angebote zur Förderung der Kooperation in multiprofessionellen Teams mit inklusiven Ganztagsgrundschulen entwickelt, um sie bei ihrer Schulkulturentwicklung zu begleiten (Teilprojekt 1: Heterogenitätssensible Kooperationsentwicklung). Ziel ist es, ein modulares Werkstattangebot auf Grundlage des Index für Inklusion (Booth & Ainscow, 2017) im Sinne von Design-Based Research zu entwickeln. Dazu wird im Projekt eine digitale Umgebung zur Förderung von Schulentwicklungsprozessen geschaffen und erprobt. Über die Zusammenarbeit mit schulischen Akteur:innen werden Erkenntnisse über das Gelingen der Fortbildungsangebote gewonnen sowie ihre Optimierung und langfristige Implementierung angestrebt. Im Fokus steht dabei die Entwicklung von Angeboten und Materialien, um Multiprofessionalität im Sinne einer inklusiven Schulkulturentwicklung (Wischer, 2021) zu fördern. Die Ergebnisse und Produkte werden anschließend in digitale Materialien (OER) überführt. Weiterhin sollen digitale Tools zur asynchronen Kollaboration sowie digitale Fortbildungsmaterialien für inklusive Schulentwicklungsprozesse genutzt und entwickelt werden (Kowalski, 2023). Im Beitrag wird der spezifische Blick auf die digitalisierungsbasierte Schulkulturentwicklung (Idel, 2022) in inklusiven Ganztagsgrundschulen gerichtet. Dabei werden Chancen von Entwicklungswerkstätten mit multiprofessionellen Teams im Rahmen von DBR-Designs exemplarisch anhand von Erkenntnissen aus den Eingangsinterviews mit Schulleitungen und Ganztagskoordinator:innen unserer Kooperationsschulen skizziert und zur Diskussion gestellt. |
8:30 - 10:00 | Di1.5: Forschungswerkstatt Ort: EF 50 Raum 4.220 Chair der Sitzung: Katharina Hendricks, Rheinland-Pfälzische Technische Universität Kaiserslautern – Landau Differenzkonstruktionen im sonderpädagogischen Studium? Ein metaphernanalytischer Zugang zu (intra-) disziplinären Fallkonturen im Rahmen der Lehrkräftebildung |
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Differenzkonstruktionen im sonderpädagogischen Studium? Ein metaphernanalytischer Zugang zu (intra-) disziplinären Fallkonturen im Rahmen der Lehrkräftebildung Rheinland-Pfälzische Technische Universität Kaiserslautern – Landau In dieser Forschungswerkstatt sollen anhand von Datenmaterial aus studentischen kollegialen Fallberatungen im Kontext des sonderpädagogischen Lehramtsstudiums leitende Differenzsetzungen und damit verbundene Fallverständnisse mittels der Methode der Systematischen Metaphernanalyse (nach Schmitt 2017) herausgearbeitet werden. Durch den gewählten methodischen Zugriff (Funktionen von highlighting und hiding nach Lakoff und Johnson 2014) gelingt ein Blick auf implizite Handlungsorientierungen von Studierenden des Lehramts an Förderschulen zwischen eigenem Professionalitätsverständnis und Inklusionsanspruch. Abschließend soll anhand der Einblicke in die Materialanalyse diskutiert werden, inwieweit darin etwas Spezifisches der Sonderpädagogik zum Vorschein kommt, worin sich dies ggf. zu anderen Professionalitätsvorstellungen abgrenzt und welche Konsequenzen sich daraus für ein inklusionsorientiertes Selbstverständnis bzw. die intra- und interdisziplinäre Ausrichtung der Sonderpädagogik ergeben. |
8:30 - 10:00 | Di1.6: Forschungswerkstatt Ort: EF 50 Raum 5.418 Chair der Sitzung: Ann-Kathrin Arndt, Leibniz Universität Hannover Chair der Sitzung: Julia Gasterstädt, Universität Kassel Inter-/intradisziplinäre Grenzziehungen, Kategorisierungen und Wissensformen: Soziale Welten/Arenen und Grenzobjekte als sensibilisierende Konzepte |
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Inter-/intradisziplinäre Grenzziehungen, Kategorisierungen und Wissensformen: Soziale Welten/Arenen und Grenzobjekte als sensibilisierende Konzepte 1Leibniz Universität Hannover; 2Universität Kassel Die Forschungswerkstatt fokussiert Fragen zur Sonderpädagogik als Disziplin und Inter- bzw. Intradisziplinarität auf Basis der sensibilisierenden Konzepte der Theorie der Sozialen Welten/Arenen (Strauss, 1978; Clarke, 1991). Mit den sozialen Welten rücken geteilte „commitments“ (Clarke, 1991, S. 131) und Aktivitäten in sozialen (Sub-)Welten und damit „Momente von Gemeinsamkeit“ (Strübing, 2007, S. 97) in den analytischen Blick. Arenen sensibilisieren für Aushandlungen und den „Austausch zwischen Divergentem“ (Strübing, 2007, S. 97). Im Kontext des Theorie-Methoden-Pakets der Situationsanalyse (Clarke, 2005; Clarke et al., 2018) wird im Mapping der Sozialen Welten/Arenen u.a. nach „Grenzkonstruktionen zwischen den Welten sowie Diskurse[n] über diese“ (Clarke, 2012, S. 155) gefragt. Die Forschungswerkstatt nutzt das Potential für die Forschung zu Differenzkonstruktionen (Gasterstädt & Rüger, 2021), „(taktischen) Leerstellen“ (Köpfer et al., 2021, o.S.) in Aushandlung und disziplinären Grenzziehungen, etwa zwischen Regelschul- und Sonderpädagogik (Arndt, 2022; Gasterstädt et al., 2022). Mit dem ergänzenden Konzept der Grenzobjekte (Star & Griesemer, 1989), die zugleich robust und flexibel genug für Anschlüsse verschiedener (Sub-)Welten sind, lässt sich nach der Relevanz von Kategorisierungen, wie von sonderpädagogischem Förderbedarf (Gasterstädt, 2019), fragen. Hierbei ist auch der Bezug auf unterschiedliche, z.B. medizinische, Wissensformen (Becker et al., 2024; Haas, 2019) von Interesse. In der Forschungswerkstatt interpretieren wir gemeinsam qualitative Daten, zum einen zur Feststellung sonderpädagogischen Förderbedarfs in regionalen Akteurkonstellationen (Julia Gasterstädt, Anna Kistner, Sylvie Borel, Julia Kadel und Katja Adl-Amini), zum anderen zur Aushandlung in einer ‚Fachkonferenz Inklusion‘ (Arndt et al., 2022). Abschließend werden übergeordnete Perspektiven zu inter- und intradisziplinären Grenzziehungen, Kategorisierungen und Wissensformen diskutiert. |
10:00 - 11:00 | Postersession Ort: Foyer EF 50 |
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IVI - Eine Informations- und Vernetzungsstelle zur Unterstützung des Wissenschafts-Praxis-Transfers Goethe-Universität Frankfurt am Main Migrantisch – weiblich – stark! Empowerment und Partizipation durch Mentoring für migrantische Lehramtsstudentinnen und Lehrerinnen: EmParti Leibniz Universität Hanover Festlegungsdiagnostik im Schwerpunkt Geistige Entwicklung in Bayern – Status quo, Herausforderungen und offene Fragen Universität Regensburg / Universität zu Köln Sehpädagogische Fachkräfte verbessern die gleichberechtigte kulturelle Teilhabe 1TU Dortmund, FK 13, FG Sehen, Sehbeeinträchtigung & Blindheit; 2TU Dortmund, FK 13, LA Sonderpädagogische Förderung Neue Verpackung oder anderer Inhalt? Die Wirkung verschiedener sonderpädagogischer Diagnosen für Schüler*innen mit generalisierten und überdauernden Lernschwierigkeiten Bergische Universität Wuppertal Wirksamkeit und Nachhaltigkeit von «Autismus-Therapie» 1Universität zu Köln; 2PH Heidelberg ‚Unterricht‘ und Schüler:innen an Förderschulen mit dem Schwerpunkt ‚Geistige Entwicklung‘. Eine ethnographische Studie. Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg Dynamische Beziehungen von Leistungsdruck und Verhaltensschwierigkeiten bei Lernenden mit und ohne Lernschwierigkeiten Leibniz Universität Hannover Sozialpsychologische Perspektive auf die Kollaboration von Sonderpädagogik und Psychiatrie Universität Fribourg (CH) Erprobung und Evaluation einer Fallberatung zu CVI für Lehrkräfte im Förderschwerpunkt Sehen TU Dortmund „Barrieresensible Entwicklung in Schulen mit inklusive Anspruch am Beispiel von „Hast und Eile“ unter Einbezug der Rolle des Verbundprojekts schAUT“ Verbundprojekt schAUT Sind Lernstörungen sozial konstruiert? Ein Vergleich von theoretisch errechneten und empirisch festgestellten Prävalenzen im NEPS-Datensatz. Bergische Universität Wuppertal, Institut für Bildungsforschung Transdisziplinäre Inklusionswissenschaften – Ein Projekt der AG Inklusionswissenschaften der IU International University IU Internationale Hochschule Das Gruppendiskussionsverfahren als Reflexionsanlass zu Inklusion für Studierende aller Lehrämter Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg Interventionen zur Förderung der sozialen Partizipation von Schüler*innen mit Autismus-Spektrum-Störung in inklusiven Settings: Ein Scoping Review TU Dortmund "Der Clash of Fun wird bleiben – unser Sohn braucht anderen Spaß als ich." Instagram-Profile von Eltern von Kindern mit besonderem Förderbedarf 1Universität Duisburg-Essen; 2TU Dortmund Interdisziplinarität als Teilhabemoment? Versorgung, Bildung und gesellschaftliche Teilhabe von Kindern und Jugendlichen mit lebensverkürzenden Erkrankungen Humboldt-Universität Berlin Adaptive Affektregulation zur Professionalisierung von Didaktik (AdAPD) Humboldt-Universität zu Berlin Lerntherapie und Sonderpädagogik: Perspektiven auf interdisziplinäre Kontexte Humboldt-Universität zu Berlin Schulbandarbeit an der Förderschule mit dem Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung in NRW TU Dortmund Fakultät Rehabilitationswissenschaften Musik und Bewegung in Rehabilitation und Pädagogik bei Behinderung Entwicklung eines Lehrkräftefragebogens zur Früherkennung von Rechenstörungen in der Grundschule 1Technische Universität Dortmund; 2Regionale Schulberatungsstelle des Kreises Borken Praktiken aus der Sprachtherapie in den Unterricht transferieren – ein neuer Ansatz zur formativen Messung des Sprachverständnisses Technische Universität Dortmund Müdigkeit als Folge der Hörbehinderung Karlsuniversität Abhängigkeit zwischen Heilpädagogik und Medizin DIPLOMA Hochschule Einstellungen, Motivation und Kompetenzen von Lehrkräften an Schulen in herausfordernden Lagen TU Dortmund Liebe(n) und »geistige Behinderung« – Systemtheoretische Betrachtung der Konstruktionen von »Intimität« im Kontext von Heil- und Sonderpädagogik Pädagogische Hochschule Heidelberg |
11:15 - 12:45 | Di2.1: Einzelbeiträge Ort: EF 50 Raum 4.418 |
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Sonderpädagogik professionssoziologisch betrachtet: Zur disziplinären Verankerung einer widersprüchlichen Aufgabe Technische Universität Dortmund Im Rahmen des Beitrags wird die Frage nach dem Verhältnis von Intra- und Interdisziplinarität in der Sonderpädagogik aus einer gendersensiblen und professionssoziologischen Perspektive diskutiert. Leitende These dabei ist, dass die disziplinäre Architektur der Sonderpädagogik stets im Spannungsfeld zwischen gesellschaftlicher Kontextualisierung und eigenlogischer fachlicher Weiterentwicklung steht. Mit der Durchsetzung von Inklusion als gesellschaftlichem Anspruch, der insbesondere in Bildung und Arbeit realisiert werden soll, wurde die interdisziplinäre Verflochtenheit im Feld der sonderpädagogischen Praxis verstärkt. Für die Sonderpädagogik als wissenschaftliche Disziplin und pädagogische Profession resultiert daraus nicht nur eine Rollenverschiebung, sondern auch eine fachliche Herausforderung: Einerseits gilt es, wechselseitige Anschlussfähigkeit im Verhältnis zu den in der Praxis relevanten Nachbardisziplinen herzustellen oder aufrechtzuerhalten. Dabei geht es auch darum, eine produktive, dem Auftrag getreue, interdisziplinäre Kooperation in der institutionellen Praxis zu ermöglichen. Andererseits bedeutet es jedoch auch, die innere Substanz der Disziplin gleichermaßen zu bewahren wie reflexiv weiterzuentwickeln. Denn wie alle Professionen konstruiert auch die Sonderpädagogik die soziale und institutionelle Beschaffenheit der gesellschaftlichen Probleme, die sie zu lösen angetreten ist. In diesem Zusammenhang stehen auch Diskriminierungsrisiken in der (sonder)pädagogischen Praxis, auf die hier beispielhaft eingegangen werden soll. Intradisziplinäre Wissensbestände tragen zur Sensibilisierung für mögliche Engführungen und zur Auseinandersetzung mit den normativen Ansprüchen einer zeitgemäßen Sonderpädagogik bei. Chimäre Pädagogik bei Verhaltensstörungen – intra-, inter- und transdisziplinär. Eine Disziplin im Schnittbereich. 1Pädagogische Hochschule Freiburg; 2Pädagogische Hochschule Luzern; 3Interkantonale Hochschule für Heilpädagogik Zürich; 4Pädagogische Hochschule Ludwigsburg Der Ausdruck Paul Moors «Heilpädagogik ist Pädagogik und nichts anderes» (1974) gilt für die sonderpädagogische Teildisziplin Pädagogik bei Verhaltensstörungen in besonderer Weise. Dabei stellt sich die Frage, ob es sich überhaupt um eine sonderpädagogische Disziplin handelt. Psychische Störungen bei Menschen mit geistiger und komplexer Behinderung - Transdisziplinäre Wege zu einer teilhabeorientierten Unterstützung Universität zu Köln Psychische Störungen bei Menschen mit geistiger und komplexer Behinderung gehen mit einem zusätzlichen psychiatrisch-psychotherapeutischen Unterstützungsbedarf einher, so dass neben der (Heil-/Sonder-)Pädagogik weitere Disziplinen in die professionelle Unterstützung einzubeziehen sind. Die professionelle Unterstützung dieser Personengruppe gestaltet sich aufgrund der durch die Doppeldiagnose hervorgerufenen disziplinären Grenzerfahrungen ebenso herausfordernd und komplex wie die Umsetzung der mindestens erforderlichen Kooperation. In diesem Beitrag werden ausgewählte Kernergebnisse aus den einbezogenen Studien (Grüter, im Druck) vorgestellt, die die bislang wenig erforschten Wechselwirkungen dieser Doppeldiagnose auf die Teilhabe im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX multiperspektivisch untersuchen. Besonderes Augenmerk liegt dabei auf der aktuellen (Alltags-)Diagnostik und (Alltags-)Unterstützung, die sich in den Untersuchungen als überwiegend teilhabebeeinträchtigend für den Personenkreis herausstellen. Anhand konkreter Beispiele werden zentrale Herausforderungen einer teilhabeorientierten (Alltags-)Diagnostik und (Alltags-)Unterstützung aufgezeigt, die verdeutlichen, warum die bloße Addition disziplinbezogener Wissens- und Erfahrungsbestände nicht ausreicht und warum eine stärkere Ausrichtung auf Teilhabe transdisziplinäre Perspektiven erfordert. Abschließend werden (An-)Forderungen an eine teilhabeorientierte Unterstützung formuliert und diskutiert, die insbesondere das Potenzial transdisziplinärer Perspektiven hervorheben und aufzeigen, an welchen Stellen diese ansetzen können und müssen. |
11:15 - 12:45 | Di2.2: Einzelbeiträge Ort: EF 50 Raum 5.417 |
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Habituelle Orientierungen von Grundschullehrkräften und Lehrkräften für sonderpädagogische Förderung im Fach Sport Technische Universität Dortmund Abstract In den Diskurs um die Notwendigkeit einer Professionalisierung von Lehrer*innen für eine inklusive Schule gerät die Idee einer Differenzierung zwischen Sonderpädagog*innen und Regelschullehrkräften als verschiedene (Teil-)Professionen zunehmend in den Fokus. Für eine Betrachtung des bisher ungeklärten Verhältnisses von sonder- und allgemeinpädagogischer Professionalität eignet sich das Konzept des Lehrkrafthabitus, da in ihm Orientierungen angelegt sind, die als implizit handlungsleitend gelten (Helsper, 2018). Den normativen Ansprüchen (an eine Fachlehrkaft) gerecht zu werden, bedeutet, sich reflexiv mit den eigenen impliziten Orientierungen auseinanderzusetzen. Es zeigen sich bezüglich dieser (Teil-)Professionen z.B. Unterschiede in der (positiven) Haltung von Lehrkräften gegenüber ihren Schüler*innen (Weiß et al., 2013), die vorsichtig interpretiert auf eine Differenz zwischen dem Lehrkrafthabitus von Sonderpädagog*innen und Regelschullehrkräften verweisen könnten. An dieses Desiderat schließt das geplante Forschungsvorhaben an und widmet sich den Fragen, welche habituellen Orientierungen Grundschullehrkräfte und Lehrkräfte für sonderpädagogische Förderung im Fach Sport aufweisen und inwiefern professionsspezifische Unterschiede zwischen diesen bestehen. Dem Forschungsgegenstand soll sich aus einer praxeologisch-wissenssoziologischen Perspektive mittels narrativer Interviews und der Auswertungsmethode der dokumentarischen Methode angenähert werden. Interdisziplinäre Wahrnehmung von Sprachentwicklung, Mehrsprachigkeit und Verhalten in der Förderdiagnostik – Eine experimentelle Untersuchung mit Lehrkräften, Erzieher*innen und Sprachtherapeut*innen 1TU Dortmund, Fakultät Rehabilitationswissenschaften; 2Universität Bremen; 3Leibniz Universität Hannover Eine interdisziplinäre Zusammenarbeit trägt auch im Bereich Sprache zur multiperspektivischen Förderdiagnostik bei. Fehlentscheidungen entstehen, wenn Sprachentwicklungsstörungen (SES) nicht erkannt und sprachliche Auffälligkeiten mit einer Mehrsprachigkeit relativiert werden. Während außerdem unangepasstes Verhalten in der Regel als auffällig bemerkt wird, bleiben mögliche sprachliche Beeinträchtigungen bei etwa 80 % dieser Kinder unerkannt (Hollo et al., 2014). Die akkurate Einschätzung von Bedarfen, an denen individuelle Förderung ansetzt, ist jedoch Voraussetzung für eine zielführende interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Lehrkräften, Therapeut*innen und Erzieher*innen. Es mangelt an wissenschaftlichen Erkenntnissen darüber, welche Aspekte Fachkräfte bei der Beurteilung eines Kindes berücksichtigen und inwieweit die Kombination bestimmter Merkmale (SES, Mehrsprachigkeit, Verhalten) ihre Wahrnehmung und Diagnostik dieser Kinder beeinflusst. In einem 3 × 2 × 2 × 2 Online-Experiment mit N = 646 Lehrkräften, Erzieher*innen und Sprachtherapeut*innen wurde untersucht, inwieweit Hinweise auf SES, Mehrsprachigkeit, sozial-emotional unangepasstes Verhalten und das Geschlecht des Kindes in fiktiven Beobachtungsprotokollen von Unterrichtssituationen die Einstellungen gegenüber der Diagnostik, die eigene Selbstwirksamkeit sowie die Wahrnehmung des Schulkindes beeinflussen. Der Beitrag diskutiert die Ergebnisse vor dem Hintergrund der interdisziplinären Zusammenarbeit verschiedener Professionen bei der Diagnostik und Förderung von Kindern mit unterschiedlichen Förderbedarfen. Sexualität als (Forschungs-)Gegenstand in der Sonderpädagogik – Ergebnisse und Erkenntnisse aus der Studie „Sexualität im Kontext geistiger Behinderung“ Philipps-Universität Marburg Sexualität von Menschen mit Beeinträchtigungen ist ein oft tabuisiertes Thema in sonderpädagogischen Kontexten in Theorie und Praxis, auch wenn sich das gerade in jüngerer Zeit ändert, was sich an einigen neueren Veröffentlichung zeigt (siehe bspw.: Siemoneit/Verlinden/Kleinau 2023; Höblich/Mantey 2023; Klein/Tuider 2017; Ortland 2008). Dennoch sind Menschen mit Beeinträchtigungen, insbesondere sog. geistiger Behinderung, so heterogen dieser Personenkreis sein mag, auch heute noch in der freien Entfaltung ihrer Identität, zu der auch die sexuelle Selbstbestimmung gehört, eingeschränkt (vgl. Kunz 2023, S. 176; Specht 2013, S. 288f.). Die Studie „Sexualität im Kontext geistiger Behinderung“, die seit 2023 an der Philipps-Universität Marburg durchgeführt wird, untersucht die Thematik aus verschiedenen Blickwinkeln. Hierfür wurden themenzentrierte Interviews mit Menschen mit sog. geistiger Behinderung (N=7), pädagogischen Fachkräften in unterschiedlichen Settings der Behindertenhilfe (N=15) (vorwiegend im Bereich Wohnen, aber auch in Werkstätten für behinderte Menschen und Förderschulen) sowie mit Sexualbegleiter*innen (N=6) geführt und mittels der Verfahren der Qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring (2010) ausgewertet. Auf diesen drei Ebenen wurde der Forschungsfrage nachgegangen, wie Menschen mit sog. geistiger Behinderung ihre Sexualität erleben und, was diese für sie bedeutet. Die Ergebnisse und deren Implikationen sollen in dem Vortrag vorgestellt. Ein besonderes Augenmerk liegt dabei auch darauf, die jeweiligen Perspektiven der verschiedenen beforschten Protagonist*innen entlang unterschiedlicher disziplinärer Zugänge (z.B. neben erziehungswissenschaftlichen Zugängen auch Zugänge aus den Rechtswissenschaften, den Kulturwissenschaften oder den Sozialwissenschaften) zu kontextualisieren und kritisch zu diskutieren. |
11:15 - 12:45 | Di2.3: Symposium Ort: EF 50 Raum 5.418 Chair der Sitzung: Nadine Elstrodt-Wefing, Technische Universität Dortmund Chair der Sitzung: Anna-Lena Scherger, TU Dortmund Sonderpädagogische Diagnostik im Spannungsfeld verschiedener Disziplinen |
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Sonderpädagogische Diagnostik im Spannungsfeld verschiedener Disziplinen Ein wichtiges sonderpädagogisches Handlungsfeld, in dem interdisziplinäre Arbeit in der schulischen Praxis zum Tragen kommt, ist die Diagnostik, u.a. bei der Feststellung eines sonderpädagogischen Unterstützungsbedarfs. Die Verortungsschwierigkeiten der Sonderpädagogik als Disziplin spiegeln sich in vielen Problemen, Unklarheiten und Unsicherheiten in der sonderpädagogischen Diagnosepraxis wider, welche in diesem Symposium aus förderschwerpunktübergreifender Perspektive beleuchtet werden. Ziel des Symposiums ist darüber hinaus die Ableitung von Entwicklungsbedarfen und Lösungsansätzen in diesem Themengebiet. Beiträge des Symposiums Interdisziplinäre Konkretisierungsbedarfe bei der Feststellung sonderpädagogischer Unterstützungsbedarfe Der Beitrag nimmt die aktuelle Verfahrenspraxis zur Feststellung der Förderschwerpunkte (FS) Geistige Entwicklung (GE), Emotionale und Soziale Entwicklung (ESE), Lernen (LE) und Sprache (SQ) in NRW unter terminologischem Fokus in den Blick und stellt Unklarheiten bezüglich Definitionen und Ansprüchen heraus sowie daraus resultierende Konkretisierungsbedarfe zur Behebung von Handlungsunsicherheiten der Lehrkräfte. Fachfremde Diagnostik in NRW am Beispiel des Förderschwerpunkts Sprache: Evidenzen aus einer Lehrkräftefortbildung und einer Lehrkräfteumfrage Dieser Beitrag fokussiert die diagnostische Kompetenz von Lehrkräften in der Feststellung des FS SQ. In Studie 1 wurden Teilnehmende einer praxisintegrierten Lehrkräftefortbildung (N = 37) zur Feststellung des Sonderpädagogischen Unterstützungsbedarfs im FS SQ zu ihrem sprachbezogenen Grundlagen- und Diagnostikwissen befragt. In Studie 2 wurden Rahmenbedingungen und Einstellungen von Lehrkräften (N=351) zum AOSF-Verfahren über eine Online-Umfrage erhoben. Systematische Diagnostik und Interventionsplanung in der Unterstützten Kommunikation 30-35% der Schüler*innen in den FS GE und KME haben einen Bedarf an Unterstützter Kommunikation (Bernasconi et al., 2023). Hinsichtlich der Diagnostik existieren jedoch keine verbindlichen oder standardisierten Abläufe, Materialien oder Vorgehensweisen, da z.T. sehr individuelle Kommunikationswege,-mittel und -biografien berücksichtigt werden müssen. Mit dem Ziel der gelingenden Alltagskommunikation fokussiert der Beitrag auf Fragen nach diagnostischen Zugängen und Möglichkeiten der Interventionsplanung. Dabei werden auf Grundlage internationaler Modelle wie der ICF oder dem Modell der kommunikativen Kompetenz (Light, 1989) Möglichkeiten der systematischen Diagnostik und Interventionsplanung mit dem ABC-Modell (Bernasconi & Sachse, 2021) aufgezeigt und diskutiert. Kontextbezogene Diagnostik für den Förderschwerpunkt Emotionale und Soziale Entwicklung - Konzeption und Validierung der Kids in Contexts Scale (KICS) Um Förderbedarfe im FS ESE besser verstehen und passgenaue Förderangebote machen zu können, ist die Betrachtung des Kontextes notwendig. Da bisherige Diagnosepraktiken dies nur unzureichend tun, wird im Beitrag ein adaptives Diagnosetool (die Kids in Contexts Scale; KICS) vorgestellt. Die darin angelegte Multi-Informanten-Beurteilung wird auf schulische und außerschulische Situationen bezogen, wodurch eine präzisere Erfassung der sozialen, emotionalen und verhaltensbezogenen Entwicklungsbedarfe in den spezifischen Kontexten ermöglicht werden soll. Die deutschsprachige Übersetzung der KICs wird vorgestellt, welche im Längsschnitt an N=1.200 Schüler*innen validiert werden soll. |
11:15 - 12:45 | Di2.4: Einzelbeiträge Ort: EF 50 Raum 4.435 |
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Digitale Inklusion: Teilhabe in Zeiten digitaler Transformation Die Digitalisierung hat durch die technischen Entwicklungen viele Bereiche des Zusammenlebens verändert und führt zu ständig neuen gesellschaftlichen Transformationen (Stalder, 2016). Dennoch zeigt die Digitalisierungsforschung der vergangenen mehr als 25 Jahre deutlich, dass insbesondere Menschen mit Beeinträchtigungen bzw. Behinderungen weniger von den gesellschaftlichen und technischen Vorteilen durch die Digitalisierung profitieren (Robinson et al., 2020). Diese digitale Ungleichheit ist insbesondere bei der Nutzung von digitalen Medien dokumentiert (Bosse & Hasebrink, 2016). Dabei ist die Mediennutzung das Produkt eines komplexen Zusammenwirkens von vielfältigen personenbezogenen Faktoren und Umwelteinflüssen (Bosse & Sponholz, 2023). Für ein besseres Verständnis für die Mechanismen der digitalen Teilhabe und gelingenden Inklusion im digitalen Raum ist die enge Zusammenarbeit von Perspektiven aus der Medizin (z.B. anhand der ICF), der Soziologie (Digital Divide) und der Medienpädagogik (Inklusive Medienbildung) daher absolut unerlässlich. In diesem Symposium werden die Einflussfaktoren auf die Teilhabe an der digitalen Transformation aus mehreren Perspektiven analysiert. Im ersten Beitrag wird in die theoretischen Hintergründe digitaler Teilhabe eingeführt. Der zweite Beitrag fokussiert auf Herausforderungen und Chancen, die der Zugang zu digitalen Medien mit sich bringt und wie Mediennutzung gestaltet werden kann. Der dritte Beitrag betrachtet das Zusammenspiel von Eltern und Jugendlichen in Bezug auf die Mediennutzung. Im vierten Beitrag werden neue Teilhabechancen durch den Einsatz digitaler Medien - in diesem Fall Telepräsenzsystemen - an Bildung beleuchtet. Beiträge des Symposiums Dimensionen digitaler Teilhabe Die Anwendung der ICF auf die Teilhabe in der digitalen Welt verdeutlicht, dass Teilhabe auch hier das Resultat eines bio-psycho-sozialen Zusammenspiels von diversen Faktoren ist (Bosse & Sponholz, 2023). Durch die Unterschiede im Medieneinsatz werden auch die Teilhabechancen, die durch den Medieneinsatz entstehen, geprägt. Zuerst werden die theoretischen Hintergründe dieses Zusammenspiels der Faktoren für digitale Teilhabe erörtert und anschließend mit einem systematischen Literaturreview zum Medieneinsatz in sonderpädagogischen Kontexten kontextualisiert. Assistive Technologien als Zugang zu digitaler Teilhabe Digitale Informations- und Kommunikationstechnologien sind essentiell für eine gesellschaftliche Teilhabe. Doch können nicht alle Menschen gleichermaßen diese nutzen, da ihnen oftmals, neben individuellen Voraussetzungen, nicht nur materielle Ressourcen fehlen, sondern auch entsprechende Kompetenzen sowie der Zugang zu Assistiven Technologien. Menschen mit Beeinträchtigungen benötigen alternative Wege, um digital umfassend teilhaben zu können. Es bedarf somit der Nutzung Assistiver Technologien, um den Zugang zu digitalen Medien zu ermöglichen und digitale und damit gesellschaftliche Teilhabe sicherzustellen. Eltern als Chance und Herausforderung für die digitale Teilhabe von Jugendlichen mit Beeinträchtigungen der Körperlichen und motorischen Entwicklung Bisherige Forschung zum Zusammenwirken von Eltern und Jugendlichen mit Beeinträchtigungen bezüglich digitaler Teilhabe ist begrenzt. Eltern können sowohl die digitale Teilhabe ihrer Kinder unterstützen als auch einschränken (Dieckmann & Große Hellmann, 2021). In diesem Beitrag werden erste Erkenntnisse aus Interviews mit 11 Eltern von Jugendlichen mit Beeinträchtigungen zu ihrer Medienerziehung dargestellt. Diese werden mit Interviews von 15 Jugendlichen mit Beeinträchtigungen über ihre eigenen Medienerziehungserfahrungen zusammengebracht. Zur Reichweite von Telepräsenzsystemen für die Teilhabe an Bildungs- und Lernprozessen in der Schule Schüler*innen unter Bedingungen (chronischer) Erkrankungen oder Schulweigerung können oft nicht gleichermaßen am schulischen Leben teilhaben wie Gleichaltrige (Zillner et al., 2022). Telepräsenzrobotern (TPR) werden hier positive Einflüsse, wie u.a. die Verminderung von Einsamkeit, eine konstante Verbundenheit zur Klassengemeinschaft sowie Möglichkeiten der Partizipation am Unterricht zugeschrieben (Culén et al., 2019). Der Beitrag stellt zunächst den internationalen Forschungsstand zum schulischen Einsatz von TPR dar, um anschließend die Ergebnisse einer deutschlandweiten Erhebung einzuordnen. |
11:15 - 12:45 | Di2.5: Forschungswerkstatt Ort: EF 50 Raum 4.220 Chair der Sitzung: Anja Hackbarth, Universität Bielefeld Gesten, Gebärden und Sprechtaster. Unterstützte Kommunikation im Unterricht dokumentarisch analysieren |
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Gesten, Gebärden und Sprechtaster. Unterstützte Kommunikation im Unterricht dokumentarisch analysieren 1Universität Bielefeld; 2Goethe-Universität Frankfurt Die dokumentarische Analyse von videobasierten Interaktionen im Unterricht ermöglicht mit ihren praxeologisch-wissenssoziologischen Bezügen (Mannheim 1980; Bohnsack 2017) einen Zugriff auf das implizite, handlungsleitende Wissen von Schüler:innen und Pädagog:innen sowie auf die Art und Weise der Konstituierung von Unterricht (vgl. Asbrand & Martens 2018). Mittels der dokumentarischen Analyseeinstellung können dabei nicht nur Modi der Vermittlung und Aneignung des fachlichen Wissens (Hackbarth et al. 2021; Martens et al. 2021), sondern auch die Praxis der fachlichen und sozialen Teilhabe rekonstruiert werden (u.a. Ludwig i.V.; Kocabıyık et al. 2024). In der Forschungswerkstatt wird diese methodische und methodologische Perspektivierung auf Fachlichkeit und Teilhabe im Unterricht an inklusiven Schulen und an Förderschulen entlang von Unterrichtsvideografien aus der Studie „Fachlichkeit in Interaktionen. Vermittlungs- und Aneignungsprozesse im Kontext von Inklusion und Exklusion“ (Hackbarth & Müller 2021) zur Diskussion gestellt. Fokussiert werden Interaktionen der Unterstützen Kommunikation, die mit der dokumentarischen Perspektivierung als Modi basaler Interaktion interpretiert werden (Hackbarth & Ludwig 2024). Für die Diskussion leitend sind Fragen nach dem Potential der dokumentarischen Methode für den sonderpädagogischen Diskurs, was sich ua. in Herausforderungen der Transkription, Analyse und Interpretation von Gesten, Gebärden(sprache) und anderen Formen nicht lautsprachlicher Kommunikation konkretisiert. Das wird entlang der exemplarischen Interpretation von Unterricht an einer Förderschule mit dem Schwerpunkt Körperlich-motorische Entwicklung vollzogen. |
11:15 - 12:45 | Di2.6: Diskussionsforum Ort: EF 50 Raum 4.321 Chair der Sitzung: Philipp Seitzer, Universität zu Köln / Pädagogische Hochschule Ludwigsburg Was ist 'das Sonderpädagogische?' |
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Was ist 'das Sonderpädagogische?' 1Universität zu Köln / Pädagogische Hochschule Ludwigsburg; 2Universität Duisburg/Essen Paul Moor erzählte, er sei als Praktikant anlässlich eines Inspektionsbesuchs nach einer Gruppensituation gefragt worden, was denn nun 'das Heilpädagogische' daran sei. Darauf Paul Moor lakonisch: „Dass ich da bin.“ (Moor zit. n. Kobi 2005, 91). Die heilpäd. Essenz wäre demnach untrennbar im Wahrnehmen, Denken und Handeln einer Person lokalisiert. Damit verdeutlicht Moor eine der Facetten der Titelfrage: Als situative und personale Kategorie entziehe sich das Heil- (oder Sonder-)päd. der Objektivierbarkeit. ...und somit der Qualitätssicherung? Die intra- und interdisziplinäre Dimension der Frage ist indes augenfällig: Einerseits zielt sie auf das Objektiv, das Fachrichtungen und Subdiskurse mit ihren genuinen Wissenschaftsprofilen aus ihrer „Rohrsichtigkeit“ (Speck 1987, 32) befreie. Andererseits zielt sie in der Gemengelage der Reflexionszusammenhänge und Verfahrensweisen in interdisziplinären und -professionellen Konstellationen auf Schärfung. Im Verhältnis zur Päd. zeichnet sich eine weitere Facette ab, nämlich die philosophisch trächtige Dialektik von Allgemeinem und Besonderem (vgl. Lindmeier 1996). Läuft die Suche nach der sonderpäd. Essenz zwangsläufig auf eine essentialistische Konstruktion einer Adressat:innengruppe hinaus? (vgl. Eberwein 1995, Laubenstein 2008, Lindmeier 2019) In vielen Versuchen, das Sonderpäd. aus spezifischen Werten abzuleiten (Haeberlin 1997) zeichnet sich eine normative, fast axiologische Dimension ab, die in der Inklusionsdebatte ins Politische mündet: Gehen sonderpädagogische Werte und Perspektiven in der Inklusion auf? Erfordert Inklusion sonderpäd. Sichtweisen? Stehen sie gar in „Paradigmenkonkurrenz“ (vgl. Willmann 2023) zueinander? Wir wollen die Frage nach dem Sonderpäd. auf ein Thema zuspitzen, das sich als der Kristallisationspunkt herausstellen könnte, an dem die praktische Relevanz all dieser Facetten aufscheint: Der Frage nach Sinn und Unsinn einer sonderpädagogischen Diagnostik (vgl. Willmann 2023; Lütje-Klose 2023 et al.). |
12:45 - 14:00 | Mittagspause und gleichzeitig Netzwerktreffen der Nachwuchsforscher*innen Ort: EF 50 Raum 4.321 |
14:00 - 15:30 | Di3.1: Einzelbeiträge Ort: EF 50 Raum 4.418 |
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Digitale Bildungsdokumentation in Kitas mit BiDoS-i(nklusiv): Anlage & erste Ergebnisse eines kooperativen Forschungsprojektes von Sonderpädagogik und Pädagogik der frühen Kindheit Rheinland-Pfälzische Technische Universität Kaiserslautern-Landau Beobachtung und Dokumentation spielen in Kindertageseinrichtungen eine zentrale Rolle. Eine umfassende Berücksichtigung der Entwicklung und Bildung aller Kinder, auch und insbesondere derer mit besonderem Entwicklungs- und Unterstützungsbedarf, erfordert hierbei oftmals erheblichen Aufwand. Der Einsatz von Dokumentations-Apps ist derzeit noch selten, insbesondere die Nutzung integrierter Systemlösungen bleibt eine Ausnahme (vgl. Knauf 2019). Das digitale Bildungsdokumentationssystem BiDoS-i, Projektförderung vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Zeitraum von 2022- 2024, setzt hier an. BiDoS-i besteht aus drei Hauptelementen, die sich komplementär zueinander verhalten und damit unterschiedliche, relevante Perspektiven (vgl. Höke und Büker 2020; Cloos und Schulz 2011) zusammenführen: eine offene prozessorientierte Dokumentation, durch das „Portfolio der Fachkraft“ sowie die "Welt des Kindes", ergänzt durch eine standardisierte Dokumentation durch die „Kompetenzmatrix“. Diese Trias und ihre Verweisungszusammenhänge sollen Fachkräften Hinweise darauf geben, wie sie die Entwicklung der Kinder im Alltag unterstützen können. Im ersten Teil des Vortrags wird Anlage und Konzept des Projekts vorgestellt und in seinem komplementären Ansatz beschrieben. Anschließend wird der Weiterentwicklungs- und Implementationsprozess des digitalen Tools in Kooperation mit teilnehmenden Kitas sowie Wirtschaftsunternehmen (Kitalino GmbH, QIK Online-Akademie) erläutert. Hier werden aktuelle Ergebnisse ebenso wie der Prototyp von BiDoS-i vorgestellt. Hier wird insbesondere auf den herausfordernden und zugleich gewinnbringenden Charakter der interdisziplinären Zusammenarbeit sowie intradisziplinäre Einflüsse verschiedener pädagogischer Disziplinen (u.a. Sonderpädagogik, Pädagogik der frühen Kindheit, Medienpädagogik) eingegangen. Abschließend wird ein Ausblick auf die noch zu erwartenden Ergebnisse der qual. und quant. Befragungen sowie der Expert:innenvalidierung gegeben. Partizipation in Sozialen Medien von Nutzer:innen mit Seheinschränkungen - mediensoziologische, medienpädagogische und sonderpädagogische Reflexionen HU Berlin, Institut für Rehabilitationswissenschaften Nicht nur frühe Freak-Portraits oder historische Patientenfotografie, sondern auch aktuelle Studien zur medialen Repräsentation von Menschen mit Behinderungen zeigen, dass stereotypisierende Darstellungen in klassischen (Bildschirm-)Medien vorherrschen (Stewart & Spurgeon 2020). Demgegenüber bestehen mit dem Aufkommen Sozialer Medien Hoffnungen bezüglich einer „democratization of audiovisual means of expression“ (Sánchez 2021: 13) und auf neue Möglichkeiten der Partizipation an Öffentlichkeiten, die auch für Menschen mit Behinderungen relevant sein können (so schon Haller 2010). Allerdings ist zugleich von einem „Partizipationsparadox“ (Schmidt 2013: 92) zu sprechen, da die Teilhabe mittels Eigenproduktionen (user generated content) nicht nur kommerziell reguliert wird, sondern es besteht die eingeschränkte Möglichkeit, sich mithilfe kaum anpassbarer Hardware (Endgeräte) und Software (Interfaces) mitzuteilen und auszudrücken, welche spezifische Subjektivierungsformen nahelegen und technologische wie psychosoziale Barrieren / Herausforderungen mit sich bringen. Angesichts dieser Überlegungen ist erstaunlich, dass die soziomedialen Praktiken der Teilhabe und Erfahrungen von Menschen mit Behinderungen in Sozialen Medien bislang kaum systematisch untersucht wurden (eine ausführliche Diskussion des Forschungsstands muss im Vortrag ausbleiben, vgl. insbesondere in Bezug auf Seheinschränkungen: Geimer 2023). Der vorgeschlagene Beitrag würde die theoretischen Grundlagen, methodologischen Rahmungen und methodischen Vorgehensweisen des DFG-Projekts "Partizipation in Sozialen Medien von Menschen mit Seheinschränkungen. Zur alltäglichen Bedeutung und biografischen Relevanz soziomedialer Transaktionsräume" vorstellen. Die Integration verschiedener, disziplinärer - v.a. mediensoziologischer sowie medienpädagogischer und sonderpädagogischer - Perspektiven auf user generated content in Sozialen Medien steht – ggf. exemplarisch anhand eines Falls − im Vordergrund der Darstellungen. Vertretung einzelner Formen der unterstützten Kommunikation bei Menschen mit mehrfacher Behinderung Karlsuniversität Dieser Beitrag setzt sich zum Ziel, die Ergebnisse einer Forschungsstudie, die auf die Feststellung von Kommunikationspräferenzen bei Menschen mit Mehrfachbehinderung gerichtet war, teilweise vorzustellen. Dieser Beitrag beschäftigt sich mit der Vertretung einzelner Formen der unterstützten Kommunikation bei den oben genannten Menschen. An der Studie nahmen 67 Probanden mit Mehrfachbehinderung teil, die auf Grund ihres Alters einer von drei Gruppen zugeordnet wurden. Das Vorhandensein einer körperlichen und geistigen Behinderung stellte die Voraussetzung für die Teilnahme an der Studie dar. Aus den Ergebnissen der Studie ergibt sich, dass die am häufigsten genutzten Methoden unterstützter Kommunikation bei allen Altersgruppen die nonverbale Kommunikation war. Es handelt sich um natürliche Kommunikationsarten, die man nicht gezielt erlernen muss und sie werden den UK Methoden ohne Hilfsmittel zugeordnet. Es geht vor allem um den gezielten Blick, die Mimik, natürliche Gesten, Ja/Nein-Antworten und die Kommunikation durch Handeln. Andere Formen der UK wurden von den Probanden mit unterschiedlicher Häufigkeit eingesetzt. Die zweithäufigste Kommunikationsart bei Probanden im Vorschulalter stellte die Nutzung des Single Message Communicators dar. Innerhalb der Gruppe im Schulalter handelte sich um das PECS System und bei Personen über 18 Jahre wurden mehrere Systeme in gleicher Vertretung genutzt (Fotos und Bilder, GoTalk 4+ Communicator, modifizierte bzw. vereinfachte manuelle Gebärden). |
14:00 - 15:30 | Di3.2: Einzelbeiträge Ort: EF 50 Raum 5.417 |
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Einbezug von Kinder-Perspektiven in Forschungsprozesse - Method(olog)ische Zugänge aus der Interdisziplinären Frühförderung PH Ludwigsburg In der Interdisziplinären Frühförderung sind die Perspektiven von Kindern mit Entwicklungsverzögerungen, psychosozialen Risiken und Behinderung im Vorschulalter von besonderer Bedeutung (Weiß, 2010). Junge Kinder, insbesondere im Alter von 0-3 Jahren, haben andere Perspektiven auf die Welt als Erwachsene (Lindinger, Prünner & Schartmüller, 2021). Zudem haben sie unterschiedliche Möglichkeiten, diese Perspektiven zu kommunizieren und sich in Forschungsprozesse einzubringen (ebd.). Mit Blick auf partizipative Forschungszugänge beeinflusst die Kinder-Perspektive jedoch nicht nur den Inhalt des Forschungsprozesses, vielmehr ist sie auch Gegenstand forschungsmethod(olog)ischer Entscheidungen (Unger, 2014). Letztere stehen im Fokus des Beitrags, der forschungsmethod(olog)ische Zugänge aus der Interdisziplinären Frühförderung zum Einbezug der Kinder-Perspektive in Forschungsprozesse darstellt. Dabei wird die Frage diskutiert, wie die Perspektiven von jungen Kindern mit Behinderung, psychosozialen Risiken und Entwicklungsverzögerung so in den Forschungsprozess integriert werden können, dass die Kinder von den Forschungsergebnissen profitieren können. Zur Beantwortung dieser Frage zeigt der Beitrag zuerst verschiedene forschungsmethod(olog)ische Zugänge aus Disziplinen der Interdisziplinären Frühförderung (z. B. Sonderpädagogik, Therapiewissenschaften, Medizin) und Nachbargebieten auf, die zur Abbildung der Kinder-Perspektive verwendet werden (z. B. Fotos, walking interviews) (Botsch, 2021). Dabei wird reflektiert, in welcher Art und Weise diese interdisziplinäre Forschungsmethod(olog)ik für sonderpädagogische Fragen weiterentwickelt werden muss. Anschließend werden exemplarisch Forschungsmethoden zur Erfassung der Perspektive von jungen Kindern dargestellt, die sich mittels Unterstützter Kommunikation austauschen. Abschließend diskutiert der Beitrag Transfermöglichkeiten der Methodolgie und Methodik auf (weitere) Zielgruppen und Handlungsfelder der Sonderpädagogik. Inklusionsforschung meets Kindheitsforschung?! Goethe-Universität Frankfurt a.M. Nicht erst seit der Ratifizierung der UN-BRK 2009 ist die gemeinsame Beschulung von Schüler*innen mit und ohne sonderpädagogischem Förderbedarf Thema sonderpädagogischer Forschungsprogramme (Schnell, 2003). In den letzten Jahren ist weiterhin eine Konjunktur des Begriffs der Heterogenität und damit verbunden eine Verschiebung des Diskurses hinsichtlich der Adressat*innen sonder- und inklusionspädagogischen Handelns zu konstatieren (Koller et al., 2014). Mit den Einflüssen der rekonstruktiven Inklusionsforschung (Köpfer, 2021) und den Disability Studies in Education (Buchner et al., 2015) rücken Fragen nach Konstitutions- und Herstellungsprozessen von Differenz und Dis/ability bzw. Fähigkeitsordnungen sowie deren Grenzziehungen in das disziplinäre Blickfeld von Sonder- und Inklusionspädagogik (z.B. Blaha et al., 2024). Auch kindheitstheoretische Zugänge, wie beispielsweise Vorstellungen ‚guter Kindheit‘ (z‚B. ‚altersgemäße Entwicklung‘ oder ‚Bildungskindheit‘) und deren (Re-)Produktion (Betz et al., 2018; Kelle, 2009), eröffnen die Möglichkeit danach zu fragen, wie Fähigkeits- und Differenzordnungen mithilfe von Vorstellungen ‚guter Kindheit‘ und deren vermeintlichen Abweichungen hervorgebracht werden (Buchner & Pfahl, 2017). Der Einzelbeitrag zielt darauf ab, Schnittmengen und intradisziplinäre Potenziale zwischen einer differenztheoretisch ausgerichteten Inklusionsforschung und Kindheitsforschung auszuloten, um so Desiderate aufzuzeigen, die sich mithilfe dieses theoretischen Zugangs bearbeiten lassen. Beispielhaft soll dies anhand des theoretischen Zugangs eines ethnographischen Dissertationsprojektes geschehen, das die Frage in den Blick nimmt, welche sozialen Praktiken (Hintergrund-)Wissen über die Schüler*innen und deren Lebens- und Aufwachsbedingungen vor und zu Beginn des Eintritts in die Grundschule erzeugen und inwiefern so ‚backgroundbezogene‘ Differenzordnungen entstehen (Machold & Wienand, 2021). Seelische Gewalt als eine Form der Exklusion aus interdisziplinärer Perspektive beleuchten Goethe-Universität Frankfurt Seelische Gewalt von Lehrkräften gegenüber Schüler_innen findet beispielsweise statt, wenn diese Schüler_innen beleidigen oder bloßstellen (vgl. Prengel 2009). In der Praxis zeigt sich jedoch, dass es häufig unklar ist, welche Handlungen unter das Phänomen der „seelischen Gewalt“ fallen (vgl. Piezunka 2023). Um im Rahmen des Beitrags herauszuarbeiten, welche Herausforderungen die theoretische Bestimmung von „seelischer Gewalt“ birgt, bietet sich eine interdisziplinäre Perspektive an. Neben der Sonderpädagogik/Disability Studies (z.B. Maskos 2015) werden auch rechtswissenschaftliche Überlegungen (z.B. Scherr 2023), schulpädagogische Arbeiten (z.B. Heinzel 2014) sowie soziologische Arbeiten zu Diskriminierung/ Gewalt (vgl. El-Mafaalani 2017, Vorobej 2019) herangezogen, um drei Dimensionen von seelischer Gewalt in den Blick zu nehmen: 1) Deutungshoheit; 2) Formen 3) Relevanz von Differenzkategorien. Zur Illustration dienen Auswertungen von Interviews mit Lehrkräften und Kindern, die mithilfe des integrativen Basisverfahrens nach Kruse (2014) analysiert wurden. Bei der ersten Dimension geht es etwa um die Frage, wer in pädagogischen Settings die Deutungshoheit darüber hat, ob eine Handlung eine Form von seelischer Gewalt darstellt. Während ausgehend von dem Slogan „Nicht ohne uns, über uns“ argumentiert werden kann, dass die Deutungshoheit bei den betroffenen Schüler_innen liegt, ist diese Argumentation in der konkreten Rechtspraxis nur begrenzt haltbar. Zugleich legen Arbeiten zu Diskriminierung nahe, dass es auch stark variieren kann, inwiefern betroffene Schüler_innen artikulieren, dass ihnen eine Grenzüberschreitung widerfahren ist. Eine interdisziplinäre Perspektive bietet das Potenzial, die Komplexität des Phänomens sichtbar zu machen, wobei hier zu berücksichtigen ist, dass eine trennscharfe Unterscheidung zwischen einzelnen Disziplinen nicht möglich ist, bzw. auch innerhalb der einzelnen Disziplinen unterschiedliche Positionierungen existieren. |
14:00 - 15:30 | Di3.3: Symposium Ort: EF 50 Raum 4.321 Chair der Sitzung: Carina Hübner, C. v. O. Universität Oldenburg Zum unklaren Verständnis von inklusiver Berufsorientierung im Kontext von interdisziplinärer Kooperation und Forschung |
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Zum unklaren Verständnis von inklusiver Berufsorientierung im Kontext von interdisziplinärer Kooperation und Forschung Symposium zum Themenfokus 1: Intra- oder interdisziplinäre Forschung Abstract Seit Unterzeichnung der UN-BRK befinden wir uns auch im Bildungssystem in einem Prozess der Transformation hin zu einer inklusiven Gesellschaft. Eine bedeutsame Rolle in der Vorbereitung der Jugendlichen auf die Ausbildungsplatzsuche und die Berufswelt spielt die (inklusive) schulische Berufsorientierung - sie gilt als entscheidende Voraussetzung für den erfolgreichen Übergang ins Beschäftigungssystem. Hochprofessionelle, interdisziplinäre Teams beraten und begleiten die Jugendlichen. Trotz rechtlicher Vorgaben und der Bedeutung der Berufsorientierung als Entwicklungsaufgabe (KMK 2017) ist die Umsetzung inklusiver Berufsorientierung in Schulen und damit auch manche Zuständigkeit unklar. Die interdisziplinäre Arbeitsgruppe befasst sich mit der Begriffsdefinition von inklusiver Berufsorientierung, den Berufsorientierungsprogrammen des Bildungssystems und dem Berufsorientierungsprozess junger Menschen. Beiträge des Symposiums Inklusive Berufsorientierung – zur Präzisierung eines unklaren Begriffs Bezogen auf den Terminus der inklusiven Berufsorientierung ist eine zweifache Unschärfe im Umgang mit dem Inklusionsbegriff in der beruflichen Bildung zu konstatieren: Einerseits ist es nicht vollständig klar, ob Inklusion oder Integration gemeint ist, andererseits bezieht sich das entsprechende Bemühen vorrangig auf Menschen mit Behinderung. Noch problematischer wird der Inklusionsbegriff, wenn man ihn mit Berufsorientierung verbindet. Um in diesem Gemenge definitorischer Unschärfen einen Ansatzpunkt für die Arbeit an einem inklusiven Berufsbildungssystem zu schaffen, wird eine Definition des Begriffs der inklusiven Berufsorientierung vorgeschlagen und diskutiert. Webseitenbasierte Informationen von Ministerien im Bildungsbereich zu (inklusiven) Betriebspraktika - Ergebnisse einer strukturierten Webseitenrecherche Bundesweit müssen Schulen der Sekundarstufen in interdisziplinären Teams Konzepte zur Berufsorientierung entwickeln und umsetzen, wozu länderspezifische Vorgaben benötigt werden. Dazu stellen Bildungsministerien Informationen auf Webseiten bereit. In der Bildungswissenschaft findet sich dazu bisher kaum Forschung. Der Beitrag stellt Ergebnisse einer strukturierten Recherche auf ministeriellen Webseiten zu Informationen über schulbezogene (inklusive) Betriebspraktika, als Kern von Berufsorientierung, vor. Die Ergebnisse zeigen, dass die bereitgestellten Informationen in allen Bundesländern deutliche Mängel aufweisen. Zu vermuten ist, dass die Thematik bundesweit noch zu wenig bearbeitet ist. Die pädagogische Begleitung von Schüler:innen im Schwerpunkt LERNEN in ihrer beruflichen Orientierung Im Kontext der schulischen Berufsorientierung werden unterschiedliche Angebote offeriert, die der pädagogischen Begleitung bedürfen. Befunde zeigen, dass gerade die Praktika auch für ehemaliger Schüler:innen im sonderpädagogischen Schwerpunkt LERNEN von hoher Relevanz für die Berufsorientierung gewesen sind. Unklar ist, wie sich die Begleitung der Lehrkräfte aus verschiedenen Schulsystemen (Förder- und Berufsschulen) aus der Perspektive der ehemaligen Förderschüler:innen darstellt. Daher wurde in einer qualitativen Vertiefungsstudie ehemalige Schüler:innen (n = 14) zu ihren Erfahrungen mit den verschiedenen Lehrkräften befragt. Im Vortrag werden die Ergebnisse über die Beziehungsgestaltung und Unterstützung der unterschiedlichen Lehrkräfte aus der Perspektive der ehemaligen Schüler:innen präsentiert. |
14:00 - 15:30 | Di3.4: Diskussionsforum Ort: EF 50 Raum 4.220 Chair der Sitzung: Anja Hackbarth, Universität Bielefeld Chair der Sitzung: Julia Gasterstädt, Universität Kassel Aufarbeitung des Umgangs mit sexualisierter Gewalt in der Sektion Sonderpädagogik |
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Aufarbeitung des Umgangs mit sexualisierter Gewalt in der Sektion Sonderpädagogik 1Universität Bielefeld; 2Universität Kassel; 3Universität Würzburg Die immensen Beschämungen, brutalen Verletzungen und das Ausgeliefertsein von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen durch sexualisierte Gewalt in den Familien, in (außer-)schulischen Institutionen, (außer-)kirchlichen Einrichtungen, der stationären Jugendhilfe, in Sportvereinen, Wohn- und Pflegeheimen (um nur einige Orte zu nennen), betrifft insbesondere auch Menschen mit Behinderungen und Beeinträchtigungen. Sie sind durch Faktoren wie die Angewiesenheit auf Pflege, Fürsorge und Unterstützung, eingeschränkte Sprech- und Sprachfähigkeiten, aber auch (paternalistische) organisationale und professionelle Routinen und Praktiken und gesellschaftlich als auch institutionell manifestierte Abhängigkeitsverhältnisse im Besonderen gefährdet, Gewalt, Übergriffigkeit und Ausbeutung ausgeliefert zu sein. Das Diskussionsforum strebt eine Sensibilisierung für dieses Themenfeld und Schritte der Institutionalisierung des Prozesses der Aufarbeitung des Umgangs mit sexualisierter Gewalt im Kontext der DGfE Sektion Sonderpädagogik an. Als Unterstützerinnen für dieses Vorhaben haben wir Professorin Dr. Kavemann von der Unabhängigen Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs und Sonja Gerth vom Büro der Kommission eingeladen. Wir wollen mit ihnen über Strukturen der Aufarbeitung und die Bedeutung von Aufarbeitung für Prävention und Intervention ins Gespräch zu kommen. Dafür soll auch die Arbeit des Betroffenenrats der Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs vorgestellt werden. Wir freuen uns über eine rege Beteiligung an diesem Diskussionsforum, um für dieses wichtige Thema zu sensibilisieren und im weiteren Prozess gemeinsam über Möglichkeiten der Aufarbeitung des Umgangs mit sexualisierter Gewalt innerhalb der Fachdisziplin nachzudenken. |
14:00 - 15:30 | Di3.5: Diskussionsforum Ort: EF 50 Raum 5.418 Chair der Sitzung: Sina Schürer, Universität Münster Schulformempfehlung nach dem Gemeinsamen Lernen – Rechtliche, normative und pädagogische Anforderungen im Konflikt? |
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Schulformempfehlung nach dem Gemeinsamen Lernen – Rechtliche, normative und pädagogische Anforderungen im Konflikt? 1Universität Münster; 2Universität zu Köln In Deutschland wechseln jährlich ca. 20.000 Schüler*innen mit sonderpädagogischem Förderbedarf (SPF) von allgemeinen Grundschulen an weiterführende Schulen. Bei der Entscheidung über die weitere Beschulung haben die Eltern in fast allen deutschen Bundesländern ein schulgesetzlich verankertes Recht zur Wahl zwischen Regel- vs. Förderschule, wenn auch nicht der Einzelschule (Steinmetz et al. 2021, AO-SF NRW 2022 § 17). Diese Wahl ist bedeutsam und hat für die Schüler*innen weitreichende Konsequenzen (z. B. unterschiedliche Berufschancen, Klemm, 2010). Welche Rolle spielen Lehrkräfte bei dieser Entscheidung? Eltern und Schüler*innen sollen „in allen grundsätzlichen und wichtigen Schulangelegenheiten“ beraten werden (SchulG NRW 2022 § 44). Eine solche Angelegenheit ist auch die Schulformwahl (SchulG NRW 2022 § 11; AO-GS NRW 2022 § 8). Dabei befinden sich Lehrkräfte in einem Dilemma. Aus rechtlicher Sicht ist vorgesehen, dass Kinder mit SPF in der Regel in der allgemeinen Schule beschult werden (SchulG NRW 2022 § 20, UN-BRK 2008, übers. 2018). Eine Beschulung in der Förderschule soll nur in Ausnahmefällen erfolgen (Steinmetz et al. 2021). Damit verbietet sich für die meisten Kinder mit SPF eine Empfehlung der Förderschule. Gleichzeitig bestehen weiterhin Förderschulen und bieten ein spezialisiertes Angebot für diese Kinder, während allgemeine Schulen für sonderpädagogische Förderung nicht hinreichend ausgestattet sind (Steinmetz et al. 2021). Bei ihrer Beratungsaufgabe sind Lehrkräfte also gehalten, eine gesetzliche Vorgabe zu erfüllen, deren Prämissen in der Praxis nicht gegeben sind. In unserem Diskussionsforum möchten wir uns mit Ihnen und Prof. Dr. Gino Casale (Universität Wuppertal) und Anna Maria Kannen (Schulamtsdirektorin & Lehrerin im Gemeinsamen Lernen i.R., mittendrin e.V.) über diese Dilemmasituation austauschen, die für Lehrkräfte einen Widerstreit zwischen rechtlichen, regionalen, schulpolitischen und pädagogischen Aspekten darstellt. |
15:30 - 16:00 | Pause |
16:00 - 18:00 | Podiumsdiskussion: Wie geht gute Schule für alle Schüler*innen? Ort: EF 50 Hörsaal 1 |
19:00 - 23:00 | Gesellschaftsabend Ort: Bürgerhaus |
Datum: Mittwoch, 25.09.2024 | |
9:00 - 10:30 | Mi1.1: Einzelbeiträge Ort: EF 50 Raum 5.417 |
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Ableismus und Leistung in der Schule. Vorschläge für eine theoretische Relationierung Institut für Sonderpädagogik, Goethe-Universität Frankfurt am Main Ableismussensible Zugänge haben sich im deutschsprachigen Raum inzwischen als eine kritische analytische Perspektive auf die Konstruktion und Bearbeitung von ‚Behinderung‘ im schulischen Kontext entwickelt, die auch dazu genutzt wird, um „das Klassifikationsschema des Sonderpädagogischen Förderbedarfs“ (Buchner, 2022, S. 207) zu dechiffrieren (vgl. auch Pfahl, 2011; Weisser, 2018). Auch wenn die Bezüge auf die Figur des Ableismus durchaus unterschiedlich gelagert sind, wird dabei doch übergeordnet die Tendenz deutlich, dass ableismuskritische Perspektiven auch Konstruktionen von Leistung in der Schule problematisieren und diese zum Teil sogar in unmittelbaren Zusammenhang zu „ableistische[n] Subjektivierungen“ (Akbaba & Bräu, 2019, S. 181) stellen (vgl. auch Boger, 2022, S. 123; Buchner, 2018, S. 68). Trotz dieses Konsenses liegt bisher keine explizite theoretische Beschreibung zur Relationierung von Ableismus und Leistung in der Schule vor. Der gleiche Befund trifft auch für den englischsprachigen Forschungsraum zu. Hier sind ableismuskritische Bezüge bereits länger etabliert (vgl. Campbell, 2001; Wolbring, 2008) und analog zur Perspektive auf institutionellen Rassismus wird Ableismus auch als institutionalisiertes Differenzsystem im schulischen Kontext untersucht (vgl. Beratan, 2012). Dabei wird der Zusammenhang von Ableismus und Leistung schon seit einigen Jahren thematisiert (vgl. Peters & Oliver, 2009; Hale, 2015; Kangas, 2021), doch eine genaue theoretische Relationierung wird auch hier nicht formuliert. Der Beitrag setzt an dieser Leerstelle an und entwickelt auf der Basis des internationalen Diskussionsstandes sowie empirischer Ergebnisse aus dem vom BMBF geförderten Projekt „Reflexion, Leistung und Inklusion. Professionalisierungserfordernisse für einen reflexiven Umgang mit Leistung in der inklusiven Sekundarstufe (ReLInk, Laufzeit 2017 bis 2021)“ (vgl. zusammenfassend Arndt et al., 2022) einen entsprechenden Vorschlag. Adaptives Verhalten – ein psychologisches Konstrukt und seine Bedeutung für die Sonderpädagogik Universität Regensburg Adaptives Verhalten wird als Sammlung von Verhaltensweisen verstanden, die erlernt wurden und für das alltägliche Leben nötig sind. Sie umfassen konzeptuelle Fähigkeiten, z.B. das Beherrschen der Kulturtechniken, soziale Fähigkeiten, wie dem Aufbau und der Pflege von Beziehungen und praktische Fähigkeiten, beispielsweise der Selbstversorgung. Adaptives Verhalten spielt im Zuge der Novellierung der psychologisch-medizinischen Klassifikationen DSM-5 und ICD-11 eine zentrale Rolle bei der Diagnose einer intellektuellen Beeinträchtigung. Neben „Defizite[n] in intellektuellen Funktionen“ sind „Defizite in der Anpassungsfähigkeit“ (DSM-5, S. 43) gleichberechtige Diagnosekriterien. Auch die aktuellen Empfehlungen der Kultusministerkonferenz zur schulischen Bildung, Beratung und Unterstützung von Kindern und Jugendlichen im sonderpädagogischen Schwerpunkt Geistige Entwicklung (2021) fordern die Diagnostik „adaptive[r] Fähigkeiten und Fertigkeiten“ (S. 18) zur Erfassung des sonderpädagogischen Unterstützungsbedarfs. Die adaptiven Fähigkeiten der betreffenden Schülerinnen und Schüler sollten gemäß der in den psychologisch-medizinischen Klassifikationen angelegten Kriterien im weit unterdurchschnittlichen Bereich angesiedelt sein. Die Forschungslage in deutschsprachigen Ländern ist hier noch unbefriedigend. Das Forschungsprojekt Adaptive Kompetenzen bei geistiger Behinderung (AKo) verfolgt die Erhebung und Beschreibung der adaptiven Fähigkeiten der Schülerinnen und Schülern an Förderzentren mit dem Förderschwerpunkt geistige Entwicklung. Dazu wurden die adaptiven Kompetenzen in einem Querschnitt-Design mittels des Vineland-3 durch Lehrkräfte als Vollerhebung im Regierungsbezirk Niederbayern eingeschätzt (Frühjahr 2023). Ziel dieses Vorhabens ist die differenzierte Beschreibung des adaptiven Funktionsniveaus. Im Einzelbeitrag werden erste Ergebnisse der Auswertung vorgestellt, mit Fokus auf die Veränderung des Gesamtwerts Adaptiven Verhaltens über die Schullaufbahn hinweg. Optimieren durch fördern? Ambivalenzen in der Verschränkung berufs-, schul- und sonderpädagogischer Logiken in Potenzialanalysen an Sekundarschulen Leibniz Universität Hannover Seit einigen Jahren startet die systematische Berufsorientierung an Sekundarschulen in nahezu allen Bundesländern mit sogenannten Potenzial- bzw. Kompetenzanalysen in Jahrgang 7 oder 8 an allgemeinbildenden Schulen. Die an Assessment-Center der Personalauswahl angelehnten Verfahren sollen einen alternativen Blick auf Jugendliche eröffnen und Potenziale jenseits schulischer Leistung sichtbar machen. Ein pro Schüler*in individuell hervorgebrachtes Kompetenzprofil soll als Ausgangpunkt der weiteren beruflichen Orientierung und deren pädagogischer Begleitung im schulischen Kontext fungieren. Die bildungspolitische Zielsetzung der Potenzial- bzw. Kompetenzanalysen geht mit Ambivalenzen einher, die auch für sonderpädagogische Förderung konstitutiv sind: Während die Verfahren einerseits von schulischer Leistungsbewertung abgegrenzt und, vergleichbar mit sonderpädagogischer Förderdiagnostik, als konsequent ressourcenorientiert skizziert werden, dienen sie zugleich dazu, potenzielle Defizite in der sogenannten Ausbildungsreife frühzeitig zu identifizieren, um sie mittels individueller Förderung zu beheben. Der auf einem aktuell laufenden DFG-Projekt fußende Beitrag beleuchtet auf Basis ethnografischer Analysen, wie das beschriebene Spannungsfeld der Potenzial- bzw. Kompetenzanalysen in der Praxis der Berufsorientierung an Einzelschulen zum Ausdruck kommt und pädagogisch bearbeitet wird. Hierzu wird das bildungspolitisch als bedeutsam erachtete Rückmeldegespräch in den Blick genommen, in dessen Verlauf ein individueller, mit Förderplänen vergleichbarer, Entwicklungsplan generiert wird. An exemplarischen Gesprächen werden spezifische Förderlogiken rekonstruiert, in denen Elemente von Lernentwicklungs- und Personalentwicklungsgesprächen miteinander verschmelzen. |
9:00 - 10:30 | Mi1.2: Einzelbeiträge Ort: EF 50 Raum 5.418 |
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Soziale und personale Einflussfaktoren auf Einstellungen der Allgemeinbevölkerung zur schulischen Inklusion Pädagogische Hochschule Ludwigsburg Einstellungen zur schulischen Inklusion werden national wie international viel beforscht. Die Studien fokussieren meist direkt involvierte Akteur*innen der schulischen Inklusion, nämlich (angehende) Lehrkräfte, Eltern und Schüler*innen, und bewegen sich damit stark innerhalb der pädagogischen Disziplin(en). Es gibt bislang nur wenige Studien, die anstelle dieser Zielgruppe die Einstellungen in der Allgemeinbevölkerung betrachten und dabei auf interdisziplinäre Zugänge setzen. Einstellungen in der Allgemeinbevölkerung können Aufschluss darüber geben, inwieweit politische Entscheidungen zur Förderung oder Einschränkung inklusiver Praktiken akzeptiert werden und ob sich möglicherweise gesellschaftliche Veränderungen abzeichnen (Burge et al., 2008; Jury et al., 2021; Tempel, 2022). Es kann angenommen werden, dass positive Einstellungen in der Bevölkerung die Entwicklung von einem separierenden hin zu einem inklusiven Schulsystem bzw. die Akzeptanz und damit den Erfolg solcher Entwicklungen unterstützen. Deshalb sind nicht nur die Einstellungen selbst von Interesse, sondern auch Faktoren, die Varianz in den Einstellungen der Allgemeinbevölkerung aufklären. Insbesondere gilt es, Einflüsse zu identifizieren, die nicht im schulischen Kontext, sondern in der Gesellschaft zu verorten sind und den Weg in ein inklusives Bildungssystem behindern. Ausgehend vom nationalen und internationalen Forschungsstand werden erste Ergebnisse einer eigenen Erhebung präsentiert. In einem methodisch interdisziplinär verorteten Vorhaben wurden Erhebungsinstrumente aus der sonder- und inklusionspädagogischen Einstellungsforschung mit Items aus der politik- und sozialwissenschaftlichen Forschung kombiniert, um Wechselwirkungen zwischen gesellschaftlichen Bedingungen und schulbezogenen Einstellungen analysieren zu können. Entwicklung und Evaluation eines Kurzfragebogens zur Erfassung der Einstellung zu Kindern mit Lernstörungen TU Dortmund Hintergrund. In ihrer pädagogischen Praxis haben Lehrkräfte regelmäßig mit Kindern mit Lernstörungen (z.B. Rechen- und Lesestörungen; KmL) umzugehen. Die Einstellung zu KmL sowie das Wissen über Lernstörungen können das pädagogische Handeln prägen und so die Entwicklung von Kindern beeinflussen. Quereinsteiger:innen ins Lehramt weisen oft hohe fachliche Kompetenzen auf, wurden aber im Studium meistens nicht pädagogisch ausgebildet. Fragestellung & Zielsetzung. Inwiefern gibt es einen Zusammenhang zwischen Einstellung zu KmL, Wissen über Lernstörungen und Studienfach (Pädagogische Studienfächer vs. MINT-Studienfächer)? Zur Beantwortung dieser Frage wurde theoriebasiert ein Fragebogen zur Erfassung der Einstellung zu KmL entwickelt (31 Items), der Einstellungen auf drei Ebenen erfassen soll: kognitiv, affektiv, behavioral. Methode. Die Stichprobe (n=846) wurde zufällig in 2 Teilstichproben aufgeteilt. Eine Teilstichprobe wurde für eine explorative Faktorenanalyse (EF) verwendet, die andere Teilstichprobe wurde für eine konfirmatorische Faktorenanalyse (KF) genutzt. Mit einer Mixtur-Modell-Analyse sowie Gruppenvergleichen (z.B. t-Tests) wurde explorativ überprüft, ob Studierendengruppen bestehen, die sich bezüglich ihrer Einstellung/ ihres Wissens unterscheiden. Ergebnisse. Die EF führte zu einem Kurzfragebogen mit neun Items: Die resultierende 3-Faktorenstruktur spiegelt die theoretisch angenommene Skalenstruktur (kognitiv, affektiv, behavioral) wider. Die Qualität des Kurzfragebogens ist als gut zu bewerten (Kennwerte der KF: CFI: .98, TLI: .97, RMSEA: .05, SRMR: .03). Studierende in pädagogischen Studiengängen weisen im Vergleich zu Studierenden in MINT-Studiengängen tendenziell eine positivere Einstellung gegenüber KmL sowie mehr Wissen über Lernstörungen auf. Diskussion & Implikationen für Theorie/ Praxis. Mit dem Kurzfragebogen kann die Einstellung zu KmL systematisch und effizient erfasst werden. Anhaltspunkte für Fortbildungsbedarf könnten so identifiziert werden. "Du hast gar nicht gefragt, ob du rein darfst" - (Sonder-)pädagogische Interaktionsprozesse zwischen Partizipation und Restriktion 1Universität Hamburg; 2Leuphana Universität Lüneburg Der Vortrag bezieht sich auf zwei ethnografische Studien, die Interaktionen in unterschiedlichen (sonder-)pädagogischen Feldern erforschen: Das laufende Promotionsprojekt von Birnbacher untersucht Unterstützungs- und Aushandlungsprozesse im Kontext von komplexer Behinderung in institutionalisierten Wohnangeboten. Im Rahmen der abgeschlossenen Dissertation von Meyn wurden Klassenräte inklusiver Grundschulklassen beobachtet und im Hinblick auf die Partizipationschancen von Schüler:innen (mit/ohne Behinderung) analysiert. Der Vortrag führt die Ergebnisse der jeweiligen Studien zusammen und rückt die Interaktionsregeln beider Felder in den Fokus. Wenngleich schulische und außerschulische Bereiche innerhalb der Sonderpädagogik (intradisziplinär) bislang meist getrennt betrachtet werden, zeigen sich starke Überschneidungen. Besonders deutlich wird dies am Beispiel von interaktiv wirksam werdenden Restriktionen, die die Partizipationsmöglichkeiten der Adressat:innen - entgegen der pädagogischen Intention - einschränken. Sie bewegen sich im Spannungsfeld zwischen ‚erforderlicher‘ Regulation und Überreglementierung. Feldübergreifend lässt sich dies anhand von Essenssituationen veranschaulichen, die in den Wohnangeboten alltagsprägend sind und in den Klassenräten als Sanktionsspiralen (erneut) auf die "Vorderbühne" (Goffman 1969) geraten können. Ein methodischer Vorteil der Ethnografie - gerade in sonderpädagogischen Feldern - liegt darin, nicht-lautsprachliche Interaktionen mittels Beobachtung versprachlichen zu können (vgl. Hirschauer 2001). Dies ermöglicht Zugänge zu Bereichen, deren Akteur:innen oftmals von den Methoden qualitativer Sozialforschung ausgeschlossen sind. Gleichzeitig werden in den beobachteten Feldern nicht nur spezifisch sonder-, sondern auch allgemeinpädagogische Ordnungen mit ihren impliziten Regeln sichtbar. Somit wirkt die Fokussierung auf Behinderung hier wie ein Brennglas für pädagogische Fragestellungen und eröffnet interdisziplinäre Anschlusspunkte. |
9:00 - 10:30 | Mi1.3: Einzelbeiträge Ort: EF 50 Raum 4.220 |
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Sonderpädagogik und Inklusive Didaktik: Eine Relationierung im Spiegel empirischer Arbeiten Universität Münster Die Inklusive Didaktik wird seit Jahrzehnten im deutschsprachigen Raum mit Blick auf ihre Inhalte und Bezugsdisziplinen unterschiedlich diskutiert (z.B. Frohn et al. 2019, Reich 2014, Markowetz 2012), auch im internationalen Feld gilt sie als leerer Signifikant für eine Vielzahl möglicher Definitionen (vgl. Gidlund & Boström 2017, S. 90). Während die Inklusive Didaktik in der Vergangenheit häufig zur allgemeinen Didaktik systematisch in Beziehung gesetzt (z.B. Korff & Porsch 2023, Kullmann et al. 2014) und die sonderpädagogische Professionalität im allgemeinen Feld der Inklusion diskutiert wurde (z.B. Grummt 2019), erfolgt die gegenseitige Relationierung eher anhand allgemeiner Beschreibungen, etwa in der Bezugnahme Inklusiver Didaktik auf „grundlegende Gedanken aus der Sonderpädagogik“ (Luder et al. 2021, S. 385). In diesem Beitrag wird daher mithilfe eines systematischen Reviews untersucht, welches Verhältnis zwischen Inklusiver Didaktik und Sonderpädagogik anhand der empirischen Studienlage zum Thema skizziert werden kann. Für das Review wurden empirische Studien aus den Zeitschriften Empirische Sonderpädagogik, Zeitschrift für Inklusion, Zeitschrift für Erziehungswissenschaft und Zeitschrift für Pädagogik (N = 938) im Zeitraum 2009-2023 anhand kooperativ erstellter Kriterien (u.a. K-12-Setting, Unterrichtsbezug, vollständiges didaktisches Dreieck) mithilfe des PRISMA-Verfahrens (Page et al. 2020) zunächst anhand von Titel und Abstract als passend identifiziert (n = 162). Anschließend wurden die Beiträge durch eine entsprechende Volltextanalyse in das Review aufgenommen (n = 26). Während ein Ziel des Reviews in der Ausdifferenzierung der empirischen Dimensionen Inklusiver Didaktik liegt, wird das Material in diesem Beitrag für eine Verhältnisbestimmung Inklusiver Didaktik und Sonderpädagogik genutzt, die auch die disziplinären Konturen der – empirisch orientierten – Sonderpädagogik zu analysieren helfen soll. Inszenierung(en) (sonder-)pädagogischen Handelns im gegenwärtigen Spielfilm – Bilder über Disziplin und Profession der Sonderpädagogik Humboldt- Universität zu Berlin Im Diskurs um die Verortung, Konstituierung und Identität der Sonderpädagogik in Theorie und Praxis spielt eine von Disziplin und Profession getragene Selbstbeobachtung (Luhmann 2002) und –reflexion (Moser 2003) eine zentrale Rolle. Neben diesen (interioren) (Selbst-) Entwürfen ist u.E. für das Tagungsthema ebenso relevant, wie Disziplin und Profession der Sonderpädagogik „exterior und partiell […im Sinne eines] (Fremd-)Konstruieren[s] über Lehrer*innen, Lehrberuf, Lehren oder Schule“ (Matthes und Pallesen 2022, S. 11) imaginiert werden. Ein Feld, in dem sich solche Fremdkonstruktionen (und –imaginationen) finden, sind Medien und Popkultur sowie – für diesen Beitrag von besonderem Interesse – narrativ-fiktionale Medienproduktionen wie Spielfilme. Die dort rekonstruierbaren Inszenierungen (sonder-)pädagogischen Handelns unterscheiden sich einerseits von besagten Selbstentwürfen (ebd.). Anderseits sind sie öffentlich sinnkonstituierend und wirken so wiederum auf Selbstentwürfe und mentale Bilder Professioneller und disziplinärer Beobachter*innen (zurück) (Bohnsack 2017). Es stellt sich daher die Frage, welche materialen Bilder (sonder-)pädagogischen Handelns wie inszeniert und über Disziplin und Profession dadurch (re-)produziert werden. In unserem Beitrag beobachten wir die Inszenierung der Differenzlinie disability sowie den (sonder-)pädagogischen Umgang damit. Es zeigt sich, dass – durchaus abhängig von jenen Bildern, die über Behinderung gezeichnet werden – (sonder-)pädagogische Professionelle sowohl als Mentor*innen (Geimer und Capovilla 2022) entworfen, teilweise als selbstlose Retter*innen überhöht, bisweilen aber auch als Antagonist*innen oder Ohnmächtige inszeniert werden. Barrierefreie OER-Materialien für die inklusionsorientierte Lehre gemeinsam erstellen – Befunde aus dem Projekt BInQ-Bio 1Universität zu Köln; 2Universität Bielefeld; 3Universität Münster Inklusion und Barrierefreiheit sind seit Jahren ein zentrales Thema in der Lehrkräfteausbildung (Fränkel et al., 2023). So müssen bis 2025 inklusive Anteile in den fachdidaktischen Studiengängen verankert und umgesetzt werden (KMK & HRK, 2015). Für den inklusiven Biologieunterricht bedeutet dies u.a. eine Verzahnung sonderpädagogischer, inklusiver und biologiedidaktischer Aspekte. Dafür wurden in den letzten Jahren bereits spezifische fachdidaktische Ansätze erarbeitet (siehe als Überblick Großmann et al., 2022), aber noch nicht systematisch in die universitäre Lehre implementiert. Das Projekt „BInQ-Bio“ hat sich daher zum Ziel gesetzt, das Thema Inklusion und damit Bildungsgerechtigkeit im Biologiestudium aller Lehrämter flächendeckend(er) zu integrieren. Im Rahmen der Förderung des MKW NRW (2023 – 2025) werden an den Universitäten Bielefeld, Münster und zu Köln interdisziplinär digitalgestützte Open Educational Resources (OER) entwickelt. Diese können flexibel im Sinne eines modularen Baukastensystems genutzt werden und so die biologiedidaktischen Lehrinhalte erweitern, um Lehramtsstudierende im Hinblick auf Inklusion zu sensibilisieren und zu unterstützen (Fränkel et al., angenommen). Gleichzeitig können die fachspezifischen Lernbausteine die bereits vorhandenen sonderpädagogischen sowie bildungswissenschaftlichen Studieninhalte im Bereich Inklusion ergänzen. Die sechs Lernbausteine werden in Zusammenarbeit mit u.a. Sonderpädagog*innen, Fachwissenschaftler*innen, Fachdidaktiker*innen, Studierenden und Lehrkräften adaptiv und barrierefrei aufbereitet (z.B. durch Untertitelung oder Gebärdensprache), wodurch die Diversität der Studierenden berücksichtigt wird. In diesem Vortrag wird am Beispiel entwickelter Lerneinheiten und erster Evaluationsergebnisse ein Überblick über das Projekt sowie dessen Konzeption gegeben. Damit leistet er einen Beitrag zur Diskussion über die Gestaltung von Materialien (digitale Barrierefreiheit, OER, etc.) für die universitäre Lehre. |
9:00 - 10:30 | Mi1.4: Symposium Ort: EF 50 Raum 4.321 Chair der Sitzung: Xiaokang Sun, Leibniz Universität Hannover Interdisziplinäre Zusammenarbeit im Fokus innovativer Lehrprojekte |
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Interdisziplinäre Zusammenarbeit im Fokus innovativer Lehrprojekte Im Rahmen der Lehrkräftebildung bietet die Kooperation mit Schulen das Potenzial, Erfahrungsräume für interdisziplinäre schulische Teamarbeit zu schaffen. Lehramtsstudierenden wird darin ermöglicht, sich mit Chancen und Herausforderungen der Teamarbeit auseinanderzusetzen und über eigene Rollenverständnisse als angehende Lehrkräfte in interdisziplinären Teams zu reflektieren. Im Symposium werden dieses Anliegen und dessen Bearbeitung mittels zweier innovativer Lehrprojekte diskutiert. Beiträge des Symposiums Kooperation mit Schulen zur Entwicklung und Durchführung interdisziplinärer Seminare im Rahmen des Projektes ,Schulische Teamarbeit lernen‘ In inklusionsorientierten Schulen wird die Zusammenarbeit pädagogischer Klassenteams notwendig, zu denen meist Regelschul- und sonderpädagogische Lehrkräfte gehören (Arndt & Werning, 2016, Lütje-Klose & Urban, 2014), die z.T. auch Schulassistenzkräfte einbinden sollen (Lindmeier & Ehrenberg, 2022). Aspekte der Teamarbeit müssen kommuniziert und geklärt werden, was Übung und Professionalisierungsprozesse erfordert (Sun et al., 2022, 2020). Das Projekt ,Schulische Teamarbeit lernen‘, welches von der Stiftung Innovation in der Hochschullehre gefördert wird (2024-2026), nimmt diese Herausforderung an, indem zwei interdisziplinäre Seminare für Regelschul- und Sonderpädagogik-Lehramtsstudierende konzipiert und durchgeführt werden. Die Studierenden erleben, analysieren und reflektieren schulische Teamprozesse während Schulhospitationen und in universitären Seminaren. Diese werden durch wissenschaftliche Mitarbeitende und Lehrkräfte in Form von Teamteaching geleitet, zudem wirken schulische Akteur*innen an der Erstellung von Lehrfilmen mit. Im Vortrag werden die Seminar- und Lehrfilmkonzepte vorgestellt und Thesen zu deren Relevanz in der Lehrkräftebildung zur Vorbereitung auf interdisziplinäre schulische Teamarbeit diskutiert. Literatur: Arndt, A.-K. & Werning, R. (2016). Unterrichtsbezogene Kooperation von Regelschullehrkräften und Sonderpädagog/innen im Kontext inklusiver Schulentwicklung. Implikationen für die Professionalisierung. In V. Moser & B. Lütje-Klose (Hrsg.), Schulische Inklusion (S. 160–174). Weinheim; Basel: Beltz Juventa. Lindmeier, B., & Ehrenberg, K. (2022). "In manchen Momenten wünsche ich mir auch, dass sie gar nicht da sind.": Schulassistenz aus der Perspektive von Mitschülerinnen und Mitschülern. In M. Laubner, B. Lindmeier, & A. Lübeck (Hrsg.), Schulbegleitung in der inklusiven Schule: Grundlagen und Praxis (3. Aufl., S. 140-152). (Pädagogik). Beltz Verlagsgruppe. Lütje-Klose, B. & Urban, M. (2014). Professionelle Kooperation als wesentliche Bedingung inklusiver Schul- und Unterrichtsentwicklung. Teil 2 – Forschungsergebnisse zu intra- und interprofessioneller Kooperation. Vierteljahresschrift für Heilpädagogik und ihre Nachbargebiete, 4, 283–294. Sun, X., Lindmeier, B., & Lindmeier, C. (2020). Kooperation von Lehramtsstudierenden bei der gemeinsamen Diagnose im Naturwissenschaftlichen Unterricht. In M. Grosche, J. Decristan, K. Urton , N. C. Jansen, G. Bruns, & B. Ehl (Hrsg.), Sonderpädagogik und Bildungsforschung : Fremde Schwestern? (S. 219–224). Klinkhardt. Sun, X., Lindmeier. B., Lindmeier, C. & Seremet, V. (2022). Kooperation von Sonderpädagogik und Regelschullehramtsstudierenden zur Entwicklung der Lernmaterialien für inklusiven naturwissenschaftlichen Unterricht. In S. Fränkel, M. Grünke, T. Hennemann, D. C. Hövel, C. Melzer, & K. Ziemen (Hrsg.), Teilhabe in allen Lebensbereichen? Ein Blick zurück und nach vorn (S. 117-121). Verlag Julius Klinkhardt. Bildung anders denken – verschiedene Akteur*innen in einem interdisziplinären Lehr-Lern-Projekt Das verstetigte Projekt ‚So geht inklusiv‘, das eingebunden ist in die reguläre Lehre im M.Ed. Sonderpädagogik, nimmt inklusive Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) in den Blick. BNE steht für eine neue Lernkultur (Fischer & Holthoff, 2023), die ein ganzheitliches Lernen im Rahmen von Nachhaltigkeitsthemen und eine Mitgestaltung aller Lernenden ermöglicht. Bezugnehmend auf das entsprechende Bildungsverständnis gelten die Schüler*innen dabei nicht lediglich als Adressat*innen, sondern werden als Akteur*innen in Bildungsprozessen (Eder & Paseka, 2021) anerkannt, die diese mitgestalten. Damit verbunden ist eine Neuordnung etablierter Rollenverständnisse, die auch die Rolle der Lehrpersonen hinzu einer Lernbegleitung, die mit Schüler*innen auf Augenhöhe agiert, umfasst (Büker et al., 2021). Das Projekt bietet den beteiligten Akteur*innen – Studierenden, Grundschullehrkräften, Förderschullehrkräften, Schulbegleitungen und Schüler*innen – gemeinsame Handlungs- und Erfahrungsräume: Von Studierenden werden Materialien für partizipativ ausgerichtete, fächerverbindende Lerngelegenheiten entwickelt und im Unterricht gemeinsam mit Schüler*innen und Mitgliedern multiprofessioneller Teams erprobt (Meyer et al., 2022). Dabei sind die Schüler*innen als Expert*innen in eigener Sache adressiert. Im Vortrag werden Lehr-Lern-Erfahrungen der beteiligten Akteur*innen betrachtet. Literatur: Büker, P., Hüpping, B. & Zala-Mezö, E. (2021). Partizipation als Veränderung. In Zeitschrift für Grundschulforschung, 14, 391–406. Eder, F. & Paseka (2021). Schülerinnen und Schüler als Subjekte und Akteure von Schule. Zeitschrift für Bildungsforschung, 11(1), 7-17. Fischer, S. & Holthoff, T. (2023). Inklusion im Kontext von Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE). Sonderpädagogische Förderung heute, 68(4), 350-351. Meyer, D., Fischer, S. & Hellinge, T. (2022). Politische Bildung für heterogene Lerngruppen im Förderschwerpunkt geistige Entwicklung – am Beispiel differenzierter Medien zu den UN-Nachhaltigkeitszielen. In J. Jöhnck & S. Baumann (Hrsg.), Politische Bildung im Förderschwerpunkt geistige Entwicklung. Grundlagen und Praxisbeispiele für Förderschulen und Inklusion (178-187). Frankfurt/M: Wochenschau Verlag. |
9:00 - 10:30 | Mi1.5: Symposium Ort: EF 50 Raum 4.435 Chair der Sitzung: Vera Moser, Goethe Universität Frankfurt Die Qualität sonderpädagogischer Überprüfungsverfahren aus interdisziplinärer Perspektive |
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Die Qualität sonderpädagogischer Überprüfungsverfahren aus interdisziplinärer Perspektive Das sonderpädagogische Überprüfungsverfahren hat inzwischen eine mehr als hundertjährige Tradition und dient bis heute der Differenzierung zwischen sogenannten Regelschüler:innen und solchen, die zusätzliche sonderpädagogische Unterstützung benötigen. Aufgrund der nationalen und internationalen kritischen Beobachtung höchst unterschiedlicher Quoten sonderpädagogischer Förderung (z.B. Goldan und Kemper 2019; international: Holt 2004, McKey und Neil 2009, Desforges und Lindsay 2010) wurde in den letzten fünf Jahren in allen deutschen Bundesländern an einer verbesserten Standardisierung dieser Verfahren im Hinblick auf den Ablauf und die Organisation gearbeitet und die Durchführung z.T. auch aus den durch die regionale Schulaufsicht beauftragten Förderschulen in zentrale Stellen verlagert. Zudem regeln inzwischen nahezu alle Bundesländer den Turnus der Überprüfung dieser Diagnosen. Damit soll die Qualität der Gutachten i.S. der Validität, Objektivität und Reliabilität erhöht werden. Dies verweist bereits darauf, dass hiermit v.a. auf Gutachtenkriterien rekurriert wird, die im Bereich der Psychologie entwickelt wurden, die in den Leitlinien zur Erstellung sonderpädagogischer Gutachten allerdings keine explizite Erwähnung finden. Hierzu gehört z.B., dass „Ergebnisse verständlich, nachvollziehbar und adressatengerecht erläutert“ und Schlussfolgerungen „nach (vorab) festgelegten Entscheidungsstrategien bzw. einem vorab festgelegten Urteilsbildungsmodell“ getroffen werden (Föderation Deutscher Psychologenvereinigungen 2017, S. 6). Wenngleich im Kontext der sonderpädagogischen Diagnostik analoge wissenschaftlich fundierte Qualitätsstandards eingefordert werden (Gebhardt et al. 2022, S. 9), steht deren Bestimmung noch aus. Zudem liegen bisher auch nur wenige inhaltsanalytische Studien der sonderpädagogischen Gutachten vor (Gomolla und Radtke 2002, Kottmann 2006, Gasteiger-Klicpera et al. 2023), die jeweils spezifische Untersuchungsfragen und keinem übergeordneten gutachterlichen Qualitätsverständnis folgen. Vielfach werden zudem nur einzelne Förderschwerpunkte betrachtet und es zeigte sich, dass Standards der klassischen Testtheorie wenig von den Gutachter:innen eingehalten werden, die verwendeten Testverfahren sowie der diagnostische Prozess kaum nachvollziehbar waren, die Normen für die Interpretation der Testergebnisse teilweise veraltet waren oder gar nicht vorlagen und die einleitende Fragestellung zu einem spezifischen sonderpädagogischen Förderschwerpunkt kaum hinterfragt wurde (Breitenbach 2014.; Schuck et al. 2006; Hoffmann et al. 2017; Schöning et al. 2013). Zudem zeigt eine aktuelle Studie, dass die eingesetzten Testverfahren oftmals nicht ausreichend aussagekräftig für Fördermaßnahmen sind, der Intelligenzdiagnostik eine unverhältnismäßige übergeordnete Bedeutung zugeschrieben wird und zudem die Bundesländer höchst unterschiedliche Vorgaben zum Einsatz bestimmter Testverfahren machen (Joél 2023). In Bezug auf das Tagungsthema einer interdisziplinären Fundierung der sonderpädagogischen Disziplin soll im Symposium eine Analyse von 54 sonderpädagogischen Gutachten sowie 50 Elterngesprächen aus dem Gesamtsample des BMBF Projekts FePrax (Förder-Nr.: 01NV2106) erfolgen und der Frage nach Qualitätskriterien der Gutachten und der Elterngespräche in interdisziplinärer Perspektive (Sonderpädagogik, Psychologie, Empirische Bildungsforschung) nachgegangen werden. Dabei wird erstens das Verhältnis von psychologischen Tests und pädagogischen Beobachtungsdaten in den Gutachten untersucht, zweitens die Spezifität gutachterlicher Daten und die Trennschärfe der Begründung sonderpädagogischer Förderschwerpunkte geprüft sowie drittens der Frage nachgegangen, inwiefern in den abschließenden Elterngesprächen eine klare Trennung von Verwaltungs- und Beratungshandeln erkennbar ist. Methodisch kommen in den Beiträgen inhaltsanalytische und Machine Learning Analysemodelle zum Einsatz. Beiträge des Symposiums Zum Verhältnis von Test- und Beobachtungsdaten in sonderpädagogischen Überprüfungsverfahren Sonderpädagogische Gutachten bestehen aus einem anamnestischen Teil, einem testdiagnostischen und einem pädagogischen Teil, wobei die Verknüpfung dieser Informationen in Bezug auf die Feststellung eines sonderpädagogischen Förderbedarfs nicht vordefiniert ist. Zudem unterliegen die jeweiligen Daten unterschiedlichen Qualitätsanforderungen: Ein psychologisches Gutachten zielt auf die Sammlung und Verdichtung von Informationen bezüglich einer konkreten Person. So sollen Defizite und Ressourcen, Entwicklungsprozesse sowie umweltbezogene Merkmale des Kindes objektiv, zuverlässig und valide erfasst werden (Petermann und Petermann 2006). Eine Mindestvoraussetzung für die Auswahl der psychologischen Tests ist die Erfüllung der DIN 33430 (Beuth 2016) als rechtsnächster Norm. Die Auswahl, Anwendung, Darstellung und Interpretation von testpsychologischen Verfahren können eine entscheidende Rolle für die Gutachtenerstellung spielen. Zur Erhebung von Informationen sollten daher theoriebasierte Verfahren verwendet werden (Schmidt-Atzert und Amelang 2012). Die Qualität einer pädagogischen Diagnostik lässt sich definieren als eine allen pädagogischen Handlungen immanente Erkenntnistätigkeit mit Blick auf Dimensionen des Lernens, der Erziehung, der Bildung und der Sozialisation (Sturm 2013). Übergeordnetes Ziel ist die Analyse von Lehr- und Lernprozessen, um damit zur Optimierung des individuellen Lernens beizutragen (Breitenbach 2020; Ingenkamp und Lissmann 2008). Ansätze einer pädagogischen Diagnostik sind dabei durch ein konstruktivistisches Lernverständnis geprägt, das Probleme im Lernen nicht isoliert, sondern im systemischen Kontext betrachtet (Werning 2007). Dies bedarf dem Sammeln von Informationen mittels nicht standardisierter, sozialwissenschaftlicher Instrumente (van Ophuysen et al. 2013) sowie einem verstehenden Nachvollziehen individueller Lernprozesse zur Gestaltung eines adaptiven inklusiven Unterrichts (Schiefele et al. 2019). Nähere Vorgabe hierzu gibt es nicht. Die Verknüpfung und Gewichtung dieser psychologischen Test- und pädagogischen Beobachtungsdaten erfolgt bisher keinen klaren Kriterien. Daher wird auf der Grundlage von acht inhaltlich begründeten analytischen Kategorien der Einsatz und die Gewichtung dieser Daten auf der Grundlage des Gesamtkorpus des BMBF Projekts FePrax von 54 Gutachten geprüft. Zur Spezifität und Trennschärfe gutachterlicher Daten in Bezug auf die sonderpädagogischen Förderschwerpunkte Ein wichtiger Aspekt der heutigen Praxis in sonderpädagogischen Feststellungsverfahren ist die Überprüfung und Zuweisung eines Förderschwerpunkts in einen bestimmten Bereich wie Lernen, Sprache oder geistige Entwicklung (KMK 1994; 2000). Doch wie spezifisch verläuft eine solche gutachterliche Beurteilung und inwiefern lassen sich verschiedene Förderschwerpunkte aus gutachterlichen Informationen ableiten? Mit genau diesen Fragen beschäftigt sich die vorliegende Studie mit dem Ziel einer kritischen Reflexion der gutachterlichen Entscheidungsfindung bzw. Förderempfehlung. Anhand von kodierten Textinformationen aus Gutachten in verschiedene Subkategorien, die Kind- und Umfeldmerkmale umfassten (Heimlich 2022), wurde zunächst der „Ist-Zustand“ der gutachterlichen Informationen auf einer Ressourcen-Defizit Skala bewertet. Mit modellbasierten Machine Learning Methoden wurde dann geprüft, ob diese Merkmalsinformationen systematische Rückschlüsse auf den zugeteilten Förderschwerpunkt liefern können. Die Stichprobe umfasste N = 54 Kinder bzw. Gutachten und konzentrierte sich auf fünf verschiedene Förderschwerpunkte: Emotionale und soziale Entwicklung, geistige Entwicklung, Lernen, Sprache und Autismus. Die Ergebnisse zeigen, dass in den Gutachten überwiegend Schwächen anstelle von Stärken berichtet wurden, was für eine defizit- und wenig ressourcenorientierte Überprüfung von Förderbedarfen spricht. Zudem wurden bestimmte Bereiche wie kognitive oder sprachliche Fähigkeiten fast immer begutachtet, wohin gegen fachliche Lernvorrausetzungen weniger häufig und Eltern-Kind Interaktionen nur selten überprüft wurden. Die diagnostischen Angaben in den einzelnen Gutachten ließen keine systematischen Rückschlüsse darauf zu, welcher Förderschwerpunkt für ein Kind empfohlen wurde. Diese Ergebnisse implizieren, dass der Entscheidungsprozess bezüglich der Förderempfehlung für einen bestimmten Schwerpunkt nicht sehr nachvollziehbar ist. Insgesamt lässt sich schließen, dass eine umfassenderer Überprüfung, die mehrere Bereiche und deren Wechselwirkungen, die Spezifität von sonderpädagogischen Feststellungsverfahren erhöhen könnte. Ein transdiagnostischer und kontextbezogener Rahmen für die „sonderpädagogische Charakterisierung", der Kind- und Umfeld Daten kombiniert, könnte einen Mehrwert gegenüber der kategorischen Einteilung in einen bestimmten Förderbereich darstellen (van Os et al. 2023). Es würde dabei nicht mehr darum gehen, ob das Kind an einem bestimmten Bereich, sondern wie und in welchem Ausmaß dieses Kind in seinem Wohlbefinden, seinen sozialen Interaktionen oder seinem Alltag in der Schule und im häuslichen Umfeld eingeschränkt ist und welche individuellen und/oder situativen Ressourcen, die Beeinträchtigungen begünstigen können. Beratungs- und Verwaltungshandeln in Elterngesprächen im Kontext der Feststellung sonderpädagogischer Förderbedarfe Nach der Erstellung der sonderpädagogischen Gutachten bilden die abschließenden Gespräche mit den Sorgeberechtigten, die in den Bundesländern unterschiedlich geregelt sind (Wolf & Dietze 2022) und von den Verantwortlichen unterschiedlich ausgestaltet werden, den Abschluss des formalen Verfahrens. Teilnehmende dieses Gesprächs sind in der Regel die mit der Überprüfung beauftragte sonderpädagogische Lehrkraft bzw. Diagnostiker:in und eine sorgeberechtigte Person sowie z.T. andere Akteur:innen, wie die derzeitige oder zukünftige Klassenleitung oder Schulleitung. Dabei sollen die „Entwicklung eines gemeinsamen Verständnisses“ (Senat Berlin 2017, 9) und die „Verabredung weiterer Schritte der Förderung“ (ebd.) im Fokus stehen. Während das sonderpädagogische Gutachten dem schulischen System als „schriftliche Entscheidungshilfe“ (Amelang & Schmitz-Atzert 2006) und diagnostische Grundlage für weitere Entscheidungen dient, hat das abschließende Gespräch die Funktion, den Bedarf gegenüber den Sorgeberechtigten als Lösung des Lern- und Schulleistungsproblems ihrer Kinder zu legitimieren. Diese Beratung von Sorgeberechtigten, die über den schulischen Weg ihres Kindes entscheiden sollen, ist ein bislang wenig erforschtes Feld. Der zunehmenden Standardisierung zur Erstellung sonderpädagogischer Gutachten entspricht hierbei keine Standardisierung der Kommunikation der Ergebnisse mit den Sorgeberechtigten. Die Frage, welche Inhalte und Kommunikationsstrukturen die Gespräche aufweisen, welche Qualitätskriterien hinsichtlich der Beratung von Sorgeberechtigten benannt werden können und in welchem Verhältnis der administrative Verwaltungsakt zwischen „Zwang, Tausch und Überredung“ (Bohne 2018) gegenüber der offenen Beratung (Krause 2004; Diouani-Streek & Ellinger 2019) zur weiteren schulischen Förderung der Kinder steht, sind daher zentrale Forschungsfragen, die im BMBF-Projekt FePrax bearbeitet werden. Insbesondere Sorgeberechtigte, die keine ausgeprägte Meinung und/oder wenig Kenntnisse über das deutsche Schulsystem haben (z. B. aufgrund eines migrantischen Hintergrunds, Gomolla & Radtke 2002), benötigen hier Unterstützung und Beratung im Rahmen eines interdisziplinären ‚Arbeitsbündnisses‘ (Hechler 2010; Oevermann 2016), um die Bedeutung eines sonderpädagogischen Förderbedarfs und seine Auswirkungen auf den weiteren Bildungsverlauf des Kindes zu verstehen (Igstadt & Thoms 2023). Vor diesem Hintergrund werden inhaltsanalytische Untersuchungen von 50 audiographierten Gesprächen aus dem Projekt FePrax vorgestellt, um die Qualität der Beratungsgespräche als fester Bestandteil des sonderpädagogischen Feststellungsverfahrens auszuleuchten. |
9:00 - 10:30 | Mi1.6: Diskussionsforum Ort: EF 50 Raum 4.418 Chair der Sitzung: Susanne Dirks, TU Dortmund Technology meets Rehabilitation – Interdisziplinäre Ansätze in der Entwicklung und Evaluation von Unterstützungstechnologien für alle Lebensbereiche |
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Technology meets Rehabilitation – Interdisziplinäre Ansätze in der Entwicklung und Evaluation von Unterstützungstechnologien für alle Lebensbereiche TU Dortmund Die Notwendigkeit der interprofessionellen Zusammenarbeit bei der Entwicklung von technischen Lösungen für die Unterstützung von Menschen mit Beeinträchtigungen steht außer Frage. Zunehmend nutzen Menschen mit Beeinträchtigungen zusätzlich zu individuell angepassten Hilfsmitteln auch Mainstreamtechnologien. Die Prozesse, die im Rahmen der Technologieentwicklung zu einer erfolgreichen Zusammenarbeit der verschiedenen Expert*innengruppen führen, sind jedoch noch nicht gut untersucht. Das bringt für die beteiligten Personen in der Praxis große Herausforderungen mit sich und führt dazu, dass die entwickelten Technologien für die Zielgruppe nur eingeschränkt nutzbar sind. Gerade in pädagogischen Anwendungsfeldern ist die Nutzung von geeigneten und gut an die Lernumgebungen angepassten Unterstützungstechnologien eine wichtige Voraussetzung für die Sicherung der Teilhabe von Schülerinnen und Schülern an Bildungsprozessen. In diesem Forum stellen wir technische Lösungen vor, die in verschiedenen interdisziplinären partizipativen Forschungs- und Entwicklungsprojekten implementiert und evaluiert wurden. In allen Projekten wurde eng sowohl mit Menschen mit Beeinträchtigungen als auch mit technischen, pflegerischen und pädagogischen Expert*innen zusammengearbeitet. Wir zeigen die unterschiedlichen Perspektiven der beteiligten Gruppen auf und stellen die erarbeiteten Lösungen für die in den Prozessen aufgetretenen Herausforderungen vor. Zusammen mit den Teilnehmenden wollen wir diese diskutieren und mit den Erfahrungen aus der Praxis abgleichen. Besonderes Augenmerk gilt dabei den Bedürfnissen von Nutzenden mit Lernschwierigkeiten und der Entwicklung von Technologien, mit denen diese Zielgruppe in verschiedenen Arten von Bildungsprozessen unterstützt werden kann. |
10:30 - 11:00 | Kaffeepause |
11:00 - 12:30 | Keynote 2: Lernwege verstehen oder diagnostizieren? Ort: EF 50 Hörsaal 1 Prof. Dr. Vera Moser (Goethe Universität Frankfurt) und Prof. Dr. Elmar Souvignier (Universität Münster) |
12:30 - 13:00 | Pause |
13:00 - 14:30 | Mi2.1: Einzelbeiträge Ort: EF 50 Raum 4.220 |
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Ergebnisse der Bochumer Inklusionsstudie BISS-K 1Universität zu Köln; 2Evangelische Hochschule Rheinland-Westfalen-Lippe Für das Gelingen von schulischer Inklusion sind Kooperation und Vernetzung mit schulischen und außerschulischen Unterstützungsangeboten von großer Bedeutung (vgl. Walter-Klose, Singer & Lelgemann, 2016). Kooperationen mit Schulassistenzen, Schulsozialarbeitenden und Schulpsycholog*innen aber auch mit Beratungs- und Unterstützungsangeboten aus den Bereichen der Jugendhilfe, Medizin, Pflege und Rehabilitation stellen hier wesentliche Ressourcen dar. Im Rahmen der Bochumer Inklusionsstudie wurden diese Angebote und Kooperationen in den Blick genommen und die Kenntnisnahme, Inanspruchnahme und Zufriedenheit mit diesen aus Sicht der Schulleitungen, Lehrkräfte, Schüler*innen, Eltern und den Fachkräften evaluiert. Auch wurde das systemisch orientierte Unterstützungsangebot, das Bochumer Inklusionsprojekt, genauer betrachtet, bei dem ergänzende Fachkräfte die schulische Inklusion auf Ebene der Schule insgesamt und auch in Beziehung zum Sozialraum systemisch unterstützen sollen. Im Rahmen des Vortrages werden die Ergebnisse der Studie näher beschrieben und Verbesserungen für Vernetzungen und schulische Inklusion benannt. Erfahrungen in der Inklusiven Erziehungs- und Familienberatung. Erste Ergebnisse der INFAER-Studie Universität zu Köln Das Kinder- und Jugendstärkungsgesetz, das im Juni 2021 in Kraft getreten ist, „verankert Inklusion als einen Leitgedanken der Kinder- und Jugendhilfe“. Ziel ist es, Zugangsbarrieren abzubauen, so dass Kinder und Jugendliche mit und ohne Behinderungen gleichberechtigt Leistungen in Anspruch nehmen können. Die Erziehungs- und Familienberatung als niedrigschwelliges Angebot, das allen Familien offensteht, ist hierfür ein wichtiger Baustein. Das Projekt INFAER beschäftigt sich mit der Frage, wie man Erziehungs- und Familienberatungsstellen dazu befähigen kann, ihr Angebot inklusiver auf Familien auszurichten, in denen Kinder mit Behinderung leben.Dazu wurden Berater*innen befragt, die bereits einige Erfahrung in der Arbeit mit Familien im Kontext Behinderung und Inklusion gesammelt haben. Insbesondere geht es um den Umgang mit Formen der Behinderung, die noch nicht zum Alltag vieler Beratungsstellen gehören, d.h. um Sprach- und Sprechstörungen, Körperbehinderungen, geistige Behinderungen, Sinnesbeeinträchtigungen, und schwere Mehrfachbehinderungen. Im Rahmen des Vortrags werden Ergebnisse zu Erfahrungen und Fortbildungsbedarfe beschrieben und die Bedeutung interdisziplinärer Zusammenarbeit und Vernetzung herausgestellt. |
13:00 - 14:30 | Mi2.2: Einzelbeiträge Ort: EF 50 Raum 4.418 |
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Resilienz und Inklusion in der Hochschule - Interaktion personaler Ressourcen mit sozialen Einflussgrößen und strukturellen Rahmenbedingungen Technische Universität Dortmund Die Bewältigung eines Studiums kann durch bauliche, kommunikative, strukturelle und didaktische Barrieren für Studierende mit Einschränkungen erschwert werden. Hochschulen sind demnach gefordert, chancengerechte Zugangs- und Studienbedingungen zu realisieren [1]. Aber auch personale Ressourcen und Resilienzfaktoren spielen bei der Bewältigung von Herausforderungen im Studium eine zentrale Rolle [2]. Was sind Ressourcen, um ein Studium mit Behinderung zu meistern? Wie interagieren sie mit sozialen Einflussgrößen sowie inklusiven Rahmenbedingungen in Hochschulen? Ein mehrstufiges Mixed-Methods-Design wurde gewählt: 1. Erstellung eines Rahmenmodells, 2. Durchführung von Interviews und 3. anschließender Fokusgruppe sowie 4. Konzipierung einer Testbatterie. In einem partizipativen Ansatz werden im qualitativen Teil Schutzfaktoren im Studium durch die reflektierte Begleitung der Studierenden als Expert*innen in eigener Sache identifiziert und dienen als Grundlage für den quantitativen Teil der Arbeit. Bisher wurde ein Rahmenmodell der Inklusion und Resilienz erstellt, das als Grundlage für die erfolgten Interviews und die Nominal-Fokusgruppe fungierte. Am relevantesten auf Seiten der Herausforderungen waren aus Sicht der Studierenden der behinderungsbedingte Mehraufwand und bauliche Barrieren, während soziale Unterstützung sowie Angebote und Einrichtungen der Hochschule auf Ressourcenseite am häufigsten benannt wurden. Exklusionserfahrungen lösen Stressreaktionen aus, die je nach Bewertung und Resilienz unterschiedlich ausfallen. Welche Rahmenbedingungen Herausforderungen darstellen und welche individuellen Ressourcen es sind, die Studierende in der Bewältigung ihres Studiums unterstützen, wird im nächsten Schritt untersucht. Die daraus resultierenden Ergebnisse können Rückschlüsse auf die Resilienz von Studierenden mit Behinderung und das Zusammenspiel von Inklusions- und Resilienzfaktoren ermöglichen. Erfahrungen mit der Rehabilitationspädagogischen Zusatzqualifikation für Ausbilderinnen und Ausbilder aus Sicht von Absolvent*innen und Dozierenden 1Universität Osnabrück; 2Universität zu Köln Die Rehabilitationspädagogische Zusatzqualifikation für Ausbilderinnen und Ausbilder (ReZA) hat die Professionalisierung von Ausbilder*innen in Bezug auf die Ausbildung von Menschen mit Behinderung zum Ziel. Es werden sonderpädagogische Inhalte, wie der Umgang mit heterogenen Lerngruppen und die Anwendung zielgruppengerechter Didaktik, Aspekte von Lernen und Lernbeeinträchtigung, Kompetenzfeststellung, Förderplanung sowie rechtliche Rahmenbedingungen, vermittelt. Die Ausbilder*innen arbeiten sowohl in Betrieben, als auch in Bildungseinrichtungen sowie überbetrieblichen Einrichtungen zur beruflichen Ausbildung und Umschulung. Es steht außer Frage, dass es von Vorteil ist, sonderpädagogische Inhalte in die Ausbildungspraxis zu integrieren, sie fächerübergreifend zu diskutieren und in interdisziplinären Anwendungskontexten zu nutzen. Gleichzeitig ist aber bisher nicht ausreichend geklärt, wie die tatsächlichen Erfahrungen mit der ReZA aussehen. Zwar liegen Ergebnisse einer Online-Befragung zur Evaluation der ReZA (Zöller et al. 2017) vor, jedoch gibt es wenig Aussagen der Ausbilder*innen selbst zu ihren Bedarfen und Erfahrungen. Vor diesem Hintergrund ist es das Ziel, die Erfahrungen von Ausbilder*innen, die die ReZA absolviert haben, sowie von Dozierenden in der ReZA darzustellen und zu diskutieren. Absolvent*innen berichten, dass sie durch die ReZA „die Aspekte der Inklusion von unterschiedlichen Seiten kennengelernt haben“ und sie das Gefühl haben, „eindeutig besser auf verschiedene Bedarfe eingehen zu können, wenn mal wieder alles drunter und drüber läuft.“ Die Erfahrungen der Absolvent*innen und Dozierenden sollen genutzt werden, um Relevanz und Optimierungspotential der ReZA aufzuzeigen. Dies ist besonders wichtig angesichts der kontroversen Debatten über die Anerkennungspraxis dieser Zusatzqualifikation, die Angemessenheit ihres zeitlichen Umfangs und ihrer praktischen Umsetzbarkeit. Evaluation von E-Learning Modulen zu seltenen genetischen Syndromen - Ergebnisse aus dem ELE-Projekt Fachgebiet Rehabilitation und Pädagogik bei intellektuellen Beeinträchtigungen, Technische Universität Dortmund Familien, deren Kind von einem seltenen genetischen Syndrom betroffen ist, finden oft nur mühsam spezifische Informationen. Im Forschungsprojekt „Erleichtert Leben (ELE) – Hilfe zur Selbsthilfe für Elternverbände von Menschen mit seltenen genetischen Syndromen und intellektueller Beeinträchtigung“ wurden vier E-Learning Module entwickelt (Fokus Smith Magenis-Syndrom, Lesch Nyhan-Syndrom, Cornelia de Lange-Syndrom und 5p/Cri du chat-Syndrom). Diese wurden anhand des wissenschaftlichen Forschungsstandes und ausführlicher Expert*innen-Interviews als Bildungsangebot sowohl für die Angehörigenverbände von Personen mit diesen Syndromen als auch für die akademische Lehre an der TU Dortmund konzipiert. Neben Grundlagen der Ätiologie, Symptomatologie und Entwicklung der Betroffenen wurden besondere Aspekte der Pflege, chronische Schmerzen und (selbstverletzende) Verhaltensweisen adressiert. Der Belastung von Eltern wurde anhand konkreter Handlungsoptionen – vermittelt z.B. durch Video-Statements von Expert*innen – begegnet. Derzeit wird die Einheit zum Smith Magenis-Syndrom mit Studierenden der TU Dortmund und dem entsprechenden Selbsthilfeverband exemplarisch evaluiert. Zu prüfen ist, ob die Ergebnisse einen signifikanten Zuwachs an Grundlagenwissen und Handlungskompetenz bei Eltern und Betreuungspersonen von Personen mit seltenen genetischen Syndromen sowie bei Studierenden aufzeigen. Die finalisierten E-Learning Module können nach Projektende durch Multiplikator*innen zeit- und raumunabhängig rezipiert werden. Im Sinne der interdisziplinären Ausrichtung der DGfE-Tagung ist das Projekt anschlussfähig, da es darauf abzielt, die Lücke in der Schnittstelle zwischen medizinischer Versorgung seitens der klinischen Facheinrichtungen und häuslich-schulischer Betreuung zu verringern. Neben der Hilfe zur Selbsthilfe für Angehörige der Elternverbände soll die Auseinandersetzung mit wenig adressierten, genetischen Syndromen in der akademischen Lehre angestoßen werden. |
13:00 - 14:30 | Mi2.3: Symposium Ort: EF 50 Raum 4.435 Chair der Sitzung: Ramona Thümmler, Universität Duisburg-Essen Diskurse und Praktiken im Bereich Erziehungs- und Bildungspartnerschaft an Schulen – Sichtweisen von Eltern |
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Diskurse und Praktiken im Bereich Erziehungs- und Bildungspartnerschaft an Schulen – Sichtweisen von Eltern Erziehungs- und Bildungspartnerschaft wird seit einigen Jahren in der Praxis und im wissenschaftlichen Diskurs eine bedeutsame Position zugeschrieben. Damit verbunden ist die Annahme auf Ausgleich von sozialen Ungleichheiten und der Verbesserung von Schulleistungen von Schüler:innen. Kritische Stimmen mehren sich (Betz 2015) und verweisen auf eine ungenügende Forschungslage. Zudem werden Machtverhältnisse und Diskriminierungspraktiken diskutiert (Chamakalayil et al. 2021; Kesselhut 2015). Im Symposium wird der Frage nachgegangen, wie Eltern als Akteure der Erziehungs- und Bildungspartnerschaft Interaktionen wahrnehmen, welche Erwartungen sie verfolgen und wie sie Prozesse der Zusammenarbeit erleben. Dazu werden Daten aus verschiedene Feldern / Schulformen vorgestellt und unter der Frage diskutiert, wie unterschiedliche methodologische Zugängen die Perspektive der Eltern erfassen. Ein Fokus liegt darauf, inwiefern Diskurse und Praktiken sich ähneln oder aber unterscheiden und welche Ausschlussprozesse stattfinden. Beiträge des Symposiums Das Kind als höchstes Gut – Ansätze einer Strukturlogik der mütterlichen Perspektive auf die Bildungs- und Erziehungspartnerschaft an Gesamtschulen und Gymnasien Empirische Befunde zu Elternarbeit, verstanden als Erziehungs- und Bildungspartnerschaft, liegen insbesondere zur Perspektive derer, die Schule professionell gestalten, vor (z.B. Hillesheim 2009; Häger 2012). Zwar finden sich vor allem in Bezug auf sonderpädagogische und frühkindliche Bildungskontexte auch Forschungsarbeiten, die die Elternperspektive fokussieren (z.B. Diehm 2018; Hackbarth 2022), aber Fragen danach, was Eltern unter Elternarbeit verstehen und worum es ihnen im Kern in der (Zusammen-)Arbeit mit der Schule geht, können noch nicht hinreichend beantwortet werden. Der Beitrag verfolgt daher das Ziel, die Perspektive von Müttern als Elternteil anhand von 10 Interviewtranskripten objektiv-hermeneutisch (Oevermann 2002) zu rekonstruieren. Erste Befunde zur Frage nach den Ansprüchen der Mütter an eine gelingende Bildungs- und Erziehungspartnerschaft zwischen Schule und Familie auf Basis ihrer bisherigen Erfahrungen zeigen, dass es den Müttern nicht um Partizipation und Anerkennung um ihrer selbst willen geht. Vielmehr zeigt sich darin ein Streben nach Balance von Macht- und Ohnmachtserfahrungen in Bezug auf den Umgang der Schule mit dem anvertrauten „höchsten Gut“: ihre Kinder und deren zu verhandelnder Positionierung in der Gesellschaft. Literatur Diehm, I. (2018): Frühkindliche Bildung–frühkindliche Förderung: Verheißungen, Verstrickungen und Verpflichtungen. Kindheiten zwischen Familie und Kindertagesstätte: Differenzdiskurse und Positionierungen von Eltern und pädagogischen Fachkräften (2018): 11-23. Hackbarth, A. (2022). "wir machen das Kind so behindert wie die Schule es braucht". Erfahrungen von Eltern mit Barrieren schulischer Inklusion. Zeitschrift für Inklusion (2022). https://www.inklusion-online.net/index.php/inklusion-online/article/view/647 Häger, H. (2012): Elternarbeit aus der Sicht der Schulaufsicht. In W. Stange, R. Krüger, A. Henschel & C. Schmitt (Hrsg.), Erziehungs- und Bildungspartnerschaften: Grundlagen und Strukturen von Elternarbeit (S. 197–206). Springer VS. https://doi.org/10.1007/978-3-531-94279-7_20 Hillesheim, S. (2009): Elternarbeit in der Schule: Ein Vergleich der Elternarbeit mit Migranteneltern an Halbtags- und Ganztagsschulen in Bayern. Universität Würzburg. https://opus.bibliothek.uni-wuerzburg.de/opus4-wuerzburg/frontdoor/deliver/index/docId/3714/file/Schriftenreihe_Empirische_Bildungsforschung_Band13.pdf Oevermann, U. (2002): Klinische Soziologie auf der Basis der Methodologie der objektiven Hermeneutik – Manifest der objektiven hermeneutischen Sozialforschung. https://www.ihsk.de/publikationen/Ulrich_Oevermann-Manifest_der_objektiv_hermeneutischen_Sozialforschung.pdf Interaktionen von Eltern und Lehrkräften – Erinnerte Praktiken aus Elternperspektive im Förderschwerpunkt emotionale und soziale Entwicklung Im Feld des sonderpädagogischen Förderbedarfs emotionale und soziale Entwicklung kommt der Zusammenarbeit von Schule und Eltern eine wichtige Rolle zu. Die Ausgestaltung dessen ist allerdings bisher kaum beschrieben oder erforscht. Dabei stellt sich die Frage, inwieweit Interaktionen zwischen den Akteuren das Potential für Ausschlussprozesse tragen und welche Aspekte einer anerkennenden Begleitung der Familie zuträglich sind. Im Beitrag werden Daten aus der Mixed Methods Studie zur Zusammenarbeit von Schule und Eltern im Förderschwerpunkt soziale und emotionale Entwicklung präsentiert. Theoretische Reflexionsfolien sind die Anerkennungstheorie von Honneth (1992) und machtkritische Ansätze (Leitner/Thümmler 2022). Die qualitativen Leitfadeninterviews mit Eltern (N=8) zeigen dabei erinnerte Interaktionen von Eltern mit Lehrkräften, die sich in einem großen Spannsfeld von Ausschluss und Einschluss bewegen. Dabei ist das verhandelte Bild vom Kind zentral (Lake & Billingsley 2000) und erklärt mit anderen Faktoren das Zusammenspiel der Interaktionen. Honneth, A. (2010). Kampf um Anerkennung: Zur moralischen Grammatik sozialer Konflikte (6. Aufl.). Suhrkamp Verlag. Lake, J., & Billingsley, B. (2000). An Analysis of Factors That Contribute to Parent School Conflict in Special Education. Remedial and Special Education, 21(4), 240–251. https://doi.org/10.1177/074193250002100407 Leitner, S., & Thümmler, R. (2022). Die Macht der Ordnung. Perspektiven auf Veranderung in der Pädagogik (1. Aufl.). Beltz Juventa. Eltern von Schüler:innen mit und ohne Lernschwierigkeiten zur Zusammenarbeit mit der Schule motivieren – Welche Rolle spielen Kooperationsangebote an inklusiven Sekundarstufenschulen? Obwohl insbesondere Eltern von Schüler:innen (SuS) mit Lernschwierigkeiten (z.B. sonderpädagogische Förderbedarfe, Teilleistungsstörungen) zur Zusammenarbeit mit der Schule ihres Kindes bereit sind, fühlen sie sich vergleichsweise weniger willkommen, wodurch es zu Vertrauensverlusten kommen kann (Yotyodying & Wild, 2019). Daher erscheint es essenziell, die Passung zwischen schulischen Kooperationsangeboten an inklusiven Schulen und den Bedürfnissen von Eltern von SuS mit Lernschwierigkeiten zu untersuchen. In diesem Beitrag wird motivationspsychologisch der Frage nachgegangen, welche Rolle die subjektiv wahrgenommenen Kooperationsangebote für die elterliche Motivation zur Zusammenarbeit spielen und ob sich für Eltern von SuS mit vs. ohne Lernschwierigkeiten verschiedene Formen von Kooperationsangeboten als bedeutsam erweisen. An der im Rahmen des interdisziplinären BiFoKi-Projektes (Lütje-Klose et al., 2024) durchgeführten Elternbefragung nahmen 881 Eltern bzw. Erziehungs- und Sorgeberechtigte von SuS am Ende der fünften Klasse teil, davon 119 (13.5 %) Eltern von SuS mit Lernschwierigkeiten (sonderpädagogischer Förderschwerpunkt Lernen oder Teilleistungsstörung). Zur Prüfung der Zusammenhänge wurde ein Strukturgleichungsmodell spezifiziert. Mit den Ergebnissen kann nachgezeichnet werden, dass die Willkommens- und Begegnungskultur signifikant positiv mit dem Intrinsischen Wert und der Erfolgserwartung der Eltern in Bezug auf die Kooperation zusammenhängt. Die Qualität der Eltern-Lehrkräfte-Kooperation hängt ebenfalls positiv mit der Erfolgserwartung, geringer wahrgenommenen Kosten sowie mit dem Intrinsischen Wert zusammen. Der Intrinsische Wert sowie die Einschätzung zur Willkommens- und Begegnungskultur sind bei den Eltern von SuS mit Lernschwierigkeiten niedriger ausgeprägt. Die Zusammenhänge unterscheiden sich zwischen den verglichenen Gruppen nicht signifikant. Literatur Lütje-Klose, B., Wild, E., Grüter, S., Gorges, J., Neumann, P., Papenberg, A., & Goldan, J. (2024). Kooperation in inklusiven Schulen. transcript Verlag. https://doi.org/10.14361/9783839460689 Yotyodying, S. & Wild, E. (2019). Effective family-school communication for students with learning disabilities: Associations with parental involvement at home and in school. Learning, Culture and Social Interaction, 22, 100317. https://doi.org/10.1016/j.lcsi.2019.100317 |
13:00 - 14:30 | Mi2.4: Symposium Ort: EF 50 Raum 4.321 Chair der Sitzung: Anne Schröter, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg Selbstvergewisserung der Sonderpädagogik als eine kritische, differenzpädagogische Teildisziplin der Erziehungswissenschaft |
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Selbstvergewisserung der Sonderpädagogik als eine kritische, differenzpädagogische Teildisziplin der Erziehungswissenschaft Was ist das Spezifische an der Sonderpädagogik, was hält sie zusammen und was macht sie als erziehungswissenschaftliche Teildisziplin aus? Das Symposium widmet sich der Selbstvergewisserung der Sonderpädagogik als Teildisziplin der Erziehungswissenschaft. Theoriegeschichtlich betrachtet liegt ihr Ursprung in der Entdeckung der Bildbarkeit behinderter Menschen und damit in der Ausdifferenzierung des Faches durch die Suche nach Lernmöglichkeiten. Es galt, gemeinsam mit behinderten Menschen zu probieren, wie dieses Lernen gestaltet werden kann. Bevor behinderte Menschen also zu Adressat*innen von Sonderpädagogik werden konnten, haben Pädagog*innen von ihnen gelernt, um das Spezifische des Faches überhaupt erst herauszuarbeiten. Damit bestimmt sie sich durch den jeweiligen Forschungsgegenstand im Kontext von Behinderung und bildet eine Fachsystematik aus, die mit der Leitidee der jeweiligen Zeit verbunden ist und daher auch den Grundgedanken und Grundbegriffe des Faches beeinflusst (Lindmeier 2004, 515). Es ging historisch gesehen und geht gegenwärtig darum, Wissen für die Erziehungswissenschaft darüber zur Verfügung zu stellen, wie Personen mit Behinderung im Allgemeinen und im Autismus-Spektrum im Speziellen lernen und wie Pädagogik bzw. Schule gestaltet sein muss, damit dies gelingen kann. Das geschieht aktuell wieder mit der Frage nach dem Einbezug der Perspektive von behinderten Menschen (unter Berücksichtigung von Mehrdimensionalität) in differenztheoretisch reflektierter Sonder-/Pädagogik (Emmerich & Hormel 2013, Tervooren & Pfaff 2018, Lindmeier 2019, Imholz 2023) und damit in Theoriebildung (Schuppener et al, 2021, Lindmeier & Imholz 2024) wie auch in Lehrformaten/Zertifikatskurs Pädagogik im Autismus-Spektrum (Freiraum-Projekt des Arbeitsbereichs Pädagogik im Autismus-Spektrum, MLU). Überlegungen zur intra- wie auch interdisziplinären Ausgestaltung der Sonderpädagogik zu einer Differenzpädagogik sind daher sehr interessant und sollen im Symposium entfaltet werden. Im ersten Beitrag wird dem Potenzial eines differenztheoretischen Fokus in der Sonderpädagogik nachgegangen und die interdisziplinäre Bereicherung von unterschiedlichen Differenzpädagogiken erörtert. Im zweiten Beitrag werden die daraus folgenden praktischen Schlussfolgerungen für institutionelle sonder-/pädagogische Settings aufbauend auf mehrere Studien diskutiert. Der dritte Beitrag nimmt die diversitätsbewusste Hochschulbildung in den Blick, indem gemeinsam mit autistischen Dozierenden ein partizipatives Lehrprojekt („Autistische Dozierende für die inklusive Lehrkräftebildung (AutDiL)“) vorgestellt und reflektiert wird. Beiträge des Symposiums Sonderpädagogik als kritische Differenzpädagogik im Kontext Nicht_Behinderung? Der Beitrag geht der Frage des Potenzials eines differenztheoretischen Fokus in der Sonderpädagogik nach. Zu beleuchten sind im Kontext einer differenztheoretisch reflektierten, diversitätsbewussten Pädagogik der Nicht_Behinderung (Lindmeier 2019, Imholz 2023) einerseits intradisziplinäre Gemeinsamkeiten der sonderpädagogischen Fachgebiete als ‚distinct pedagogies‘ (Norwich & Lewis 2005) wie auch andererseits die gegenseitige inhaltliche, interdisziplinäre Bereicherung der unterschiedlichen Differenzpädagogiken (im Kontext natio-ethno-kultureller Zugehörigkeit, Gender und Sozialpädagogik) und sie beeinflussende Nachbardisziplinen sowie Studies (Postcolonial Studies, Disability Studies (in Education), Gender Studies, …). Im transdisziplinären Sinne voneinander zu lernen und sich miteinander in kritisch reflexiver Weise weiterzuentwickeln ist von Bedeutung, v.a. auch da der Mehrdimensionalität pädagogischer Adressat*innen durch die alleinige Berücksichtigung abgeschlossener Kategorien nicht entsprochen werden kann, sondern nur durch die Erfassung des subjektiven So-seins in seiner Intersektionalität, Hybridität und Fluidität. Differenz- und Diversitätsbezüge wandern zwischen den Disziplinen (Walgenbach 2014) und bereichern sich somit gegenseitig. Eine Sonderpädagogik, die sich als eine kritische Differenzpädagogik (neben anderen Differenzpädagogiken) versteht, kann sich macht- und differenzanalytisch ausrichten und die Erziehungswissenschaft in ihren Differenz- und Diversitätsbezügen ergänzen. Praktische Implikationen einer differenztheoretisch reflektierten Sonder-/Pädagogik Diversität und Differenz beeinflussten die professionelle und disziplinäre Entwicklung der Sonderpädagogik über Jahrzehnte (Lindmeier 2019). Doch das Diversitätsbewusstsein selbst zum pädagogischen Gegenstand zu erheben, ist eine Entwicklung der jüngeren Geschichte – unter anderem mit den Leitgedanken der Inklusion um die Jahrtausendwende herum. Während in wissenschaftlichen Diskursen die Reflexion über die Hervorbringung und Aufrechterhaltung von Differenzen umfassend bearbeitet wird (siehe erster Beitrag des Symposiums), spielen praxisbezogene Schlussfolgerungen nur eine untergeordnete Rolle. Im Beitrag wird vor allem eine Diversitätsdimension besonders ins Zentrum gerückt, die in der Sonderpädagogik bisher nur am Rande betrachtet wird: Neurodiversität. Es werden ausgehend von zwei qualitativ-inhaltsanalytischen Studien des Arbeitsbereiches Pädagogik im Autismus-Spektrum der MLU Halle-Wittenberg (Lindmeier, Grummt, Semmler, 2021; Lindmeier, Sagrauske, Quast & Grummt, 2024) sowie einer qualitativ-rekonstruktiven Studie (Grummt, i.V.) Schlussfolgerungen für eine diversitätsbewusste und auch diversitätsreflexive Sonder-/Pädagogik gezogen. Das Ziel des Beitrages ist es – aufbauend auf die Überlegungen des ersten Vortrags im Symposium – zu diskutieren, welche Bedeutung die vorgestellten praktischen Implikationen und Studienergebnisse für die Sonderpädagogik als eine kritische, differenzpädagogische Teildisziplin der Erziehungswissenschaft haben. Inklusionsorientierte Lehrkräftebildung im Rahmen des Projektes „AutDiL“ Von den Überlegungen einer diversitätsbewussten Pädagogik ausgehend und im Anschluss an die Bedeutung der praktischen Implikationen, müssen vor allem verstärkt transdisziplinäre Ansätze in der Hochschulbildung in den Blick genommen werden. Insbesondere in der Lehrkräftebildung stellt der Einbezug von Lehrenden die auch Expert*innen in eigener Sache sind, eine große Chance dar, gleichwohl partizipative Lernerfahrungen im regulären Hochschulbereich im deutschsprachigen Raum nur ansatzweise existieren (Goldbach, Leonhardt & Staib 2020). Dieser Beitrag möchte einerseits Fragestellungen diskutieren, wie die bisher an Hochschulen gelebte Praxis über Menschen mit Behinderungserfahrungen zu sprechen, aufgebrochen werden kann (Goldbach et al. 2020). Andererseits sollen erste Erfahrungen aus dem Projekt „Autistische Dozierende für die inklusive Lehrkräftebildung (AutDiL)“ gemeinsam mit Vertreter*innen der am Projekt beteiligten autistischen Dozierenden vorgestellt und reflektiert werden. Autistische Menschen spielen in universitärer Lehre nur als Adressat*innen von Pädagogik eine Rolle. Nach dem Motto „Nichts über uns, ohne uns“ werden im Rahmen des Projektes an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg erwachsene Autist*innen in die Lehrerkräftebildung einbezogen – sowohl im sonderpädagogischen Lehramt als auch im Rahmen eines lehramtsübergreifenden Zertifikatskurses ‚Pädagogik im Autismus-Spektrum‘. Ziel ist es, dass zukünftige Lehrkräfte darauf vorbereitet werden, mit Verschiedenheit selbstverständlicher umzugehen, (Un-)Sichtbarkeiten und fähigkeitsbezogene Diskriminierungen zu hinterfragen sowie physische und psychische Barrieren im Schulsystem und im Alltag aufzudecken. Darüber hinaus wird eine strukturelle Einbindung von autistischen Menschen in die akademische Lehre im Rahmen der Lehramtsausbildung über das Projekt hinaus angestrebt. Es gilt also nicht nur den Schüler*innen Diversitätssensibiltät zu vermitteln, sondern auch Diversität in der Lehrer*innenschaft abzubilden. |
13:00 - 14:30 | Mi2.5: Forschungswerkstatt Ort: EF 50 Raum 5.417 Chair der Sitzung: Marian Laubner, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg Methodologische Fragen der Beobachtung von Unterricht an Schulen mit dem Förderschwerpunkt geistige Entwicklung |
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Methodologische Fragen der Beobachtung von Unterricht an Schulen mit dem Förderschwerpunkt geistige Entwicklung 1Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg; 2Leibniz Universität Hannover Forschung im Kontext geistiger/komplexer Beeinträchtigungen steht vor der Herausforderung, Beobachtungen von Praktiken (der an Interaktionen beteiligten Personen) beschreibbar zu machen. Im ethnographischen Sinne geht es um „eine Beschreibung von Praktiken […], die u.a. dieses implizite Wissen, den Vollzug und die Darstellung von Praktiken, Fragen der Lösung von Handlungsproblemen und der Handlungskoordination“ im Unterricht und im Verlauf des Schultages „zu explizieren versucht“ (Breidenstein et al., 2020, S. 37). Im Fokus der Forschungswerkstatt stehen dabei die Frage des Beobachtbaren und ihre Verschränkung mit der/m Beobachter/in. Dazu wollen wir anhand zweier qualitativ-empirisch angelegter Forschungsprojekte Erkenntnispotentiale ethno- und videographischer Beobachtung für die Analyse schulischer Interaktionen im Förderschwerpunkt ‚Geistige Entwicklung‘ diskutieren. Beide Projekte nehmen die unterrichtliche Praxis in Förderschulen mit dem Schwerpunkt ‚Geistige Entwicklung‘ in den Blick. Für die Forschungswerkstatt stehen exemplarische Daten von Interaktionssituationen von Lehrkräften und Schüler*innen mit komplexer Behinderung im Zentrum. Die ausgewählten Datenstücke verweisen durch die spezifischen Formen der (wahrnehm- und beobachtbaren) wechselseitigen Bezugnahmen der Beteiligten in besonderer Weise auf die Komplexität der Herstellung sozialer Ordnung (Garfinkel 1964) und damit auf die Frage der Rolle und Legitimität der Beobachtung und Interpretation. Entlang der Vorstellung der beiden Forschungskontexte wird zunächst ein methodologischer Problemaufriss entfaltet. Die gemeinsame Diskussion entlang von exemplarischen Daten (z.B. Beobachtungsprotokolle) aus den beiden Projekten soll dann die Präzisierung von Möglichkeiten und Begrenzungen der beiden Zugänge ermöglichen. |
13:00 - 14:30 | Mi2.6: Diskussionsforum Ort: EF 50 Raum 5.418 Chair der Sitzung: Matthias Schäfer, Fachhochschule Dortmund Digitale Fallarbeit als Zugang zu Inter- und Transdisziplinarität in der Sonderpädagogik |
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Digitale Fallarbeit als Zugang zu Inter- und Transdisziplinarität in der Sonderpädagogik 1Fachhochschule Dortmund; 2TU Dortmund In den gesetzlichen Standards für die Lehrer*innen-Bildung wird die Entwicklung von Kompetenzen zur (inter-)disziplinären Kooperation betont (KMK, 2019). Dabei steht beispielsweise die Kooperation von inner- und außerschulischen Kolleg*innen in den Bereichen Diagnostik, Förderung und Beratung im Vordergrund. Die Vermittlung dieser Kompetenzen ist jedoch besonders anspruchsvoll, da sie einer Kontextualisierung von theoretischem Fach- und praktischem Anwendungswissen bedarf. Im vom Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes NRW im Rahmen von OERcontent.nrw geförderten Verbundprojekt DigiFall wird ein digitales Self-Assessment entwickelt und evaluiert, das Studierende in pädagogischen und gesundheitsbezogenen Kontexten dabei unterstützt, Kommunikations- und Beratungskompetenzen für die praktische Arbeit in multiprofessionellen Teams zu erwerben. Durch problemorientiertes und kollaboratives Arbeiten an praxisorientierten Fallbeispielen werden die Studierenden befähigt, ihre in Lehrveranstaltungen erworbenen theoretischen Kenntnisse praktisch anzuwenden. Es wird außerdem ein umfassendes didaktisches Konzept zur Einbindung der DigiFall-Module in Lehrveranstaltungen entwickelt. Das gesamte Self-Assessment wird als OER zur Verfügung gestellt. Im Diskussionsforum wird ein digitales Fallszenario vorgestellt, das innerhalb des Self-Assessments von Studierenden bearbeitet werden soll. Es wird verdeutlicht, wie Studierende im Anschluss an ausgewählte Videosequenzen, strukturiert durch das Problemorientierte Lernen (Blackburn, 2025), in den interdisziplinären Austausch kommen. Ziel des Forums ist es, die Möglichkeiten und Grenzen des Assessments in Bezug auf die praktische Anwendung und Überprüfung von Kompetenzen zur interdisziplinären Kooperation von Studierenden zu diskutieren. Dabei soll im Fokus stehen, wie digitale Tools dazu beitragen können, den Aspekt der Inter- und Transdisziplinarität in der Sonderpädagogik in der Hochschullehre praxisorientiert zu vermitteln. |
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