Veranstaltungsprogramm

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Sitzungsübersicht
Sitzung
Di1.2: Einzelbeiträge
Zeit:
Dienstag, 24.09.2024:
8:30 - 10:00

Ort: EF 50 Raum 5.417


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Präsentationen

Die jüdischen Wurzeln der Inklusionsidee – ein interdisziplinärer Beitrag

Dangl, Oskar

HAUP

Inklusion braucht mindestens eine doppelte Begründung: An die Seite empirisch unterlegter Rechtfertigung (Prengel 2015) muss eine transempirische Begründung treten (Dederich 2016), weil Inklusion als normative Idee nicht rein empirisch begründet werden kann.

Die Lösung dieser Begründungsaufgabe schließt auch den Rückgriff auf Tradition ein, die neue Denkmöglichkeiten erschließen kann (Kubac 2015). Hier kommen auch religiöse Traditionen ins Spiel, wenn gilt, dass die Pädagogik auch interdisziplinäre Kooperation mit theologischen Disziplinen braucht (Benner 2014).

Um das Inklusionspotenzial religiöser Traditionen zu prüfen, soll exemplarisch auf die jüdische Bibel (= das christliche Alte Testament) zurückgegriffen werden. Als begriffliche Brücke zwischen dem modernen menschenrechtlichen Begriff der Inklusion und der antiken jüdischen Tora kann der menschenrechtliche Grundbegriff der Brüderlichkeit/Geschwisterlichkeit dienen (Bielefeldt 2012). Folgt man diesem begrifflichen Impuls, wird man ins Herz der Tora verwiesen, in das von der Bruderterminologie geprägte Denken des Deuteronomiums. Das kulturgeschichtliche Erbe des alten Judentums besteht demnach in einem auf Gerechtigkeit ausgerichteten Recht (Rüterswörden 2006), dessen Maßstab der Mensch in seiner Würde ist. Ziel ist ein selbstständiges Leben für Mann und Frau, Einheimische wie Fremde, gesichert durch Partizipation und Emanzipation. Das kann aufgezeigt werden an einer kurzen Exemplifikation des sozialethischen Sabbatgebots, das im Zentrum des deuteronomischen Pentalogs steht.

Abschließend wird nach dem aktuellen (sonder-)pädagogischen Gewinn dieses Rückgangs in die jüdische Tradition gefragt. Er könnte in der Wiedergewinnung der sozial-ethischen Dimension (Biewer 2011) des individualistisch verkürzten Bildungsbegriffs bestehen.



Die Genese der Heil- und Sonderpädagogik aus der Interdisziplinaraität: Der Entwicklungspsychologische Diskurs des 19. und 20. Jahrhunderts im Fokus.

Seitzer, Philipp

Universität zu Köln / Pädagogische Hochschule Ludwigsburg

Unter der Vielzahl der Verbindungen und Verwandtschaften zu Grenz- und Nachbardisziplinen der Heil- und Sonderpädagogik scheint eine interdisziplinäre Achse historisch gesehen von besonders herausragender, eigentlich konstitutiver Bedeutung zu sein. Anders als man erwarten könnte ist es weder die Pädagogik noch Medizin, sondern die Entwicklungspsychologie, mit der die Heil- und Sonderpädagogik nahezu unentwirrbar verflochten ist. Eine historische Expedition zu den ideen-, problem- und institutionsgeschichtlichen Ursprüngen beider Disziplinen ergibt das Bild eines Verhältnisses wie Henne und Ei. Die gegenseitige Abhängigkeit bezieht sich jedoch nicht nur auf den Ursprung, sondern auch auf die fortlaufende Entwicklung beider Disziplinen. Dass Entwicklungspsychologie und Heilpädagogik einander vielleicht bis heute prägen, lässt sich mitunter an grundlagentheoretischen, methodischen und konzeptionellen Kompromissen plausibilisieren, an die beide Disziplinbildungen geknüpft sind. Es zeigt sich auch an ihrer jeweiligen institutionellen Verankerung und funktionalen sowie ideellen Einbettung in gesellschaftliche Gesamtzusammenhänge und Diskurse. Schließlich lässt sich eine wechselseitige Prägung bis in die Kartographie der jeweiligen Gegenstandsbereiche hinein beobachten, sowohl bezogen auf äußere Demarkationslinien und Disziplingrenzen, als auch auf die innere Ausdifferenzierung in Subdisziplinen, Fachbereiche und Spezialisierungsrichtungen. Stimmt dies, ist der Nachvollzug dieser Entwicklungslinien für ein reflektiertes disziplinäres Selbstverhältnis unerlässlich. Wo eine dermaßen enge Verwandtschaft besteht, lassen sich jedoch auch Emanzipationsbestrebungen auffinden, die eine Spur für aktuelle und zukünftige Fragerichtungen und die Weiterentwicklung relevanter Theorieprojekte weisen können.



Inklusion durch Anerkennung bei Abwesenheit der Leistungsnorm = Chancengleichheit?

Elseberg, Anika

Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg

Schulische Inklusion als interdisziplinäre normative Aufgabe, erfordert von den beteiligten Akteur:innen einen Umgang mit den damit in Zusammenhang stehenden Anforderungen. Die Bearbeitung entstehender Spannungsverhältnisse, in Hinsicht auf sich vollziehende Anerkennungsprozesse von Schüler:innen mit sogenanntem „besonderem Bildungsbedarf“ (CH) respektive“ sonderpädagogischem Förderbedarf“ (D), können sich auf die Teilhabechancen auswirken. Dabei steht das stets präsente Leistungsprinzip, vor allem in den versetzungsrelevanten Fächern, stark im Vordergrund (Wagener 2020). Aber wie verhält es sich in einer Klassenstunde, in der Notengebung formal keine Rolle spielt? Das praxeologisch-wissenssoziologisch angelegte Dissertationsprojekt, erforscht mit der Dokumentarischen Methode (Bohnsack 2010) die Anerkennungsprozesse (Butler 2014) im (selbsternannten) «inklusiven» Unterricht der Sekundarstufe 1. Vergleichend werden videografische Daten aus dem versetzungsrelevanten, fachkulturell geprägten Deutschunterricht und der formal nicht als (Fach-)Unterricht zu verstehenden Klassenstunde, zweier Schulen aus einem urbanen deutsch-schweizerischen Raum analysiert. In einer komparativen Analyse von Videosequenzen deutet sich an, dass das Leistungsprinzip zwar aus den Erfahrungen in anderen Fächern hineinwirkt, seine formale Abwesenheit jedoch Teilhabechancen für alle Schüler:innen eröffnen kann.



 
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