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Sitzungsübersicht
Sitzung
Mo2.2: Einzelbeiträge
Zeit:
Montag, 23.09.2024:
16:30 - 18:00

Ort: EF 50 Raum 5.417


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Präsentationen

Die Denkweise der UN-BRK – eine Einladung, die UN-BRK zu denken

Tyra-Specht, Dave

Universität Rostock

Theorie hat in der Sonderpädagogik keinen leichten Stand. Insbesondere für die UN-BRK stellen Dederich und Felder (2019) fest, dass mit ihr theoretische Hintergründe substituiert würden. Statt die UN-BRK zum Anlass sonderpädagogischer Theoriebildung zu nehmen, wird sie in Form eines juristischen Textes selbstverständlich vorausgesetzt. In der UN-BRK wird aber nicht allein das normative Fundament praktischen Handelns, sondern genauso die Unabschließbarkeit moralischen Fragens verhandelt (Lanwer 2013). Dies wird mitunter in philosophischen Impulsen (Schidel 2023) und in der Sonderpädagogik aufgerufen (Hoffmann 2024). Doch bleiben Potentiale weiterer Theoretisierung unerschlossen. Aus der UN-BRK lassen sich methodische Hinweise zur Gestaltung einer philosophischen Denkweise in und durch Menschenrechte gewinnen, die über eine Operationalisierung in Gesetzen und Forschungsdesigns hinausweisen.

Durch die Fokussierung auf Denkweisen besteht die Möglichkeit, Menschenrechte jenseits ihrer Verletzung erfahrbar zu machen. Das Denken der UN-BRK zum Sprechen zu bringen, heißt dann, die sozial bewegte Geschichte in ihr wiederzuentdecken. Statt Paragraphen stehen die Erfahrungen im Vordergrund, die diesen Sinn „verleihen“. Eine solch methodische Einladung soll im Vortrag ausgesprochen werden. Leitend ist das Konzept kontextbesessenen Denkens von Wolf-Dieter Narr (2017). Er erinnert daran, dass Menschenrechte nicht am Menschen, sondern seinen Lebensbedingungen festhalten sollen.

Damit gilt es, den geläufigen menschenrechtsbasierten Ansatz der Inklusionsforschung um die Denkweise der UN-BRK zu ergänzen. Im Versuch, die UN-BRK nicht nur legitimierend zugrunde zu legen, sondern darüber hinaus zu denken, zeigt sich, dass ihr interdisziplinäres Wissen auch analytisch zum Kernbestand einer sich transformierenden Sonderpädagogik gehören kann. Der Vortrag verfolgt daher einen theoretisierenden Ansatz im Dienste eines sowohl gesellschaftlich-politischen als auch disziplinären Wandels.



Zur Notwendigkeit eines ätiologischen, interdisziplinären Paradigmas in der Sonderpädagogik

Zimmermann, Prof. Dr. David

Humboldt-Universität zu Berlin

Im Kontext der Diskurse um Neurodiversität gewinnt ein medizinisches Paradigma unter neuem, vermeintlich emanzipatorischen Gewand zunehmende Popularität in der Heil- und Sonderpädagogik.

Sowohl soziologische (z.B. Subjektivierung) als auch psychoanalytische (z.B. Objektbeziehung) Theorien verlieren im aktuellen Diskurs hingegen an Bedeutung zur Erklärung beeinträchtigter Entwicklung, werden nicht selten sogar diffamiert. Vielfach ist dies bedingt durch eine affirmative Übernahme aktivistischer Paradigmata in den sonderpädagogischen Diskurs. Damit jedoch geht einerseits eine erhebliche Störung eines fundierten wissenschaftlichen Austauschs unter Bezug auf viele Jahrzehnte differenzierter Forschung einher, andererseits eine Verarmung pädagogischer Handlungsmöglichkeiten. Die Sonderpädagogik verzichtet infolge dieser Diskursarmut in weiten Teilen auf ein ätiologisches Modell beeinträchtigter Entwicklung und verkennt dabei, dass ein solches Modell notwendig ist, um fundiert Beziehungsarbeit und didaktische Angebote zu konturieren.

Dieser kritischen Perspektive stellt der Beitrag ein Entwicklungsmodell gegenüber, das soziologische und psychoanalytische Kerngedanken zur Erklärung von beeinträchtigter Entwicklung synthetisiert und daraus Überlegungen zu einer gelingenden praxeologischen Weiterentwicklung der Sonderpädagogik u.a. in der hochschulischen Lehre ableitet.



Zwischen Spezialisierung und Generalisierung? Ein transdisziplinärer Ansatz zur Neubestimmung der Sonderpädagogik im Diskurs um Inklusion

Godehardt-Bestmann, Prof. Dr. Stefan; Bartz, Prof. Dr. Gwendolin

iu internationale hochschule

Die Spezialisierung der Wissenschaften im Zuge der Modernisierung hat zu bedeutenden Fortschritten innerhalb der einzelnen Disziplinen geführt, doch führt sie auch zu einer wissenschaftlichen Separierung und Isolation, die der vielschichtigen Realität des alltäglichen Lebens der Menschen, ob als Adressat:in oder auch Fachkraft, kaum gerecht wird (Bacakova et al., 2024; Bestmann 2020). Daher argumentieren wir, dass ein transdisziplinärer Ansatz notwendig wird, um die Kluft zwischen spezialisierten Wissenschaften und der Komplexität der Lebenswirklichkeit zu überbrücken. Gerade im Feld der Sonderpädagogik zeigt sich die Dringlichkeit eines solchen Ansatzes im Kontext von Inklusion (Boger 2017). Inklusion fordert von uns, über die Grenzen der Sonderpädagogik hinaus zu denken und die Disziplin(en) in einem breiteren, inklusiveren Rahmen zu verorten. Ein transdisziplinärer Blickwinkel ermöglicht es, Perspektiven anderer Disziplinen einzubeziehen, ohne dass diese in der Sonderpädagogik aufgehen oder von ihr vereinnahmt werden. Durch diese verbindende, statt abgrenzende Herangehensweise können wir der Komplexität des menschlichen Alltags gerechter werden und Wege aufzeigen, wie Spezialisierung und holistische Betrachtung im Sinne einer inklusiven Gesellschaft zusammenwirken können. Wir gehen davon aus, dass nicht eine Disziplin (hier Sonderpädagogik) unter Verweis auf ihre vielfältigen Bezüge zu anderen diese transdisziplinäre Zugangsweise (Mittelstraß 2007) allein leisten kann. Wohl aber kann sie Teil eines transdisziplinären Zugangs sein (Völker 2004) und damit, als eine von vielen, auf aktuelle Herausforderungen antworten.



 
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