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Unser Wissen über die Veränderung von Schul- und Unterrichtskulturen über die letzten 45 Jahren ist sehr begrenzt. Im Rahmen des Symposiums möchten wir erste Ergebnisse zu möglichen langfristigen Veränderungen von Schul- und Unterrichtskulturen vorstellen. Ausgangspunkt ist die "Drei-Länder-Studie" von Fend (1982), die 1978/79 in 61 Hauptschulen in Hessen, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen durchgeführt wurde. Im Jahr 2023 haben wir Daten an 24 der 61 Schulen 45 Jahre später mit einer Auswahl der ursprünglichen Fragebögen für Lehrpersonen und Schüler:innen mit Schwerpunkt auf Schul- und Unterrichtskulturen sowie mit Originaltests in Mathematik und Englisch erhoben.
Der erste Beitrag befasst sich mit Veränderungen in den Schulkulturen durch die Bewertung der Stabilität bzw. Veränderung von Konstrukten anhand von Messinvarianzanalysen. Im zweiten und dritten Beitrag werden Stabilität bzw. Veränderung durch die Linse von Profilen unter Verwendung von agglomerativer Clusterbildung und latenter Profilanalyse betrachtet. Der zweite Beitrag konzentriert sich auf Schulprofile, während der dritte Beitrag Unterrichtsprofile untersucht. Die Beiträge werden anschließend kritisch diskutiert.
Beiträge des Symposiums
Wandel in Schul- und Unterrichtskulturen über vier Jahrzehnte - Messinvarianzanalysen als Voraussetzung und Analyseinstrument zur Erfassung des Wandels
Sebastian Wurster, Tobias Feldhoff Johannes Gutenberg Universität Mainz
Die Analyse von Veränderungen im Zeitverlauf erfordert die Kenntnis der gemessenen Konstrukte. Messinvarianzanalysen sind für die Untersuchung von Veränderungen in Schul- und Unterrichtskulturen in zweierlei Hinsicht notwendig. 1. Sind sie Voraussetzung für weitere Analysen (z.B. Gruppenunterschiede, Zusammenhänge). 2. Geben sie Aufschluss über mögliche Veränderungen im Verständnis von Konstrukten. Auf der Grundlage der Drei-Länder-Studie von Fend (1982) (N = 61 Schulen, N = 1169 Lehrer) 1978/79 und einer Folgestudie (N = 24 Schulen, N = 842 Lehrer) 2023 wurde die Messinvarianz mehrerer Konstrukte der Schul- und Unterrichtskultur über einen Zeitraum von ca. 45 Jahren analysiert. Die Ergebnisse der konfirmatorischen Mehrgruppen-Faktorenanalysen zur Analyse der Messinvarianz zeigen, dass die Mehrzahl der Konstrukte der Schul- und Unterrichtskultur metrische Messinvarianz aufweist, aber auch, dass ein erheblicher Anteil der Skalen zur Unterrichtskultur skalare Messinvarianz zeigt. Die Ergebnisse der Alignment-Methode für approximative Messinvarianz zeigen in den meisten Fällen skalare Messinvarianz oder approximative skalare Invarianz.
Bibliografie
Fend, H. (1982). Gesamtschule im Vergleich. Weinheim, Basel: Beltz.
Schulkulturprofile damals und heute
Lisa Schäfer, Tobias Feldhoff Johannes Gutenberg Universität Mainz
Im Gegensatz zur Geschichte der Schulreform, wissen wir wenig über den Wandel von Schulkulturen – verstanden als geteilte Normen und Werten, die Ausgestaltung von sozialen Beziehungen (Helsper 2008) und als Schlüsselfaktor von Schuleffektivität (Scheerens 2016). Unser Forschungsinteresse zielt auf das Identifizieren spezifischer Schulkulturprofile, deren Veränderung im Vergleich zu den 1970er sowie ihren Zusammenhang mit Outputvariablen.
Basierend auf Befragungen der Dreiländerstudie (DLS, n= 61)) von Fend (1979) und der Follow-Up-Studie von 2023 (FUS, Teilstichprobe n=24)). Mittels agglomerativem Clustering und einer Analyse der Unterschiede zwischen Kontext- und Ergebnisvariablen, wurden in beiden Datensätzen drei Profile deutlich. Für DLS-Daten sind dies schülerorientierte kooperativ-innovative Schulen und konventionell-lehrerzentrierte Schulen. Der Trend zeichnet sich mit geringeren Differenzen auch für FUS ab; übergreifend zeigen sich schülerorientierten Profile u.a. mit höherem Wohlbefinden der Schüler:innen, aber nicht mit höheren Schülerleistungen. Ein drittes Cluster aus DLS, Kollegien mit wenig geteilten Überzeugungen, finden sich in dieser Weise in FUS nicht mehr.
Bibliografie
Helsper, W. (2008). Schulkulturen - die Schule als symbolische Sinnordnung. Zeitschrift für Pädagogik, 54(1), 63–80.
Scheerens, J. (2016). Educational Effectiveness and Ineffectiveness. Springer Netherlands. https://doi.org/10.1007/978-94-017-7459-8
Profile der Unterrichtskultur und ihre Beziehung zu den Ergebnissen der Schüler im Laufe der Zeit. Ergebnisse von Analysen latenter Profile.
Brigitte Steinert1, Sebastian Wurster2, Eckhard Klieme1 1DIPF | Leibniz-InstituSchulng und Bildungsinformation, 2Johannes Gutenberg Universität Mainz
Über die Stabilität und den Wandel der Schul- und Unterrichtskultur ist wenig bekannt, empirische Studien zu dieser Frage mit Langzeitperspektive sind kaum vorhanden (Ausnahmen: Fend & Berger, 2016; und die PISA-Studien seit 2000). Zur Beantwortung dieser Frage werden Daten der Drei-Länder-Studie (DLS) von Fend aus den Jahren 1978/79 und der Folgestudie (FUS) aus dem Jahren 2023 herangezogen. In einem ersten Schritt wird untersucht, inwieweit sich in den jeweiligen Studien Schulklassen mit typischen Kombinationen von zentralen Unterrichtsmerkmalen (Förderung, Strukturierung, effektive Zeitnutzung) identifizieren lassen und wie diese Profile im Zeitvergleich aussehen. In einem zweiten Schritt werden die Zusammenhänge zwischen den Profilen und den Leistungen der Schülerinnen und Schüler im Fach Englisch sowie sozio-emotionalen Outcomes wie dem Wohlbefinden im Englischunterricht analysiert. Veränderungen in den Profilen sowie in den Korrelationen mit den Lernergebnissen können Hinweise auf veränderte Praktiken in Schule und Unterricht liefern. Es wird auch erörtert, inwieweit die gefundenen Ähnlichkeiten und Unterschiede Hinweise auf Stabilität oder Wandel der Schulkulturen liefern.
Bibliografie
Fend, H. & Berger, F. (2016). Ist die Schule humaner geworden? Zeitschrift für Pädagogik, 62(6), 861–885.